L 8 SO 1/09 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 1 SO 95/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 1/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bestattungskosten - Leistungsfähigkeit - Bestattungspflicht - Bedarf - Nachranggrundsatz
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. November 2008 wird aufgehoben. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung für das Verfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg S 1 SO 95/08 bewilligt und Rechtsanwalt W. aus O. zur Vertretung im Verfahren beigeordnet.

Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Prozesskostenhilfe für ein von ihm betriebenes erstinstanzliches Verfahren.

Der am ... 1982 geborene, alleinstehende Kläger ist der Sohn des am ... 1950 geborenen und am xx oder xx. xxxx 2008 verstorbenen, zuletzt in O. wohnhaften F. F. P ... Der Kläger hat zwei volljährige Geschwister (M. und P. P. ); der Verstorbene hatte drei Schwestern (C. E. , H. und E. Q. ). Die Kinder des Verstorbenen schlugen gegenüber dem Nachlassgericht des Amtsgerichts O. am xxx 2008 die Erbschaft aus.

Nachdem das Sozialamt des Landkreises Börde unter dem 27. Mai 2008 auf eine Bestattungspflicht und die daraus folgende Kostentragungspflicht nach dem Bestattungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BestattG LSA) hingewiesen hatte, beantragten der Kläger und seine Geschwister am 3. Juni 2008 sowie Frau H. am 9. Juni 2008 die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Die Anschrift von Frau Q. war nicht ermittelbar gewesen. Ob Frau E. auf eine Bestattungs- und Kostentragungspflicht hingewiesen wurde, lässt sich den Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen.

Ausweislich des dem Antrag des Klägers beigefügten Bescheids des Job-Center der Arbeitsgemeinschaft Börde vom 26. Februar 2008 bezog er in der Zeit vom 1. März bis 31. August 2008 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Höhe von monatlich 612,71 EUR. Er gab an, 24 Jahre lang keinen Kontakt zu dem Vater gehabt zu haben.

Der Verstorbene wurde am 16. Juni 2008 eingeäschert und beerdigt. Die Rechnung vom 16. Juni 2008 in Höhe von 1.542,45 EUR übersandte das Bestattungsinstitut M. dem Sozialamt des Landkreises Börde. Der Bescheid der Stadt O. über die Erhebung einer Friedhofsgebühr vom 30. Juni 2008 war an M. P. gerichtet.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid an den Kläger vom 2. Juli 2008 die Übernahme von Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII ab. Aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei der Kläger nicht in der Lage, die Bestattungskosten zu zahlen. Gemäß § 14 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 BestattG LSA hätten für die Bestattung in dieser Reihenfolge die Ehefrau, der Ehemann, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und die volljährigen Enkelkinder zu sorgen. Bestattungsverpflichtete seien hier die volljährigen Geschwister des Verstorbenen. Wegen der Nachrangregelung des § 2 SGB XII müsse der Kläger vorrangig diesen gegenüber die Bestattungskosten zivilrechtlich geltend machen. Über Frau Q. hätten keine Angaben ermittelt werden können. Frau E. habe keinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit gestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass sie wirtschaftlich in der Lage sei, die Kosten aufzubringen. Der Beklagte meinte zu diesem Zeitpunkt, dass auch Frau H. in der Lage sei, einen anteiligen Betrag zu den Bestattungskosten zu zahlen.

In seinem dagegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Bestattungskosten müssten in voller Höhe übernommen werden. Nach § 14 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 BestattungsG LSA schlössen in der Reihenfolge vorhandene Personen die nachfolgend Benannten von der Kostentragungspflicht aus. Diese Personen sollten nicht nebeneinander haften. Daher könne eine zivilrechtliche Geltendmachung gegenüber den Geschwistern des Verstorbenen keinen Erfolg bringen. Er selbst sei nicht in der Lage, für die erforderlichen Bestattungskosten aufzukommen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2008 als unbegründet zurück. Es seien nach § 14 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 BestattG LSA die Personen in der genannten Reihenfolge verpflichtet, die Bestattungskosten zu tragen. Falle der zuerst genannte Bestattungsverpflichtete wegen Unzumutbarkeit der Kostenübernahme aus, habe der in der Reihenfolge nächstgenannte die Bestattungskosten zu übernehmen, soweit dies ihm zumutbar sei. Die drei volljährigen Kinder des Verstorbenen bezögen Leistungen nach dem SGB II und fielen als Bestattungsverpflichtete aus. Somit seien ausschließlich die volljährigen Geschwister des Verstorbenen zur Tragung der Bestattungskosten heranzuziehen. Frau H. sei nicht leistungsfähig. Frau E. sei offensichtlich leistungsfähig, da sie keinen Antrag auf Übernahme der Erstattungskosten gestellt habe. Aufklärungsbemühungen bezüglich Frau Q. seien erfolglos geblieben. Die Unaufklärbarkeit der finanziellen Situation gehe zu Lasten der übrigen Bestattungsverpflichteten.

