L 9 U 2710/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1849/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2710/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV), im weiteren BK 2108.

Die 1944 geborene Klägerin war nach einer Ausbildung zur Fachverkäuferin für Lebensmittel (September 1961 bis August 1963) bis September 1964 bei der Konsum-Genossenschaft O. in diesem Beruf tätig. Sie arbeitete dann - nach Unterbrechung durch Schwangerschaft und Familienpause - von Juli bis Dezember 1967 und Januar 1969 bis Dezember 1974 als Kindergartenhelferin (wobei Sie von 1970 bis 1974 auch eine pädagogische Schule für Kindergärtnerinnen in Leipzig besuchte) sowie von Januar 1975 bis Mai 1989 als Kindergärtnerin in einem Kindergarten in O ... Ab Februar 1990 (nach anderen Angaben August 1989) war sie bei der Katholischen Gesamtkirchenpflege in Ludwigsburg als Erzieherin beschäftigt. Sie war ab Februar 2005 arbeitsunfähig und seit April 2007 bezieht sie Altersrente. Gemäß den Angaben des Landratsamtes Torgau-O. vom 28. September 2004, auf die im Übrigen verwiesen wird, betreute die Klägerin im Kindergarten in O. Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren. Sie hatte dabei einmal pro Woche für den Sportunterricht eine Turnbank mit einem Gewicht von 9 kg und eine Turnmatte mit einem Gewicht von 8 kg mit einer weiteren Person zu tragen. Ferner musste sie drei- bis viermal täglich Tablette mit Speisen für die Kinder mit einem Gewicht von 5 kg tragen, zweimal täglich zwischen 20 bis 22 Kinderliegen mit einem Gewicht von 7 kg heben und zweimal täglich Geschirr vom Mittagessen mit einem Gewicht von 12 kg heben bzw. tragen. Bei der Tätigkeit bei der Katholischen Gesamtkirchenpflege in Ludwigsburg hatte sie im Sommer Kindergartenbänke mit einem Gewicht von 10 kg über 5 m zu tragen. Die Klägerin gab an, sie habe bei der Vorbereitung des Gruppenraumes Stühle und Tische mit Gewichten von je 2,5 kg bewegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Auskunft der Katholischen Gesamtkirchenpflege, die u. a. um Angaben über das Heben/Tragen von Lastgewichten von 5 kg und mehr gegeben worden war, vom 24. Januar 2005 verwiesen.

In der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums Ludwigsburg erfolgten während einer stationären Behandlung vom 26. Juni bis 10. Juli 2000 eine Nucleotomie und Wurzeldekompression L5/S1 sowie am 22. August 2000 eine operative Neurolyse der Wurzel L 5 links und eine knöcherne Dekompression. Am 21. März 2005 erfolgte wegen Instabilität L5/S1 eine USS-instrumentierte Korrekturspondylodese L4 - S1 mit Spinalkanalentlastung (Bericht der Orthopädischen Klinik Markgröningen vom 1. April 2005).

Im Juli 2004 machte die Klägerin eine berufsbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Bandscheibenvorfall (BSV) geltend, die sie auf ihre jahrelange Tätigkeit im Kindergarten in O. mit An- und Ausziehen von Kleinkindern und Stühlerücken zurückführte und die sich erstmals Anfang der achtziger Jahre bemerkbar gemacht hätte.

Die Beklagte zog Aufzeichnungen über Erkrankungen der Klägerin von deren Krankenkasse, der AOK Ludwigsburg-Bietigheim, bei.

