Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 236/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Unter Aufhebung des Beschlusses vom 30.09.2009 wird der Beklagte verurteilt, dem Antrag der Klägerin vom 19.02.2009 auf Genehmigung der Beschäftigung des Facharztes für Allgemeinmedizin F L als angestellter Arzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden in ihrer Vertragsarztpraxis stattzugeben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist die Erteilung einer Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes.
Die Klägerin ist als Ärztin für Allgemeinmedizin in X niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Der Beigeladene zu 8), geb. 00.00.1936, ist im Arztregister der Beigeladenen zu 7) als Arzt ohne Gebietsbezeichnung eingetragen und war vom 31.03.1982 bis 31.12.2004 Inhaber der Praxis der Klägerin. Mit Urkunde vom 18.02.2009 erteil- te ihm die Ärztekammer Nordrhein die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin gemäß § 44 a Abs. 4 des Heilberufsgesetzes NRW.
Unter dem 19.02.2009 beantragte die Klägerin die Genehmigung der Beschäftigung des Beigeladenen zu 8) in ihrer Vertragsarztpraxis. Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf durch Beschluss vom 18.05.2009 ab. Gemäß § 2 des Art. 33 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) i.V.m. §§ 95, 95a Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erfülle der Beigeladene zu 8) die Voraussetzungen für eine Anstellung nicht, da er nicht über eine abgeschlossene Weiterbildung in einem Fachgebiet verfüge.
Einen hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Beschluss vom 30.09.2009, ausgefertigt als Bescheid am 19.10.2009, als unbegründet zurück:
Gemäß § 95 Abs. 9 und 9 a SGB V i.V.m. § 32 b Abs. 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) könne ein Vertragsarzt mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen seien, anstellen. Dies setze hier voraus, dass der anzustellende Arzt entweder als Facharzt für Allgemeinmedizin oder als "Praktischer Arzt" aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften zur Ausführung der Richtlinie des Rates der EG vom 15.09.1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) bis zum 31.12.1995 in das Arztregister eingetragen sei.
Das beigezogene Arztregister weise jedoch keine entsprechende Eintragung in der maßgebenden Spalte "Aus/Weiterbildungsdaten/Zusatzbezeichnungen" (früher "Anerkennung einer Gebietsbezeichnung, ggf. Teilgebiet") auf. Insofern fehle eine entscheidende Anstellungsvoraussetzung.
Ob der Beigeladene zu 8) mit der in diesem Jahr erworbenen Urkunde der Ärztekammer Nordrhein über die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin die entsprechende Eintragung in das Arztregister erreichen könnte - was die Beigeladene zu 7) in Abrede stelle -, habe der Beklagte nicht zu entscheiden. Solange der Nachweis der Eintragung im Arztregister nicht geführt sei, könne die Genehmigung seiner Anstellung durch die Klägerin nicht erteilt werden.
Der Beklagte habe der Klägerin angeboten, die Verhandlung zu vertagen, um dem Beigeladenen zu 8) Gelegenheit zu geben,das Eintragungsverfahren zu betreiben. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe dies abgelehnt.
Hiergegen richtet sich die am 29.10.2009 erhobene Klage.
