Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3957/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1495/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation streitig.
Die am 1960 geborene Klägerin war zuletzt versicherungspflichtig bei der Firma A. vom 12. März 2007 bis zum 31. Oktober 2008 (betriebsbedingte Kündigung) als Küchenhilfe beschäftigt. Ihre Tätigkeiten umfassten das Reinigen der Küche mit Hilfs- und Reinigungsmitteln sowie die Essensausgabe. Vertretungsweise wurde sie auch in der Spülküche eingesetzt (Auskunft vom 26. November 2008, Bl. 53 SG-Akte).
Am 15. Mai 2008 beantragte die Klägerin die Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unter Hinweis auf immer wiederkehrende Bronchiden. Diese seien mit Atemnot, Husten, körperlicher Schwäche, innerer Unruhe, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Ängsten sowie Panikattacken verbunden. Bis vor kurzem habe sie auch regelmäßig Alkohol getrunken (zwei Flaschen Bier täglich), jetzt nicht mehr. Dem Antrag beigefügt war ein ärztlicher Befundbericht der Ärztin Frau R. vom P.-Krankenhaus. Danach leide die Klägerin an COPD und akuter Bronchitis, einer Anpassungsstörung wie Alkohol- und Nikotinentzug. Als tätigkeitsbedingte und andere soziale Belastungsfaktoren müssten in ihrer Tätigkeit als Küchenhilfe der Umgang mit Putzmitteln (Fettlöser), der Einfluss von Dämpfen und die Klimaanlage sowie eine soziale Belastung am Arbeitsplatz durch Chefs genannt werden. Eine schulmedizinische Regelmedikation finde nicht statt, die Klägerin behandele sich mit Medikamenten aus der anthroposophisch erweiterten Medizin, Bronchialeinreibungen mit Plantago und Ingwerzwiebel sowie rhythmischen Massagen. Sie arbeite hervorragend mit und sei gewillt, ihren Lebenswandel komplett zu ändern. Aufgrund ihrer hohen Motivation bestehe eine gute Erfolgsaussicht.
Nachdem der Zentrale Beratungsdienst Sozialmedizin der Beklagten zu dem Ergebnis gelangte, dass die ambulanten Therapien bislang nicht ausgeschöpft seien, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. Juni 2008 mit der Begründung ab, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation seien nicht erforderlich.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin unter Vorlage eines Attests des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. G. geltend, ihre Erwerbsfähigkeit sei wegen Krankheit und seelischer Behinderung erheblich gefährdet. Die COPD brauche konsequente Kontrollen und eine adäquate Versorgung mit Arzneimitteln. Hinsichtlich der Alkoholkarenz müsse ein Rückfall verhindert werden. Die schwerwiegende Anpassungsstörung/Depression bedürfe unbedingt einer Behandlung in ambulanter und stationärer Form. Nachdem zunächst vom Zentralen Beratungsdienst Sozialmedizin eine körperliche Untersuchung im zuständigen Sozialmedizinischen Dienst M. angeordnet worden war, wurde dort ein Gutachten nach Aktenlage erstattet. Dr. S. führte aus, die bestehenden Gesundheitsstörungen der Klägerin seien bislang in keiner Weise adäquat behandelt worden. Medizinische Maßnahmen seien nicht zum Einsatz gekommen, auch seien keine Fachärzte in die Behandlung eingebunden. Insofern könne kein Rehabilitationsbedarf erkannt werden. Durch adäquate Nutzung der ambulanten Therapiemöglichkeiten könne eine wesentliche Besserung erreicht werden. Nachdem sich die Klägerin diesen Möglichkeiten aber verschließe und lediglich anthroposophische Medikamente anwende, sei auch der Erfolg einer Rehabilitation in Frage zu stellen. Aufgrund der eindeutigen Sachlage werde eine Begutachtung nicht für erforderlich gehalten.
Noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens beantragte die Klägerin am 28. Juli 2008 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, welche den Vorgang zuständigkeitshalber an die Beklagte abgab, erneut die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unter Berufung auf ihre Bronchitis. Dr. G. berichtete von einer Depression (DP), einer Anpassungsstörung, einer COPD, einer trockenen Alkoholkrankheit, rezidivierenden Sinusbronchiden, einem Wirbelsäulen-Syndrom, Ekzemen, Neurodermitis sowie einer Allergie gegen Umweltstoffe. Seit dem 30. Mai 2008 sei die Klägerin arbeitsunfähig. Durch den Tod ihres Ehemannes sei allmählich eine allgemeine Verschlimmerung eingetreten, die sich in den letzten anderthalb Jahren zugespitzt habe. Es bestünden eine Belastungsdyspnoe, Konzentrationsstörungen und Gelenkbeschwerden. Die Klägerin sei seelisch-körperlich noch nicht für die berufliche Arbeit ausreichend gefestigt. Beigefügt war ferner der Entlassungsbericht des P.-Krankenhauses B. L. über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. April bis 9. Mai 2008. Die Klägerin sei zur Behandlung einer akuten Bronchitis aufgenommen worden, daneben leide sie an einer Anpassungsstörung und einem Alkoholentzugssyndrom. Die Klägerin habe in deutlich gebessertem Zustand entlassen werden können.
Nachdem Dr. S. dabei verblieb, dass die therapeutischen Möglichkeiten nicht adäquat genutzt würden, lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit Bescheid vom 13. August 2008 ab. Mit ihrem auch dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie müsse persönlich begutachtet werden. Dies werde belegen, dass eine Reha-Maßnahme nicht zu umgehen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, zur Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gegeben seien, habe man eine sozialmedizinische Stellungnahme zu den Arztberichten eingeholt. In Auswertung dieser Unterlagen hätten sich Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer körperlichen Untersuchung nicht ergeben. Die im Widerspruchsverfahren angegebenen Gesundheitsstörungen seien bereits bei den Feststellungen während des Antragsverfahrens bekannt gewesen und bei der Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs berücksichtigt worden. Hieraus ergäben sich keine weiteren Befunde, die zu einer Änderung der im Antragsverfahren getroffenen sozialmedizinischen Beurteilung führen könnten.