Des weiteren zog die Beklagte Berichte behandelnder Ärzte bei bzw. holte Befundberichte ein, so u. a. Berichte des Radiologen Dr. R. vom 14. Oktober 1996 (Kernspintomographie der LWS vom 10. Oktober 1996: keine Höhenminderung der Wirbelkörper [WK] und Signalveränderung im Knochen, Höhenminderung sämtlicher BSen der LWS und im thorakolumbalen Übergang, kein umschriebener BSV, jedoch erhebliche allgemeine Protrusion, u. a. im Segment Th 11/12 sowie L2/3, L4/5 und L5/S1, kein Anhalt für einen BSV, multiple Protrusionen an der LWS und unteren BWS, Zeichen "entzündlicher" BS-Degeneration im Segment L4/5, Spondylarthrose), des Orthopäden Dr. S. vom 18. Oktober 2004 (ab 1996 belastungsabhängige LWS-Beschwerden) und 4. Februar 1997 (chronisches LWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle, rezidivierende Lumboischialgien), der Dres. H. und Kollegen vom 6. August 2004 (ab 30. Mai 2000 Behandlung wegen WS-Beschwerden), des Neurochirurgen G. vom 11. Oktober 2004 (CT der LWS am 2. Juni 2000: ausgeprägte BS-Degeneration L3/4 und L4/5, flache Protrusion L4/5, maximale BS-Degeneration L5/S1 mit breitbasigem und links intraforaminal betontem BSV und anzunehM.r Irritation der linken Wurzel L5 intraforaminal, ausgeprägte Spondylarthrose L5/S1), des Neurochirurgen K. vom 5. Juni 2000 (Lumboischialgie links), des Dr. M., Klinikum Ludwigsburg, vom 10. Juli 2000 (stationäre Behandlung vom 26. Juni bis 10. Juli 2000; Nukleotomie, Sequestrotomie, Wurzeldekompression L5/S1 bei lumbalem BS-Prolaps), des Klinikums Ludwigsburg vom 4. September 2000 (Neurolyse und Dekompression am 22. August 2000 der Wurzel L5 ohne neuerlichen BSV, Reoperation mit Lösen vom Narbengewebe nach der vorangegangenen OP) und 23. November 2000 (Bericht Dr. V. über eine Kernspintomographie: keinerlei Hinweise für eine Spondylodiscitis oder für einen erneuten BSV), des Radiologen Dr. M. vom 27. November 2000 (MRT der LWS: Z. n. Nukleotomie L5/S1 links mit erheblichen narbigen Verdichtungen, kleiner Discusprolaps L4/5 links, kleiner Prolapsrest L5/S1 mediolateral, degenerative Stenose der Neuroforamina L4/5 und L5/S1 rechts betont), des Dr. E. vom 9. August 2004 (seit 2001 Behandlung wegen BS-Beschwerden), des Radiologen Dr. R. vom 12. April 2001 (MR der LWS: fortgeschrittene Osteochondrose der BSen mit linkskonvexer Skoliose, kein NPP, Narbe nach NPP-OP L5/S1 links und Protrusion L 4/5 links und L5/S1 rechts), des Dr. M. vom 22. Mai 2001 (ständig rezidivierendes Lumbalsyndrom mit rezidivierender Wurzelreizsymptomatik, sensomotorische L5-Restsymtomatik, rezidivierender Reizzustand mehr des rechten Hüftgelenks bei mäßiger Coxarthrose beidseits, rezidivierendes Cervicobrachialsyndrom), des Radiologen Dr. Wünsch vom 17. Januar 2002 (MR der LWS: diskrete Pseydospondylolisthesis bei fortgeschrittener Spondylarthrose, flache Protrusion L4/5 sowie L1-3, fortgeschrittene Osteochondrose und flache linkskonvexe Skoliose, insbesondere L3-S1, gering erosiv BWK 11/12), des Prof. Dr. Dichgans vom 11. Dezember 2002 (stationäre Behandlung vom 17. bis 23. Oktober 2002, chronisches persistierendes radukuläres Schmerzsyndrom L5 links, kein Nachweis einer spinalen Enge oder eines umschriebenen BSV, Pseudospondylolisthesis Grad I in Höhe L5/S1), des Neurochirurgen Dr. Oeljeschläger vom 10. Oktober 2003 (instabile Pseudospondylolisthese L5/S1 bei Foramenstenose links), des Orthopäden Dr. Schätz, Klinik Markgrönigen vom 23. Oktober 2003 (Discographie am 23. Oktober 2003 bei Postdiskotomie-Syndrom nach zweimaliger BS-Operation in Höhe L5/S1), des Orthopäden Dr. M. vom 14. Mai 2004 (therapieresistente linksbetonte, jetzt auch vermehrt rechtsseitige Lumboischialgie), des Radiologen Dr. Sch. vom 8. Juni 2004 (MRT der LWS vom 8. Juni 2004, fortgeschrittene osteochondrotische Veränderungen des gesamten LWS), der Schwärzbergklinik (Heilverfahren vom 15. Juni bis 6. Juli 2004, u. a. Lumboischialgie metabolisches Syndrom, psychophysische Erschöpfung; Angaben der Klägerin: seit 4 Jahren Rückschmerzen, die Beschwerden hätten eigentlich erst in den Wechseljahren begonnen), des Dr. M. vom 27. Juli 2004 (therapieresistente Lumbioschialgie rechtsbetont) und der Radiologin B. vom 30. Juli 2004 (lumbioschialgieforme Beschwerden, weder neurologisch noch elektrophysiologisch Hinweis für eine radikuläre Symptomatik). Außerdem zog die Beklagte bildgebende Befunde bei.

Nach einer Arbeitsplatzanalyse gelangte der Präventionsdienst der Beklagten zum Ergebnis, für die Zeit der Tätigkeit in dem Kindergarten in O. von Januar 1975 bis Mai 1989 seien die "arbeitstechnischen Voraussetzungen" einer BK 2108 nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) erfüllt. Seit August 1989 habe eine BS-belastende Tätigkeit nicht mehr vorgelegen. Für die Zeit von Januar 1975 bis Mai 1989 war eine Gesamtbelastungsdosis von 9,71 Mega-Newton-Stunden (MNh) erreicht. Der Orthopäde und Sozialmediziner Prof. Dr. Dr. H. und der Orthopäde und Sozialmediziner D. gelangten im Gutachten vom 29. August 2005 zum Ergebnis, die Klägerin leide unter einer BS-bedingten Erkrankung der LWS mit Erstmanifestation im März 2000. Die Kriterien der ursächlich mechanisch dominierten Entstehungsgenese im Sinne der BK 2108 seien aber nicht erfüllt. Es hätten deutliche konkurrierende, polysegmental über alle WS-Abschnitte verteilte Degenerationserscheinungen, eine erhebliche strukturelle Fehlstatik, insbesondere des Thorakal- und des Lumbosacralbereiches bereits vor der Versteifungsoperation vorgelegen. Die Klägerin leide unter einem progredienten inferioren Cervikalsyndrom. Desweiteren bestünden eine systemisch stoffwechselassoziierte knöcherne Degeneration und Versteifung der BWS im Sinne einer disseminiert idiopathischen Skeletthyperostose sowie der dringende Verdacht einer die BWS-Kyphose verstärkenden, auch im Lumbalbereich bestehenden WS-Osteoporose mit fehlstatischer Wirbelkörperverformung thorakal. Das Degenerationsmuster betreffe nicht die mechanisch im Zentrum stehenden inferioren LWS-Abschnitte, sondern sei im Bereich der BWS sogar polysegemental stärker als im Lumbalbereich ausgeprägt. Auch im LWS-Bereich bestehe zusätzlich eine nicht belastungskonforme Verteilung der sekundär BS-assoziierten Veränderungen indem die BS-Schäden dominierend in der mittleren LWS in Höhe L3/L4 ausgeprägt seien. Es fehlten auch typischerweise auf eine Belastungsinduktion hinweisende Traktionsspondylodesen der oberen und mittleren LWS. Ferner sei der Ausprägungsgrad der Osteochondrosen im Bereich der LWS nicht nach caudal verstärkt gewesen. Eine wesentliche Verschlimmerung der LWS-Erkrankung durch berufliche Einflüsse sei nicht anzunehmen. Die Erstmanifestation des klinischen Beschwerdebildes im Lumbalbereich datiere aus dem Jahre 2000, als die Klägerin bereits 11 Jahre keine belastende gefährdende Tätigkeit mehr ausgeübt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Gutachten verwiesen.