Die Klägerin hält die Voraussetzungen für die Erteilung der Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 8) für erfüllt. Dieser sei bis zum 31.12.2004 als praktischer Arzt in X niedergelassen gewesen und habe im Hinblick auf die mittlerweile aufgehobene Altersgrenze auf seine damalige Zulassung verzichtet. Er sei im Arztregister eingetragen und damit gemäß § 95 Abs. 9 SGB V anstellungsfähig. Die Ärztekammer Nordrhein habe ihm im Oktober 1993 die Berechtigung erteilt, Ärzte in seiner Praxis zum Praktischen Arzt auszubilden. Die Beigeladene zu 7) habe ihm zudem die Genehmigung zur Beschäftigung der Klägerin als Weiterbildungsassistentin für das Gebiet "Praktischer Arzt" in seiner Vertragsarztpraxis erteilt. Auch nach Beendigung seiner vertragsärztlichen Zulassung habe er sich ärztlich betätigt (Vertretungs- und Notdienstteilnahme) und fortgebildet. Seit dem 18.02.2009 sei er schließlich von der Ärztekammer Nordrhein als "Facharzt für Allgemeinmedizin" anerkannt. Eine Gefährdung in der Qualität der Patientenversorgung sei angesichts dieser Umstände nicht zu befürchten. § 95 Abs. 9 SGB V regele die Genehmigung einer Anstellung durch den Zulassungsausschuss, nicht die Eintragung ins Arztregister gemäß § 95 a SGB V oder die Zulassung als Vertragsarzt. Art. 33 § 2 GSG be-
treffe Anträge auf Zulassung als Vertragsarzt. Ein solcher sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 30.11.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihrem Antrag vom 19.03.2009 auf Genehmigung der Beschäftigung des Facharztes für Allgemeinmedizin F L als angestellter Arzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden in ihrer Vertragsarztpraxis stattzugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält seinen Bescheid für rechtmäßig.
Die Beigeladene zu 7) beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Ansicht liegen die Voraussetzungen für eine Anstellung des Beigeladenen zu 8) in der Praxis der Klägerin nicht vor.
Gemäß Art. 33 § 2 Satz 2 GSG habe ein Arzt, der nach dem 31.12.1994 einen Antrag auf Zulassung stelle, die Voraussetzungen des § 95 a SGB V zu erfüllen. Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei, die Qualität der vertragsärztlichen Versorgung durch Etablierung des Facharztstandards zu steigern. Dies müsse auch für Angestelltenverhältnisse gelten.
Der Beigeladene zu 8) sei im Arztregister lediglich als "Arzt" eingetragen. Über eine bis zum 31.12.1995 ausgestellte Urkunde, die ihn berechtige, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen, verfüge er nicht.
Zwar verfüge er über eine Urkunde über die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin nach § 44 a Abs. 4 HeilBerG. Eine Eintragung in das Arztregister als Facharzt für Allgemeinmedizin auf Grundlage dieser Urkunde komme jedoch nicht in Betracht. Gemäß § 95 a Abs. 1 SGB V setze die Eintragung in das Arztregister bei Ärzten u.a. den erfolgreichen Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder den Nachweis einer Qualifikation voraus, die gemäß den Absätzen 4 und 5 anerkannt sei. Nach § 95 a Abs. 2 Satz 1 SGB V sei eine allgemeinmedizinische Weiterbildung i.S.d. § 95 a Abs. 1 Nr. 2 SGB V nachgewiesen, wenn der Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin berechtigt sei und diese Berechtigung nach einer mindestens 5-jährigen erfolgreichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin bei zur Weiterbildung ermächtigten Ärzten oder dafür zugelassenen Einrichtungen erworben habe. Auf dieser Grundlage habe der Beigeladene zu 8) die Berechtigung zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin indes nicht erworben.
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Obwohl für die Beigeladenen zu 1) bis 6) in der mündlichen Verhandlung am 21.04.2010 niemand erschienen war, konnte die Kammer verhandeln und entscheiden, da auf diese Möglichkeit in den form- und fristgerecht zugestellten Terminbenachrichtigungen hingewiesen worden ist.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid des Beklagten beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da dieser rechtswidrig ist.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 8) als angestellter Arzt in ihrer Vertragsarztpraxis, da alle Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
Nach § 95 Abs. 9 SGB V kann der Vertragsarzt mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind.