Mit ihrer dagegen am 9. September 2008 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte hätte sie körperlich untersuchen müssen, nachdem dies vom Zentralen Beratungsdienst des Sozialmedizinischen Dienstes empfohlen worden sei. Soweit sich die Beklagte darauf stütze, dass sie sich sogenannten schulmedizinischen Maßnahmen "verschließe", sei dies nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe damit Umstände berücksichtigt, die nicht feststünden.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt, eine Arbeitgeberauskunft eingeholt und die Klägerin anschließend nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Dr. G. hat einen weiteren Entlassungsbericht über eine stationäre Behandlung vom 9. bis 19. September 2008 in dem P.-Krankenhaus wegen einer chronischen Diarrhoe bei Nahrungsmittelunverträglichkeit und Laktoseintoleranz, erosiver Gastritis und Dysphagie (subjektiv) vorgelegt. In den endoskopischen Untersuchungen habe sich bis auf die erosive Gastritis ein regelrechter Befund, insbesondere kein Anhalt für eine chronische Colitis, gezeigt. Die Klägerin sei hinsichtlich der Unverträglichkeiten aufgeklärt worden und man habe ihr empfohlen, auf Milchprodukte und Früchte/bestimmte Gemüse zu verzichten. Unter hochdosierter PPI-Therapie habe sich die Dysphagie deutlich gebessert gezeigt.
Die Stationsärztin Sc. vom P.-Krankenhaus erachtete eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme bei chronischen Diarrhoen, erosiver Gastritis, Dysphagie, Emphysembronchitis, Hypercholesterinämie sowie einem Zustand nach chronischem Alkoholabusus nicht für erforderlich. Die ambulante Behandlung bei Helicobakter pylori-induzierter Antrumgastritis sei ausreichend. Man habe die Klägerin mit hochdosierten Protonenpumpenhämmern behandelt, auch eine Diätberatung sowie eine Infusionstherapie wegen der Hypoglykämie durchgeführt.
Der Sachverständige Dr. G. hat vor seiner Gutachtenserstattung ausgeführt, dass er die Frage nach einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und welche Maßnahmen danach erforderlich seien, nicht beantworten könne. Dies falle nicht in sein Fachgebiet, sondern müsse durch einen sozialmedizinisch qualifizierten Kollegen begutachtet werden. Nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Anhörung dieses Sachverständigen aufrecht erhalten hat, hat Dr. G. in seinem "ärztlichen Attest" vom 23. Oktober 2009 ausgeführt, dass er die Klägerin seit April 2006 zunächst wegen allgemeinen leichten Befindlichkeitsstörungen behandelt habe. Ab April 2008 habe sie bereits erhebliche gesundheitliche Probleme beklagt, die eine Krankenhauseinweisung gerechtfertigt hätten. Diese sei in einer schweren Bronchitis mit starkem Gewichtsverlust begründet gewesen. Schon damals sei klar gewesen, dass sie sich in einer schweren Notlage befunden habe und es deswegen zu einem Nikotin- und Alkoholabusus gekommen sei, der die körperliche Gesundheit und Arbeitskraft erheblich gefährdet habe. Diese Symptomatik habe sich die folgenden Monate durchgezogen. Der Gesundheitszustand habe sich nicht wesentlich verändert, da eine spezielle therapeutische Behandlung nicht möglich gewesen sei. Die Behandlungsbedürftigkeit sei prinzipiell nicht abgeschlossen, sie bräuchte aber andere Therapieformen. Insbesondere die chronische Raucherbronchitis und die depressive Neurose sollten am besten in einer Psychotherapie ebenso wie die Suchtproblematik stationär behandelt werden. Der klägerische Bevollmächtigte hat daraufhin angeregt, auch den Stationsarzt Dr. Sauer als sachverständigen Zeugen zu vernehmen und bemängelt, dass Dr. Sc. ihre Wertungen zu den Beweisfragen in keiner Weise begründet habe. Die Fragen, die der Sachverständige nicht beantwortet habe, seien nicht entscheidungserheblich. Falls sie das doch seien, solle Dr. St. diese beantworten. Nachdem das SG angekündigt hat, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht vorgesehen seien und beabsichtigt wäre, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hat die Klägerin den Richter am Sozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Ablehnungsgesuch wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 18. Januar 2010 (L 5 SF 5487/09 A) zurückgewiesen. Mit Gerichtsbescheid vom 4. März 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 26. März 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid komme es nicht auf die Zustimmung der Beteiligten an. Diese seien lediglich vorher anzuhören, was erfolgt sei. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme erfülle die Klägerin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erbringung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation in Form eines stationären Kuraufenthaltes nicht. Ihre Erwerbsfähigkeit sei bezogen auf die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Küchenhilfe weder erheblich gefährdet noch gemindert. Man habe während der stationären Behandlung im Frühjahr 2008 bei der Klägerin nach Einholung eines psychiatrischen Konzils eine Anpassungsstörung diagnostiziert. Diese behindere die Klägerin in ihrer Berufstätigkeit nicht, denn Ursache sei ein in der Vergangenheit stattgehabtes Trauma infolge der Begegnung mit Ärzten. Dies habe zur Folge, dass sie Schwierigkeiten habe, Vertrauen zu Ärzten aufzubauen, wirke sich aber nicht auf die Verrichtung einer Arbeitstätigkeit aus. Darüber hinaus sei es gelungen, eine wesentliche Besserung der Anpassungsstörung herbeizuführen. Die Diagnose werde in dem vorläufigen Entlassungsbericht im September 2008 demzufolge auch nicht mehr aufgeführt. Eine regelmäßige fachärztliche oder psychotherapeutische Behandlung erfolge ebenfalls nicht. Der diagnostizierte Alkoholabusus schränke die berufliche Leistungsfähigkeit ebenfalls nicht ein, denn es sei im Rahmen des Klinikaufenthalts gelungen, einen Alkoholentzug durchzuführen, wodurch es lediglich zu einem mäßigen Alkoholentzugssyndrom als akuter Krankheitserscheinung gekommen sei. Schwerwiegende organische Folgeerkrankungen ergäben sich weder aus den Entlassberichten noch aus den Befundauskünften der Ärztin R. sowie des Arztes Dr. G. oder der sachverständigen Zeugenaussage der Stationsärztin Sc ... Danach sei lediglich eine Fettleber ohne sonstige Symptome aufgrund der durchgeführten Abdomensonographie nachgewiesen worden. Dr. G. habe auch eine andauernde Alkoholkarenz bestätigt. Der Umstand, dass ein Rückfall verhindert werden solle, erscheine ebenfalls nicht geeignet, die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zu begründen. Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung begründe ebenfalls keine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit. Es handle sich lediglich um eine mittelgradige COPD, die in dieser Form bereits seit 2005 bzw. 2006 bestehe. Die Klägerin habe somit trotz Bestehen der COPD eine Tätigkeit als Küchenhilfe ausüben können. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei auch nicht aus gesundheitlichen, sondern ausschließlich aus betrieblichen Gründen erfolgt, wie sich dies aus der Auskunft der Firma A. ergebe. Ferner nehme die Klägerin deswegen nicht dauerhaft Medikamente ein, sie befinde sich auch nicht in fachärztlicher Behandlung. Aus der Arbeitsplatzbeschreibung ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass sie als Küchenhilfe mit atemwegreizenden Stoffen Umgang habe. Lediglich eine hautreizende Wirkung der verwendeten Putzmittel werde von der Klägerin beklagt. Auch aus der chronischen Diarrhoe bei Nahrungsmittelunverträglichkeit und Laktoseintoleranz ließe sich eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht ableiten. Die Laktoseintoleranz sei mit diätischen Maßnahmen behandelbar. Die erosive Gastritis bedürfe einer schulmedizinischen Behandlung nach dem "italienischen Schema", welche duldungspflichtig sei und zu einer baldigen Abheilung der Beschwerden führe. Der Umstand, dass die Klägerin sich nicht einer derartigen Behandlung unterziehe, vermöge die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht zu begründen. Das habe auch Stationsärztin Sc. so gesehen. Aufgrund der medizinischen Daten schließe sich das Gericht dieser Auffassung im Ergebnis an. Aus dem "ärztlichen Attest" von Dr. G., welches er aufgrund des Gutachtensauftrages vorgelegt habe, folge ebenfalls nicht die schlüssige und nachvollziehbare Ableitung einer wesentlichen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit. Ob er die Klägerin überhaupt gutachterlich untersucht habe, gehe aus dem vorgelegten ärztlichen Attest ebenso wenig hervor wie die von ihm erhobenen Befunde. Er teile lediglich die Diagnosen mit, die vom P.-Krankenhaus bereits gestellt worden seien. Dies und das Fehlen jeglicher Befundmitteilung entspreche in keiner Weise den Anforderungen, die an ein sozialmedizinisch nachvollziehbares Gutachten zu stellen seien. Deswegen sei seine Schlussfolgerung, dass eine stationäre Psychotherapie erforderlich sei, in keiner Weise nachvollziehbar. Auch nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches bestünde kein Anspruch auf eine medizinische Leistung zur Rehabilitation. Aus der sachverständigen Zeugenaussage der Stationsärztin Sc. ergebe sich, dass ein ganz erhebliches ambulantes Behandlungsdefizit bestehe, nachdem die Klägerin bislang eine schulmedizinische Behandlung der bestehenden Beschwerden nicht habe vornehmen lassen. Deswegen sei auch eine stationäre Krankenbehandlung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch nicht erforderlich. Weitere Ermittlungen von Amts wegen auf Kosten der Staatskasse seien nicht erforderlich. Die Klägerin habe bereits keine Beweistatsache benannt, die aber zu einem ordnungsgemäßen Prozessantrag erforderlich sei. Nachdem im Verwaltungsverfahren mehrere ärztliche Äußerungen eingeholt worden wären und zwei ausführliche stationäre Entlassungsberichte vorlägen, sei der medizinische Sachverhalt hinreichend aufgeklärt. Ein weiterer Erkenntnisgewinn aus der zusätzlichen Vernehmung des Leitenden Arztes der Fachklinik Dr. Sauer folge daher nicht.
Mit ihrer dagegen am 29. März 2010 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das SG habe die Verfahrensvorschriften verletzt, denn es hätte darauf hinweisen müssen, dass die Beweisanträge nicht ordnungsgemäß gestellt worden wären. Ebenfalls hätte der Sachverständige Dr. G. aufgefordert werden müssen, sein Gutachten zu erläutern und gegebenenfalls zu ergänzen. Das SG müsse auch angeben, woher es die Kenntnis habe, dass bestimmte Krankheiten ohne die beantragten Leistungen geheilt werden könnten. Soweit Urkunden im Wege des Urkundsbeweises verwendet würden, begründe dies nur ein Beweis dafür, dass die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben worden seien, nicht aber, ob diese Erklärungen wahr oder richtig seien. Auch habe die Klägerin ausdrücklich bestritten, dass sie sich schulmedizinischen Maßnahmen verschließe.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. März 2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. Juni 2008 und 13. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin über ihre Anträge auf Gewährung stationärer Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einen neuen rechtsbehelfsfähigen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hält den medizinischen Sachverhalt für ausreichend aufgeklärt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Kosten der begehrten Rehabilitationsmaßnahme die erforderliche Berufungssumme von 750 EUR übersteigen.