Mit Bescheid vom 26. September 2005 und Widerspruchbescheid vom 2. Mai 2006 entschied die Beklagte, bei der Klägerin liege keine BK 2108 vor. Sie habe auch keinen Anspruch auf Leistungen oder Maßnahmen, die dem Entstehen dieser BK entgegenwirkten. Die berufliche Tätigkeit sei bis 1989 grundsätzlich WS-belastend gewesen und es bestehe auch eine Erkrankung der LWS. Diese sei aber nicht durch die Tätigkeit als Kindergärtnerin verursacht.

Deswegen hat die Klägerin am 18. Mai 2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben, mit welcher sie zuletzt noch die Feststellung einer BK 2108 erstrebt hat. Ihre Erkrankungen im Bereich der LWS seien durch ihre Tätigkeit als Kindergärtnerin in der ehemaligen DDR verursacht, bei der sie 25 und mehr Kinder allein täglich betreut, hochgehoben, deren Essen zubereitet und schwere Töpfe getragen, Tische bereitgestellt, Liegen für Ruhepausen vorbereitet und ähnliches mehr verrichtet habe. Die ersten Beschwerden seien bereits in den 80er Jahren aufgetreten und nicht erst im Jahr 2000.

Das SG hat die Krankenunterlagen des die Klägerin in den Jahren 1978 bis 1989 behandelnden Dr. B. (Arbeitsunfähigkeit vom 21. Mai bis 7. Juni 1984 wegen Kreuzschmerzen bzw. Lumbalgie, am 12. September 1985: "Ischalgie") sowie Röntgen- und MRT-Aufnahmen der behandelnden Ärzte und ärztliche Äußerungen beigezogen.

Ferner hat das SG ein Sachverständigengutachten des Orthopäden Prof. Dr. C. vom 24. Juli 2007 und dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 13. Mai 2008 sowie ein Sachverständigengutachten auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Chirurgen Dr. A. vom 7. März 2008 eingeholt.