Der Beigeladene zu 8) ist in das Arztregister eingetragen. Für seine Arztgruppe sind keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet. Zu den Arztgruppen gehören gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 14 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte die Hausärzte (gemäß § 101 Abs. 5 SGB V). Nach der Definition des § 4 Abs. 2 Nr. 1 der Richtlinien gehören zur Arztgruppe der Hausärzte nach § 101 Abs. 5 SGB V gemäß § 73 Abs. 1 a Nr. 1, 4 und 5 SGB V Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte sowie Ärzte ohne Gebietsbezeichnung (nachfolgend Allgemein-/Praktische Ärzte genannt), sofern keine Genehmigung zur Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs. 1 a Satz 5 SGB V vorliegt. Der Beigeladene zu 8) ist Arzt ohne Gebietsbezeichnung in diesem Sinne und verfügt nicht über eine Genehmigung zur Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung. Für die Fachgruppe der Hausärzte verzeichnet das Rheinische Ärzteblatt 2/2010, S. 57 f., den Planungsbereich der Stadt Wuppertal als "offen".
Der Anstellungsgenehmigung steht nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 8) nicht über eine solche Weiterbildung verfügt, wie sie nach § 95 a SGB V Voraussetzung für eine Eintragung in das Arztregister und für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist, wenn dies aktuell begehrt würde.
Zwar besteht die Möglichkeit, als Arzt ohne Gebietsbezeichnung zugelassen zu werden, aufgrund der Neuregelungen der §§ 95, 95 a SGB V in der Fassung des GSG seit 01.01.1994 nicht mehr. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung das Erfordernis einer entweder allgemeinärztlichen oder fachärztlichen Qualifikation umfassend einführen wollen. Er hat dieses deshalb schon bei der ersten Zugangsvoraussetzung zur vertragsärztlichen Versorgung, nämlich der Eintragung in das Arztregister, verankert. Ziel des zusätzlichen Qualifikationserfordernisses ist die Sicherung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung und der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (dazu näher BSG, Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R - m.w.N.).
Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Neueintragung des Beigeladenen zu 8) in das Arztregister oder um eine Änderung seiner Arztregistereintragung in die Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 3/09 B -) als Voraussetzung für eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Es geht allein um seine Anstellung bei der Klägerin. Hierfür gelten die verschärften Voraussetzungen nicht.
Nach Art. 33 § 2 Satz 1 GSG bleiben bis zum 31.12.1993 erfolgte Eintragungen in das Arztregister unberührt. Das betrifft auch die Eintragung des Beigeladenen zu 8) als Arzt ohne Gebietsbezeichnung.
Wird ein Antrag auf Zulassung als Vertragsarzt nach dem 31.12.1994 gestellt, hat der Arzt unbeschadet des Satzes 1 die Voraussetzungen des § 95 a SGB V zu erfüllen. Nach dem Gesetzeswortlaut beziehen sich diese erhöhten Anforderungen allein auf die Zulassung als Vertragsarzt, nicht jedoch auf die Anstellung bei einem Vertragsarzt. Es kann insofern nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber auch ohne ausdrückliche Kodifizierung sämtliche Voraussetzungen für eine Zulassung auch einer Anstellung zugrunde legen wollte. Denn an anderen Stellen des Gesetzes hat der Gesetzgeber ausdrücklich Regelungen für angestellte Ärzte getroffen, die denen der Zulassung entsprechen.
So kann - bedarfsplanungsrechtlich - nach Art. 33 § 3 Abs. 2 Satz 1 GSG der Zulassungsausschuss über Zulassungsanträge, die nach dem 31.01.1993 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Vergleichbar sieht Abs. 3 a.a.O. vor, dass der Zulassungsausschuss Genehmigungen zur Anstellung eines Arztes nach § 32 b Ärzte-ZV erst erteilen kann, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Was die Altersgrenze der Vollendung des 68. Lebensjahrs betrifft, gelten die Bestimmungen des § 95 Abs. 7 Sätze 3 bis 5 SGB V für die Beendigung der Zulassung gemäß § 95 Abs. 9 Satz 4 SGB V für angestellte Ärzte entsprechend. Im Umkehrschluss zu diesen Regelungen ist zu folgern, dass dem Willen des Gesetzgebers in den übrigen Bereichen eben keine Gleichstellung angestellter Ärzte mit zugelassenen Ärzten entsprochen hat.
