L 1 R 220/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 18 R 240/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 220/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, fiktive Einbeziehung, betriebliche Voraussetzung, gleichgestellter Betrieb, Konstruktionsbüro, VEB Bauingenieurkombinat für Anlagenexport Dessau
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 6. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) in Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.

Der 1948 geborene Kläger war ausweislich der Urkunde der technischen Hochschule vom 1971 berechtigt, den akademischen Grad eines Diplomingenieurs zu führen. In der Zeit vom 21. September 1971 bis zum 31. Mai 1976 war er als Organisator zunächst im VEB Masch. Rechnen Leipzig und danach im VEB Waggonbau Dessau, hiernach vom 1. Juni 1976 bis zum 31. Dezember 1977 im VEB Gewächshausanlage Vockerode, in der Zeit vom 1. Januar 1978 bis zum 31. Dezember 1983 als Problemanalytiker im VEB Industrieprojektierung Dessau und zuletzt in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 beim VEB Bauingenieurkombinat für Anlagenexport Dessau (VEB BIK) tätig. Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtete der Kläger in der Zeit vom 21. September 1973 bis zum 30. Juni 1990. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt er nicht.

Den Antrag des Klägers vom 15. April 2004 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Januar 2005 mit der Begründung ab, dass der Kläger am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt habe, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 13. Januar 2005 mit der Begründung Widerspruch, dass der VEB BIK nicht nur komplette Industrieanlagen geplant, sondern auch notwendige Projektierungsunterlagen und technologische Ablaufpläne erstellt habe. Der Betrieb sei zumindest ein Konstruktionsbüro gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, der Beschäftigungsbetrieb des Klägers sei der Wirtschaftsgruppe 63350 (Bauprojektierung) zugeordnet gewesen. Ihm habe weder die industrielle Fertigung von Sachgütern das Gepräge gegeben, noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen. Auch sei der Beschäftigungsbetrieb kein gleichgestellter Betrieb gewesen.

Dagegen hat der Kläger am 18. April 2005 Klage vor dem Sozialgericht Dessau (nunmehr Dessau-Roßlau (SG)) erhoben. Aus dem Statut des VEB BIK ergebe sich, dass dieser für die komplette Vorbereitung und Durchführung von Bauleistungen im Rahmen des Anlagenexports verantwortlich gewesen sei. Zumindest aber handele es sich um einen gleichgestellten Betrieb. Denn aus dem Statut ergebe sich ebenfalls, dass das Kombinat auf der Grundlage der staatlichen Plankennziffern und anderer staatlicher Planentscheidungen für den Export von Bauleistungen und bautechnischen Projektierungsleistungen sowie wissenschaftlich technischen Leistungen zuständig gewesen sei. Aufgrund dessen sei der Betrieb als Konstruktionsbüro einzuordnen. Zudem habe die Beklagte ehemaligen Kollegen, die ebenfalls bei dem VEB BIK als Ingenieure beschäftigt gewesen seien, eine Zusatzversorgung zuerkannt und sich damit selbst gebunden.

Das SG hat die Registerakte des VEB BIK beigezogen sowie den Beteiligten Unterlagen aus einem Parallelverfahren überreicht, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 134-216 der Gerichtsakte Bezug genommen wird. Hiernach hat der Kläger ergänzend u. a. ausgeführt, aus der Betriebschronik des VEB BIK Bd. II 1980 bis 1985 ergebe sich, dass der Betrieb verschiedene Baurealiserungsleistungen erbracht habe. Zudem folge aus § 3 Abs. 1 b) der Anordnung über die Planung, Bilanzierung und Abrechnung des Anlagenexports vom 10. Juni 1981 (GBl. vom 23.06.1981), dass Bauleistungen als Leistungen des Anlagenexports ausgeführt worden seien. Auch hierdurch werde klar dokumentiert, dass Bauleistungen ein wesentlicher Teil des Tätigkeitsbereichs des VEB BIK gewesen seien. Zudem habe auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 9. September 2004 entschieden, dass der Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung des VEB Bau- und Montagekombinats Ost ein Produktionsbetrieb des Bauwesens gewesen sei.