Prof. Dr. C. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es spreche mehr gegen als für einen Zusammenhang der Erkrankungen der LWS mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin. Bei dieser bestünden im Bereich der HWS röntgenologisch mittelgradige degenerative Veränderungen, insbesondere im Bereich des letzten Bewegungssegmentes zwischen 6. und 7. HWK in Form einer Verschmälerung des BS-Faches sowie nach vorne weisenden knöchernen Randwülsten an den Grund- und Deckplatten. Sie seien klinisch bei weitgehend freier Beweglichkeit in sämtlichen Bewegungsebenen vollständig kompensiert. Im Bereich der BWS bestünden röntgenologisch mittelgradige degenerative Veränderungen in den Bewegungssegmenten zwischen dem 6. bis 11. BWK in Form von nach seitlich ausladenden knöchernen Randwülsten an den Grund- und Deckplatten, wodurch die Zwischenwirbelräume zum Teil spangenartig überbrückt würden bei verstärkter Vorschwingung der BWS. Entsprechend sei die Beweglichkeit der BWS insbesondere hinsichtlich der Vorneigung eingeschränkt. Im Bereich der LWS fänden sich nach dem radiologischen Befund eine komplette knöcherne Versteifung der Bewegungssegmente zwischen dem 4. LWK und dem Kreuzbein, reizlos einliegende Schrauben in den Wirbeln L4, L5 und S1, eine deutliche Degeneration des Bewegungssegmentes L3/4 sowie eine etwas geringere Degeneration der Bewegungssegmente L1/2 und L2/3. Klinisch entsprächen dem eine reizlose Narbenbildung im Bereich der unteren LWS sowie im Bereich der linken Flanke nach BS-Operation L5/S1, Neurolyse und Versteifungsoperation L4 bis S1, eine eingeschränkte Beweglichkeit der LWS und - als Ausdruck der von der LWS ausgehenden Nervenwurzeln - Gefühlsstörungen im Bereich des linken Fußes und eine Schwäche hinsichtlich der Fußsenkung und Zehenhebung. Nach der technischen Analyse des Präventionsdienstes seien die "arbeitstechnischen Voraussetzungen" einer BK 2108 in der Zeit vom Juli 1967 bis Mai 1989 erfüllt. Unter Berücksichtigung der vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeiteten "medizinischen Beurteilungskriterien zu berufsbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" ("Konsensempfehlungen") sprächen für einen ursächlichen Zusammenhang der BS-bedingten Erkrankung der LWS mit der Berufstätigkeit, die Hinweise auf eine WS-bezogene Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit im Mai 1984 und September 1985 bereits im Alter von 40 Jahren sowie die Erfüllung der "arbeitstechnischen Voraussetzungen" zu diesem Zeitpunkt. Gegen die Annahme einer beruflich verursachten BS-bedingten Erkrankung der LWS spreche die Tatsache, dass ein operationswürdiger BSV sich offensichtlich erst zwischen 1996 und 2000 entwickelt habe, und dass 1996 röntgenologisch und kernspintomographisch degenerative Veränderung zwischen der unteren BWS und dem Kreuzbein vorgelegen hätten, die in unterschiedlichem Ausprägungsgrad in den einzelnen Segmenten bestanden hätten, und kein typisches belastungskonformes Schadensbild im Sinne einer von oben nach unten zunehmen Ausprägung hätten erkennen lassen. Üblicherweise wären bei einer beruflich verursachten BS-bedingten Erkrankung vor allen Dingen die beiden letzten Segmente der LWS zwischen 4. und 5. LWK sowie dem 5. LW und dem Kreuzbein besonders betroffen. Nach der Konstellation B der "Konsensempfehlungen" werde gefordert, dass die BS-bedingte Erkrankung L5/S1 und/oder L4/5 betreffe, was hier nicht der Fall sei. L5/S1 sei erst später betroffen gewesen. Die röntgenologische und kernspintomographische Ausprägung habe vor allen Dingen die darüber liegenden Bewegungssegmente erfasst. Insbesondere spreche das bereits 1996 objektivierbare Verteilungsmuster der degenerativen Veränderungen deutlich gegen die Annahme einer BK 2108. Prinzipiell seien die beruflichen Einwirkungen geeignet gewesen, eine BS-bedingte Erkrankung zu verursachen. Insgesamt sei aber davon auszugehen, dass die multisegmentalen degenerativen Veränderungen, die schließlich zu der BS-Operation im Jahr 2000 geführt hätten, schicksalsmäßig und aus innerer Ursache entstanden seien. Die Erkrankungen der LWS seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen. Hieran hat der Sachverständige auch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. A. festgehalten.

Dr. A. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin liege eine degenerative Erkrankung der WS vor. Soweit Prof. Dr. Dr. H. die Frage, ob altersübliche WS-Veränderungen vorliegen, diskutiere sei nicht dargelegt, wo er die altersüblichen Norm hernehme und ob es sie gebe. Ihm - so Dr. A. - seien altersübliche Normen nicht bekannt. Konkurrierende außerberufliche Ursachen lägen nicht vor. Die Erkrankung im Bereich der unteren LWS mit BSV, Operation, Reoperation und Versteifung stelle eine BK 2108 dar. Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftliche Gutachten verwiesen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. April 2009 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 2108 lägen nicht vor. Zwar seien die "arbeitstechnischen Voraussetzungen" nach den Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten für eine BK 2108 für die Zeit vom Juli 1969 bis Mai 1989 erfüllt und leide die Klägerin an einer BS-bedingten Erkrankung der LWS und habe sie die Tätigkeit im Kindergarten O. 1989 aufgegeben, doch seien die Gesundheitsstörungen im Bereich der LWS nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf berufsbedingte Einwirkungen zurückzuführen. Die zeitlich der Aufgabe am nächsten liegenden Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 1996 zeigten Degenerationen der Wirbelbogengelenke L3/L4 sowie L5/S1 beidseits, eine knöcherne Randwulstbildung nach seitlich ausladend an den Grund- und Deckplatten, insbesondere linksseitig zwischen dem 2. und 3. LWK, in der seitlichen Ansicht eine physiologische Vorschwingung der LWS, eine massive Verschmälerung des BS-Faches L3/4 und eine diskrete Verschmälerung auf der BS-Fläche L4/5 und L5/S1. Die Kernspintomographie der LWS im Oktober 1996 habe eine multisegmentale Degeneration sämtlicher Lenden-BSen mit breitbasiger, nach hinten gerichteter Vorwölbung der BS L1/2, L2/3 sowie L4/5 und eine diskrete Vorwölbung der BS L3/4 und L5/S1 ergeben. Im Vergleich mit den übrigen Lenden-BSen sei die BS L5/S1 zum damaligen Zeitpunkt, wie Prof. Dr. C. ausgeführt habe, relativ gut erhalten gewesen. Außerdem hätten ödematöse Signalveränderungen im Bereich der WK L3/4 und L4/5 vorgelegen. Die radiologischen Aufnahmen der HWS vom August 1998 zeigten hingegen, wie Prof. Dr. C. dargelegt habe, keine vorauseilenden degenerativen Veränderungen an den Grund- und Deckplatten sowie an den Wirbelbogengelenken. Klinisch seien WS-bezogene Erkrankungen vom Mai 1984 und September 1985 dokumentiert, was sich aus den Unterlagen von Dr. B. ergebe. Gleichwohl spreche hier unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie Prof. Dr. C. nachvollziehbar dargelegt habe, mehr dafür, dass die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 2108 nicht erfüllt seien. Das bei Dr. A. eingeholte Gutachten sei nicht geeignet, Zweifel an der Feststellung des Prof. Dr. C. zu begründen. Dr. A. habe seinem Gutachten nicht den herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand zu Grunde gelegt. Insbesondere habe er die "Konsensempfehlungen" nicht berücksichtigt. Dies zeige sich bereits daran, dass Dr. A. davon ausgehe, dass ein altersuntypischer Befund nicht definiert werden könne. Hier befinde er sich im Widerspruch zu den "Konsensempfehlungen" und somit zum herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand. Im Übrigen habe er für seine Beurteilung auch nicht die am zeitnahesten zur Aufgabe der belastenden Tätigkeit angefertigten radiologischen Aufnahmen zu Grunde gelegt, sondern erst diejenigen aus dem Jahr 2000. Hieraus lasse sich jedoch nicht der Schluss auf eine berufsbedingte Erkrankung der LWS ziehen. Insgesamt sei das Gutachten von Dr. A. nicht plausibel. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die schriftlichen Urteilsgründe verwiesen.