Schließlich ist auch aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes dem Beigeladenen zu 8) eine Tätigkeit als angestellter Arzt im Rahmen der hausärztlichen Versorgung zu gestatten. Nach § 73 Abs. 1 a SGB V nehmen an der hausärztlichen Versorgung u.a. (Nr. 5) Ärzte teil, die am 31.12.2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben. Dies ist in der Person des Beigeladenen zu 8) der Fall. Er war bis zum Jahresende 2004 Inhaber der Praxis, in der er nunmehr seine Anstellung begehrt, und hatte am 31.12.2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen. Berechtigt der Gesetzgeber somit übergangsweise auch die Ärzte ohne Gebietsbezeichnung noch zur Teilnehme an der hausärztlichen Versorgung (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R -), so ist diese Wertung auch auf die vorliegende Situation zu übertragen. Die fehlende fünfjährige Weiterbildung - die gemäß § 95 a Abs. 2 Sätze 2 ff. sowie Abs. 4, 5 SGB V ohnehin aufgeweicht ist - wird hier durch eine über 20-jährige hausärztliche Tätigkeit kompensiert. Die zahlreichen Fortbildungszertifikate aus der Zeit von 2005 bis 2008 und die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin durch Urkunde der Ärztekammer Nordrhein vom 18.02.2009 sowie ausgeübte Notdienst- und Vertretertätigkeiten geben Zeugnis davon, dass sich der Beigeladene zu 8) auch nach Beendigung seiner vertragsärztlichen Zulassung zum 31.12.2004 durchgängig in unterschiedlicher Weise mit der hausärztlichen Versorgung befasst hat. Damit bestehen in seiner Person keine durchgreifenden Bedenken gegen eine hinreichende Qualität und Wirtschaftlichkeit der hausärztlichen Versorgung, die zudem dadurch abgesichert wird, dass die Klägerin ihn gemäß § 32 b Abs. 3 Ärzte-ZV zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 2, 162 Abs. 1 VwGO.
Tatbestand:
Streitig ist die Erteilung einer Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes.
Die Klägerin ist als Ärztin für Allgemeinmedizin in X niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Der Beigeladene zu 8), geb. 00.00.1936, ist im Arztregister der Beigeladenen zu 7) als Arzt ohne Gebietsbezeichnung eingetragen und war vom 31.03.1982 bis 31.12.2004 Inhaber der Praxis der Klägerin. Mit Urkunde vom 18.02.2009 erteil- te ihm die Ärztekammer Nordrhein die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin gemäß § 44 a Abs. 4 des Heilberufsgesetzes NRW.
Unter dem 19.02.2009 beantragte die Klägerin die Genehmigung der Beschäftigung des Beigeladenen zu 8) in ihrer Vertragsarztpraxis. Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf durch Beschluss vom 18.05.2009 ab. Gemäß § 2 des Art. 33 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) i.V.m. §§ 95, 95a Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erfülle der Beigeladene zu 8) die Voraussetzungen für eine Anstellung nicht, da er nicht über eine abgeschlossene Weiterbildung in einem Fachgebiet verfüge.
Einen hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Beschluss vom 30.09.2009, ausgefertigt als Bescheid am 19.10.2009, als unbegründet zurück:
Gemäß § 95 Abs. 9 und 9 a SGB V i.V.m. § 32 b Abs. 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) könne ein Vertragsarzt mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen seien, anstellen. Dies setze hier voraus, dass der anzustellende Arzt entweder als Facharzt für Allgemeinmedizin oder als "Praktischer Arzt" aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften zur Ausführung der Richtlinie des Rates der EG vom 15.09.1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) bis zum 31.12.1995 in das Arztregister eingetragen sei.
