Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3881/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2998/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin höhere Altersrente ab 09. November 1997 und ab 24. Oktober 1998 zusteht.
Die Klägerin ist am 1936 in W. in der früheren Sowjetunion geboren. Sie ist mit dem am 1930 geborenen F G verheiratet und Mutter von am 1957 und am 1962 in der früheren Sowjetunion geborenen Kindern. Seit 01. Februar 1991 bezog sie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Russischen Föderation. Die Klägerin reiste mit ihrem Ehemann von T. kommend am 09. November 1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zunächst nahm sie ihren Wohnsitz in K. (Mecklenburg-Vorpommern). Am 24. Oktober 1998 verzog sie nach F. (Baden-Württemberg). Die Klägerin und ihr Ehemann sind Spätaussiedler nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes (Bescheinigung des Landkreises B. D. vom 30. März 1998).
Am 17. Dezember 1997 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) mit gleichzeitigen Anträgen auf Kontenklärung und Feststellung von Kindererziehungszeiten unter Beifügung ihres Arbeitsbuchs Altersrente für Frauen. Mit Bescheid vom 14. Mai 1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 09. November 1997 Altersrente für Frauen in Höhe von monatlich (brutto) DM 704,25, abzüglich Beitragsanteile zur Krankenversicherung von DM 51,06 und zur Pflegeversicherung von DM 5,98 = netto DM 647,21 (seit 01. Juli 2009 netto EUR 378,18). Dabei ergaben sich bei der Rentenberechnung für die anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) vom 23. Februar 1956 bis 25. November 1993 Entgeltpunkte (Ost) von insgesamt 19,2179 (18,8825 Punkte für Beitragszeiten und 0,3354 Punkte für beitragsfreie Zeiten). Da die Summe der Entgeltpunkte der Altersrenten der Klägerin und ihres Ehemanns 44,2179 Entgeltpunkte betrug, begrenzte die Beklagte die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) der Klägerin auf 17,3847. Auch die Zeiten der Kindererziehung vom 01. Januar bis 31. Dezember 1958 und vom 01. August 1962 bis 31. Juli 1963 wurden dabei nach dem FRG bewertet.
Am 08. November 2001 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei im Oktober 1998 nach Baden-Württemberg umgezogen. Sie bat gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) um Überprüfung und Neufestsetzung der Rente nach "Westrentenmaßstäben". Auch seien die vorgenommenen Kürzungen zu überprüfen. Mit Bescheid vom 13. November 2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Rentenbescheids vom 14. Mai 1998 ab. Die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 09. November 1997 im Beitrittsgebiet genommen und sei Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes. Damit seien die von ihr im Herkunftsland (ehemalige Sowjetunion) zurückgelegten Zeiten nach dem FRG zu beurteilen. Nach Art. 6 § 4 Abs. 6 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) würden Entgeltpunkte (Ost) für Fremdrentenzeiten bei FRG-Berechtigten ermittelt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet genommen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erworben hätten. Ferner würden Entgeltpunkte (Ost) FRG-Berechtigte erhalten, die nach dem 31. Dezember 1990 in die alten Bundesländer verziehen und in den alten Bundesländern ab 01. Januar 1992 einen Anspruch auf eine FRG-Rente besitzen würden. Die Klägerin sei erst am 24. Oktober 1998 in die alten Bundesländer verzogen. Bei der Rentenberechnung seien Entgeltpunkte (Ost) ermittelt worden, die auch beim Umzug in die alten Bundesländer aufgrund des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG weiterhin Bestand hätten. Leistungen aus Zeiten nach dem FRG seien nach § 22 b FRG auf bestimmte Höchstbeträge zu begrenzen. Diese Vorschrift sei für Berechtigte anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 06. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genommen hätten. Nach § 22 b Abs. 1 FRG dürfe ein Berechtigter nicht mehr als 25 Entgeltpunkte für nach dem FRG anrechenbare Zeiten (Zeiten im Herkunftsland) erhalten. Der FRG-Anteil der einzelnen Rente dürfe 25 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Nach § 22 b Abs. 3 FRG dürfe ein Paar (Ehepaar bzw. in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Personen) nicht mehr als 40 Entgeltpunkte für FRG-Zeiten erhalten. Im Fall der Klägerin seien aus allen von ihr bisher geltend gemachten Zeiten 19,2179 persönliche Entgeltpunkte (Ost) berechnet worden. Für den Ehemann seien 29,1639 persönliche Entgeltpunkte (Ost) berechnet worden. Nach § 22 b Abs. 3 FRG sei die anteilige Kürzung der einzelnen Renten erfolgt, da die zulässige Höchstgrenze von 40 Entgeltpunkten überschritten worden sei. Damit seien bei ihr (der Klägerin) 17,3847 persönliche Entgeltpunkte (Ost) und bei ihrem Ehemann solche von 22,6153 der Rentenberechnung zugrundegelegt worden. Eine Neuberechnung sei nicht zu veranlassen. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG sei, zumindest insoweit, als bei Rentenempfängern auch nach dem Umzug in die alten Bundesländer die Rentenhöhe weiter nach den Entgeltpunkten (Ost) berechnet werde, nicht mit Art. 2 des Grundgesetzes (GG) vereinbar. Die Rentenberechnung nach Entgeltpunkten (Ost) habe lediglich dem Umstand Rechnung tragen sollen, dass das Preisniveau in den neuen Bundesländern niedriger gewesen sei und Rentenbezieher mit einem Wohnsitz in den neuen Bundesländern dementsprechend mit einer niedrigeren Rente auskommen könnten. Keineswegs habe aber damit das sich aus Art. 2 GG ergebende Recht auf freie Wahl des Wohnsitzes eingeschränkt werden sollen. Auch § 22 b Abs. 1 und 3 FRG dürften nicht mit Art. 14 GG vereinbar sein. Mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 30. August 2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Darin wurde auf die Begründung des Bescheids vom 13. November 2001 verwiesen.
