L 9 U 843/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 2289/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 843/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. Februar 2003.

Der 1957 geborene Kläger, der bereits vor dem Unfall unter behandlungsbedürftigen Mittelfußbeschwerden links litt (Bericht des Orthopäden K. vom 1. Oktober 2001), ist als Außendienstmitarbeiter/Schulberater bei dem C.-V. beschäftigt. Während seiner Arbeitszeit ist er am 25. Februar 2003 gegen 10:00 Uhr beim Transport bzw. Verladen von Büchern am Bordstein abgerutscht, mit dem linken Fuß umgeknickt und auf das linke Knie gefallen. Umgehend danach (11:00 Uhr) suchte er den Orthopäden K. auf. Dieser erhob folgenden Befund: Druckschmerz und Schwellung linkes Knie mit Prellmarke lateral 5-markstückgroß, Knie frei beweglich, Umfang links 48 cm, rechts 45 cm, Punktion negativ; Druckschmerz und Schwellung am Vorfuß und Mittelfuß zusätzlich am Außenknöchel, Sprunggelenk frei beweglich und fertigte Röntgenaufnahmen an. Diese ergaben Folgendes: Linkes Knie in 3 Ebenen: Chondropathia mit Patellaverkantung und altem Knorpelschaden med. Femurgleitlager; Vorfuß und Mittelfuß in 2 Ebenen: Ausschluss einer Fraktur. Der Orthopäde K. diagnostizierte eine Mittelfußdistorsion und Knieprellung links mit Prellmarke infrapatellar lateral. Er legte einen Verband am Fuß an, verordnete Ibu KD 600 mg, Voltaren emulge sowie Eis und bescheinigte Arbeitsunfähigkeit ab 25. Februar 2003 (H-Arzt-Bericht vom 25. Februar 2003).

Die vom Orthopäden K. veranlasste kernspintomographische Untersuchung des linken Fußes im Seitenvergleich vom 9. April 2003 ergab nach der Beurteilung des Radiologen Dr. W. eine Fraktur nach lateral am Os cuneiforme mediale mit noch vorhandenem Ödem. Die Signalabschwächung im Bereich des Frakturspaltes sowohl beim lateralen Fragment als auch am Os cuneiforme sprachen für eine beginnende Pseudarthrose bzw. für eine "delate union" (Bericht der Gemeinschaftspraxis für bildgebenden Diagnostik Drs. K./W./Sch. vom 10. April 2003).

Wegen weiter bestehender Schmerzen und fehlenden Behandlungserfolgs stellte sich der Kläger nach Absprache mit der Beklagten am 15. und 17. April 2003 bei Prof. Dr. H., Klinikum Ludwigsburg vor. Dieser führte im Zwischenbericht vom 23. April 2003 aus, bei im Kernspin-tomogramm nachweisbarem Bruchspalt des Os cuneiforme mediale links habe die am 17. April 2003 durchgeführte Röntgenkontrolle des linken Fußes keinen abgrenzbaren Bruchspalt gezeigt. Es zeige sich eine Arthrose im Gelenk zwischen Os cuboideum und Os naviculare mit zystischen Umbauten. Die Fremdbilder des Orthopäden K. vom Unfalltag hätten die nur im MRT erkennbare Fraktur auch nicht gezeigt. Dem Kläger seien Gehstützen ausgehändigt worden.

Der Orthopäde K. teilte am 19. Mai 2003 der Beklagten mit, beim Röntgen des linken Mittelfußes am 6. Mai 2003 sei eine Dystrophie ausgeschlossen und eine mittelgradige Mittelfußarthrose festgestellt worden. Unter dem 30. Juni 2003 gab er an, der Kläger sei am 22. Mai 2003 aus der ambulanten Behandlung entlassen worden und ab 26. Mai 2003 arbeitsfähig. Eine ärztliche Behandlung sei nicht mehr erforderlich. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage nach vorläufiger Schätzung über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus weniger als 10 v.H.

Im DA-Bericht vom 22. September 2003 berichtete Prof. Dr. H., dass der Kläger vom Orthopäden K. bei anhaltenden Schmerzen im medialen Mittelfuß links, insbesondere bei Druckbelastung, erneut vorgestellt worden sei. Die vom Orthopäden K. am 16. September 2003 angefertigten Röntgenbilder zeigten eine zystische Auflockerung des distalen Os cuneiforme mediale sowie die vorbekannte Arthrose im Anschluss zur Basis des MT 1.