Mit Urteil vom 6. Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei. Der Aufgabenschwerpunkt des Beschäftigungsbetriebes habe nicht in der Massenfertigung von Bauwerken gelegen. Vielmehr habe dem Betrieb die Bauprojektierung, Materiallieferung und Bauüberwachung das Gepräge gegeben, jedoch nicht unmittelbar die Errichtung von Bauwerken durch eigene Mitarbeiter. Dies ergebe sich aus den schriftlichen Auskünften des Frank H. vom 30. Januar 2005 und 4. Juli 2005. Ebenso gehe aus der Betriebschronik hervor, dass die Hauptaufgabe des VEB BIK nicht die Massenfertigung von Bauwerken mit eigenen Arbeitskräften gewesen sei, sondern die Planung und Koordinierung von Bauleistungen. Bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers habe es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Projektierungsbetriebe bzw. Bauingenieurkombinate seien in der abschließenden Aufzählung der gleichgestellten Betriebe in § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) nicht enthalten. Es habe sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers auch nicht um ein Konstruktionsbüro gehandelt. Soweit die Beklagte bei ehemaligen Arbeitskollegen des Klägers einen Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz bejaht habe, könne der Kläger daraus keine Ansprüche herleiten.

Gegen das ihm am 12. Juni 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. Juli 2008 (einem Montag) Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Der Kläger verbleibt bei seiner Auffassung, dass der Beschäftigungsbetrieb ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens, jedenfalls ein gleichgestellter Betrieb gewesen sei. Hierzu verweist er u. a. auf die Betriebschronik, das Statut des VEB BIK sowie die Auskünfte des Frank H ... Die Stichtagsregelung in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (30. Juni 1990) verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG); es sei nicht entscheidend, ob der Kläger an diesem Datum in einem volkseigenen Produktionsbetrieb tätig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 6. Juni 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2005 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 16. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. September 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Zudem ist sie der Ansicht, dass der Beschäftigungsbetrieb des Klägers bereits aus dem Grund am 30. Juni 1990 kein Produktionsbetrieb des Bauwesens mehr gewesen sei, da der Betrieb sich zu diesem Zeitpunkt bereits umgewandelt und aufgrund dessen nur noch als "leere Hülle" bestanden habe. Dazu hat die Beklagte die Privatisierungsunterlagen des Betriebes zu den Akten gereicht.

Der Senat hat den Beteiligten Unterlagen zu dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers aus einem Parallelverfahren übersandt, wegen deren Einzelheiten auf die Beiakte zu Bl. 362 der Gerichtsakte verwiesen wird.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte nach den Zustimmungserklärungen der Beteiligten gem. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und gem. § 155 Abs. 3 und 4 SGG durch den Berichterstatter entscheiden. Es besteht kein Grund, abweichend von den Erklärungen der Beteiligten durch den gesamten Senat zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 – B 3 KR 2/08 R – juris). Denn das Gericht weicht nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass der VEB BIK kein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens und auch kein gleichgestellter Betrieb war (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27. September 2007 – L 1 RA 179/05 –; Urteil vom 3. Juli 2008 – L 1 RA 176/05 sowie Urteil vom 14. Oktober 2008 – L 1 R 80/06).

Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2005 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 16. März 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage deshalb zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).

Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.

Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).

I.

Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das BSG wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R – juris, Rn. 19). Auch für eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie fehlt es – wie noch auszuführen sein wird – an der erforderlichen Regelungslücke.

In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a.a.O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).

Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a.a.O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".

Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.

Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12).

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird indes verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z.B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – juris, Rn. 36).

Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a.a.O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 – juris, Rn. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.

Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.

Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a.a.O., Rn. 45):

"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."

Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.