Deswegen erhob die Klägerin am 01. Oktober 2002 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG), die zunächst unter dem Aktenzeichen S 11 RJ 2820/02 geführt wurde. Mit Beschluss vom 20. Mai 2003 wurde im Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Klageverfahrens angeordnet. Am 04. November 2004 rief die Klägerin das Klageverfahren wieder an; es wurde nun unter dem Aktenzeichen S 12 RJ 3881/04 geführt. Da im Falle von Russlanddeutschen von einer eventuellen Vertriebeneneigenschaft auszugehen sei, sei eine Grundsatzentscheidung notwendig. Die Kürzung ihrer Rentenansprüche verstoße einerseits gegen Art. 3 GG. Andererseits habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass die von ihr (der Klägerin) geltend gemachten Kindererziehungszeiten sowie die Ersatzzeiten als "Kriegsgefangene" und "Heimkehrerin" nicht Zeiten nach dem FRG seien. Auch Personen, die dem Vertriebenenrecht unterlägen, seien Deutsche im Sinne des GG. Weder die Kindererziehungszeiten noch die Ersatzzeiten sowie andere ähnliche Zeiten ergäben sich aus dem FRG, sodass diese nicht unter die "Deckelungsklausel" des FRG fallen würden. Die Kindererziehungszeiten, die von der Beklagten anerkannt worden seien, beruhten auf dem Gedanken, dass Vertriebene, zu denen Spätaussiedler gehörten, aufgrund ihres besonderen Vertreibungsschicksals nach der Aufnahme Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG im rechtlichen Sinne geworden seien und davor aufgrund der Verschleppung bzw. Vertreibung ein Sonderopfer erbracht hätten. Insoweit sei es gerechtfertigt, sie mit den deutschen Staatsangehörigen, die ein solches Schicksal nicht gehabt hätten, gleichzustellen. Die Erziehung der Kinder "im Ausland" sei bei Vertriebenen, deren Versicherungsleben so betrachtet werde, als ob es in der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden habe, nicht nach dem FRG zu berücksichtigen. Hinsichtlich der weiteren Zeiten stehe eindeutig fest, dass Vertreibungszeiten bzw. Ersatzzeiten als Kriegsgefangener, Heimkehrer oder wegen der Verschleppung, für die früher eine Heimkehrerbescheinigung bzw. nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt worden sei, vorlägen. Der Gesetzgeber habe diese Bescheinigung abgeschafft, jedoch klargestellt, dass die Zeiten, die nach diesen Gesetzen anzuerkennen seien, im rentenrechtlichen Verfahren auch anerkannt werden müssten. Die Deckelung, die bereits an sich verfassungswidrig sei, was durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) noch nicht geklärt worden sei, könne nicht auf Zeiten ausgedehnt werden, die von allen Versicherten unabhängig davon, wo sie ihre Beiträge entrichtet hätten, in Anspruch genommen würden. Dieses verstoße gegen Art. 3 GG, denn es stelle eine willkürliche Diskriminierung dar. Nachdem die Rentenbeträge, die zur Auszahlung kämen, aufgrund des Umlageprinzips von der arbeitenden Generation gezahlt würden, könne auch das Argument nicht gelten, dass durch die Erziehung der Kinder im Ausland das Rentensystem nicht profitiere. Unter Berücksichtigung des Umlageprinzips profitiere die Rentenversicherung im Fall der Spätaussiedler doppelt, was die Diskriminierung noch mehr hervorhebe. Ihre (der Klägerin) Kinder, die sich im Arbeitsleben befänden, würden volle Beiträge in die Rentenkasse einzahlen. Die Entgeltpunkte, die sich aus diesen Zeiten ergäben, seien auch dann anzurechnen, wenn sich aus Beitrags- bzw. beitragsähnlichen Zeiten bereits Entgeltpunkte ergäben, die die Grenze des Betrags von 25 Entgeltpunkten überschreiten würden. Im Übrigen sei im Falle von Russlanddeutschen, die ein besonderes Vertreibungsschicksal erlitten