Dagegen hat der Kläger am 8. September 2008 Klage beim Sozialgericht Magdburg erhoben und gleichzeitig unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Sache hat er ergänzend vorgetragen, er sei gegenüber den Geschwistern des Verstorbenen vorrangig bestattungspflichtig und daher berechtigt, von der Beklagten die Erstattung der Bestattungskosten zu verlangen. Durch den ablehnenden Bescheid sei er in seinen Rechten verletzt. Er hat auf einen Beschluss der gleichen Kammer des Sozialgerichts über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einem anderen Verfahren verwiesen. Der Beklagte hat seine Verwaltungsvorgänge nur auszugsweise vorgelegt, sodass weder das Bestattungsdatum noch eine Rechnung des Bestattungsunternehmens bekannt gewesen sind.

Mit Beschluss vom 28. November 2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Kläger habe trotz Nachfrage keinen sozialhilferechtlichen Bedarf substantiiert dargestellt, der - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - durch einen Leistungsanspruch gegen den Beklagten gedeckt werden müsse. Allein der Umstand, dass er als Verpflichteter in Betracht komme, löse keinen Anspruch auf Erstattung von Bestattungskosten aus. Der Kläger habe nämlich den Leistungsantrag nicht in Ansehung seiner Bestattungspflicht vor der Bestattung, sondern erst danach gestellt. Es sei aber entscheidungserheblich, ob ein gegenwärtiger, nicht zu deckender Hilfebedarf zunächst durch Antragstellung angezeigt werde, oder ob schon davor durch Abschluss eines Bestattungsvertrags eine rechtliche Zahlungsverpflichtung eingegangen worden sei. Anderenfalls erhielte der Sozialhilfeträger keine Gelegenheit, Einfluss auf die Höhe der Kosten zu nehmen. Der Kläger habe auch nicht vorgetragen, dass er aufgrund des Bestattungsvertrags zur Zahlung verpflichtet sei, oder dass der aus dem Bestattungsvertrag Verpflichtete ihn in Anspruch nehme. Sei die Bestattung ohne Einbeziehung des Sozialhilfeträgers bereits vollzogen, müsse sich der sie Veranlassende mit den als Kostenträger in Betracht kommenden Personen auseinander setzen. Aufgrund des Nachranggrundsatzes habe der Beklagte zu Recht zunächst nur festgestellt, dass der Kläger zwar nicht leistungsfähig im Sinne von § 74 SGB XII, ein gegenwärtiger Hilfebedarf gleichwohl nicht zu decken gewesen sei. Es liege auf der Hand, dass eine prophylaktische Leistungsgewährung an alle Geschwister nicht in Betracht komme.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 den Rechtsstreit von M. P. (S 19 SO 96/08) mit vorliegendem Verfahren verbunden. Gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe hat der Kläger am 22. Dezember 2008 Beschwerde eingelegt und auf einen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Juli 2008 (L 9 SO 10/07) Bezug genommen. Er hat ergänzend vorgetragen, die Geschwister hätten nach Bekanntwerden des Todes vereinbart, dass M. P. das Bestattungsinstitut M. mit der Beerdigung beauftragen solle. Dies sei am Folgetag geschehen. Das Bestattungsinstitut habe die Schwester und ihn zum Sozialamt geschickt. Die Rechnung sei gegenüber dem Sozialamt abgerechnet worden, ihm liege sie nicht vor. Im BestattG LSA sei nicht geregelt, welcher von mehreren Bestattungspflichtigen in welcher Reihenfolge für die Übernahme der Bestattungskosten in Frage komme. Daher hafteten er und seine Geschwister gesamtschuldnerisch.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. November 2008 aufzuheben und ihm für das Verfahren S 1 SO 95/08 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Der Beklagte hat unter dem 16. April 2009 das Schreiben der Nachlasspflegerin Ingrid Stolz vom 15. Januar 2009 vorgelegt. Danach hätten die Bestattungskosten des Verstorbenen durch den Nachlass vollständig gedeckt werden können. Die Klage bzw. Beschwerde habe sich damit erledigt. Ferner hat der Beklagte auf Verlangen des Berichterstatters die vollständigen Verwaltungsvorgänge vorgelegt.