Aus diesen Gründen liegt auch keine Gesetzeslücke vor, die möglicherweise im Wege einer Analogie zu schließen gewesen wäre.

Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur FZR rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die FZR ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.

II.

Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben.

Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Der Kläger war nämlich am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30).

Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell (d.h. serienmäßig wiederkehrend: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R – juris) fertigen. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris). Die zum Ausdruck kommende industriepolitische Konzeption beruhte danach auf der Rationalisierung der Fertigungskosten durch Massenproduktion (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4–8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.).

Ein Produktionsbetrieb im Sinne dieser Rechtsprechung war der VEB BIK nicht (so der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung, zuletzt Urteil vom 14. Oktober 2008 – L 1 R 80/06).

Die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) oder zu einem anderen Bereich der Volkswirtschaft hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem VEB geprägt haben (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 - SozR 3-8570 § 1 Nr. 5 S. 34 f.). Hierfür kommt es nach Auffassung des BSG maßgeblich auf die wirklichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an, so dass auf Grund der tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu klären ist, welcher Hauptzweck verfolgt wurde. Hierfür können z. B. Eintragungen in das Register der volkseigenen Wirtschaft, Statuten und Geschäftsunterlagen, ebenso aber auch die Zuordnung zu bestimmten Ministerien der DDR wichtige Hilfstatsachen (Indizien) sein, welche bei der Beweiswürdigung für die "Geprägefeststellung" erheblich werden können (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 18/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr. 1 Rn. 18).

Zwar war der VEB BIK dem Ministerium für Bauwesen und zumindest in einigen Bestimmungen dem Bereich der Bauwirtschaft zugeordnet. Die Aufgabe des VEB BIK bestand aber nicht in der Massenproduktion standardisierter Bauwerke, sondern in Projektierungsaufträgen für die Bauindustrie im In- und Ausland. Es sind bautechnische Projektierungsunterlagen erstellt und exportiert worden. Weiter sind das Bauleitungs- und Engineeringpersonal gestellt sowie die Hauptauftragnehmerschaft bei diversen Bauvorhaben im In- und Ausland wahrgenommen worden. Zudem wurden nach der Betriebschronik große Anlagen aufgebaut, die sich einer Standardisierung entzogen (z.B. Anlagen zur Herstellung von Zement, Schulbüchern, Textilien, Fleisch oder Futtermitteln oder Weizenmühlen in Syrien). Die Lieferung und Montage von Baustelleneinrichtungen ist nur die Vorbereitung einer Bauproduktion und nicht die Herstellung des Bauwerkes selbst. Das gleiche gilt für die Baukoordinierung.

Auch aus § 3 der Anordnung über die Planung, Bilanzierung und Abrechnung des Anlagenexports" vom 23. Juni 1981 (GBl. I, S. 249) geht hervor, dass das Aufgabenfeld im Anlagenexport breit gefächert und nicht auf die Herstellung von Produkten beschränkt war. Denn danach umfassten die Zulieferungen zum Anlagenexport alle Bauleistungen einschließlich Baukoordinierung, Projektierungsleistungen sowie wissenschaftlich-technischer Leistungen, die mit der Ausarbeitung von Dokumentationen bzw. Lizenzvergaben verbunden waren. Ein Schwerpunkt des Betriebes bei der Produktion lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten.

Dies wird weiter bestätigt durch die schriftlichen Angaben von Frank Höche (ehemaliger Generaldirektor des VEB BIK und Direktor des VEB IPRO) gegenüber dem Sozialgericht Dessau vom 30. Januar 2005 und vom 4. Juli 2005. Danach hat der VEB BIK folgende Leistungen erbracht: - die Erarbeitung des für den Standort erforderlichen Baugrundgutachtens, - die komplette bautechnische Planung (Projektierung) sämtlicher Hoch- und Tiefbauobjekte einschließlich der erforderlichen Fachplanung, - den Einkauf und die Lieferung von Baumaterialien für den Fall, dass der im Lande des Bestellers verfügbare Materialfächer nicht den planerischen Anforderungen genügen sollte, - die Organisation und Durchführung von Bauleistungen vor Ort, - das Überwachen der Bauleistungen.