Gegen das am 18. Mai 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. Juni 2009 Berufung eingelegt. Sie beruft sich im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. A ... Im Übrigen seien die "Konsensempfehlungen" nicht so eindeutig zu interpretieren, wie durch Prof. Dr. C. geschehen. Die "Konsensempfehlungen" ließen insofern "Spielraum" zu. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen zur Berufungsbegründung verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. April 2009 abzuändern und unter Aufhebung des Bescheids vom 26. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 1006 das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf das aus ihrer Sicht zutreffende Sachverständigengutachten des Prof. Dr. C ...

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens einer BK 2108.

Soweit die Klägerin die Feststellung des Vorliegens einer BK Nr. 2108 begehrt, ist die Klage zulässig. Hierbei handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG), mit der die Feststellung der BK begehrt wird. Eine Versicherte, der gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass eine bestimmte BK nicht vorliegt, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage komM.r Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage klären lassen (BSG, Urteil vom 02. April 2009, B 2 U 30/07 R m.w.N. in Juris).

Der von der Klägerin erhobene Anspruch beurteilt sich noch nach den Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil die von der Klägerin geltend gemachte BK spätestens im Mai 1989, dem Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden beruflichen Tätigkeit im Kindergarten in O., und damit vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 01. Januar 1997 aufgetreten sein soll (Artikel 36 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes § 212 SGB VII). Im Übrigen ist hinsichtlich der für die Feststellung einer BK 2108 maßgebenden rechtlichen Grundlagen auch mit Inkrafttreten des SGB VII am 01. Januar 1997 keine wesentliche Änderung erfolgt, so dass die nachstehenden Kriterien auch für die Frage eines Eintritts des Versicherungsfalles nach dem 31. Dezember 1996 maßgebend wären.

Ein Arbeitsunfall im Sinne der §§ 547 ff RVO ist gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Als Arbeitsunfall gilt ferner eine BK (§ 551 Abs. 1 Satz 1 RVO). BKen sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Nach § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, wobei sie auch bestimmen kann, dass die Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie durch die Arbeit in bestimmten Unternehmen verursacht worden sind. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit Erlass der Anlage 1 zur BKV, die eine Liste der BKen enthält, Gebrauch gemacht.

Nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV stellen BS-bedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, eine BK dar.

Tatbestandliche Voraussetzung der BK Nr. 2108 ist zunächst, dass die Versicherte auf Grund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet hat. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine BS-bedingte Erkrankung der LWS entstanden sein oder noch bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ferner ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Ferner muss die Versicherte gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben und zu unterlassen. Als Folge dieses Zwanges muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen liegt eine BK Nr. 2108 nicht vor (vgl. BSG, Urteile vom 30. Oktober 2007, B 2 U 4/06 R, und 18. November 2008, B 2 U 14/07 R sowie B 2 U 14/08 R, jeweils in Juris).