Die damit insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer stationären Rehabilitationsbehandlung.
Die Beklagte ist für die beantragte Maßnahme zuständig. Rehabilitationsträger kann nur der gemäß § 14 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erstangegangene oder der im Wege der Weiterleitung zweitangegangene Rehabilitationsträger sein. Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs. 4 SGB V. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unverzüglich fest. Die Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX ist gegenüber dem behinderten Menschen eine ausschließliche Zuständigkeit. § 14 SGB IX zielt darauf ab, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären. Der zuständige Träger hat deshalb den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen ist, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (BSG, Urteile vom 26. Juni 2007, B 1 KR 36/06 R, SozR 4-2500 § 40 Nr. 4; und vom 26. Oktober 2004, B 7 AL 16/04 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Der Kläger hat die Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten beantragt und diese hat den Antrag nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergleitet. Sie ist allein deswegen zuständig.
Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte zur Leistung verpflichtet ist, ergeben sich aus dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI (vgl. § 7 Satz 2 SGB IX). Die Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Rehabilitationsmaßnahme danach zu Recht ablehnt. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren Anspruch auf Bewilligung einer stationären medizinischen Rehabilitationsleistung nach §§ 9, 10 und 11 SGB VI i.V.m. § 8 SGB IX, da die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die Rentenversicherung erbringt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um 1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Nach Absatz 2 des § 9 SGB VI dieser Vorschrift können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Nach § 10 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Dem Rentenversicherungsträger ist bezüglich der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe erst bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ein Ermessen eingeräumt (vgl Niesel, in Kassler Kommentar, § 9 Rdnr. 9), wobei sich die Ermessensausübung auf das Wie, also Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung sowie Ort der Leistung beschränkt. Der Anspruch eines Versicherten besteht daher auch bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Rentenversicherungsträgers.
Dass und warum bei der Klägerin in Auswertung der medizinischen Ermittlungen derzeit keine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt, hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass ein Rehabilitationsbedarf bei der Klägerin besteht.
Zwar ist der Sachverständige Dr. G. zu dem Ergebnis gelangt, dass eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Sinne der Klägerin erforderlich ist, auch wenn er die Frage nach einer wesentlichen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit unbeantwortet gelassen hat. Das SG hat, worauf bereits in dem Beschluss vom 18. Januar 2010 hingewiesen wurde, den Gutachtensauftrag auf den ausdrücklichen Antrag der Klägerin ohne Beantwortung der Fragen Nr. 4 und 5 in Auftrag gegeben. Insofern bestand keine Notwendigkeit für die Beauftragung eines weiteren Sachverständigen nur zur Beantwortung dieser Beweisfragen.
Warum das SG in seinem angefochtenen Gerichtsbescheid die Einschätzung des Sachverständigen als nicht nachvollziehbar gewertet hat, wurde ausführlich begründet dargelegt. Insoweit bestand insbesondere kein Anlass zu einer weiteren Befragung des Sachverständigen, der die an ihn gestellten Beweisfragen beantwortet hat. Das SG hat, was seine ureigenste Aufgabe ist, das Gutachten in Abgleichung mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere der sachverständigen Zeugenaussage der Stationsärztin Sc., ausgewertet und ist ihm aus auch für den Senat nachvollziehbaren Gründen nicht gefolgt. Hierbei hat es nicht seine eigene Sachkunde zugrunde gelegt, sondern sich der Ausführungen der angehörten Ärzte bedient. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Eine Verpflichtung zu weiterer Beweiserhebung besteht auch bei einander widersprechenden Ergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten oder ärztlichen Auffassungen für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne eine weitere Sachaufklärung zu betreiben. Bei einer derartigen Fallkonstellation ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG Beschluss vom 8. Dezember 2009 - B 5 R 148/09 B, zit nach juris). Insofern bedurfte es auch nicht der Befragung des früheren Stationsarztes St., zumal es sich um die aktuellste Auskunft der zuletzt behandelnden Ärztin handelt und die Klägerin selbst die Ärztin in der Entbindungserklärung benannt hat.
Anders als die Klägerin meint, kann schließlich im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß §§ 118, 128 SGG die im Verwaltungsverfahren eingeholte Auskunft der Ärztin R. im Urkundenbeweis verwertet werden (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Aufl., § 128 Rdnr. 8). Der Beweiswert ist nicht darauf beschränkt, dass die Angaben von ihr stammen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das SG ihre Ausführungen bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Rehabilitation berücksichtigt hat. Das gilt auch für die ausgewerteten Entlassungsberichte von dem P.-Krankenhaus.
Die Beiladung der anderen möglichen Träger der Rehabilitation war nicht erforderlich. Eine solche ist nur dann notwendig vorzunehmen, wenn der Versicherte auch andere Rehabilitationsträger angegangen hat oder der Antrag weitergeleitet wurde. Denn die Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers schließt im Außenverhältnis diejenige aller anderen vom behinderten Menschen angegangenen Rehabilitationsträger aus, so dass der Rechtsstreit ihnen gegenüber nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, B 5 R 5/07 R, veröffentlicht in Juris; BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 7). Vorliegend hat der Kläger jedoch weder weitere Rehabilitationsträger angegangen, noch ist der Antrag von einem anderen Rehabilitationsträger an die Beklagte weitergeleitet worden (Urteil des Senats vom 23. März 2010, L 11 KR 4085/08).