Hier hat Herr Höche die Tätigkeit des VEB BIK mit dem Unternehmen Hochtief AG bei dem Bau des Flughafens in Warschau verglichen. Dieser sei in Deutschland geplant (projektiert) und im Ausland unter der Leitung von Hochtief unter anderem mit ortsansässigen Firmen gebaut worden. Die Leitung von anderen Betrieben macht jedoch den leitenden Betrieb nicht zu einem Produktionsbetrieb; er bleibt ein leitender Betrieb. Ausdrücklich hat Herr Höche darauf hingewiesen, dass Bauleistungen von dem Unternehmen Hochtief in Millionenhöhe erbracht würden, ohne dass von ihr auch nur ein Bauwerk in Eigenleistung realisiert würde und dies wieder mit dem VEB BIK verglichen. Er hat betont, bei den Leistungen des VEB BIK seien für Beton- und Maurerarbeiten die im Lande des Bestellers ortsansässigen Firmen oder Kapazitäten aus Drittländern gebunden worden. Für Spezialleistungen wie Gleitbau für Kühltürme und Siloanlagen seien DDR-Kapazitäten gebunden worden. Eigenes Personal in Größenordnungen für die jeweiligen Gewerke ständig vorzuhalten, sei schon aus Gründen staatlich zugelassener Reisekader für den VEB BIK weder praktikabel noch wirtschaftlich sinnvoll gewesen. Genau solches Personal in der Produktion macht jedoch einen Produktionsbetrieb aus. Die Lieferung und Errichtung schlüsselfertiger Industrieanlagen geschah angesichts des breiten Spektrums verschiedener Anlagen durch den VEB BIK zudem nicht im Sinne einer Massenproduktion standardisierter Bauten.

Dieser Aufgabenbereich wird weiter durch das Statut des VEB BIK vom 13. Oktober 1980 bestätigt. In dessen § 3 werden als wirtschaftliche Tätigkeiten des Kombinates folgende Bereiche genannt: - die Wahrnehmung der Funktion des Hauptauftragnehmers Bau für den Anlagenexport der DDR, wenn der Bauteil in Verantwortung der Generallieferanten der DDR zu realisieren ist, - der Export von Bauleistungen und bautechnischen Projektierungsleistungen sowie von wissenschaftlich-technischen Leistungen, - die Beratung von Generallieferanten, wenn der Bauteil in Verantwortung des Anlagenkäufers realisiert wird, - die Wahrnehmung der Funktion des Generallieferanten für ausgewählte Vorhaben entsprechend der Festlegung des Ministeriums für Bauwesen, - die bautechnische Beratung und die Übernahme von Leistungen des bautechnischen Teils für die DDR-Consultingbetriebe bei der Ausarbeitung von Studien und Tendern.

Nach § 4 des Statutes war das Kombinat für folgende Aufgaben zuständig: - Leitung und Planung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts auf der Grundlage des Planes Wissenschaft und Technik, Durchsetzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts auf entwicklungsbestimmenden Gebieten, insbesondere der Sicherung einer hohen und unverzüglichen Praxiswirksamkeit der Entwicklungs- und Forschungsergebnisse, - Entwicklung einer effektiven Grundfondswirtschaft auf der Grundlage des Planes der komplexen Grundfondsproduktion, - Leitung und Planung der Entwicklung der Arbeitskräfte mit dem Ziel der rationellen Nutzung des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens in Abstimmung mit den Räten der Bezirke, - Planung und Bilanzierung des Material- und Energiebedarfs einschließlich der Aufgaben, die sich als Fondsträger für das Kombinat ergeben, - Leitung und Planung des Neuererwesens und der Schutzrechtspolitik einschließlich des Erwerbs und der Vergabe von Lizenzen, - Festlegung der Markt- und Absatzpolitik, Koordinierung der Außenwirtschaftsbeziehungen mit dem Außenhandelsbetrieb des MfB, - Festlegung von Grundsätzen zur Organisation des sozialistischen Wettbewerbs einschließlich der Betriebs- und Leistungsvergleiche, - Erarbeitung von Grundsätzen zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen.

