L 1 KR 352/09 B

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 191/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 352/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Über Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes durch einen Kammervorsitzenden am Sozialgericht entscheidet ein Mitglied des Senats als Einzelrichter im Sinne des § 66 Abs. 6 GKG.
Unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 12. November 2009 wird der Streitwert auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Streitwertes streitig.

Der Kläger betreibt ein Sanitätshaus und ist Leistungserbringer nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Er gehört der Abteilung C. der Sanitätshaus D. AG an. Diese hat für die von ihr vertretenen Leistungserbinger aus dem Bereich des Sanitätshaus- und Gesundheitsfachhandels im Jahre 2005 einen Rahmenvertrag mit der Beklagten über die Versorgung der anspruchsberechtigten Versicherten mit Hilfsmitteln abgeschlossen. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 kündigte die Beklagte dem Kläger zum 31. März 2008. Gegenüber den weiteren Vertragspartnern bestand der Vertrag zunächst fort.

Gegen die Kündigung hat der Kläger am 11. Juni 2008 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 13. Juni 2008 hat das Sozialgericht Kassel den Streitwert vorläufig auf 75.000,- EUR festgesetzt. Der Kläger habe auf einen Jahresumsatz in Höhe von 50.000,- EUR verwiesen, was einem 3-fachen Jahresumsatz in Höhe von 150.000,- EUR entspreche. Hiervon seien geschätzte Unkosten von 50 % abzusetzen, so dass ein Streitwert in Höhe von 75.000, EUR festzusetzen sei.

Mit Schreiben vom 5. September 2008 hat der Kläger eine Bescheinigung der Steuerkanzlei E. vom 25. Juni 2008 übersandt, wonach im Jahr 2007 der Umsatz "Barmer Rehamittel" des Klägers 34.970,59 EUR betragen habe.

Am 12. Mai 2009 hat die Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben und die Kündigung zurückgenommen, nachdem der Rahmenvertrag mit der C. zwischenzeitlich insgesamt zum 30. Juni 2009 beendet worden war. Zudem hat die Beklagte sich bereit erklärt, die Kosten des Rechtsstreits dem Grunde nach zu übernehmen.

Das Sozialgericht hat den Beteiligten unter dem 12. Mai 2009 mitgeteilt, dass es beabsichtige, den endgültigen Streitwert auf 52.455,- EUR festzusetzen. Die Kündigung des Vertrages zum 30. Juni 2009 sei für die Höhe des Streitwertes unbeachtlich. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, zu welchem der Vertrag noch unbefristet fortbestanden habe. Zudem sei das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Bestand des Vertrages maßgeblich. Dieser stelle die Rechtsgrundlage jedweder Versorgung für ihn im Rehabilitationsbereich dar. Dieses Interesse stehe für sich und unabhängig von der Frage, was jenseits des Vertrages abrechenbar gewesen sei. Das Interesse am Bestand des Vertrages bezeichne einen fixen Gegenstandswert, den das Sozialgericht zutreffend unter Bezugnahme auf ähnlich gelagerte Entscheidungen des Hessischen Landessozialgerichts vorläufig festgesetzt habe.

Die Beklagte hat hingegen angeführt, dass der Kläger auch ohne Vertragsverhältnis weiter zur Versorgung der Versicherten der Beklagten gemäß § 126 Abs. 2 SGB V berechtigt geblieben sei. Dem Kläger sei durch die Kündigung lediglich der Vorteil eines vertraglich geregelten Abrechnungsverfahrens sowie vorab geregelter Preise entgangen. Nach ihren internen Überprüfungen bezüglich der abgelehnten Versorgungen im Jahre 2008 habe sich kein signifikanter Unterschied zu den Zeiträumen vor Kündigung des Vertrages ergeben. Damit biete der Jahresumsatz vorliegend keine Anhaltspunkte für die Bemessung des Streitwertes. Jedenfalls aber seien nicht lediglich 50 %, sondern mindestens 80 % des Umsatzes als Unkosten anzusetzen.