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation streitig.
Die am 1960 geborene Klägerin war zuletzt versicherungspflichtig bei der Firma A. vom 12. März 2007 bis zum 31. Oktober 2008 (betriebsbedingte Kündigung) als Küchenhilfe beschäftigt. Ihre Tätigkeiten umfassten das Reinigen der Küche mit Hilfs- und Reinigungsmitteln sowie die Essensausgabe. Vertretungsweise wurde sie auch in der Spülküche eingesetzt (Auskunft vom 26. November 2008, Bl. 53 SG-Akte).
Am 15. Mai 2008 beantragte die Klägerin die Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unter Hinweis auf immer wiederkehrende Bronchiden. Diese seien mit Atemnot, Husten, körperlicher Schwäche, innerer Unruhe, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Ängsten sowie Panikattacken verbunden. Bis vor kurzem habe sie auch regelmäßig Alkohol getrunken (zwei Flaschen Bier täglich), jetzt nicht mehr. Dem Antrag beigefügt war ein ärztlicher Befundbericht der Ärztin Frau R. vom P.-Krankenhaus. Danach leide die Klägerin an COPD und akuter Bronchitis, einer Anpassungsstörung wie Alkohol- und Nikotinentzug. Als tätigkeitsbedingte und andere soziale Belastungsfaktoren müssten in ihrer Tätigkeit als Küchenhilfe der Umgang mit Putzmitteln (Fettlöser), der Einfluss von Dämpfen und die Klimaanlage sowie eine soziale Belastung am Arbeitsplatz durch Chefs genannt werden. Eine schulmedizinische Regelmedikation finde nicht statt, die Klägerin behandele sich mit Medikamenten aus der anthroposophisch erweiterten Medizin, Bronchialeinreibungen mit Plantago und Ingwerzwiebel sowie rhythmischen Massagen. Sie arbeite hervorragend mit und sei gewillt, ihren Lebenswandel komplett zu ändern. Aufgrund ihrer hohen Motivation bestehe eine gute Erfolgsaussicht.
Nachdem der Zentrale Beratungsdienst Sozialmedizin der Beklagten zu dem Ergebnis gelangte, dass die ambulanten Therapien bislang nicht ausgeschöpft seien, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. Juni 2008 mit der Begründung ab, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation seien nicht erforderlich.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin unter Vorlage eines Attests des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. G. geltend, ihre Erwerbsfähigkeit sei wegen Krankheit und seelischer Behinderung erheblich gefährdet. Die COPD brauche konsequente Kontrollen und eine adäquate Versorgung mit Arzneimitteln. Hinsichtlich der Alkoholkarenz müsse ein Rückfall verhindert werden. Die schwerwiegende Anpassungsstörung/Depression bedürfe unbedingt einer Behandlung in ambulanter und stationärer Form. Nachdem zunächst vom Zentralen Beratungsdienst Sozialmedizin eine körperliche Untersuchung im zuständigen Sozialmedizinischen Dienst M. angeordnet worden war, wurde dort ein Gutachten nach Aktenlage erstattet. Dr. S. führte aus, die bestehenden Gesundheitsstörungen der Klägerin seien bislang in keiner Weise adäquat behandelt worden. Medizinische Maßnahmen seien nicht zum Einsatz gekommen, auch seien keine Fachärzte in die Behandlung eingebunden. Insofern könne kein Rehabilitationsbedarf erkannt werden. Durch adäquate Nutzung der ambulanten Therapiemöglichkeiten könne eine wesentliche Besserung erreicht werden. Nachdem sich die Klägerin diesen Möglichkeiten aber verschließe und lediglich anthroposophische Medikamente anwende, sei auch der Erfolg einer Rehabilitation in Frage zu stellen. Aufgrund der eindeutigen Sachlage werde eine Begutachtung nicht für erforderlich gehalten.
Noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens beantragte die Klägerin am 28. Juli 2008 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, welche den Vorgang zuständigkeitshalber an die Beklagte abgab, erneut die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unter Berufung auf ihre Bronchitis. Dr. G. berichtete von einer Depression (DP), einer Anpassungsstörung, einer COPD, einer trockenen Alkoholkrankheit, rezidivierenden Sinusbronchiden, einem Wirbelsäulen-Syndrom, Ekzemen, Neurodermitis sowie einer Allergie gegen Umweltstoffe. Seit dem 30. Mai 2008 sei die Klägerin arbeitsunfähig. Durch den Tod ihres Ehemannes sei allmählich eine allgemeine Verschlimmerung eingetreten, die sich in den letzten anderthalb Jahren zugespitzt habe. Es bestünden eine Belastungsdyspnoe, Konzentrationsstörungen und Gelenkbeschwerden. Die Klägerin sei seelisch-körperlich noch nicht für die berufliche Arbeit ausreichend gefestigt. Beigefügt war ferner der Entlassungsbericht des P.-Krankenhauses B. L. über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. April bis 9. Mai 2008. Die Klägerin sei zur Behandlung einer akuten Bronchitis aufgenommen worden, daneben leide sie an einer Anpassungsstörung und einem Alkoholentzugssyndrom. Die Klägerin habe in deutlich gebessertem Zustand entlassen werden können.
Nachdem Dr. S. dabei verblieb, dass die therapeutischen Möglichkeiten nicht adäquat genutzt würden, lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit Bescheid vom 13. August 2008 ab. Mit ihrem auch dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie müsse persönlich begutachtet werden. Dies werde belegen, dass eine Reha-Maßnahme nicht zu umgehen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, zur Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gegeben seien, habe man eine sozialmedizinische Stellungnahme zu den Arztberichten eingeholt. In Auswertung dieser Unterlagen hätten sich Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer körperlichen Untersuchung nicht ergeben. Die im Widerspruchsverfahren angegebenen Gesundheitsstörungen seien bereits bei den Feststellungen während des Antragsverfahrens bekannt gewesen und bei der Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs berücksichtigt worden. Hieraus ergäben sich keine weiteren Befunde, die zu einer Änderung der im Antragsverfahren getroffenen sozialmedizinischen Beurteilung führen könnten.