Auch in diesem Statut ist nicht erkennbar, dass Hauptzweck des Kombinates und seiner Betriebe die Erbringung von Bauleistungen im Sinne der Rechtsprechung des BSG gewesen wäre.

Gegen einen Produktionsbetrieb im Bereich des Bauwesens spricht schließlich, dass der VEB BIK der Wirtschaftsgruppe 63350 (bautechnische Projektierungsbetriebe) zugeordnet war. Ein Betrieb des Bauwesens wäre vielmehr im Wirtschaftsbereich 2 (Bauwirtschaft) zu finden.

Der VEB BIK war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB und insbesondere kein Konstruktionsbüro. Vielmehr war er ein Projektierungsbetrieb.

Ob ein Konstruktionsbüro vorliegt, ist nach dem rechtlichen und hilfsweise allgemeinen Sprachgebrauch der ehemaligen DDR zu bestimmen. Eine Legaldefinition dieses Begriffs ist im Recht der DDR soweit ersichtlich nicht erfolgt (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 8. September 2004 - L 4 RA 45/03 - juris). Erkennbar ist allerdings, dass Konstruktionsbüros in verschiedenen Vorschriften einem Projektierungsbüro gegenübergestellt und insoweit sprachlich unterschieden wurde (GBl. 1951, S. 1138; GBl. II 1956, S. 378; GBl. I 1959, S. 71; so auch BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - juris, Rn. 22 f.). Ein abweichender späterer Sprachgebrauch ist nicht erkennbar.

Der Name "Bauingenieurkombinat für Anlagenexport Dessau" spricht damit zunächst gegen das Vorliegen eines Konstruktionsbüros; auch sonst ist nicht ersichtlich, dass der VEB BIK in irgendeinem Zusammenhang als Konstruktionsbüro bezeichnet worden ist. Auch der Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit lag nicht in der Konstruktion, so dass auch unter diesem inhaltlichen Aspekt kein Konstruktionsbüro vorlag.

Nach dem Ökonomischen Lexikon der DDR sind unter einer Konstruktion der Entwurf und die Berechnung von Einzelteilen, Baugruppen und Erzeugnissen zu verstehen. Durch die Konstruktion werden die zu bauenden oder zu fertigenden Gegenstände gestaltet. Zu den "Konstruktionsunterlagen" gehören nach dem entsprechenden Lexikoneintrag die Gesamtheit der Unterlagen für zu bauende oder zu fertigende, für den Absatz oder die eigene Verwendung bestimmte Gegenstände, d. h. Entwürfe, Zeichnungen, Berechnungen und Stücklisten.

Unter Projektierung versteht man nach den Eintragungen im Wörterbuch der Ökonomie hingegen die Ausarbeitung und allseitige Abstimmung der zweckmäßigsten technischen, gestalterischen und ökonomischen Konzeption und Festlegung der Aufgaben zur Herstellung von Grundmitteln einschließlich des Realisierungsablaufs. Die Projektierung ist das Bindeglied zwischen der wissenschaftlich-technischen und ökonomischen Zielsetzung und der Bau- und Montagepraxis.