hätten, auch die Deckelung auf 25 bzw. 40 Entgeltpunkte verfassungswidrig. Fehlerhaft sei die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach ein "Systemwechsel" gegeben sei. Dieser lasse sich aus dem Gesetz nicht begründen. Es verstoße insoweit gegen Art. 3 GG, einen Teil in Personen, die in das Rentensystem einbezogen würden, dadurch zu diskriminieren, dass ihre fiktiven Beiträge nicht voll anerkannt würden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die angegriffenen Bescheide. Die Zeiten der Kindererziehung seien in der Rentenberechnung nach dem FRG zu berücksichtigen gewesen. Inwiefern Vertreibungszeiten bzw. Ersatzzeiten als Kriegsgefangene, Heimkehrer sowie wegen der Verschleppung vorliegen könnten, sei nicht ersichtlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 09. Mai 2007 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe weder das Recht unrichtig angewandt, noch sei sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Insbesondere seien die persönlichen Entgeltpunkte, die der Rentengewährung zugrundegelegt worden seien, korrekt ermittelt worden. Nach § 22 b Abs. 1 und 3 FRG würden für anrechenbare Zeiten nach jenem Gesetz für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrundegelegt. Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach § 22 b FRG zu beurteilen seien, würden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrundegelegt. Diese würden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stünden, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten. Die Beklagte habe für die Klägerin 19,2179 Entgeltpunkte ermittelt, für ihren Ehemann 29,1638 Entgeltpunkte. Nach § 22 b Abs. 3 FRG habe die Beklagte die Entgeltpunkte für die Klägerin auf 17,3847 und für ihren Ehemann auf 22,6153 begrenzt. Diese Begrenzung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die Begrenzungsregelungen seien auch nicht verfassungswidrig, wie der 5. und 13. Senat des BSG entschieden hätten. Die Beklagte habe auch zu Recht nach dem Umzug der Klägerin von Mecklenburg-Vorpommern nach Baden-Württemberg deren Rente weiterhin auf der Grundlage der Entgeltpunkte (Ost) berechnet und nicht auf Entgeltpunkte (West) umgestellt. Die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 3 FANG verstoße insoweit nicht gegen das Grundrecht der Freizügigkeit. Die Klägerin könne auch nicht die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 56 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) verlangen. Die grundsätzliche Gleichstellung der Kindererziehung durch Deutsche nach Art. 116 Abs. 1 GG, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden habe, mit der Kindererziehung nach § 56 SGB VI sei im Gesetz nicht vorgesehen. Da es die Möglichkeit der Berücksichtigung im Rahmen des § 28 b FRG gebe, sei darin keine ungerechtfertigte Benachteiligung von Deutschen nach Art. 116 Abs. 1 GG, die erst nach Abschluss der Kindererziehung in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln würden, zu erblicken. Soweit die Klägerin ferner geltend mache, es seien Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI anzuerkennen, weil sie Kriegsgefangene bzw. Heimkehrerin sei, lägen die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Es sei weder nachgewiesen noch aus den Umständen ersichtlich, dass die Klägerin von der Vollendung ihres 14. Lebensjahres am 14. Januar 1950 an bis zum Beginn ihrer Altersrente in der Russischen Föderation am 01. Februar 1991 die Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 oder Nr. 6 SGB VI erfüllt habe. Der Gerichtsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 11. Mai 2007 zugestellt.