Mit ihrer dagegen am 9. September 2008 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte hätte sie körperlich untersuchen müssen, nachdem dies vom Zentralen Beratungsdienst des Sozialmedizinischen Dienstes empfohlen worden sei. Soweit sich die Beklagte darauf stütze, dass sie sich sogenannten schulmedizinischen Maßnahmen "verschließe", sei dies nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe damit Umstände berücksichtigt, die nicht feststünden.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt, eine Arbeitgeberauskunft eingeholt und die Klägerin anschließend nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Dr. G. hat einen weiteren Entlassungsbericht über eine stationäre Behandlung vom 9. bis 19. September 2008 in dem P.-Krankenhaus wegen einer chronischen Diarrhoe bei Nahrungsmittelunverträglichkeit und Laktoseintoleranz, erosiver Gastritis und Dysphagie (subjektiv) vorgelegt. In den endoskopischen Untersuchungen habe sich bis auf die erosive Gastritis ein regelrechter Befund, insbesondere kein Anhalt für eine chronische Colitis, gezeigt. Die Klägerin sei hinsichtlich der Unverträglichkeiten aufgeklärt worden und man habe ihr empfohlen, auf Milchprodukte und Früchte/bestimmte Gemüse zu verzichten. Unter hochdosierter PPI-Therapie habe sich die Dysphagie deutlich gebessert gezeigt.
Die Stationsärztin Sc. vom P.-Krankenhaus erachtete eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme bei chronischen Diarrhoen, erosiver Gastritis, Dysphagie, Emphysembronchitis, Hypercholesterinämie sowie einem Zustand nach chronischem Alkoholabusus nicht für erforderlich. Die ambulante Behandlung bei Helicobakter pylori-induzierter Antrumgastritis sei ausreichend. Man habe die Klägerin mit hochdosierten Protonenpumpenhämmern behandelt, auch eine Diätberatung sowie eine Infusionstherapie wegen der Hypoglykämie durchgeführt.
Der Sachverständige Dr. G. hat vor seiner Gutachtenserstattung ausgeführt, dass er die Frage nach einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und welche Maßnahmen danach erforderlich seien, nicht beantworten könne. Dies falle nicht in sein Fachgebiet, sondern müsse durch einen sozialmedizinisch qualifizierten Kollegen begutachtet werden. Nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Anhörung dieses Sachverständigen aufrecht erhalten hat, hat Dr. G. in seinem "ärztlichen Attest" vom 23. Oktober 2009 ausgeführt, dass er die Klägerin seit April 2006 zunächst wegen allgemeinen leichten Befindlichkeitsstörungen behandelt habe. Ab April 2008 habe sie bereits erhebliche gesundheitliche Probleme beklagt, die eine Krankenhauseinweisung gerechtfertigt hätten. Diese sei in einer schweren Bronchitis mit starkem Gewichtsverlust begründet gewesen. Schon damals sei klar gewesen, dass sie sich in einer schweren Notlage befunden habe und es deswegen zu einem Nikotin- und Alkoholabusus gekommen sei, der die körperliche Gesundheit und Arbeitskraft erheblich gefährdet habe. Diese Symptomatik habe sich die folgenden Monate durchgezogen. Der Gesundheitszustand habe sich nicht wesentlich verändert, da eine spezielle therapeutische Behandlung nicht möglich gewesen sei. Die Behandlungsbedürftigkeit sei prinzipiell nicht abgeschlossen, sie bräuchte aber andere Therapieformen. Insbesondere die chronische Raucherbronchitis und die depressive Neurose sollten am besten in einer Psychotherapie ebenso wie die Suchtproblematik stationär behandelt werden. Der klägerische Bevollmächtigte hat daraufhin angeregt, auch den Stationsarzt Dr. Sauer als sachverständigen Zeugen zu vernehmen und bemängelt, dass Dr. Sc. ihre Wertungen zu den Beweisfragen in keiner Weise begründet habe. Die Fragen, die der Sachverständige nicht beantwortet habe, seien nicht entscheidungserheblich. Falls sie das doch seien, solle Dr. St. diese beantworten. Nachdem das SG angekündigt hat, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht vorgesehen seien und beabsichtigt wäre, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hat die Klägerin den Richter am Sozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Ablehnungsgesuch wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 18. Januar 2010 (L 5 SF 5487/09 A) zurückgewiesen. Mit Gerichtsbescheid vom 4. März 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 26. März 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid komme es nicht auf die Zustimmung der Beteiligten an. Diese seien lediglich vorher anzuhören, was erfolgt sei. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme erfülle die Klägerin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erbringung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation in Form eines stationären Kuraufenthaltes nicht. Ihre Erwerbsfähigkeit sei bezogen auf die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Küchenhilfe weder erheblich gefährdet noch gemindert. Man habe während der stationären Behandlung im Frühjahr 2008 bei der Klägerin nach Einholung eines psychiatrischen Konzils eine Anpassungsstörung diagnostiziert. Diese behindere die Klägerin in ihrer Berufstätigkeit nicht, denn Ursache sei ein in der Vergangenheit stattgehabtes Trauma infolge der Begegnung mit Ärzten. Dies habe zur Folge, dass sie Schwierigkeiten habe, Vertrauen zu Ärzten aufzubauen, wirke sich aber nicht auf die Verrichtung einer Arbeitstätigkeit aus. Darüber hinaus sei es gelungen, eine wesentliche Besserung der Anpassungsstörung herbeizuführen. Die Diagnose werde in dem vorläufigen Entlassungsbericht im September 2008 demzufolge auch nicht mehr aufgeführt. Eine regelmäßige fachärztliche oder psychotherapeutische Behandlung erfolge ebenfalls nicht. Der diagnostizierte Alkoholabusus schränke die berufliche Leistungsfähigkeit ebenfalls nicht ein, denn es sei im Rahmen des Klinikaufenthalts gelungen, einen Alkoholentzug durchzuführen, wodurch es lediglich zu einem mäßigen Alkoholentzugssyndrom als akuter Krankheitserscheinung gekommen sei. Schwerwiegende organische Folgeerkrankungen ergäben sich weder aus den Entlassberichten noch aus den Befundauskünften der Ärztin R. sowie des Arztes Dr. G. oder der sachverständigen Zeugenaussage der Stationsärztin Sc ... Danach sei lediglich eine Fettleber ohne sonstige Symptome aufgrund der durchgeführten Abdomensonographie nachgewiesen worden. Dr. G. habe auch eine andauernde Alkoholkarenz bestätigt. Der Umstand, dass ein Rückfall verhindert werden solle, erscheine ebenfalls nicht geeignet, die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zu begründen. Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung begründe ebenfalls keine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit. Es handle sich lediglich um eine mittelgradige COPD, die in dieser Form bereits seit 2005 bzw. 2006 bestehe. Die Klägerin habe somit trotz Bestehen der COPD eine Tätigkeit als Küchenhilfe ausüben können. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei auch nicht aus gesundheitlichen, sondern ausschließlich aus betrieblichen Gründen erfolgt, wie sich dies aus der Auskunft der Firma A. ergebe. Ferner nehme die Klägerin deswegen nicht dauerhaft Medikamente ein, sie befinde sich auch nicht in fachärztlicher Behandlung. Aus der Arbeitsplatzbeschreibung ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass sie als Küchenhilfe mit atemwegreizenden Stoffen Umgang habe. Lediglich eine hautreizende Wirkung der verwendeten Putzmittel werde von der Klägerin beklagt. Auch aus der chronischen Diarrhoe bei Nahrungsmittelunverträglichkeit und Laktoseintoleranz ließe sich eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht ableiten. Die Laktoseintoleranz sei mit diätischen Maßnahmen behandelbar. Die erosive Gastritis bedürfe einer schulmedizinischen Behandlung nach dem "italienischen Schema", welche duldungspflichtig sei und zu einer baldigen Abheilung der Beschwerden führe. Der Umstand, dass die Klägerin sich nicht einer derartigen Behandlung unterziehe, vermöge die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht zu begründen. Das habe auch Stationsärztin Sc. so gesehen. Aufgrund der medizinischen Daten schließe sich das Gericht dieser Auffassung im Ergebnis an. Aus dem "ärztlichen Attest" von Dr. G., welches er aufgrund des Gutachtensauftrages vorgelegt habe, folge ebenfalls nicht die schlüssige und nachvollziehbare Ableitung einer wesentlichen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit. Ob er die Klägerin überhaupt gutachterlich untersucht habe, gehe aus dem vorgelegten ärztlichen Attest ebenso wenig hervor wie die von ihm erhobenen Befunde. Er teile lediglich die Diagnosen mit, die vom P.-Krankenhaus bereits gestellt worden seien. Dies und das Fehlen jeglicher Befundmitteilung entspreche in keiner Weise den Anforderungen, die an ein sozialmedizinisch nachvollziehbares Gutachten zu stellen seien. Deswegen sei seine Schlussfolgerung, dass eine stationäre Psychotherapie erforderlich sei, in keiner Weise nachvollziehbar. Auch nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches bestünde kein Anspruch auf eine medizinische Leistung zur Rehabilitation. Aus der sachverständigen Zeugenaussage der Stationsärztin Sc. ergebe sich, dass ein ganz erhebliches ambulantes Behandlungsdefizit bestehe, nachdem die Klägerin bislang eine schulmedizinische Behandlung der bestehenden Beschwerden nicht habe vornehmen lassen. Deswegen sei auch eine stationäre Krankenbehandlung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch nicht erforderlich. Weitere Ermittlungen von Amts wegen auf Kosten der Staatskasse seien nicht erforderlich. Die Klägerin habe bereits keine Beweistatsache benannt, die aber zu einem ordnungsgemäßen Prozessantrag erforderlich sei. Nachdem im Verwaltungsverfahren mehrere ärztliche Äußerungen eingeholt worden wären und zwei ausführliche stationäre Entlassungsberichte vorlägen, sei der medizinische Sachverhalt hinreichend aufgeklärt. Ein weiterer Erkenntnisgewinn aus der zusätzlichen Vernehmung des Leitenden Arztes der Fachklinik Dr. Sauer folge daher nicht.
Mit ihrer dagegen am 29. März 2010 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das SG habe die Verfahrensvorschriften verletzt, denn es hätte darauf hinweisen müssen, dass die Beweisanträge nicht ordnungsgemäß gestellt worden wären. Ebenfalls hätte der Sachverständige Dr. G. aufgefordert werden müssen, sein Gutachten zu erläutern und gegebenenfalls zu ergänzen. Das SG müsse auch angeben, woher es die Kenntnis habe, dass bestimmte Krankheiten ohne die beantragten Leistungen geheilt werden könnten. Soweit Urkunden im Wege des Urkundsbeweises verwendet würden, begründe dies nur ein Beweis dafür, dass die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben worden seien, nicht aber, ob diese Erklärungen wahr oder richtig seien. Auch habe die Klägerin ausdrücklich bestritten, dass sie sich schulmedizinischen Maßnahmen verschließe.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. März 2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. Juni 2008 und 13. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin über ihre Anträge auf Gewährung stationärer Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einen neuen rechtsbehelfsfähigen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hält den medizinischen Sachverhalt für ausreichend aufgeklärt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Kosten der begehrten Rehabilitationsmaßnahme die erforderliche Berufungssumme von 750 EUR übersteigen.