Die Unterschiedlichkeit von Konstruktion und Projektierung ergibt sich auch unmittelbar aus der Anordnung über die allgemeinen Bedingungen für Entwurfs- und Konstruktionsleistungen vom 1. Februar 1958 (GBl. II S. 14). In § 2 der Anlage 1 zu dieser Verordnung werden Konstruktionsleistungen von bautechnischen Projektierungen ausdrücklich unterschieden. Hieraus folgt, dass der Begriff der Projektierung weiter ist als der der Konstruktion und insbesondere die Projektierung die Konstruktion mit umfasst (vgl. § 2 des Statuts der VEB Zentrale Projektierungsbüros der Leichtindustrie, Anlage zu der Anordnung über das Statut der VEB Zentrale Projektierungsbüros im Bereich des Ministeriums für Leichtindustrie GBl. II 1956, S. 57).

Zwar zählte zu dem Aufgabenbereich des VEB BIK auch das Anfertigen von Konstruktionszeichnungen und statischen Berechnungen. Die Tätigkeit des VEB BIK ging aber deutlich darüber hinaus, da auch Baukoordinierung, Projektierungsleistungen sowie wissenschaftlich-technische Leistungen, die mit der Ausarbeitung von Dokumentationen bzw. Lizenzvergaben verbunden waren, ausgeführt wurden. Herr Höche erwähnt in seinen Ausführungen vom 30. Januar 2005 Konstruktionsleistungen überhaupt nicht als Tätigkeitsbereich des VEB BIK und nennt Projektierungsleistungen nur als einen Punkt unter mehreren. Projektierungsleistungen sind jedoch umfassender als Konstruktionsleistungen. Insbesondere die Organisation der Leistungserbringung einschließlich der Überwachung der Fremdfirmen kann bei der Feststellung der wirtschaftlichen Tätigkeit des VEB BIK nicht vernachlässigt werden, wie der Vergleich mit dem Unternehmen Hochtief durch Herrn Höche plastisch zeigt.

Zudem nennt das Statut des VEB BIK in § 3 und § 4 bautechnische Projektierungsleistungen nur als einen Punkt unter mehreren, wobei bautechnische Projektierungsleistungen wie dargelegt mehr umfassen als nur die Konstruktion.

Für einen Projektierungsbetrieb (und gegen ein Konstruktionsbüro) spricht schließlich auch, dass der VEB BIK der Wirtschaftsgruppe 63350 (Bautechnische Projektierungsbetriebe) zugeordnet war. Diese galt für Projektierungs- und Entwicklungsorganisationen für alle Arbeiten des Bauwesens. Nach den Eintragungen im Ökonomischen Lexikon unter dem Stichwort Projektierungsbetrieb handelte es sich hierbei um einen volkseigenen Spezialbetrieb, der hauptsächlich bautechnische Unterlagen für Investitionsprojekte ausarbeitete. Dabei hätten diese eng mit Bau- und Montagebetrieben zusammenzuarbeiten und die besten funktionellen Konstruktionen und technologischen Lösungen bei geringstem Aufwand zu gewährleisten und die maximale Anwendung von Typen und Standards vorzusehen. Dies passt gut zu den oben dargestellten Aufgaben des Betriebes, wobei die Tätigkeit des VEB BIK darüber noch deutlich hinausging.

Auf die von der Beklagten im Berufungsverfahren aufgeworfene Frage, inwieweit der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 nur noch eine "leere Hülle" gewesen ist, kommt es hiernach nicht an.

Ob die sog. Stichtagsregelung (30. Juni 1990) in der Rechtsprechung des BSG gegen Art. 3 GG verstößt, muss offen bleiben, da das Gericht diese Stichtagsregelung nur im Rahmen der Frage einer etwaigen Revisionszulassung wegen einer entscheidungserheblichen Abweichung von der Rechtsprechung des BSG anwendet. Nach Auffassung des Senats (s. o. unter I.) scheitert der Anspruch des Klägers bereits daran, dass er keine schriftliche Versorgungszusage erhalten hat.

Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz möglicherweise festgestellt hat. Darauf kann sich der Kläger selbst bei gleicher Sachlage nicht berufen. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher (rechtswidriger) Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die deutsche Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77BVerfGE 50, 142, 166).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.
Rechtskraft
Aus
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