Das beigezogene Arztregister weise jedoch keine entsprechende Eintragung in der maßgebenden Spalte "Aus/Weiterbildungsdaten/Zusatzbezeichnungen" (früher "Anerkennung einer Gebietsbezeichnung, ggf. Teilgebiet") auf. Insofern fehle eine entscheidende Anstellungsvoraussetzung.
Ob der Beigeladene zu 8) mit der in diesem Jahr erworbenen Urkunde der Ärztekammer Nordrhein über die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin die entsprechende Eintragung in das Arztregister erreichen könnte - was die Beigeladene zu 7) in Abrede stelle -, habe der Beklagte nicht zu entscheiden. Solange der Nachweis der Eintragung im Arztregister nicht geführt sei, könne die Genehmigung seiner Anstellung durch die Klägerin nicht erteilt werden.
Der Beklagte habe der Klägerin angeboten, die Verhandlung zu vertagen, um dem Beigeladenen zu 8) Gelegenheit zu geben,das Eintragungsverfahren zu betreiben. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe dies abgelehnt.
Hiergegen richtet sich die am 29.10.2009 erhobene Klage.
Die Klägerin hält die Voraussetzungen für die Erteilung der Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 8) für erfüllt. Dieser sei bis zum 31.12.2004 als praktischer Arzt in X niedergelassen gewesen und habe im Hinblick auf die mittlerweile aufgehobene Altersgrenze auf seine damalige Zulassung verzichtet. Er sei im Arztregister eingetragen und damit gemäß § 95 Abs. 9 SGB V anstellungsfähig. Die Ärztekammer Nordrhein habe ihm im Oktober 1993 die Berechtigung erteilt, Ärzte in seiner Praxis zum Praktischen Arzt auszubilden. Die Beigeladene zu 7) habe ihm zudem die Genehmigung zur Beschäftigung der Klägerin als Weiterbildungsassistentin für das Gebiet "Praktischer Arzt" in seiner Vertragsarztpraxis erteilt. Auch nach Beendigung seiner vertragsärztlichen Zulassung habe er sich ärztlich betätigt (Vertretungs- und Notdienstteilnahme) und fortgebildet. Seit dem 18.02.2009 sei er schließlich von der Ärztekammer Nordrhein als "Facharzt für Allgemeinmedizin" anerkannt. Eine Gefährdung in der Qualität der Patientenversorgung sei angesichts dieser Umstände nicht zu befürchten. § 95 Abs. 9 SGB V regele die Genehmigung einer Anstellung durch den Zulassungsausschuss, nicht die Eintragung ins Arztregister gemäß § 95 a SGB V oder die Zulassung als Vertragsarzt. Art. 33 § 2 GSG be-
treffe Anträge auf Zulassung als Vertragsarzt. Ein solcher sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 30.11.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihrem Antrag vom 19.03.2009 auf Genehmigung der Beschäftigung des Facharztes für Allgemeinmedizin F L als angestellter Arzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden in ihrer Vertragsarztpraxis stattzugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält seinen Bescheid für rechtmäßig.
Die Beigeladene zu 7) beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Ansicht liegen die Voraussetzungen für eine Anstellung des Beigeladenen zu 8) in der Praxis der Klägerin nicht vor.
Gemäß Art. 33 § 2 Satz 2 GSG habe ein Arzt, der nach dem 31.12.1994 einen Antrag auf Zulassung stelle, die Voraussetzungen des § 95 a SGB V zu erfüllen. Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei, die Qualität der vertragsärztlichen Versorgung durch Etablierung des Facharztstandards zu steigern. Dies müsse auch für Angestelltenverhältnisse gelten.
Der Beigeladene zu 8) sei im Arztregister lediglich als "Arzt" eingetragen. Über eine bis zum 31.12.1995 ausgestellte Urkunde, die ihn berechtige, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen, verfüge er nicht.