Am 11. Juni 2007 hat die Klägerin gegen den Gerichtsbescheid mit Fernkopie Berufung beim SG zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie berufe sich weiterhin auf die Verfassungswidrigkeit des § 22 b FRG und der Begrenzung der Entgeltpunkte, die aus Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG erworben worden seien, bei Ehegatten auf insgesamt 40 Entgeltpunkte. Die Vorschriften des Bundesvertriebenengesetzes seien bisher nicht ausreichend durch die Gerichte berücksichtigt worden. Danach handle es sich bei Spätaussiedlern um Nachzügler der Vertreibung, und zwar um Personen, die als deutsche Volkszugehörige außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland in einem "Zustand der Vertreibung" verblieben seien. Dieser Personenkreis gelte als betroffen von den Folgen des Zweiten Weltkriegs und habe das gleiche Schicksal wie alle anderen Vertriebenen gehabt. Bei dem FRG gehe es, wie § 14 FRG belege, nicht um "verkappte Eingliederungsleistungen", sondern um Rentenversicherung. Die nach dem FRG berechtigten Personen hätten einen Beitrag in die Rentenversicherungssysteme der Herkunftsländer geleistet. Sie hätten als Vertriebene und Flüchtlinge ein Sonderopfer gegenüber den anderen Teilen des deutschen Staatsvolkes nach Art. 116 Abs. 1 GG erbracht. Dieser Personenkreis könne nicht aus dem Rentensystem herausgenommen werden. Bei Vertriebenen, Flüchtlingen, Aussiedlern und Spätaussiedlern sei es nicht möglich gewesen, dass diese den Einreisezeitpunkt in die Bundesrepublik Deutschland nach eigenem Willen hätten festlegen können. Die deutschen Volkszugehörigen und Staatsangehörigen in der ehemaligen Sowjetunion seien ausschließlich deswegen, weil sie deutsche Volkszugehörige gewesen seien, stellvertretend für die Verbrechen des Deutschen Reichs in Haftung genommen worden. Sie hätten damit nicht daran mitwirken können, den Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu bestimmen. Es sei daher willkürlich und verstoße gegen Art. 3 GG, wenn allein aus Zeitgründen die Leistung niedriger angesetzt werde. Die willkürliche Begrenzung der Entgeltpunkte auf 40 bei Ehegatten verstoße ebenfalls gegen Art. 2, 3 und 6 GG in Verbindung mit den Prinzipien des Rechtsstaats. Es sei auch verfassungswidrig, dass der Umzug eines Spätaussiedlers, der deutscher Staatsangehöriger sei, dadurch ausgeschlossen werde, dass bei ihm die Rente beim Umzug in die alten Bundesländer nicht neu berechnet werde. Die Differenzierung zwischen den Vertriebenen der ersten Stunde und den Spätaussiedlern sei nicht zulässig. Unabhängig vom Streit um die Kürzung der Rentenbeiträge bzw. der Entgeltpunkte sei ab dem Zeitpunkt, ab dem eine Rente bewilligt worden sei, eine Differenzierung nicht mehr rechtens. Gleiches gelte für die Kindererziehungszeiten. Der Gesetzgeber habe die Erziehung der Kinder im Ausland bei Vertriebenen und Spätaussiedlern mit der Erziehung der Kinder im Inland gleichgesetzt. Das Interesse des Gesetzgebers, Kinderreichtum zu erzeugen, sei damit schützenswert. Kindererziehungszeiten seien in der Bewertung nach den allgemeinen Vorschriften (§ 14 FRG) zu beurteilen. Hinsichtlich der Ersatzzeiten falle sie (die Klägerin) unter die Regelungen des Heimkehrergesetzes. Nach diesen Regelungen und aufgrund des von ihr (der Klägerin) nachgewiesenen Lebenslaufs stehe fest, dass sie durch Maßnahmen bis zum 30. Juni 1945 zunächst umgesiedelt bzw. verschleppt worden sei. Danach sei sie durch die kommunistischen Behörden an der Rückkehr gehindert worden. Die Verzögerung der Ausreise beruhe ausschließlich auf Maßnahmen, für die sie (die Klägerin) nichts könne. Durch die Vorlage der Spätaussiedlerbescheinigung habe sie diese Tatbestände auch nachgewiesen. Ihre Vertriebenenakten seien beizuziehen. Die Klägerin hat auch ein Hinweisschreiben des Vorsitzenden Richters des 7. Senats des LSG vom 27. Mai 2010 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Mai 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 14. Mai 1998 ihr ab 09. November 1997 und ab 24. Oktober 1998 höhere Altersrente für Frauen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der Akte des SG S 11 RJ 2820/02 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 1998, mit dem diese der Klägerin ab 09. November 1997 (nach den Vorschriften des FRG berechnet) Altersrente für Frauen gewährt hat, ist hinsichtlich der Rentenberechnung sowohl ab 09. November 1997 als auch ab 24. Oktober 1998 nicht zu beanstanden, wie das SG zutreffend entschieden hat. Der Bescheid der Beklagten vom 13. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2002, mit dem die Beklagte die Gewährung höherer Altersrente unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 14. Mai 1998 ab 09. November 1997, aber auch ab 24. Oktober 1998 abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1. Verfahrensrechtliche Grundlage des geltend gemachten Überprüfungsanspruchs für die Zeit ab 09. November 1997 ist § 44 SGB X. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Bei der Rentenberechnung ab 09. November 1997 mit Bescheid vom 14. Mai 1998 hat die Beklagte das Recht nicht unrichtig angewandt; sie ist auch bei der Bestimmung der Entgeltpunkte für die Rentenberechnung (17,3847) auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Die Klägerin gehört als anerkannte Spätaussiedlerin nach § 1 Buchst. a FRG zu dem Personenkreis, auf den das FRG Anwendung findet. Die Klägerin hat vor ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland am 09. November 1997, indem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den neuen Bundesländern genommen hatte, ausschließlich in der früheren Sowjetunion rentenrechtliche Zeiten einschließlich von Zeiten der Kindererziehung zurückgelegt. Für die Entgeltpunkte für die Rentenberechnung im Hinblick auf die FRG-Zeiten ist § 22 b FRG, der durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl. I, S. 1471) mit Wirkung ab 07. Mai 1996 eingeführt wurde, maßgebend. Nach Abs. 1 Satz 1 des § 22 b FRG gilt, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrundegelegt werden. Dies bezieht sich auch auf anrechenbare Kindererziehungszeiten bei Erziehung im Herkunftsland nach § 28 b FRG. Ferner bestimmt § 22 b Abs. 3 FRG: Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrundegelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.