Am 25. September 2003 wurde eine erneute Kernspintomographie (Ergebnis: Rückbildung des Knochenödems im Os cuneiforme mediale bei arthrotischen Veränderungen und Begleitzysten) angefertigt. Auf Wunsch des Klägers erfolgte eine Überweisung in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, die hierüber in den Zwischenberichten vom 14., 22. und 27. Oktober 2003 berichtete.

Nachdem der Kläger am 5. November 2003 die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls beantragt hatte, beauftragte die Beklagte Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, mit der Erstellung eines Gutachtens. In dem zusammen mit Dr. St. erstatteten Gutachten vom 3. Februar 2004 führte er aus, der Kläger habe sich beim Unfall vom 25. Februar 2003 eine kleine knöcherne Verletzung im Bereich des körperfernen Anteils des Os cuneiforme mediale zugezogen. Diese sei initial bei technisch schlechter Qualität der Röntgenaufnahmen nicht erkennbar gewesen und habe sich erst in einer Kernspintomographie vom April 2003 herausgestellt. Die kernspintomographischen Aufnahmen sprächen für eine erlittene frische Verletzung. Eine Arthrose im Fußwurzelbereich habe dabei nicht festgestellt werden können. Der Befund beschreibe jedoch ein Ödem im Bereich des Os cuneiforme mediale mit Zeichen einer Knochenverletzung, die für eine frische Verletzung sprächen. Zystische Strukturen hätten die Aufnahmen vom 9. April 2003 nicht gezeigt. In der Kernspintomographie vom 25. September 2003 seien dagegen zystische Aufhellungsstrukturen und eine beginnende Arthrosebildung in Nachbarschaft der erlittenen knöchernen Verletzungen am Os cuneiforme mediale beschrieben und auch vom Radiologen seiner Klinik bestätigt worden. Bei der knöchernen Verletzung handele es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen frischen knöchernen Kapselausriss bzw. um einen Abscherbruch im Bereich des Knochens. Der Unfall habe aufgrund der knöchernen Verletzungen zu einer Arthrosebildung im Bereich des Gelenks zwischen Os cuneiforme mediale, dem Os cuneiforme intermedium und der Basis des zweiten Mittelfußknochens geführt. Die zystischen Veränderungen seien erstmals im September 2003 nachgewiesen worden und seien Zeichen einer Arthrose. Diese sei rechtlich wesentlich auf die erlittene Verletzung zurückzuführen und nicht auf die vorbestehenden Veränderungen durch einen unfallunabhängigen Senkspreizfuß. Die unfallbedingte MdE werde ab dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit mit 10 v.H. eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 24. März 2004 erkannte die Beklagte den Unfall vom 25. Februar 2003 als Arbeitsunfall an und lehnte die Gewährung einer Rente ab. Sie führte aus, als Folgen des Arbeitsunfalls bestünden beginnende degenerative Veränderungen (Arthrose) im Bereich des Keilbeines am linken Fuß nach knöcherner Verletzung des inneren Keilbeines links. Die Unfallfolgen bedingten lediglich eine MdE unter 20 v.H. über die 26. Woche hinaus. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2004 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 30. Juli 2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben, mit der er die Gewährung von Verletztenrente weiterverfolgt hat. Das SG hat Gutachten von Amts wegen sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholt.