II.

1.a Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. November 2008 ist form- und fristgerecht eingelegt worden gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

b. Die Beschwerde ist auch statthaft i.S.v. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG. Danach ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR nur zulässig, wenn sie auch wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Wird der Wert des Beschwerdegegenstands von 750,00 EUR nicht erreicht, ist die Beschwerde immer unstatthaft (vgl. Beschluss des 5. Senats des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS, juris). Maßgeblich ist für die Bestimmung des Beschwerdewerts der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 144 Rn.19).

Hier hat der Kläger die Freistellung von den Bestattungskosten für seinen verstorbenen Vater i.H.v. 1.542,45 EUR begehrt.

2. Die Beschwerde hat auch Erfolg, da das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 28. November 2008 zu Unrecht die hinreichende Aussicht auf Erfolg des Klageverfahrens verneint hat.

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 -, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

Nach der im Rahmen der Prüfung der Prozesskostenhilfeberechtigung vorzunehmenden summarischen Prüfung hatte die Klage im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags auf Prozesskostenhilfe hinreichende Aussicht auf Erfolg im oben genannten Sinne. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der angefochtene Bescheid vom 2. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, soweit der Beklagte die begehrte Übernahme der Beerdigungskosten abgelehnt hat.

a. Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist ohne Bedeutung, dass während des Beschwerdeverfahrens am 14. Januar 2009 durch die Nachlasspflegerin aus Mitteln des Nachlasses die Rechnung der Firma M. beglichen worden ist und eine Inanspruchnahme des Klägers für die Bestattungskosten nicht mehr in Betracht kommt.

Für die Prüfung der Erfolgsaussichten ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags auf Prozesskostenhilfe maßgeblich, auch wenn sich im Beschwerdeverfahren eine tatsächliche Änderung ergibt. Der Zeitpunkt der Bewilligungsreife gilt auch für das Beschwerdegericht. Unerheblich ist insoweit, dass das Hauptsacheverfahren - mangels Beschwer - keinen Erfolg mehr haben kann (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 67. Auflage, § 114 Rdnr. 82, 83; Beschluss des 5. Senats des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. Oktober 2009, L 5 B 331/08 AS, nicht veröffentlicht).

Zum Zeitpunkt des vollständigen Antrags auf Prozesskostenhilfe am 8. September 2008 war eine Befriedigung der Forderung des Bestattungsinstituts aus Mitteln des Nachlasses noch nicht erfolgt.

b. Der streitbefangene Anspruch des Klägers auf Übernahme der Bestattungskosten richtet sich nach § 74 SGB XII. Danach werden die erforderlichen Kosten einer Erstattung übernommen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

a.a. Der Kläger ist Verpflichteter im Sinne der Vorschrift gemäß § 10 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 BestattG LSA. Danach haben für die Bestattung der überlebende Ehegatte oder Eingetragene Lebenspartner, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder der verstorbenen Person in dieser Reihenfolge oder eine von der verstorbenen Person zu Lebzeiten beauftragte Person oder Einrichtung zu sorgen. Der Kläger ist als Sohn des Verstorbenen bestattungspflichtig. Aus dieser öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht leiteten sich Entgeltansprüche des Bestattungsinstituts ab, die Gegenstand einer übernahmefähigen Kostenverpflichtung im Sinne von § 74 SGB XII sein konnten (BSG, Urteil vom 29. September 2009, B 8 SO 23/08 R (13)).

b.b. Ein sozialrechtlich relevanter Bedarf des Klägers entfiel hier nicht deshalb, weil das Bestattungsunternehmen M. die Rechnung vom 16. Juni 2008 an das Sozialamt des Beklagten gerichtet hatte.