Zu Recht hat das SG die Entgeltpunkte für die Rentenberechnung im Hinblick auf die FRG-Rente des Ehemanns der verheirateten Klägerin nach § 22 b Abs. 3 FRG begrenzt. Diese Regelung des § 22 b Abs. 3 FRG erachtet der Senat, ebenso wie das SG, im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (u.a. BSG SozR 4-5050 § 22 b Nrn. 2, 3 und 4) und des BVerfG (u.a. BVerfG SozR 4-5050 § 22 b Nrn. 7 und 8 unter Bezugnahme auf BVerfG SozR 4-5050 § 22 Nr. 5) auch für verfassungsgemäß.
Die Beklagte hat auch zu Recht ab 09. November 1997 für die nach dem FRG anrechenbaren Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt und der Rentenberechnung zugrundegelegt. Nach Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 FANG (i. d. F. des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl. I, S. 1606) gilt: Bei Berechtigten nach dem FRG, die a) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet haben und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erwerben, b) nach dem 31. Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erwerben oder c) nach dem 31. Dezember 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet in das Beitrittsgebiet verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG haben, werden für nach dem FRG anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt; im Falle von Buchst. c) gilt dies nur, soweit am 31. Dezember 1991 Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG nicht bestanden hat. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies auch für die Zeiten eines weiteren Rentenbezugs aufgrund neuer Rentenfeststellung, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen. Entsprechend den Voraussetzungen des Art. 6 § 4 Satz 1 Buchst. a FANG hatte die Klägerin am 09. November 1997 (und auch bei Bescheiderlass am 14. Mai 1998) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet, nämlich in Mecklenburg-Vorpommern, genommen und dort nach dem 31. Dezember 1991, nämlich am 09. November 1997, einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erworben. Mithin hat die Beklagte zu Recht Entgeltpunkte (Ost) nach § 254 d SGB VI ermittelt. Dabei ist die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet bei Entstehung des Rentenanspruchs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal FRG-Zeiten grundsätzlich nicht mehr besser bewertet werden sollten als so genannte DDR-Zeiten.
Die Klägerin kann eine höhere Rente ab 09. November 1997 auch nicht deswegen verlangen, weil bei ihr die Kindererziehungszeiten, die nach § 28 b FRG ebenfalls nach dem FRG bewertet wurden, nach § 56 SGB VI unter Außerachtlassung der Kürzungsregelung des § 22 b Abs. 3 FRG zu berücksichtigen wären. Dass hier auch die Zeiten der Kindererziehung in der früheren Sowjetunion nach § 28 b FRG nach dem FRG zu bewerten waren, begegnet, wie das SG zutreffend dargelegt hat, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend hat das SG auch entschieden, dass bei der Klägerin nicht etwa Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI anzuerkennen sind und zu einer höheren Rente führen. Insoweit verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Gerichtsbescheids. Dass bei der Klägerin Tatbestände für Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI vorliegen könnten, ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht allein daraus, dass sie als Russlanddeutsche als Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt und erst am 09. November 1997 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist. Soweit sich die Klägerin auf das vorgelegte Hinweisschreiben vom 27. Mai 2010 bezieht, ergibt sich kein anderes Ergebnis. 2. Die Klägerin kann auch ab 24. Oktober 1998, als sie dann aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer (Baden-Württemberg) umgezogen ist, nicht höhere Altersrente unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten (West), d.h. nach Westrentenniveau verlangen. Rechtsgrundlage insoweit ist § 48 SGB X, wonach (Abs. 1 Satz 1) ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Umzug am 24. Oktober 1998 bedeutet keine wesentliche Änderung. Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 3 FANG bestimmt nämlich, dass es bei Berechtigten nach Satz 1 Buchst. a (wie die Klägerin) und c, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen, für Zeiten nach dem FRG bei den zuvor ermittelten Entgeltpunkten (Ost) verbleibt.
