L 3 R 342/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 9 R 177/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 342/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
volle Erwerbsminderung, Pförtner
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der am ... 1960 geborene Kläger absolvierte nach dem 10.-Klasse Schulabschluss von September 1977 bis Juli 1979 erfolgreich eine Ausbildung zum Karosseriebauer. Nach Ableistung des dreijährigen Wehrdienstes war er von Oktober 1982 bis Oktober 1992 als Karosseriebauer im Karosseriewerk A. versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war er von Mai bis Oktober 1993 bei der Fa. B. Stahl- und Anlagenbau in der Montage und von Juni 1994 bis Mai 1995 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme im Straßenbau und in der Grünanlagengestaltung tätig. Von Juli bis November 1995 arbeitete er als Fensterbauer und absolvierte vom 24. März 1997 bis zum 23. Dezember 1998 eine Umschulung zum Maler- und Fahrzeuglackierer; die Abschlussprüfung bestand er nicht. Vom 21. März 2000 bis zum 5. Januar 2001 war der Kläger dann als Lackierer/Strahler bei der M. Bahnwerkstatt GmbH und zuletzt von Januar bis März 2001 als Lackierer bei der "Fahrzeit-Süd" in M. beschäftigt. In den dazwischen liegenden Zeiträumen bzw. seit April 2001 ist der Kläger arbeitslos, unterbrochen durch eine Trainingsmaßnahme zur Qualifizierung im Baubereich vom 21. Juli bis 29. August 2003 und eine Weiterbildung bei der S. & Partner Bildung und Beruf GmbH vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2005. Seit dem 1. Januar 2005 arbeitet der Kläger im Stadtarchiv vier Stunden wöchentlich. Er erhält (ergänzende) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

Der Kläger beantragte am 15. März 2007 die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Diese zog zunächst die Unterlagen zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei, den der Kläger im September 2005 gestellt hatte. Im hierzu erstatteten Befundbericht hatte die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. A. unter dem 26. September 2005 als Diagnosen ein akutes Koronarsyndrom, eine Hyperlipidämie und einen Diabetes mellitus mitgeteilt und u.a. den Entlassungsbericht des Klinikums Q. vom 3. November 2005 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 25. bis zum 26. Oktober 2005 beigefügt. Danach konnten nach Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung eine koronare Herzkrankheit ausgeschlossen und eine hypertensive Herzerkrankung bei arterieller Hypertonie sowie ein Diabetes mellitus Typ II (diätetisch behandelt), eine Hyperlipoproteinämie, der Zustand nach rezidivierenden Gastritiden und der Verdacht auf ein Schlafapnoesyndrom diagnostiziert werden. Der Kläger war ferner von der Internistin Dr. N. unter dem 17. Februar 2006 begutachtet worden. Dort hatte der Kläger angegeben, sich leistungsfähig und voll belastbar zu fühlen; die Agentur für Arbeit vermittle ihn jedoch nicht mehr als Lackierer, weil er als Diabetiker über die Innung nicht mehr versichert werde. Die Fahrradergometrie sei am Ende der 75-Watt-Stufe wegen Knieschmerzen rechts bei ungleichmäßiger Trittfrequenz und nicht erreichter Ausbelastung abgebrochen worden. In der Epikrise ist ausgeführt, der Kläger habe sich in einem guten körperlichen Allgemeinzustand präsentiert. Koronardiagnostisch sei eine signifikante Makroangiopathie ausgeschlossen worden. Die Diabetesführung gestalte sich unproblematisch. Das Schlafapnoe-Syndrom sei bislang noch nicht mit nächtlicher Maskenbeatmung zu therapieren; eine antiobstruktive Medikation sei verabreicht worden und ausreichend. Tagesmüdigkeit liege nicht vor. Als Diagnosen seien Adipositas, metabolisches Syndrom, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, Hyperlipoproteinämie, Hyperurikämie, leichtes Schlafapnoe-Syndrom, Morbus Schlatter (Zustand nach Operation) zu berücksichtigen. Internistisch sei der Kläger nach klinischen Kriterien nur leicht belastbar; ob sich eine Steigerung des Leistungsniveaus erzielen lasse, bleibe abzuwarten und wäre im Rahmen einer stationären medizinischen Heilbehandlung zu überprüfen. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten ohne Eigen- oder Fremdgefährdung, ohne Hocken und Knien sechs Stunden und mehr täglich verrichten; als Lackierer sei er nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar.