Die damit insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer stationären Rehabilitationsbehandlung.
Die Beklagte ist für die beantragte Maßnahme zuständig. Rehabilitationsträger kann nur der gemäß § 14 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erstangegangene oder der im Wege der Weiterleitung zweitangegangene Rehabilitationsträger sein. Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs. 4 SGB V. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unverzüglich fest. Die Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX ist gegenüber dem behinderten Menschen eine ausschließliche Zuständigkeit. § 14 SGB IX zielt darauf ab, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären. Der zuständige Träger hat deshalb den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen ist, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (BSG, Urteile vom 26. Juni 2007, B 1 KR 36/06 R, SozR 4-2500 § 40 Nr. 4; und vom 26. Oktober 2004, B 7 AL 16/04 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Der Kläger hat die Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten beantragt und diese hat den Antrag nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergleitet. Sie ist allein deswegen zuständig.
Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte zur Leistung verpflichtet ist, ergeben sich aus dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI (vgl. § 7 Satz 2 SGB IX). Die Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Rehabilitationsmaßnahme danach zu Recht ablehnt. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren Anspruch auf Bewilligung einer stationären medizinischen Rehabilitationsleistung nach §§ 9, 10 und 11 SGB VI i.V.m. § 8 SGB IX, da die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die Rentenversicherung erbringt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um 1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Nach Absatz 2 des § 9 SGB VI dieser Vorschrift können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Nach § 10 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Dem Rentenversicherungsträger ist bezüglich der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe erst bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ein Ermessen eingeräumt (vgl Niesel, in Kassler Kommentar, § 9 Rdnr. 9), wobei sich die Ermessensausübung auf das Wie, also Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung sowie Ort der Leistung beschränkt. Der Anspruch eines Versicherten besteht daher auch bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Rentenversicherungsträgers.
Dass und warum bei der Klägerin in Auswertung der medizinischen Ermittlungen derzeit keine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt, hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass ein Rehabilitationsbedarf bei der Klägerin besteht.
Zwar ist der Sachverständige Dr. G. zu dem Ergebnis gelangt, dass eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Sinne der Klägerin erforderlich ist, auch wenn er die Frage nach einer wesentlichen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit unbeantwortet gelassen hat. Das SG hat, worauf bereits in dem Beschluss vom 18. Januar 2010 hingewiesen wurde, den Gutachtensauftrag auf den ausdrücklichen Antrag der Klägerin ohne Beantwortung der Fragen Nr. 4 und 5 in Auftrag gegeben. Insofern bestand keine Notwendigkeit für die Beauftragung eines weiteren Sachverständigen nur zur Beantwortung dieser Beweisfragen.
Warum das SG in seinem angefochtenen Gerichtsbescheid die Einschätzung des Sachverständigen als nicht nachvollziehbar gewertet hat, wurde ausführlich begründet dargelegt. Insoweit bestand insbesondere kein Anlass zu einer weiteren Befragung des Sachverständigen, der die an ihn gestellten Beweisfragen beantwortet hat. Das SG hat, was seine ureigenste Aufgabe ist, das Gutachten in Abgleichung mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere der sachverständigen Zeugenaussage der Stationsärztin Sc., ausgewertet und ist ihm aus auch für den Senat nachvollziehbaren Gründen nicht gefolgt. Hierbei hat es nicht seine eigene Sachkunde zugrunde gelegt, sondern sich der Ausführungen der angehörten Ärzte bedient. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Eine Verpflichtung zu weiterer Beweiserhebung besteht auch bei einander widersprechenden Ergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten oder ärztlichen Auffassungen für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne eine weitere Sachaufklärung zu betreiben. Bei einer derartigen Fallkonstellation ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG Beschluss vom 8. Dezember 2009 - B 5 R 148/09 B, zit nach juris). Insofern bedurfte es auch nicht der Befragung des früheren Stationsarztes St., zumal es sich um die aktuellste Auskunft der zuletzt behandelnden Ärztin handelt und die Klägerin selbst die Ärztin in der Entbindungserklärung benannt hat.
Anders als die Klägerin meint, kann schließlich im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß §§ 118, 128 SGG die im Verwaltungsverfahren eingeholte Auskunft der Ärztin R. im Urkundenbeweis verwertet werden (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Aufl., § 128 Rdnr. 8). Der Beweiswert ist nicht darauf beschränkt, dass die Angaben von ihr stammen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das SG ihre Ausführungen bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Rehabilitation berücksichtigt hat. Das gilt auch für die ausgewerteten Entlassungsberichte von dem P.-Krankenhaus.
Die Beiladung der anderen möglichen Träger der Rehabilitation war nicht erforderlich. Eine solche ist nur dann notwendig vorzunehmen, wenn der Versicherte auch andere Rehabilitationsträger angegangen hat oder der Antrag weitergeleitet wurde. Denn die Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers schließt im Außenverhältnis diejenige aller anderen vom behinderten Menschen angegangenen Rehabilitationsträger aus, so dass der Rechtsstreit ihnen gegenüber nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, B 5 R 5/07 R, veröffentlicht in Juris; BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 7). Vorliegend hat der Kläger jedoch weder weitere Rehabilitationsträger angegangen, noch ist der Antrag von einem anderen Rehabilitationsträger an die Beklagte weitergeleitet worden (Urteil des Senats vom 23. März 2010, L 11 KR 4085/08).
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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