Diesen Ausschluss der Neuberechnung der Rente infolge des Umzugs in die alten Bundesländer erachtet auch der Senat nicht für verfassungswidrig. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen Art. 11 GG nicht vor. Soweit bei der Klägerin aufgrund des Umzugs von den neuen in die alten Bundesländer eine Neuberechnung der Rente aufgrund von nun zu ermittelnden Entgeltpunkten (West) ausgeschlossen ist, stellt dies keine Beeinträchtigung der Freizügigkeit dar. Das Gesetz knüpft an die nachträgliche Wahl des Aufenthalts in den alten Bundesländern nicht zielgerichtet sozialrechtlich nachteilige Folgen, indem lediglich eine Neuberechnung der Rente (mit dem Ziel einer Rentenerhöhung) ausgeschlossen ist. Dieser bloße Ausschluss der Neuberechnung der Rente nun nach "Westniveau", im Gegensatz zu einer Rentenkürzung oder zu einem Leistungsausschluss infolge eines Wechsels des Aufenthaltsorts, stellt keinen wirtschaftlich spürbaren Nachteil dar und ist damit auch keine mittelbare Beeinträchtigung der Freizügigkeit. Es liegt auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber solchen Spätaussiedlern vor, die bei der Entstehung der FRG-Rente ihren Aufenthalt in den alten Bundesländern genommen haben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin höhere Altersrente ab 09. November 1997 und ab 24. Oktober 1998 zusteht.
Die Klägerin ist am 1936 in W. in der früheren Sowjetunion geboren. Sie ist mit dem am 1930 geborenen F G verheiratet und Mutter von am 1957 und am 1962 in der früheren Sowjetunion geborenen Kindern. Seit 01. Februar 1991 bezog sie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Russischen Föderation. Die Klägerin reiste mit ihrem Ehemann von T. kommend am 09. November 1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zunächst nahm sie ihren Wohnsitz in K. (Mecklenburg-Vorpommern). Am 24. Oktober 1998 verzog sie nach F. (Baden-Württemberg). Die Klägerin und ihr Ehemann sind Spätaussiedler nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes (Bescheinigung des Landkreises B. D. vom 30. März 1998).
Am 17. Dezember 1997 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) mit gleichzeitigen Anträgen auf Kontenklärung und Feststellung von Kindererziehungszeiten unter Beifügung ihres Arbeitsbuchs Altersrente für Frauen. Mit Bescheid vom 14. Mai 1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 09. November 1997 Altersrente für Frauen in Höhe von monatlich (brutto) DM 704,25, abzüglich Beitragsanteile zur Krankenversicherung von DM 51,06 und zur Pflegeversicherung von DM 5,98 = netto DM 647,21 (seit 01. Juli 2009 netto EUR 378,18). Dabei ergaben sich bei der Rentenberechnung für die anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) vom 23. Februar 1956 bis 25. November 1993 Entgeltpunkte (Ost) von insgesamt 19,2179 (18,8825 Punkte für Beitragszeiten und 0,3354 Punkte für beitragsfreie Zeiten). Da die Summe der Entgeltpunkte der Altersrenten der Klägerin und ihres Ehemanns 44,2179 Entgeltpunkte betrug, begrenzte die Beklagte die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) der Klägerin auf 17,3847. Auch die Zeiten der Kindererziehung vom 01. Januar bis 31. Dezember 1958 und vom 01. August 1962 bis 31. Juli 1963 wurden dabei nach dem FRG bewertet.
