L 13 AS 5088/09 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 4140/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5088/09 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antrag vom 2. Dezember 2009, Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 1. Oktober 2009 ist zulässig (vgl. § 145 Abs. 1 SGG), sie ist jedoch nicht begründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor.

Gegenstand des Klageverfahrens S 15 AS 4140/08 war der Bescheid vom 18. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2008, mit dem die Beklagte Kindergeld, das der 1987 geborenen Tochter der Klägerin gezahlt wurde, als Einkommen in Höhe von 11,73 Euro bei der Klägerin berücksichtigte. Die Tochter erzielte damals Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit (683,00 EUR brutto); des Weiteren erhielt sie eine Halbweisenrente über 48,56 Euro sowie Kindergeld über 154,00 Euro. Für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Oktober 2008 begehrt die Klägerin über die bewilligten Leistungen in Höhe von monatlich 440,56 EUR hinaus höhere Grundsicherungsleistungen in Höhe von 452,29 EUR. Aus dem klageabweisenden Urteil vom 1. Oktober 2009 ergibt sich für die Klägerin somit keine Beschwer, die den Betrag von über 750,00 EUR erreicht, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt lediglich 46,92 EUR.

Da das SG die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Rechtssache kommt - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 144 Rndr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache nicht auf.

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB II genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Umgekehrt gehören nicht zur Bedarfsgemeinschaft unter 25-jährige Kinder der in § 7 Abs. 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen, wenn diese die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Die Frage danach, welcher Bedarfssatz (Regelleistung) i.S.d. § 20 SGB II für diese Kinder bei der Beantwortung der Frage, ob diese ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können, anzusetzen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Diese Frage ist durch die Gesetzesmaterialien, die der Änderung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zum 1. Juli 2006 zugrunde lagen (Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006; dort: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss), BT-Drs 16/688 S. 13 f (zu Nummer 2, zu Buchstabe b)), sowie durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R) geklärt. Danach ist als Regelbedarf der sich aus § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II ergebende Betrag von 80 % der Regelleistung anzusetzen. Die von der Klägerin insoweit aufgeworfene Frage, ob für die Tochter der sich aus § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II ergebende Regelsatz in Höhe von 100 v.H. anzusetzen ist, ist damit geklärt.

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG - insbesondere zu der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 39/08 R) - nicht vor. Eine solche Divergenz wäre anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die der Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG müsste seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 1. Oktober 2009 nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt; im Gegenteil hat das SG, wie auch im Urteil des BSG vom 13. Mai 2009 gefordert, die Versicherungspauschale berücksichtigt. Das BSG hat in dem genannten Urteil - es handelte sich dort um minderjährige Kinder - auch keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, welcher Bedarfssatz i.S.d. § 20 Abs. 2 SGB II bei volljährigen, unter-25-jährigen Kindern im Rahmen der Beurteilung der Fähigkeit, den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II), anzulegen ist. Da letztlich auch ein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes nicht gegeben ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Da die Nichtzulassungsbeschwerde zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife ohne Aussicht auf Erfolg war, war auch der Antrag vom 2. Dezember 2009, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, abzulehnen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Rechtskraft
Aus
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