Der Kläger hatte daraufhin vom 24. April bis zum 15. Mai 2006 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik E.-S. GmbH in B. absolviert. Im Entlassungsbericht vom 19. Mai 2006 sind als Diagnosen ein Diabetes mellitus Typ II b, arterielle Hypertonie, Hyperlipoproteinmämie, Übergewicht, Gonarthrose berücksichtigt und in der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auch überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in allen Schichten sechs Stunden und mehr täglich für zumutbar erachtet worden.

Ferner holte die Beklagte auf den Rentenantrag des Klägers nochmals einen Befundbericht von Dr. A. vom 28. März 2007 ein, die die bekannten Diagnosen mitteilte und eine Verschlechterung im Gesundheitszustand seit einem Jahr angab. Der Facharzt für Chirurgie Dr. B. berichtete in seinem Befundbericht vom 27. Juni 2007 über ein Patellaspitzensyndrom und den Zustand nach Morbus Schlatter (Operation des rechten Kniegelenkes). Bei der einmaligen Untersuchung im August 2006 sei das Kniegelenk frei beweglich gewesen; die geklagten Kniegelenksschmerzen seien durch eine lokale Applikation von Glukokortikoiden behandelt worden.

Sodann holte die Beklagte ein Gutachten von dem Chefarzt der Inneren Klinik im Klinikum B. Dr. O. vom 20. August 2007 ein. Dort war der Kläger bis 5 Minuten bei 85 Watt belastbar, bevor es zum Abbruch der Leistungsergometrie wegen Erschöpfung und Beinschmerzen kam, ohne dass eine Ausbelastung erreicht worden war. Als Diagnosen seien eine arterielle essentielle Hypertonie Stadium I bis II der WHO, ein Diabetes mellitus Typ II b (diätisch), ein bekanntes Schlafapnoe-Syndrom und der Zustand nach Operation des rechten Kniegelenkes (Morbus Schlatter) zu berücksichtigen. Als Maler und Lackierer sei der Kläger nicht mehr einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er körperlich leichte Arbeiten zeitweise im Gehen, Stehen und/oder Sitzen in allen Schichten vollschichtig verrichten. Tätigkeiten mit häufigem Bücken und Knien, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Zwangshaltungen seien ausgeschlossen.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. September 2007 den Rentenantrag des Klägers ab. Hiergegen legte der Kläger am 1. Oktober 2007 Widerspruch ein. Er sei gelernter Maler und Lackierer sowie gelernter Karosseriebauer. Selbst wenn er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden einsetzbar sei, könne er seine erlernten Berufe nicht mehr ausüben. Die Beklagte holte daraufhin eine Arbeitgeberauskunft der M. vom 10. Dezember 2007 ein. Danach habe der Kläger Lackierarbeiten einschließlich notwendiger Vorarbeiten an Schienenfahrzeugen und Strahlarbeiten durchgeführt und sei mit der Wartung und Bedienung der neu errichteten Lackier- und Strahlanlage betraut gewesen. Der Kläger sei drei Wochen angelernt worden; eine völlig ungelernte Kraft hätte zwei Monate angelernt werden müssen. Er habe Arbeiten ausgeführt, die im Allgemeinen von Facharbeitern der ehemaligen DDR mit einer Ausbildungsdauer von zwei Jahren verrichtet worden seien und sei als Facharbeiter entlohnt worden. Die monatliche Bruttovergütung habe 2.278,00 DM nach ortsüblichen Bedingungen ohne Anwendbarkeit eines Tarifvertrages betragen. Die Arbeiten seien körperlich mittelschwer gewesen und in geschlossenen Räumen unter Einfluss von Stäuben, Rauchen und reizenden Gasen erfolgt. Die Firma "Fahrzeit-Süd" in M. exisiert nicht mehr, sodass über die letzte Beschäftigung von Januar bis März 2001 keine Arbeitgeberauskunft eingeholt werden konnte. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2008 als unbegründet zurück. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Nach dem Ergebnis der vorgenommenen medizinischen Sachaufklärung bestehe beim Kläger ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr für leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit weiteren qualitativen Einschränkungen. Es sei vom Hauptberuf des Lackierers auszugehen. Der Kläger sei insoweit in die Gruppe der oberen Angelernten einzuordnen. Denn die Umschulung zum Fahrzeuglackierer sei in 24 Monaten durchgeführt, aber nicht abgeschlossen worden. Ausweislich der Arbeitgeberauskunft hätte eine völlig ungelernte Kraft zwei Monate angelernt werden müssen, um die verrichteten Lackierarbeiten einschließlich notwendiger Vorarbeiten an Schienenfahrzeugen und Strahlarbeiten verrichten zu können. Ein Tarifvertrag sei für die Entlohnung nicht maßgebend gewesen. Der Kläger könne deshalb auf die Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte medizinisch und sozial zumutbar verwiesen werden.