Am 08. November 2001 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei im Oktober 1998 nach Baden-Württemberg umgezogen. Sie bat gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) um Überprüfung und Neufestsetzung der Rente nach "Westrentenmaßstäben". Auch seien die vorgenommenen Kürzungen zu überprüfen. Mit Bescheid vom 13. November 2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Rentenbescheids vom 14. Mai 1998 ab. Die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 09. November 1997 im Beitrittsgebiet genommen und sei Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes. Damit seien die von ihr im Herkunftsland (ehemalige Sowjetunion) zurückgelegten Zeiten nach dem FRG zu beurteilen. Nach Art. 6 § 4 Abs. 6 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) würden Entgeltpunkte (Ost) für Fremdrentenzeiten bei FRG-Berechtigten ermittelt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet genommen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erworben hätten. Ferner würden Entgeltpunkte (Ost) FRG-Berechtigte erhalten, die nach dem 31. Dezember 1990 in die alten Bundesländer verziehen und in den alten Bundesländern ab 01. Januar 1992 einen Anspruch auf eine FRG-Rente besitzen würden. Die Klägerin sei erst am 24. Oktober 1998 in die alten Bundesländer verzogen. Bei der Rentenberechnung seien Entgeltpunkte (Ost) ermittelt worden, die auch beim Umzug in die alten Bundesländer aufgrund des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG weiterhin Bestand hätten. Leistungen aus Zeiten nach dem FRG seien nach § 22 b FRG auf bestimmte Höchstbeträge zu begrenzen. Diese Vorschrift sei für Berechtigte anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 06. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genommen hätten. Nach § 22 b Abs. 1 FRG dürfe ein Berechtigter nicht mehr als 25 Entgeltpunkte für nach dem FRG anrechenbare Zeiten (Zeiten im Herkunftsland) erhalten. Der FRG-Anteil der einzelnen Rente dürfe 25 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Nach § 22 b Abs. 3 FRG dürfe ein Paar (Ehepaar bzw. in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Personen) nicht mehr als 40 Entgeltpunkte für FRG-Zeiten erhalten. Im Fall der Klägerin seien aus allen von ihr bisher geltend gemachten Zeiten 19,2179 persönliche Entgeltpunkte (Ost) berechnet worden. Für den Ehemann seien 29,1639 persönliche Entgeltpunkte (Ost) berechnet worden. Nach § 22 b Abs. 3 FRG sei die anteilige Kürzung der einzelnen Renten erfolgt, da die zulässige Höchstgrenze von 40 Entgeltpunkten überschritten worden sei. Damit seien bei ihr (der Klägerin) 17,3847 persönliche Entgeltpunkte (Ost) und bei ihrem Ehemann solche von 22,6153 der Rentenberechnung zugrundegelegt worden. Eine Neuberechnung sei nicht zu veranlassen. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG sei, zumindest insoweit, als bei Rentenempfängern auch nach dem Umzug in die alten Bundesländer die Rentenhöhe weiter nach den Entgeltpunkten (Ost) berechnet werde, nicht mit Art. 2 des Grundgesetzes (GG) vereinbar. Die Rentenberechnung nach Entgeltpunkten (Ost) habe lediglich dem Umstand Rechnung tragen sollen, dass das Preisniveau in den neuen Bundesländern niedriger gewesen sei und Rentenbezieher mit einem Wohnsitz in den neuen Bundesländern dementsprechend mit einer niedrigeren Rente auskommen könnten. Keineswegs habe aber damit das sich aus Art. 2 GG ergebende Recht auf freie Wahl des Wohnsitzes eingeschränkt werden sollen. Auch § 22 b Abs. 1 und 3 FRG dürften nicht mit Art. 14 GG vereinbar sein. Mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 30. August 2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Darin wurde auf die Begründung des Bescheids vom 13. November 2001 verwiesen.
Deswegen erhob die Klägerin am 01. Oktober 2002 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG), die zunächst unter dem Aktenzeichen S 11 RJ 2820/02 geführt wurde. Mit Beschluss vom 20. Mai 2003 wurde im Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Klageverfahrens angeordnet. Am 04. November 2004 rief die Klägerin das Klageverfahren wieder an; es wurde nun unter dem Aktenzeichen S 12 RJ 3881/04 geführt. Da im Falle von Russlanddeutschen von einer eventuellen Vertriebeneneigenschaft auszugehen sei, sei eine Grundsatzentscheidung notwendig. Die Kürzung ihrer Rentenansprüche verstoße einerseits gegen Art. 3 GG. Andererseits habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass die von ihr (der Klägerin) geltend gemachten Kindererziehungszeiten sowie die Ersatzzeiten als "Kriegsgefangene" und "Heimkehrerin" nicht Zeiten nach dem FRG seien. Auch Personen, die dem Vertriebenenrecht unterlägen, seien Deutsche im Sinne des GG. Weder die Kindererziehungszeiten noch die Ersatzzeiten sowie andere ähnliche Zeiten