Der Arzt für Orthopädie und Rheumatologie Dr. T. ist im Gutachten vom 6. Dezember 2004 zum Ergebnis gelangt, beim Kläger liege als Unfallfolge eine Verwerfung in der Gelenkfläche des Os cuneiforme mediale zu der Lateralseite hin mit geringer Sekundärarthrosenentwicklung vor, die zu belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich des linken Fußes mit entsprechender Minderbelastbarkeit führe. Daneben liege - unfallunabhängig - eine Periostreizung im Bereich des Os cuneiforme mediale vor, entsprechend einer Irritation des Sehnenansatzes des Tibialis posterior. Abzuwägen sei im vorliegenden Fall, ob die bestehenden Unfallfolgen mit einer mittelgradigen Arthrose und schmerzhaften Wackelsteife des unteren Sprunggelenks gleichzusetzen und damit mit einer MdE um 20 v.H. zu bewerten seien oder ob die Unfallfolgen einer geringen sekundärarthrotischen Veränderung im unteren Sprunggelenk nach Fersenbeinbruch mit geringfügig erniedrigten Tubergelenkwinkel entsprächen. Nach sorgfältiger Abwägung halte er aufgrund des klinischen und röntgenologischen Befundes auch unter Berücksichtigung der subjektiv angegebenen Belastungsbeschwerden derzeit eine unfallbedingte MdE um 10 v.H. für zutreffend, da die arthrotischen Veränderungen nur geringgradig ausgeprägt seien, eine wesentliche Fehlstellung des Fragmentteils des Os cuneiforme mediale, eine Funktionsstörung und eine wesentliche Kapselreizung im Bereich der Mittelfuß- und Fußwurzelregion nicht bestünden. Ein Teil der geklagten belastungsabhängigen Schmerzen sei auf die Kombination einer erheblichen Übergewichtigkeit mit dem bestehenden Senkspreizfuß und einer Periostreizung im Bereich des Ansatzes der Sehne des Musculus tibialis posterior zurückzuführen. Eine exakte Abgrenzung der einzelnen Schmerzursachen sei jedoch nicht möglich.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG Dr. A., Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie und Sozialmedizin, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 25. August 2005 ausgeführt, beim Kläger liege eine Funktionsstörung im Bereich des linken Fußes vor, die dem Ereignis vom 25. Februar 2003 zuzuordnen sei. Es bestünden eine Herabsetzung der Trage- und Belastungsfähigkeit des linken Beines, Gangstörungen, röntgenologische und schnittbildmorphologische Veränderungen sowie "ein dem traumatolo-gischen Sachstand nicht widersprechender unfallmedizinischer Erfahrungsstand". Die MdE schätze er ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit mit 20 v.H. ein. Die Begründung liege darin, dass eine Progredienz i. S. d. posttraumatischen Arthrose zweifelsfrei belegt sei; dies sei ein nicht aufzuhaltender Vorgang.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 21. September 2005 hat Dr. T. - nach Kenntnis des Gutachtens von Dr. A. - mit näherer Begründung an seiner Beurteilung festgehalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftliche Stellungnahme verwiesen.

Danach hat das SG den Chirurgen Dr. G. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Im Gutachten vom 2. Mai 2005 hat dieser unter Mitberücksichtigung von radiologischen Zusatzgutachten vom 12. Januar 2007 (Prof. Dr. St.) und 16. März 2007 (Radiologe W.) ausgeführt, laut Gutachten von Prof. Dr. St. habe eine Ödemzone im Os cuneiforme intermedium vorgelegen, wobei es sich nach dessen Einschätzung jedoch weder eindeutig um eine Fraktur noch um einen Bandausriss gehandelt habe. Die computertomographische Untersuchung des Radiologen W. lasse keine Rückschlüsse zu, dass im Frühjahr 2003 eine Fraktur oder ein knöcherner Bandausriss des Os cuneiforme intermedium aufgetreten sei. Es müsse somit davon ausgegangen werden, dass am 25. Februar 2003 wahrscheinlich überhaupt keine knöcherne Verletzung entstanden oder aber diese so geringfügig ausgeprägt gewesen sei, dass sie ohne jede bildtechnisch sichtbare Veränderung verheilt sei. Eine Bandverletzung komme auf den seinerzeit durchgeführten Kernspintomographien ebenfalls nicht zur Darstellung, eine Luxation könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Eine strukturelle Verletzung anlässlich des Unfalls vom 25. Februar 2003 lasse sich somit nicht beweisn. Als Erstschadensbild sei lediglich eine Verstauchung/Distorsion zu sichern. Die Beschwerden des Klägers beträfen einen Bereich, in dem computertomographisch Arthrosezeichen vorlägen. Dass diese Arthrose unfallbedingt entstanden sei, sei nicht zu sichern. Ohne Vorliegen einer strukturellen Verletzung könnten keine dauerhaften Folgen vorliegen, so dass die Beschwerden des Klägers nicht als unfallbedingt zu werten seien. Bei der im Dünnschicht-CT beschriebenen Arthrose zwischen cuneiforme I und ersten Mittelfußknochen müsse offen bleiben, ob diese unfallbedingt sei oder nicht. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche, dass eine strukturelle Verletzung nicht zu sichern sei und somit nur schwer erklärbar wäre, warum dann unfallbedingt eine solche Arthrose eintreten solle. Sollte das Gericht dennoch zur Auffassung gelangen, die beschriebene Arthrose sei unfallbedingt, so sei bei der MdE-Einschätzung zu berücksichtigen, dass unfallbedingte Verformungen oder Deformierungen an der Fußwurzel und am Mittelfuß nicht vorlägen. Die Fußstatik sei unverändert. Die MdE wäre dann mit 10 v.H. einzuschätzen. Die jetzt angegebene und objektivierbare Schmerzhaftigkeit im Bereich des linken Fußes sei nicht auf den Unfall vom 25. Februar 2003 zurückzuführen. Die Unfallfolgen bedingten eine MdE unter 10 v.H. Ergänzend hat Dr. G. unter dem 23. Mai und 11. Juni 2007 Stellung genommen und klargestellt, ausgehend von den bindend anerkannten Unfallfolgen betrage die MdE 10 v.H.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat Ausführungen des Klägers selbst zum Gutachten von Dr. G. sowie einen unvollständigen Auszug (zwei von fünf Seiten) des Gutachtens von Prof. Dr. H. vom 19. Dezember 2005, erstellt für die Allianz Versicherungs AG, vorgelegt. Darin ist Prof. Dr. H. zum Ergebnis gekommen, dass der Kläger am 25. Februar 2003 eine Distorsion des linken Fußes erlitten habe, bei der es zu einer knöchernen Verletzung am ersten Keilbein gekommen sei.