Hiergegen hat der Kläger am 27. Februar 2008 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben, ohne diese näher zu begründen.

Das Sozialgericht hat Behandlungs- und Befundberichte von der Fachärztin für Pulmologie Dipl.-Med. J. vom 7. Mai 2009, von Dr. B. vom 8. Mai 2009 und von Dr. A. vom 1. Juni 2009 eingeholt. Dipl.-Med. J. hat als Diagnose ein leichtgradiges obstruktives SAS mitgeteilt. Eine Beurteilung des Leistungsvermögens sei ihr nicht möglich, da sie den Kläger zuletzt am 23. Oktober 2007 untersucht habe. Dr. B. hat ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf Grund der ihm vorliegenden Befunde angenommen. Dr. A. hat eine leichte körperliche Arbeit ohne Stress und ständiges Bücken für sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Sie hat u.a. die vom Facharzt für diagnostische Radiologie Dr. G. am 11. Juli 2006 vorgenommene Auswertung der Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Kniegelenkes übersandt. Danach werden der Bandapparat und die Menisci als intakt beurteilt; es seien kein Erguss und keine tiefergreifenden Knorpelschäden feststellbar gewesen. Der Facharzt für Innere Medizin Dipl.-Med. J. hat in seinem Arztbrief vom 28. April 2009 keinen auffälligen Befund bei der durchgeführten Oesophago-Gastro-Duodenoskopie nachweisen können; das geklagte Erbrechen sei möglicherweise durch eine Reizmagenstörung zu erklären.

Mit Urteil vom 10. August 2009 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Auf der Grundlage der medizinischen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass der Kläger noch sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Kläger nicht in der Lage sein sollte, in der von der Beklagten im Widerspruchsbescheid benannten Verweisungstätigkeit als Pförtner sechs Stunden täglich zu arbeiten.

Gegen das ihm am 14. September 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Oktober 2009 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ihm stehe ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Er leide im Wesentlichen an einer arteriellen "Hypotonie" (es hätte wohl Hypertonie heißen müssen) mit negativer Leistungsbeeinträchtigung des Herzens, an einem Diabetes mellitus, einem Schlafapnoe-Syndrom sowie an einer Beeinträchtigung des rechten Kniegelenkes durch Morbus Schlatter. Deshalb sei er nicht mehr in der Lage, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten zu verrichten. Die vom Sozialgericht beigezogenen ärztlichen Befunde seien entweder allgemein oder stützten sich auf nicht aktuelle Untersuchungen. Das Gericht wäre verpflichtet gewesen, im sozialgerichtlichen Verfahren ein weiteres internistisches Gutachten einzuholen

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 10. August 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. März 2007 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Am 6. Oktober 2009 hat der Kläger ferner beantragt, ihm für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. Januar 2010 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, die Berufung und damit auch der gestellte Prozesskostenhilfeantrag böten nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme keine Aussicht auf Erfolg. Unter dem 3. Februar 2010 hat der Kläger mitgeteilt, nach seiner Auffassung spiegelten die beigezogenen Gutachten nicht seine tatsächliche Gesundheitssituation wieder; er wolle das Berufungsverfahren durchführen und beantrage nochmals ausdrücklich die Einholung eines weiteren Gutachtens.

Der Senat hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten mit Beschluss vom 15. April 2010 abgelehnt. Mit gerichtlichem Schreiben vom gleichen Tag ist der Kläger um Mitteilung gebeten worden, ob er unter Beachtung der Ausführungen des Senats im übersandten Beschluss die Berufung zurücknimmt. Gleichzeitig ist er darauf hingewiesen worden, dass der Senat, sofern das Rechtsmittel aufrecht erhalten bleibe, beabsichtige, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Dieses Schreiben hat der Kläger am 7. Mai 2010 erhalten; er hat sich hierzu nicht geäußert. Die Beklagte hat das Hinweisschreiben des Senats vom 15. April 2010 zusammen mit dem ablehnenden Beschluss am 21. April 2010 erhalten und sich hierzu gleichfalls nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Das Berufungsgericht hat durch Beschluss über die Berufung des Klägers entscheiden und diese zurückweisen können, weil sie nach der Beurteilung aller beteiligten Richter unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist sowie die Beteiligten vorher gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. SGG).