Nach dem Vorbringen des Klägers hatten er und seine Geschwister nach dem Tod des Vaters vereinbart, dass seine Schwester in ihrem Auftrag das Bestattungsinstitut mit der Durchführung der Bestattung beauftragen sollte. Durch die Auftragserteilung sind dem gemäß alle Geschwister als Gesamtschuldner zivilrechtlich zur Begleichung der erbrachten Leistungen verpflichtet worden. Daran ändert der Umstand nichts, dass das Bestattungsinstitut M. - in Erwartung eine Kostenübernahme durch das Sozialamt - die Rechnung nicht an den Kläger und seine Geschwister geschickt hat. Darin kann kein Verzicht auf die Inanspruchnahme als Schuldner aus dem Bestattungsvertrag gesehen werden. Der Senat geht davon aus, dass für den Fall einer endgültigen Ablehnung der Kostenübernahme durch das Sozialamt die offene Forderung gegenüber dem Kläger und/oder seinen Geschwistern geltend gemacht worden wäre.

c.c. Einem Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten steht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht entgegen, wenn die Bestattung ohne vorherige Unterrichtung der Sozialhilfebehörde erfolgt ist (BSG, a.a.O., Rdnr. 15).

Im Übrigen ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen des Beklagten, dass der Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten am 3. Juni 2008 gestellt wurde und die Bestattung am 16. Juni 2008 erfolgte (vgl. Gebührenbescheid der Stadt O. vom 30. Juni 2008). Dieser Umstand war dem Sozialgericht allerdings bei seiner Entscheidung nicht bekannt, da der Beklagte nur rudimentäre Auszüge seiner Verwaltungsvorgänge vorgelegt hatte.

d.d. Es ist nach summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen, dass dem Kläger nicht zugemutet werden konnte, die Kosten für die Erstattung zu tragen.

Dies ergibt sich schon aus seinen wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung. Insoweit ist vorrangig auf die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII abzustellen (BSG, a.a.O., (17)). Danach ist die Aufbringung der Mittel nicht zumutbar, wenn von dem Antragsteller eine Einkommensgrenze nicht überschritten wird, die sich u.a. aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes sowie der Kosten der Unterkunft ergibt. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Antragstellung Bezieher von Leistungen nach dem SGB II. Seine Einkünfte überstiegen erkennbar den zweifachen Eckregelsatz sowie die Kosten der Unterkunft nicht.

Darüber hinaus sprachen für eine hinreichende Erfolgsaussicht seiner Klage andere Zumutbarkeitsgesichtspunkte. In seinem Antrag vom 3. Juni 2008 hatte der Kläger geltend gemacht, er habe seit 24 Jahren keinen Kontakt zum verstorbenen Vater gehabt. Der Begriff der Zumutbarkeit i.S.v. § 74 SGB XII ist nach den Umständen des Einzelfalls auszulegen. Zerrüttete Verwandtschaftsverhältnisse, die hier offensichtlich vorgelegen hatten, können höhere Anforderungen an eine Zumutbarkeit begründen (BSG, a.a.O., (16)).

Der eingeklagte Anspruch des Klägers war auch nicht ohne weiteres wegen einer möglichen vorrangigen Inanspruchnahme der Schwester des Verstorbenen, Frau C. E. , entfallen. Der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII stellt nicht auf anderweitige Leistungsansprüche, sondern auf den Erhalt anderer Leistungen ab. Wird ein Leistungsberechtigter auf die zivilrechtliche Inanspruchnahme anderer Leistungspflichtiger verwiesen, dürfen diese Ausgleichsansprüche nicht zweifelhaft sein oder eine gerichtliche Durchsetzung erfordern (BSG, a.a.O., (20, 25)). Nur wenn die Inanspruchnahme eines Dritten einen sicheren Erfolg verspricht, kann dem Leistungsberechtigten zugemutet werden, gegen diesen gerichtlich vorzugehen.