Zur Ermittlung, ob die bei der beruflichen Tätigkeit aufgetretenen Belastungen geeignet sind, eine BS-bedingte Erkrankung der LWS hervorzurufen, wurde das MDD erarbeitet, das auch nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 30. Oktober 2007, B 2 U 4/06 R, BSGE 99, 162-170, und vom 18. November 2008, B 2 U 14/08 R, in Juris) in den Grenzen seiner Thematik weiterhin eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK Nr. 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur richtungweisend umschriebenen Einwirkungen darstellt. Allerdings legt das MDD selbst für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte fest, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko von BS-Schäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann. Die auf Grund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen. Von diesem Verständnis geht auch das aktuelle Merkblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur BK Nr. 2108 aus, das für eine zusammenfassende Bewertung der WS-Belastung auf das MDD verweist (BArbl 2006, Heft 10 Seite 30 ff). Die "arbeitstechnischen Voraussetzungen" einer BK Nr. 2108 (bzw. berufliche Einwirkungen, die geeignet sind, eine solche Erkrankung zu verursachen) sind danach zwar erfüllt, wenn die Richtwerte im Einzelfall erreicht oder überschritten werden, doch schließt ein Unterschreiten dieser Richtwerte das Vorliegen der BK nicht von vorneherein aus (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007, B 2 U 4/06 R, aaO). Orientierungswerte sind andererseits keine unverbindlichen Größen, die beliebig unterschritten werden können. Ihre Funktion besteht in dem hier interessierenden Zusammenhang darin, zumindest die Größenordnung festzulegen, ab der die WS-belastende Tätigkeiten als potenziell gesundheitsschädlich einzustufen sind. Die Mindestbelastungswerte müssen naturgemäß niedriger angesetzt werden, weil sie ihrer Funktion als Ausschlusskriterium auch noch in besonders gelagerten Fällen, etwa beim Zusammenwirken des Hebens und Tragens mit anderen schädigenden Einwirkungen, gerecht werden müssen. Bei einem Unterschreiten der Orientierungswerte in einem Ausmaß, dass das Gefährdungsniveau nicht annähernd erreicht wird, ist eine BK Nr. 2108 ohne weitere Feststellung zum Krankheitsbild und zum Ursachenzusammenhang zu verneinen. Das BSG hat insofern unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der "Deutschen Wirbelsäulenstudie" (DWS) das MDD weiter entwickelt und entschieden, dass es derzeit in seiner Funktion zur Konkretisierung der für eine BK Nr. 2108 notwendigen beruflichen Einwirkungen nicht durch ein anderes, gleicher Maßen geeignetes Modell ersetzt werden kann. Allerdings ist es nach der zitierten Rechtsprechung des BSG dahingehend zu modifizieren, dass die dem MDD zu Grunde liegende Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang bei Männern mit dem Wert 2700 N pro Arbeitsvorgang anzusetzen ist, auf eine Mindesttagesdosis nach dem Ergebnis der DWS zu verzichten ist, alle Hebe- und Tragebelastungen, die die Mindestbelastung um 2700 N bei Männern erreichen, entsprechend dem quadratischen Ansatz zu berechnen und aufzuaddieren sind und der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissenstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und BS-bedingter Erkrankung der LWS ausgeschlossen ist, auf die Hälfte des im MDD vorgeschlagenen Orientierungswertes von 25 MNh, also auf 12,5 MNh herabzusetzen ist. Für Frauen ergibt sich danach eine Orientierungswert von 8,5 MNh.

Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt der Senat unter Mitberücksichtigung der Arbeitgeberangaben, der Angaben der Klägerin sowie der Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten fest, dass die Klägerin während ihrer Tätigkeit im Kindergarten in O. von Januar 1975 bis Mai 1989 bei einer Gesamtbelastungsdosis nach dem von 9,71 MNh Arbeiten verrichtete, die grundsätzlich geeignet sind, eine BS-bedingte Erkrankung der LWS zu verursachen. Ab 1989 hat die Klägerin dagegen keine Tätigkeiten mehr verrichtet, die geeignet waren, eine Erkrankung i.S. der BK 2108 zu verursachen. Nach der Auskunft der Katholischen Gesamtkirchenpflege Ludwigsburg hat die Klägerin im Sommer Kindergartenbänke mit einem Gewicht von 10 kg über 5 m bewegt und ansonsten keine Gewichte von 5 kg oder mehr heben müssen. Dass Heben und Tragen von 10 kg in diesem Zusammenhang mehr als nur gelegentlich anfiel, ist nicht feststellbar. Die Klägerin selbst gab an, dass sie in Ludwigsburg nur Kindergartenstühle und -tische mit Gewichten von 2,5 kg bewegt hat. Infolgedessen ist der Präventionsdienst der Beklagten zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nach 1989 keine die WS belastenden Tätigkeiten mehr ausgeübt hat. Hiervon geht auch der Senat aus, zumal die Klägerin selbst gegenüber Prof. Dr. Dr. H. angab, in Ludwigsburg keiner relevanten Belastung ausgesetzt gewesen zu sein und auch in Kenntnis der Tatsache, dass auch die Beklagte hiervon ausging (so u.a. im Bescheid vom 26. September 2005 und Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2006) zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, nach 1989 noch WS-belastend gearbeitet zu haben. Vielmehr hat sie ihre Erkrankungen mit den schweren Belastungen im Kindergarten in O. begründet. Damit hat die Klägerin im Zeitraum von 1967 bis 1989 (mit Unterbrechung) berufliche Tätigkeiten verrichtet, die grundsätzlich geeignet waren, eine BS-bedingte Erkrankung im Sinne der BK 2108 zu verursachen.

Nach dem Ergebnis der weiteren Prüfung durch den Senat liegen jedoch die medizinischen Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 2108 nicht vor. Da - wie in der medizinischen Wissenschaft anerkannt - BS-Schäden und BSVe insbesondere der unteren LWS in allen Altersgruppen, sozialen Schichten und Berufsgruppen, auch solchen, die im Arbeitsleben keiner schweren körperlichen Belastung ausgesetzt waren, vorkommen, reicht allein die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne des MDD nicht aus, um die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen bestehenden Erkrankungen und beruflicher Tätigkeit zu begründen.

Der geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass eine Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108, die mit Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen ist, nicht festgestellt werden kann. Der Senat hat keine Bedenken, hierbei die Konsensempfehlungen bei der Frage der haftungsausfüllenden Kausalität heranzuziehen und mit zu berücksichtigen.