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (dazu unter 1.) noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (dazu unter 2.).

1. Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Der Kläger ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwerbsgemindert, da er danach unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Senat geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger ist noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Zu vermeiden sind lediglich häufiges Bücken, Knien, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Zwangshaltungen. Darüber hinaus besteht eine volle Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten sowie ein uneingeschränktes Seh- und Hörvermögen. Es können zumindest durchschnittliche Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten gestellt werden.

Der Kläger leidet an einem diätisch geführten Diabetes mellitus Typ II b, der bislang nicht zu Komplikationen geführt hat. Ferner besteht eine arterielle essentielle Hypertonie Stadium I bis II der WHO, die gleichfalls medikamentös eingestellt ist. Eine wesentliche kardiale Leistungseinschränkung hat nicht nachgewiesen werden können. Sowohl bei Dr. N. als auch bei Dr. O. wurde die Leistungsergometrie abgebrochen, ohne dass jeweils eine Ausbelastung erreicht worden war. Auch bei einer Belastbarkeit bis 75 Watt sind körperliche leichte Tätigkeiten jedoch jedenfalls noch zumutbar. Das bestehende Schlafapnoe-Syndrom ist für die entsprechende Fachbehandlung beobachtet und gleichfalls medikamentös eingestellt worden; eine Behandlung durch eine Atemmaske ist noch nicht erforderlich, eine Tagesmüdigkeit besteht nicht. Der Zustand nach der Operation des rechten Kniegelenkes mit gelegentlich auftretenden Knieschmerzen hat nicht zu einer Funktionseinschränkung geführt. Bei der Behandlung durch Dr. B. war eine einmalige Spritzenbehandlung bei freier Beweglichkeit des Kniegelenkes und unauffälligem MRT-Befund ausreichend. Diese Gesundheitsstörung führt zu qualitativen Leistungseinschränkungen dahingehend, dass der Kläger nicht überwiegend im Stehen, nicht auf Leitern und Gerüsten und nicht im Hocken und Knien arbeiten kann.

Weitere, das Leistungsvermögen einschränkende Gesundheitsstörungen bestehen nicht.

Der Senat sah auch keine Veranlassung, ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, da der medizinische Sachverhalt umfassend ermittelt worden ist sowie das oben dargelegte Leistungsbild ergibt und der Kläger im Berufungsverfahren keine Gesichtspunkte aufgezeigt hat, die nicht bereits durch die beigezogenen medizinischen Unterlagen und Gutachten hinreichend geklärt sind.

2.

Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Für die Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist sein "bisheriger Beruf" maßgeblich. Wenn er diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist die Zumutbarkeit einer anderen Tätigkeit zu prüfen. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss also mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI RdNr 9, 10 mit weiteren Nachweisen).

Bisheriger Beruf des Klägers ist der des Fahrzeuglackierers. Diesen Beruf kann er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Damit ist der Kläger aber noch nicht berufsunfähig. Auf welche Berufstätigkeiten ein Versicherter nach seinem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das Bundessozialgericht (BSG) nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von dem Versicherten sechsstündig ausübbare Tätigkeit ist ihm zumutbar im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, wenn er irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss dem Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor.

Eine Ausnahme vom Erfordernis der konkreten Benennung eines Verweisungsberufs besteht aber dann, wenn dem Versicherten fachlich-qualitativ ungelernte Tätigkeiten und jedenfalls leichte körperliche, seelische und geistige Belastungen zumutbar sind. Es gibt eine Vielzahl von ungelernten Berufen im inländischen Erwerbsleben. Sie stellen gerade keine besonderen Anforderungen an Kenntnisse, fachliche Fähigkeiten, Ausbildung und Berufserfahrung.

Einem Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn sein bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf des angelernten Arbeiters oder dem des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist. Allerdings ist bei den angelernten Arbeitern weiter zu differenzieren: Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von bis zu einem Jahr (so genannte untere Angelernte) sind auf alle ungelernten Tätigkeiten verweisbar. Dem gegenüber können Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von mehr als einem Jahr bis zu zwei Jahren (so genannte obere Angelernte) nur auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch bestimmte Qualitätsmerkmale auszeichnen. Daher sind für Angelernte des oberen Bereichs Verweisungstätigkeiten konkret zu benennen (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI RdNr 101 mit weiteren Nachweisen).