Mit Beschluss vom 12. November 2009 hat das Sozialgericht Kassel den Streitwert auf 17.485,30 EUR festgesetzt. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers habe in der weiteren Sicherung und Erlangung einer Leistungserbringung gegenüber den Versicherten der Beklagten konkret auf der Grundlage des Rahmenvertrages gelegen. Ist der Abschluss oder auch die Fortgeltung eines unbefristeten Versorgungsvertrages im Streit, sei als Streitwert der 3-fache Jahresumsatz zu Grunde zu legen, der durch die Kündigung oder dessen Nichtverlängerung mutmaßlich verloren gehe. Abzustellen sei insoweit allein auf die jeweils vertraglich vereinbarten Leistungen. Vorliegend sei der maßgebliche Zeitraum die Zeit vom 11. Juni 2008 bis 30. Juni 2009. Dies folge aus dem Anerkenntnis der Beklagten. Der Jahresumsatz des Klägers im Bereich "Barmer Rehamittel" belaufe sich ausweislich der Bescheinigung seines Steuerberaters auf 34.970,59 EUR. Von diesem Betrag seien geschätzte Unkosten in Höhe von 50 % abzusetzen.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 17. November 2009 zugegangenen Beschluss am 7. Dezember 2009 Beschwerde eingelegt. Der Jahresumsatz biete vorliegend keine Anhaltspunkte für die Bemessung des Streitwertes. Der vom Sozialgericht zitierten Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. September 2005 (L 14 P 1300/00) liege ein anderer Sachverhalt zugrunde, denn der dortigen Klägerin sei mit sofortiger Wirkung die Ausübung ihres Pflegedienstes durch fristlose Kündigung untersagt worden. Da der Jahresumsatz keine Anhaltspunkte für die Bemessung des Streitwertes biete, sei der Regelstreitwert festzusetzen. Aber selbst bei anderer Bewertung sei der Streitwert nicht zutreffend festgesetzt worden, da ohne Nachweis konkreter Betriebsausgaben lediglich eine Umsatzrendite in Höhe von 20 % als angemessen anzusehen sei.

Der Kläger hat am 17. März 2010 unselbstständige Anschlussbeschwerde eingelegt.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 12. November 2009 den Streitwert auf 5.000,- EUR festzusetzen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 12. November 2009 den Streitwert aufgrund des zu schätzenden 3 fachen Jahresumsatzes ohne Abzug von Unkosten festzusetzen.

Der Kläger vertritt die Auffassung, der Streitwert sei nach dem geschätzten Jahresumsatz zu bestimmen. Grundsätzlich sei dabei ein Zeitraum von 3 Jahren maßgeblich. Die Anschlussbeschwerde sei zulässig, da der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Erhöhung des Streitwertes nachweisen könne. Denn er sei von einer niedrigeren Streitwertfestsetzung beschwert, da er mit seinem Bevollmächtigten eine höhere als die gesetzliche Vergütung im Wege eines Stundenhonorars vereinbart habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten im Beschwerdeverfahren sowie im Klageverfahren, die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.

Zwar behält § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter vor, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Gleichwohl entscheidet im vorliegenden Fall der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (§ 33 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 3 GKG), weil die als Einzelrichterin zuständige Berichterstatterin das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen hat (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).

§ 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 S. 1 GKG ist im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. April 2009 - L 10 B 42/08 P - und Beschluss vom 30. April 2008 - L 16 B 5/07 R; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Dezember 2008, L 10 R 5747/08 W-B; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9. Juni 2008 - L 1 B 351/07 KR; Thüringer LSG, Beschluss vom 16. Februar 2007 L 6 B 141/06 SF; Hessisches LSG, Beschluss vom 16. Oktober 2009 - L 4 KA 61/09 B; für die verwaltungsgerichtlichen Verfahren s. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 25. Januar 2006 - 10 KSt 5/05; s.a. Petershagen, Die Besetzung von Kollegialgerichten nach den Zuständigkeitsregelungen des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, JurBüro 2009 S. 64 ff.; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2010 - L 22 R 963/09 B - und Beschluss vom 14. Mai 2009 - L 24 KR 33/09 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Dezember 2009 - L 11 B 7/09 KA; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. April 2009 - L 5 B 451/08 KA).

Nach diesen Vorschriften entscheidet das Beschwerdegericht über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr festgesetzt worden ist, durch eines seiner Mitglieder, soweit die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder Rechtspfleger erlassen wurde. Unter diesen Voraussetzungen normiert das GKG die Entscheidungszuständigkeit für ein einzelnes Mitglied des Beschwerdegerichts, das als Einzelrichter entscheidet. Nach seinem Wortlaut handelt es sich bei § 66 Abs. 6 S. 1 GKG um eine Spezialzuweisung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2006, 10 KSt 5/05; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Juni 2006 9 S 1148/06; Sächsisches LSG, a.a.O.). Der gesetzliche Einzelrichter wird damit ausdrücklich angeordnet. Einzelrichter im Sinne dieser Vorschrift ist dabei jedes einzelne Mitglied des Gerichts, welches über die Erinnerung entscheidet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Juni 2006 – 9 S 1148/06).