Mit Urteil vom 22. Oktober 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls vom 25. Februar 2003. Die Beklagte habe im Bescheid vom 24. März 2004 als Folgen des Arbeitsunfalls beginnende degenerative Veränderungen (Arthrose) im Bereich des Keilbeines am linken Fuß nach knöcherner Verletzung des inneren Keilbein links anerkannt. Weitere Gesundheitsstörungen hätten sich auch bei der Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht nachweisen lassen. Die Behauptung von Dr. A., es handle sich um eine fortgeschrittene Arthrose sei nicht nachvollziehbar. Da die Arthrose von der Beklagten als Unfallfolge anerkannt sei, seien auch die Ausführungen von Dr. G. unerheblich, dass diese nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt werden könne. Die von den Sachverständigen Dr. T. und Dr. G. geschätzte MdE um 10 v.H. sei für das SG unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur nachvollziehbar. Eine mittelgradige Arthrose sei nicht nachgewiesen. Soweit Dr. A. die MdE mit 20 v.H. bewerte, sei zu berücksichtigen, dass er von einer fortgeschrittenen Arthrose ausgehe. Eine höhere MdE lasse sich auch nicht daraus herleiten, dass der Kläger weiterhin unter Schmerzen im Mittelfußbereich leide. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 11. Januar 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Februar 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, das Gutachten von Dr. G. sei für eine adäquate Urteilsbildung unzureichend. Das SG gehe fälschlicherW. davon aus, dass die bei ihm auftretenden Schmerzen mit einer MdE um 10 v.H. hinreichend berücksichtigt seien. Dr. A. habe in seinem Gutachten zu Recht festgestellt, dass er unfallbedingt unter einer fortgeschrittenen Arthrose leide.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Oktober 2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergebe sich kein neuer Sachverhalt. Die vom Kläger geltend gemachten unfallbedingten Einschränkungen seien medizinisch ausreichend aufgeklärt. Die Schmerzzustände seien bereits im Klageverfahren berücksichtigt worden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. Februar 2003 hat.

Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung als Unfallfolgen bei der Bemessung der MdE ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und JURIS).

Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 (aaO Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall, der hier am 25. Februar 2003 eingetreten ist) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Grundsätzlich werden Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem erstens der Anspruch auf Verletztengeld endet oder zweitens der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist (§ 72 Abs. 1 SGB VII). Nach § 74 Abs. 2 SGB VII dürfen Renten nicht für die Zeit neu festgestellt werden, in der Verletztengeld zu zahlen ist oder ein Anspruch auf Verletztengeld wegen des Bezugs von Einkommen oder des Erhalts von Betriebs- und Haushaltshilfe oder wegen der Erfüllung der Voraussetzungen für den Erhalt von Betriebs- und Haushaltshilfe nicht besteht (§ 74 Abs. 2 SGB VII).

Gemessen daran hat der Kläger, der bis 25. Mai 2003 arbeitsunfähig war, keinen Anspruch auf Verletztenrente. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. W. vom 3. Februar 2004 sowie der im Klageverfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. T. vom 6. Dezember 2004 nebst ergänzenden Stellungnahme vom 21. September 2005 und Dr. G. vom 2. Mai 2007 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 23. Mai und 11. Juni 2007. Der hiervon abweichenden Beurteilung von Dr. A. im Gutachten vom 25. August 2005 vermochte sich der Senat - ebenso wie das SG - nicht anzuschließen.