Die Verursachung einer BS-Erkrankung der LWS ist vielgestaltig. Die unter dem Begriff BS-bedingte Erkrankungen subsumierten morphologischen und klinischen Krankheitsbilder stellen Zwischen- oder Endstadien des Alterungsprozesses der WS dar, von dem weite Teile der Bevölkerung in früherem oder höherem Alter und in unterschiedlicher Ausprägung grundsätzlich betroffen sind. Diese Degenerationsprozesse können nach allgemeiner medizinischer Erfahrung auch völlig unabhängig von äußeren Einwirkungen bzw. körperlichen Belastungen, rein schicksalhaft auf Grund konstitutioneller Faktoren in unterschiedlicher Ausprägung ablaufen. Andererseits gibt es kein hiervon abzugrenzendes belastungstypisches Krankheitsbild, sondern nur ein belastungskonformes WS-Schadensbild der BK, das beschrieben wird durch den Vergleich der Veränderungen zwischen Beschäftigten mit hoher WS-Belastung und der Normalbevölkerung hinsichtlich der Kriterien Lebensalter beim Auftreten der Schädigung, Ausprägung in einem bestimmten Alter, Verteilungsmuster der BS-Schäden an der LWS, Lokalisierungsunterschiede zwischen biomechanisch hoch und mäßig belasteten WS-Abschnitten der gleichen Person und Entwicklung einer Begleitspondylose. Zu fordern ist eine nachgewiesene BS-bedingte Erkrankung - wobei der bildgebend darstellbare BS-Schaden seiner Ausprägung nach altersuntypisch sein muss - und eine ausreichende berufliche Belastung bringt.

Zur Frage, was unter einer BS-bedingten Erkrankung der LWS zu verstehen ist, hat der Verordnungsgeber in der Begründung zur zweiten Änderungsverordnung, durch welche die BK 2108 in die BK - Liste aufgenommen worden ist (BR-Drucksache 773/92 S. 8), eingehende Ausführungen gemacht. Danach sind unter BS-bedingten Erkrankungen BS-Degeneration (Discose), Instabilität im Bewegungssegment, BSV (Prolaps), degenerative Veränderungen der WS-Abschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der WK (Spondylose), degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) mit den durch derartige Befunde bedingten Beschwerden und Funktionseinschränkungen der WS zu verstehen. Erforderlich ist ein Krankheitsbild, das über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist und das zu Funktionseinschränkungen führt, die eine Fortsetzung der beruflichen Tätigkeiten unmöglich machen. Es muss ein bestimmtes radiologisches Bild sowie ein damit korrelierendes klinisches Bild vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 31. Mai 2005, B 2 U 12/04 R in SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N. und aktuelles Merkblatt zur BK 2108 BArbl 10-2006, Seite 30 ff. sowie Konsensempfehlungen unter Punkt 1.3).

Der Senat stellt zunächst fest, dass bei der Klägerin eine BS-bedingte Erkrankung der LWS vorliegt, die sich nach den zeitnahesten zur Aufgabe der Tätigkeit vorliegenden Röntgenbefunden aus dem Jahr 1996 in Form einer Degeneration der Wirbelbogengelenke L3/4 sowie L5/S1 beidseits, einer knöchernen Randwulstbildung nach seitlich ausladend an den Grund- und Deckplatten, insbesondere linksseitig zwischen dem 2. und 3. WK in der seitlichen Ansicht einer physiologischen Vorschwingung der LWS, einer massiven Verschmälerung des BS-Faches L3/4 und diskreten Vorwölbung der BS L3/4 und L4/S1 - so Prof. Dr. C. - zeigte. Die BS L5/S1 war - so Prof. Dr. C. - im Vergleich mit den übrigen Lenden-BSen zu diesem Zeitpunkt aber noch relativ gut erhalten. Außerdem bestanden ödematöse Signalveränderungen im Bereich der WK L3/4 und L4/5. Klinisch sind WS-bezogene Erkrankungen dokumentiert für Mai 1984 und September 1985, was sich aus den Befundunterlagen von Dr. B. ergibt.

Das Vorliegen einer BS-bedingten Erkrankung und die Verrichtung potentiell WS-schädigender Tätigkeiten - wie hier bei der Klägerin festzustellen - führt allerdings nicht dazu, dass die BS-bedingte Erkrankung der Klägerin im Bereich der LWS als BK 2108 anzuerkennen ist, weil diese Erkrankung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die beruflichen Belastungen zurückzuführen ist.