Das Sozialgerichtsgesetz, das in § 197 a Abs. 1 die Anwendung des GKG regelt, enthält insoweit keine abweichende Regelung. Zwar findet im SGG der Terminus "Einzelrichter" keine Verwendung. Entscheidungen durch einen einzelnen Richter (im vorbereitenden Verfahren gemäß § 155 Abs. 2 und 4 SGG, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst gemäß § 155 Abs. 3 SGG) sieht es jedoch ausdrücklich vor. Unabhängig davon, ob es sich hierbei um Einzelrichterentscheidungen im rechtstechnischen Sinne handelt, sind damit Entscheidungen durch einen einzelnen Richter außerhalb der sonst vorgesehenen Senatsbesetzung mit drei Berufsrichtern (§ 33 SGG) - in der Hauptsache und auch bei Nebenentscheidungen – im SGG geregelt; dies umfasst gemäß § 155 Abs. 2 Nr. 4 SGG auch Entscheidungen über den Streitwert im vorbereitenden Verfahren. Bei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerten Verfahren kann zur Straffung und Beschleunigung des Verfahrens auf den Diskurs innerhalb des Senatskollegiums verzichtet werden. Die Entscheidungskompetenz kann darüber hinaus gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG im Einverständnis der Beteiligten auch in sonstigen Verfahren auf den Vorsitzenden bzw. Berichterstatter verlagert werden. Auch dem Vorsitzenden einer Kammer beim Sozialgericht ist in einfach gelagerten Fällen gestattet, ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden (§ 105 Abs. 1 SGG, § 12 Abs. 1 SGG). Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken ehrenamtliche Richter ohnehin nicht mit (§ 12 Abs. 1 SGG). Der in § 66 Abs. 6 S. 1 GKG mit der Übertragung der Streitentscheidung über die Erinnerung oder die Beschwerde an den Einzelrichter angestrebte Beschleunigungseffekt kann somit auch in sozialgerichtlichen Verfahren erreicht werden (vgl. BVerwG, a.a.O., zu der mit § 155 SGG vergleichbaren Regelungen in § 87a VwGO).

Einzelrichter im Sinne des § 66 Abs. 6 S. 1 GKG ist damit nicht nur das in der jeweiligen Prozessordnung als "Einzelrichter" bezeichnete Mitglied eines Kollegialgerichts, sondern jedes Mitglied eines aus mehreren Richtern zusammengesetzten Spruchkörpers, das befugt ist, an dessen Stelle zu entscheiden (vgl. Sächsisches LSG, a.a.O. m.w.N.). Insofern sind auch Entscheidungen des Kammervorsitzenden erster Instanz als Einzelrichterentscheidung im Sinne des § 66 Abs. 6 S. 1 GKG anzusehen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. April 2009, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Sächsisches LSG, a.a.O.).

Für diese Auslegung spricht auch der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Es soll eine Vereinfachung und Straffung des kostenrechtlichen Verfahrens erfolgen. Die Regelung soll zu einer Entlastung der Rechtspflege beitragen und dabei die Akzeptanz der auf die Beschwerde ergehenden Entscheidung durch die Betroffenen sicherstellen, indem Entscheidungen eines Kollegialgerichts auch nur durch ein anderes Kollegialgericht korrigiert werden können (BT-Drucks. 15/1971, S. 157/158). Dies lässt den Umkehrschluss zu, dass dann, wenn in erster Instanz ein einzelner Richter die Entscheidung getroffen hat, dies auch im Rechtsmittelzug gelten soll (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. April 2009, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, a.a.O.).

Im Verfahren der Streitwertbeschwerde ist der Berichterstatter mithin als Einzelrichter im Sinne des § 68 Abs. 1 S. 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG zur Entscheidung berufen, wenn die Streitwertentscheidung im erstinstanzlichen Verfahren - wie hier - durch den zuständigen Kammervorsitzenden getroffen worden ist.

Soweit hingegen unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte des § 66 Abs. 6 GKG und dem Argument, diese Vorschrift sei dem § 568 ZPO nachgebildet, angeführt wird, dass die mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter möglichen Beschleunigungseffekte nur bei den Gerichten genutzt werden soll, bei denen eine Entscheidung durch Einzelrichter institutionell vorgesehen sei (vgl. hierzu BT-Drucks., a.a.O., S. 157; BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - V ZR 218/04; BFH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - X E 1/05 - und Beschluss vom 29. September 2005 - IV E 5/05), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch steht dem Umstand, dass das SGG eine Übertragung der Entscheidung auf einen Einzelrichter wie in § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 348 ZPO (originärer Einzelrichter) und § 348a ZPO (obligatorische Einzelrichter) nicht kennt (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, München 2008, § 155, Rn. 3; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. April 2009, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg a.a.0.) der unmittelbaren Anwendung des § 66 Abs. 6 S. 1 GKG nicht entgegen.

Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig.

Dies gilt auch für die Beschwerde des Klägers, die als unselbstständige Anschlussbeschwerde entsprechend § 567 Abs. 3 ZPO bis zur Entscheidung über die Beschwerde zulässig ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Vor § 172 Rn. 4a). Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass einem Beteiligten, der eine Erhöhung des festgesetzten Streitwerts erstrebt, regelmäßig kein schutzwürdiges Interesse zuzubilligen ist. Denn dies gilt nicht, wenn der im Verfahren kostenerstattungsberechtigte Beteiligte mit seinem Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung geschlossen hat, aus der für den Beteiligten Verbindlichkeiten entstanden sind, die durch eine Erstattung von auf der Grundlage des festgesetzten Streitwerts berechneten Rechtsanwaltsgebühren nicht gedeckt werden können (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Juni 2002 – 10 S 2551/01; Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. Mai 1996 – 2 C 96.526; Sächsisches OVG, Beschluss vom 7. Januar 2004 – 1 E 179/03). Der Kläger hat mit seinem Prozessbevollmächtigten ein Stundenhonorar vereinbart. Die Vergütung übersteigt nach dem Vortrag des Klägers die anhand des vom Sozialgericht festgesetzten Streitwertes zu berechnende Vergütung erheblich.

Die Beschwerde der Beklagten ist begründet, die Anschlussbeschwerde des Klägers unbegründet.

Als Streitwert war gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Regelstreitwert festzusetzen. Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Hiernach ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist der Auffangstreitwert von 5.000,- EUR anzunehmen, § 52 Abs. 2 GKG.

Dies ist vorliegend der Fall. Durch die Kündigung des Vertrages, deren Rechtmäßigkeit Gegenstand des zugrunde liegenden Verfahrens vor dem Sozialgericht Kassel war, wurde dem Kläger nicht die Berechtigung zur Versorgung der Versicherten der Beklagten entzogen. Zwar dürfen gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V Hilfsmittel an Versicherte nur auf Grundlage von Verträgen nach § 127 SGB V abgegeben werden. Der Kläger blieb jedoch trotz der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung des Rahmenvertrages gemäß § 126 Abs. 2 SGB V weiterhin zur Versorgung der Versicherten der Beklagten berechtigt. Denn nach § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB V gelten für Leistungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulassung nach § 126 SGB V in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung verfügten, die Voraussetzungen nach § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V bis zum 30. Juni 2010 insoweit als erfüllt. Diese Leistungserbringer bleiben gemäß § 126 Abs. 2 Satz 3 SGB V abweichend von § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V bis zum 31. Dezember 2009 zur Versorgung der Versicherten berechtigt, soweit keine Ausschreibung nach § 127 Abs. 1 SGB V erfolgt. Der Kläger verfügte über die entsprechende Zulassung. Eine Ausschreibung war nicht erfolgt. Damit bewirkte die Kündigung des Rahmenvertrags keinen Ausschluss des Klägers von der Versorgung der Versicherten der Beklagten. Die entgangenen Vorteile, wie ein vertraglich geregeltes Abrechnungsverfahren und vorab geregelte Preise, bieten für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte. Auch sind sie keineswegs mit dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Versorgung der Versicherten der Beklagten mit Hilfsmitteln gleichzusetzen.

Damit unterscheidet sich die Sachlage maßgeblich von derjenigen, über welche der 14. Senat des Hessischen Landessozialgerichts mit Beschluss vom 26. September 2005 (L 14 P 1300/00) entschieden hat. Denn in diesem Verfahren war streitig, ob der Klägerin zu Unrecht mit sofortiger Wirkung die weitere Ausübung ihres Pflegedienstes durch außerordentliche fristlose Kündigung untersagt worden war. Insoweit erscheint eine Berechnung des Streitwertes nach dem durchschnittlichen Jahresumsatz als sachgerecht (gleiches gilt für Anträge auf Zulassung zur Versorgung, vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 29. April 2008 – L 1 B 207/08 KR-ER; Thüringer LSG, Beschluss vom 22. August 2008 – L 6 KR 324/08 ER).

Da vorliegend nicht der Widerruf der Zulassung zur Abgabe von Hilfsmitteln streitig war, kommt auch eine analoge Anwendung von § 50 Abs. 2 GKG (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – L 5 KR 97/06 W-A) nicht in Betracht.

Das Verfahren ist gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gebührenfrei. Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
Saved