Bei dem Arbeitsunfall vom 25. Februar 2003 hat der Kläger nachgewiesenermaßen eine Distorsion im Bereich der Fußwurzel bzw. des Mittelfußes links erlitten. Nicht nachgewiesen ist dagegen, dass der Kläger bei diesem Unfall auch eine Fraktur nach lateral am Os cuneiforme erlitten hat, wie Dr. W. am 10. April 2003 aufgrund der kernspintomographischen Untersuchung vom 9. April 2004 diagnostiziert hat, bei der er eine signalabgeschwächte Region als Fraktur gedeutet hat. Prof. Dr. St. hat im radiologischen Zusatzgutachten vom 12. Januar 2007 bei der Nachbefundung von Röntgen- und MRT-Bildern dargelegt, es stelle sich eine Knochenödemzone im Bereich des Gelenksspalts zwischen Os cuneiforme intermedium und Os cuneiforme mediale dar. Hier grenze sich eine ödematisierte Knochenstruktur mit dem Erscheinungsbild eines Ossikels ab. Es sei eine signalarme Linie zwischen diesem Ossikel und dem Os cuneiforme mediale erkennbar, die morphologisch eher einer fibrösen Koalition als einem Frakturspalt entspreche. Er gelangte zum Ergebnis, dass der Befund in diesem Bereich zu keinem Zeitpunkt typisch für eine frische Fraktur war. Bei der im MRT vom April 2003 nachgewiesenen Ödemzone mit signalarmer Linie handle es sich weder eindeutig um eine Fraktur noch um einen Bandausriss. Es könnte ein angeborenes oder erworbenes Ossikel oder eine ungewöhnliche fibröse Koalition vorliegen. Eine Klärung könne nur durch eine Computertomographie mit sehr hoher Auflösung erfolgen.

Die daraufhin vom Radiologen W. durchgeführte dünnschichtige Computertomographie von Fußwurzel und Mittelfuß links ließ keine Rückschlüsse zu, dass im Frühjahr 2003 eine Fraktur oder ein knöcherner Bandausriss des Os cuneiforme intermedium aufgetreten war, wie der Radiologen W. im Zusatzgutachten vom 16. März 2007 ausführt.

Aber selbst wenn man - wie von der Beklagten im Bescheid vom 24. März 2004 anerkannt - davon ausgeht, dass es beim Kläger zu einer knöchernen Verletzung des inneren Keilbeines und zu beginnenden degenerativen Veränderungen (Arthrose) in diesem Bereich gekommen ist, führen diese Unfallfolgen nicht zu einer rentenberechtigenden MdE um 20 v.H.

Denn selbst wenn eine knöcherne Verletzung entstanden war, ist sie ohne jede bildtechnisch sichtbare Veränderung verheilt, wie Dr. G. unter Berücksichtigung der radiologischen Zusatzgutachten vom 12. Januar und 16. März 2007 für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat. Verformungen oder Deformierungen an Fußwurzel und Mittelfuß liegen nicht vor. Die Fußstatik ist unverändert. Angesichts dessen überzeugen den Senat die übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. W., Dr. T. und Dr. G., dass die Arthrose und die damit verbundenen Beschwerden keine höhere MdE als 10 v.H. bedingen. Im Übrigen litt der adipöse Kläger bereits vor dem Unfall unter behandlungsbedürftigen Beschwerden im Bereich des linken Mittelfußes (Bericht des Orthopäden K. vom 1. Oktober 2001).

Der Beurteilung von Dr. A., der eine MdE um 20 v.H. annimmt, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Seine Begründung hierfür, dass eine Progredienz i. S. d. posttraumatischen Arthrose zweifellos belegt und kein aufzuhaltender Vorgang sei, ist nicht geeignet, seine MdE-Bewertung zu stützen. Entscheidend für eine MdE-Bewertung sind vielmehr Funktionseinschränkungen und der Ausprägungsgrad einer Arthrose. Demgemäß haben sowohl Dr. T. als auch Dr. G. sowie das SG auf die unfallmedizinische Literatur Bezug genommen und dargelegt, dass der beim Kläger bestehende Zustand nicht mit Unfallfolgen vergleichbar ist, die eine MdE um 20 v.H. bedingen.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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