Zwar verfüge er über eine Urkunde über die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin nach § 44 a Abs. 4 HeilBerG. Eine Eintragung in das Arztregister als Facharzt für Allgemeinmedizin auf Grundlage dieser Urkunde komme jedoch nicht in Betracht. Gemäß § 95 a Abs. 1 SGB V setze die Eintragung in das Arztregister bei Ärzten u.a. den erfolgreichen Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder den Nachweis einer Qualifikation voraus, die gemäß den Absätzen 4 und 5 anerkannt sei. Nach § 95 a Abs. 2 Satz 1 SGB V sei eine allgemeinmedizinische Weiterbildung i.S.d. § 95 a Abs. 1 Nr. 2 SGB V nachgewiesen, wenn der Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin berechtigt sei und diese Berechtigung nach einer mindestens 5-jährigen erfolgreichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin bei zur Weiterbildung ermächtigten Ärzten oder dafür zugelassenen Einrichtungen erworben habe. Auf dieser Grundlage habe der Beigeladene zu 8) die Berechtigung zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin indes nicht erworben.
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Obwohl für die Beigeladenen zu 1) bis 6) in der mündlichen Verhandlung am 21.04.2010 niemand erschienen war, konnte die Kammer verhandeln und entscheiden, da auf diese Möglichkeit in den form- und fristgerecht zugestellten Terminbenachrichtigungen hingewiesen worden ist.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid des Beklagten beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da dieser rechtswidrig ist.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 8) als angestellter Arzt in ihrer Vertragsarztpraxis, da alle Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
Nach § 95 Abs. 9 SGB V kann der Vertragsarzt mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind.
Der Beigeladene zu 8) ist in das Arztregister eingetragen. Für seine Arztgruppe sind keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet. Zu den Arztgruppen gehören gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 14 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte die Hausärzte (gemäß § 101 Abs. 5 SGB V). Nach der Definition des § 4 Abs. 2 Nr. 1 der Richtlinien gehören zur Arztgruppe der Hausärzte nach § 101 Abs. 5 SGB V gemäß § 73 Abs. 1 a Nr. 1, 4 und 5 SGB V Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte sowie Ärzte ohne Gebietsbezeichnung (nachfolgend Allgemein-/Praktische Ärzte genannt), sofern keine Genehmigung zur Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs. 1 a Satz 5 SGB V vorliegt. Der Beigeladene zu 8) ist Arzt ohne Gebietsbezeichnung in diesem Sinne und verfügt nicht über eine Genehmigung zur Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung. Für die Fachgruppe der Hausärzte verzeichnet das Rheinische Ärzteblatt 2/2010, S. 57 f., den Planungsbereich der Stadt Wuppertal als "offen".
Der Anstellungsgenehmigung steht nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 8) nicht über eine solche Weiterbildung verfügt, wie sie nach § 95 a SGB V Voraussetzung für eine Eintragung in das Arztregister und für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist, wenn dies aktuell begehrt würde.
Zwar besteht die Möglichkeit, als Arzt ohne Gebietsbezeichnung zugelassen zu werden, aufgrund der Neuregelungen der §§ 95, 95 a SGB V in der Fassung des GSG seit 01.01.1994 nicht mehr. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung das Erfordernis einer entweder allgemeinärztlichen oder fachärztlichen Qualifikation umfassend einführen wollen. Er hat dieses deshalb schon bei der ersten Zugangsvoraussetzung zur vertragsärztlichen Versorgung, nämlich der Eintragung in das Arztregister, verankert. Ziel des zusätzlichen Qualifikationserfordernisses ist die Sicherung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung und der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (dazu näher BSG, Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R - m.w.N.).
Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Neueintragung des Beigeladenen zu 8) in das Arztregister oder um eine Änderung seiner Arztregistereintragung in die Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 3/09 B -) als Voraussetzung für eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Es geht allein um seine Anstellung bei der Klägerin. Hierfür gelten die verschärften Voraussetzungen nicht.