Hier lässt sich den Verwaltungsvorgängen schon nicht entnehmen, ob die Schwester des Verstorbenen, Frau C. E. , leistungsfähig und bereit gewesen ist. Der Beklagte schließt dies daraus, dass diese keinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten gestellt habe. Aus den gesamten Verwaltungsvorgängen ist aber nicht erkennbar, ob Frau E. diesbezüglich überhaupt angeschrieben wurde oder ob sie sich gegenüber dem Beklagten als leistungsfähig und -willig geäußert hat. Daher kommt dem Umstand, dass von Frau C. E. kein Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten eingegangen ist, hinsichtlich der Frage ihrer Leistungsfähigkeit keinerlei Bedeutung zu. Die Auffassung des Beklagten, entsprechende Zweifel wegen Nichtaufklärbarkeit des Sachverhalts gingen zu Lasten des Klägers, geht fehl. Soweit der Beklagte diesen auf eine vorrangige Inanspruchnahme anderer Verpflichteter verwiesen hat, trug sie die Darlegungslast für deren Leistungsfähigkeit und -bereitschaft.

Aus diesen Gründen kann offen bleiben, ob sich ein Ausgleichsanspruch bezüglich der Bestattungskosten aus der grundsätzlichen Verpflichtung Verwandter gerader Linie, einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 BGB), ergeben konnte. Neben einer eigenen Leistungsfähigkeit setzte dies voraus, dass der Unterhaltsberechtigte - hier der Verstorbene - außer Stande war, sich selbst zu unterhalten (BSG, a.a.O. (22)).

Nach der hier gebotenen summarischen Prüfung war daher die Durchsetzbarkeit eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen die Schwester des Verstorbenen, Frau C. E. , zweifelhaft und gegebenenfalls eine gerichtliche Durchsetzung notwendig. Der Beklagte konnte den Kläger deshalb nicht auf deren Inanspruchnahme verweisen.

3. Der Kläger ist auch wirtschaftlich bedürftig und hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung.

Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen stellt der Senat in ständiger Rechtsprechung bei einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse während des Beschwerdeverfahrens auf die aktuellen Gegebenheiten ab (Rechtsgedanke des § 120 Abs. 4 ZPO). Der Senat legt daher seiner Entscheidung die in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18. März 2010 glaubhaft gemachten Einkommensverhältnisse zugrunde. Danach ist der Kläger mit seinem Einkommen nicht in der Lage, die Prozesskosten aufzubringen.

Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (§ 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hier hat der Kläger ein monatliches Einkommen von 691,60 EUR (603,60 EUR Arbeitslosengeld ab 29. Januar 2010 und 88,00 EUR Wohngeld). Davon sind abzusetzen der Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Nr. 2a ZPO i.H.v. 395,00 EUR sowie die Kosten der Unterkunft i.H.v. 274,33 EUR.

Die geltend gemachte Ratenzahlungsverpflichtung für den PKW-Kauf in Höhe von 82,00 EUR/Monat ab Oktober 2009 für 34 Monate ist als besondere Belastung im Sinne von § 115 Abs. 1 Ziffer 4 ZPO abzusetzen. Kreditverbindlichkeiten, die in Ansehung eines laufenden Prozesses eingegangen werden und zur erhöhten Bedürftigkeit führen, sind grundsätzlich nicht als besondere Belastungen zu berücksichtigen. Etwas anderes kann aber gelten, wenn die Kreditaufnahme im Rahmen der allgemeinen Lebensführung des Antragstellers als angemessen anzusehen und aus sonstigen Gründen erforderlich gewesen ist. Hier hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass er den PKW wegen des seinerzeitigen befristeten Arbeitsverhältnisses sowie zum Zwecke der höheren Mobilität für die erwartete anschließende Arbeitslosigkeit angeschafft hatte. Der Senat hat dabei auch berücksichtigt, dass der Kaufpreis von 2.450,00 EUR den finanziellen Lebensumständen des Klägers entsprochen und es sich nicht um eine "Luxusausgabe" gehandelt hat (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 17. Juli 2003, L 5 B 98/03 RJ PKH bei Notwendigkeit des PKW für die Erwerbstätigkeit oder die Lebenshaltung).

Somit verbleibt dem Kläger kein einzusetzendes Einkommen. Über Vermögenswerte verfügt er nach seinen Angaben nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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