Der bisherige Beruf des Fahrzeuglackierers ist allenfalls der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen. Denn der Kläger hat die Umschulungsmaßnahme zum Maler und Lackierer nicht bestanden, da er nicht über ausreichende Kenntnisse in allen Teilfachbereichen verfügte. Zudem hätte eine ungelernte Kraft für die vom Kläger bei der M. verrichtete Tätigkeit nur zwei Monate angelernt werden müssen. Der Senat geht jedoch zugunsten des Klägers davon aus, dass er weite Teile der Ausbildungsinhalte in seine letzte Tätigkeit einbringen konnte. Als Angelernter des oberen Bereichs ist der Kläger auf die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte gesundheitlich und sozial zumutbar verweisbar.

Die Tätigkeit des sogenannten Pförtner an der Nebenpforte besteht – wie die Beklagte zutreffend dargelegt hat und es der Senat seiner ständigen Rechtsprechung zugrunde legt (vgl. zuletzt Urteil vom 15. Januar 2009 – L 3 R 108/07 – nicht veröffentlicht) – hauptsächlich darin, überwiegend für den Verkehr der Betriebsangehörigen bei Bedarf von der Pförtnerloge aus Einlass, z. B. durch Öffnen einer Schranke oder Pforte mittels Knopfdruck, zu gewähren. Der Arbeitsplatz ist in der Regel mit einem Schreibtisch und häufig mit Monitorwänden zur Videoüberwachung des Betriebsgeländes ausgestattet. Schwerpunktmäßig wird eine sitzende Tätigkeit verbunden mit stehenden und gehenden Tätigkeiten ausgeübt. Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Darüber hinaus stellt die Pförtnertätigkeit an die Funktionstüchtigkeit der Arme und Beine keine besonderen Anforderungen; selbst für faktisch Einarmige gibt es insoweit Tätigkeitsbereiche (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17. Oktober 1997 – L 8 J 262/97 –). Schließlich sind Pförtner an der Nebenpforte keinen besonderen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen ausgesetzt, da sie lediglich gelegentlich Kontakt mit Mitarbeitern und nur ausnahmsweise mit Publikum haben.

Mit dem oben dargelegten medizinischen Leistungsbild kann der Kläger die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte ausüben. Denn der Kläger kann eine Schranke zum Einlass von Fahrzeugen oder Mitarbeitern bedienen und die Pförtnerloge verlassen und ein Geschehen in der näheren Umgebung kontrollieren. Kontrollgänge wären möglich. Allerdings findet die Tätigkeit überwiegend in geschlossenen Räumen statt, so dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch ständige Witterungseinflüsse zu erwarten sind. Den geistigen Anforderungen für eine Geländekontrolle mit technischen Mitteln (Videoüberwachung) ist der Kläger gewachsen. Gleiches gilt für den gelegentlichen Kontakt mit Mitarbeitern und Publikum. Eine besondere Beanspruchung der Belastbarkeit der Wirbelsäule, der oberen und unteren Extremitäten und des Herz-/Kreislaufsystems ist mit der Pförtnertätigkeit nicht verbunden. Insgesamt gesehen bestehen keine durchgreifenden Zweifel, dass der Kläger eine auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich noch vorhandene Pförtnertätigkeit an der Nebenpforte wettbewerbsfähig ausüben könnte, wenn er Zugang zu einer solchen Beschäftigung hätte und diese auch ernsthaft ausüben wollte.

Der Kläger ist auch in der Lage, sich innerhalb von drei Monaten auf diese Tätigkeit umzustellen. Dies ergibt sich aus den eingeholten Gutachten. Danach bestehen keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen und der Kläger ist einfachen geistigen Anforderungen und durchschnittlichen Anforderungen an mnestische Fähigkeiten gewachsen.

Schließlich geht der Senat davon aus, dass auch nach einem aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage erfolgten Abbau der Arbeitsplätze bundesweit alleine im Bereich der Wach- und Sicherheitsunternehmen noch mehrere hundert Arbeitsplätze für Pförtner an der Nebenpforte vorhanden sind (vgl. Urteil des Senats vom 15. Januar 2009 – L 3 R 108/07 –).

Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen für ihn geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und Urteil vom 21. Juli 1992 – 3 RA 13/91 –).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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