Nach den Konsensempfehlungen sind Grundvoraussetzungen für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhanges eine nachgewiesene BS-bedingte Erkrankung, wobei der bildgebend darstellbare BS-Schaden seiner Ausprägung nach altersunüblich sein muss, sowie eine ausreichende berufliche Belastung, wobei diese eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der BS-bedingten Erkrankung aufweisen muss (z.B. ausreichende Exposition vor der Erkrankung, abnehM. Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs mit der Länge des Zeitraums zwischen Ende der Exposition und erstmaliger Diagnose der Erkrankung). Bei Erfüllung dieser Grundvoraussetzungen ist eine Abwägung nach folgenden Kriterien vorzunehmen: Eine Betonung der BS-Schäden an den unteren drei Segmenten der LWS spricht eher für einen Ursachenzusammenhang mit der beruflichen Belastung. Ein gleichzeitiger Befall der HWS und/oder BWS kann je nach Fallkonstellation gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen. Für den Vergleich zwischen LWS und darüber gelegenen BS-Abschnitten sind dabei Chondrosen und Vorfälle maßgeblich. Nicht mit Chondrosen einhergehende Spondylosen der HWS und/oder BWS haben bei gleichzeitigem Vorliegen einer altersuntypisch ausgeprägten Spondylose an der LWS keine negative Indizwirkung. Eine Aussparung der beiden unteren LWS-Segmente spricht eher gegen eine berufliche Verursachung. Über das Altersmaß hinausgehende Begleitspondylosen (Spondylosen in nicht von Chondrose oder Vorfall betroffenen Segmenten sowie in von Chondrose oder Vorfall betroffenen Segmenten, die nachgewiesenermaßen vor dem Eintritt der BS-bedingten Erkrankung i.S. einer Chondrose oder eines Vorfalles aufgetreten sind), die mindestens zwei Segmente betreffen, haben eine positive Indizwirkung. Eine vorliegende Begleitspondylose hat auch eine positive Indizwirkung, wenn zwar konkurrierende Ursachenfaktoren erkennbar sind, diese jedoch nicht eine überragende Qualität haben. Bei beruflichen Belastungen, bei denen sich die Gefährdung hauptsächlich aus wiederholten Spitzenbelastungen ergibt, hat das Fehlen einer Begleitspondylose keine negative Indizwirkung. Bei monosegmentaler Chondrose im Röntgenbild ohne Begleitspondylose sprechen Plausibilitätsüberlegungen bei fehlenden magnetresonanztomographischen Begleitbefunden in anderen Segmenten ("black disc") eher gegen das Vorliegen einer BK, wenn das 45. Lebensjahr überschritten ist.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wurden typische Fallkonstellationen (aufgelistet mit den Buchstaben A, B, C, D und E, jeweils mit Untergruppen) zusammengestellt. Bei der Mehrzahl wurde ein Konsens erzielt, ob ein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich ist oder nicht, bei einzelnen Konstellationen wurde ein Konsens nicht erzielt.

Unter Beachtung dieser Vorgaben ist Prof. Dr. C. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Belastung der Klägerin und den bei ihr vorliegenden Erkrankungen der LWS nicht besteht.

Prof. Dr. C. hat auch für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass unter Berücksichtigung der Ergebnisse biomechanischer Untersuchungen die gesamte LWS von oben nach unten in zunehM.r Form betroffen ist und für die Feststellung eines Ursachenzusammenhangs der beruflichen Einwirkungen eine gegenüber der altersgemäßen Norm vorauseilende Entwicklung zu fordern ist. Zwar lagen - so Prof. Dr. C. - unter Auswertung der radiologischen und dokumentierten klinischen Befunde schon im Oktober 1996 das Altersmaß überschreitende BS-Veränderungen in den Bewegungssegmenten zwischen der unteren BWS und dem Kreuzbein mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad in den einzelnen Segmenten vor, allerdings war - so Prof. Dr. C. nachvollziehbar - ein Muster im Sinne einer Zunahme des Ausprägungsgrades von oben nach unten nicht erkennbar. Zeitnah zum Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden beruflichen Tätigkeit - nach 1989 lag keine belastende Tätigkeit im Sinne der BK 2108 mehr vor - ist kein belastungskonformes Schadensbild feststellbar. So waren nicht - wie bei belastungsinduzierten Veränderungen zu erwarten - die beiden unteren Segmente der LWS sowie das Segment zwischen dem 5. LWK und dem Kreuzbein besonders betroffen. Veränderungen im Bereich L5/S1 zeigten sich erst später und der linksseitige BSV in Höhe LWK5/SWK 1 trat, wie Prof. Dr. C. überzeugend dargelegt hat und was sich aus den beigezogenen Arztberichten ergibt, erst im Juni 2000 auf. Der BSV in Höhe L5/S1 hat sich damit erst deutlich nach der Aufgabe der belastenden Tätigkeit in der Zeit von Oktober 1996 bis Juni 2000 entwickelt, weswegen diese Veränderung nicht mehr ursächlich auf die berufliche Belastung im Kindergarten in O. zurückgeführt werden kann. Prof. Dr. C. ist demzufolge zu dem auch für den Senat schlüssigen und nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit, soweit diese geeignet war, eine BS-bedingte Erkrankung der LWS zu verursachen, und der BS-bedingten Erkrankung der LWS der Klägerin nicht feststellbar ist.

Demgegenüber vermag sich der Senat Dr. A. - wie schon das SG - nicht anzuschließen. Wie den Ausführungen von Dr. A. zu entnehmen ist, hat er bei seiner Beurteilung die Konsensempfehlungen nicht (hinreichend) berücksichtigt, so dass es letztlich an einer für seine Schlussfolgerungen schlüssigen und überzeugenden Begründung fehlt. Insbesondere hat er nicht hinreichend und überzeugend gewürdigt, dass die Klägerin ihre belastende Tätigkeit bereits 1989 (Dr. A. zitiert Prof. Dr. Dr. H. insofern falsch, als er angibt, dieser gehe von einer Aufgabe im Jahr 1998 aus) aufgegeben hatte und sich die Erkrankung erst von 1996 bis 2000, als dann ein BSV diagnostiziert wurde, entwickelte. So hat die Klägerin im Übrigen auch selbst im Heilverfahren in der Schwärzbergklinik im Jahr 2004 angegeben, sie leide seit 4 Jahren an Rückenschmerzen und die Beschwerden hätten eigentlich erst in den Wechseljahren begonnen. Der Senat schließt sich insofern im Übrigen den Ausführungen des SG nach eigener Prüfung uneingeschränkt an und sieht mit Verweis auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Damit ist die BS-bedingte Erkrankung der LWS der Klägerin nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf schädigende berufliche Einwirkungen zurückzuführen. Der Senats weist deshalb die Berufung zurück.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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