Nach Art. 33 § 2 Satz 1 GSG bleiben bis zum 31.12.1993 erfolgte Eintragungen in das Arztregister unberührt. Das betrifft auch die Eintragung des Beigeladenen zu 8) als Arzt ohne Gebietsbezeichnung.
Wird ein Antrag auf Zulassung als Vertragsarzt nach dem 31.12.1994 gestellt, hat der Arzt unbeschadet des Satzes 1 die Voraussetzungen des § 95 a SGB V zu erfüllen. Nach dem Gesetzeswortlaut beziehen sich diese erhöhten Anforderungen allein auf die Zulassung als Vertragsarzt, nicht jedoch auf die Anstellung bei einem Vertragsarzt. Es kann insofern nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber auch ohne ausdrückliche Kodifizierung sämtliche Voraussetzungen für eine Zulassung auch einer Anstellung zugrunde legen wollte. Denn an anderen Stellen des Gesetzes hat der Gesetzgeber ausdrücklich Regelungen für angestellte Ärzte getroffen, die denen der Zulassung entsprechen.
So kann - bedarfsplanungsrechtlich - nach Art. 33 § 3 Abs. 2 Satz 1 GSG der Zulassungsausschuss über Zulassungsanträge, die nach dem 31.01.1993 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Vergleichbar sieht Abs. 3 a.a.O. vor, dass der Zulassungsausschuss Genehmigungen zur Anstellung eines Arztes nach § 32 b Ärzte-ZV erst erteilen kann, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Was die Altersgrenze der Vollendung des 68. Lebensjahrs betrifft, gelten die Bestimmungen des § 95 Abs. 7 Sätze 3 bis 5 SGB V für die Beendigung der Zulassung gemäß § 95 Abs. 9 Satz 4 SGB V für angestellte Ärzte entsprechend. Im Umkehrschluss zu diesen Regelungen ist zu folgern, dass dem Willen des Gesetzgebers in den übrigen Bereichen eben keine Gleichstellung angestellter Ärzte mit zugelassenen Ärzten entsprochen hat.
Schließlich ist auch aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes dem Beigeladenen zu 8) eine Tätigkeit als angestellter Arzt im Rahmen der hausärztlichen Versorgung zu gestatten. Nach § 73 Abs. 1 a SGB V nehmen an der hausärztlichen Versorgung u.a. (Nr. 5) Ärzte teil, die am 31.12.2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben. Dies ist in der Person des Beigeladenen zu 8) der Fall. Er war bis zum Jahresende 2004 Inhaber der Praxis, in der er nunmehr seine Anstellung begehrt, und hatte am 31.12.2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen. Berechtigt der Gesetzgeber somit übergangsweise auch die Ärzte ohne Gebietsbezeichnung noch zur Teilnehme an der hausärztlichen Versorgung (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R -), so ist diese Wertung auch auf die vorliegende Situation zu übertragen. Die fehlende fünfjährige Weiterbildung - die gemäß § 95 a Abs. 2 Sätze 2 ff. sowie Abs. 4, 5 SGB V ohnehin aufgeweicht ist - wird hier durch eine über 20-jährige hausärztliche Tätigkeit kompensiert. Die zahlreichen Fortbildungszertifikate aus der Zeit von 2005 bis 2008 und die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin durch Urkunde der Ärztekammer Nordrhein vom 18.02.2009 sowie ausgeübte Notdienst- und Vertretertätigkeiten geben Zeugnis davon, dass sich der Beigeladene zu 8) auch nach Beendigung seiner vertragsärztlichen Zulassung zum 31.12.2004 durchgängig in unterschiedlicher Weise mit der hausärztlichen Versorgung befasst hat. Damit bestehen in seiner Person keine durchgreifenden Bedenken gegen eine hinreichende Qualität und Wirtschaftlichkeit der hausärztlichen Versorgung, die zudem dadurch abgesichert wird, dass die Klägerin ihn gemäß § 32 b Abs. 3 Ärzte-ZV zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 2, 162 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
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NRW
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