ergäben sich aus dem FRG, sodass diese nicht unter die "Deckelungsklausel" des FRG fallen würden. Die Kindererziehungszeiten, die von der Beklagten anerkannt worden seien, beruhten auf dem Gedanken, dass Vertriebene, zu denen Spätaussiedler gehörten, aufgrund ihres besonderen Vertreibungsschicksals nach der Aufnahme Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG im rechtlichen Sinne geworden seien und davor aufgrund der Verschleppung bzw. Vertreibung ein Sonderopfer erbracht hätten. Insoweit sei es gerechtfertigt, sie mit den deutschen Staatsangehörigen, die ein solches Schicksal nicht gehabt hätten, gleichzustellen. Die Erziehung der Kinder "im Ausland" sei bei Vertriebenen, deren Versicherungsleben so betrachtet werde, als ob es in der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden habe, nicht nach dem FRG zu berücksichtigen. Hinsichtlich der weiteren Zeiten stehe eindeutig fest, dass Vertreibungszeiten bzw. Ersatzzeiten als Kriegsgefangener, Heimkehrer oder wegen der Verschleppung, für die früher eine Heimkehrerbescheinigung bzw. nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt worden sei, vorlägen. Der Gesetzgeber habe diese Bescheinigung abgeschafft, jedoch klargestellt, dass die Zeiten, die nach diesen Gesetzen anzuerkennen seien, im rentenrechtlichen Verfahren auch anerkannt werden müssten. Die Deckelung, die bereits an sich verfassungswidrig sei, was durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) noch nicht geklärt worden sei, könne nicht auf Zeiten ausgedehnt werden, die von allen Versicherten unabhängig davon, wo sie ihre Beiträge entrichtet hätten, in Anspruch genommen würden. Dieses verstoße gegen Art. 3 GG, denn es stelle eine willkürliche Diskriminierung dar. Nachdem die Rentenbeträge, die zur Auszahlung kämen, aufgrund des Umlageprinzips von der arbeitenden Generation gezahlt würden, könne auch das Argument nicht gelten, dass durch die Erziehung der Kinder im Ausland das Rentensystem nicht profitiere. Unter Berücksichtigung des Umlageprinzips profitiere die Rentenversicherung im Fall der Spätaussiedler doppelt, was die Diskriminierung noch mehr hervorhebe. Ihre (der Klägerin) Kinder, die sich im Arbeitsleben befänden, würden volle Beiträge in die Rentenkasse einzahlen. Die Entgeltpunkte, die sich aus diesen Zeiten ergäben, seien auch dann anzurechnen, wenn sich aus Beitrags- bzw. beitragsähnlichen Zeiten bereits Entgeltpunkte ergäben, die die Grenze des Betrags von 25 Entgeltpunkten überschreiten würden. Im Übrigen sei im Falle von Russlanddeutschen, die ein besonderes Vertreibungsschicksal erlitten hätten, auch die Deckelung auf 25 bzw. 40 Entgeltpunkte verfassungswidrig. Fehlerhaft sei die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach ein "Systemwechsel" gegeben sei. Dieser lasse sich aus dem Gesetz nicht begründen. Es verstoße insoweit gegen Art. 3 GG, einen Teil in Personen, die in das Rentensystem einbezogen würden, dadurch zu diskriminieren, dass ihre fiktiven Beiträge nicht voll anerkannt würden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die angegriffenen Bescheide. Die Zeiten der Kindererziehung seien in der Rentenberechnung nach dem FRG zu berücksichtigen gewesen. Inwiefern Vertreibungszeiten bzw. Ersatzzeiten als Kriegsgefangene, Heimkehrer sowie wegen der Verschleppung vorliegen könnten, sei nicht ersichtlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 09. Mai 2007 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe weder das Recht unrichtig angewandt, noch sei sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Insbesondere seien die persönlichen Entgeltpunkte, die der Rentengewährung zugrundegelegt worden seien, korrekt ermittelt worden. Nach § 22 b Abs. 1 und 3 FRG würden für anrechenbare Zeiten nach jenem Gesetz für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrundegelegt. Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach § 22 b FRG zu beurteilen seien, würden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrundegelegt. Diese würden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stünden, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten. Die Beklagte habe für die Klägerin 19,2179 Entgeltpunkte ermittelt, für ihren Ehemann 29,1638 Entgeltpunkte. Nach § 22 b Abs. 3 FRG habe die Beklagte die Entgeltpunkte für die Klägerin auf 17,3847 und für ihren Ehemann auf 22,6153 begrenzt. Diese Begrenzung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die Begrenzungsregelungen seien auch nicht verfassungswidrig, wie der 5. und 13. Senat des BSG entschieden hätten. Die Beklagte habe auch zu Recht nach dem Umzug der Klägerin von Mecklenburg-Vorpommern nach Baden-Württemberg deren Rente weiterhin auf der Grundlage der Entgeltpunkte (Ost) berechnet und nicht auf Entgeltpunkte (West) umgestellt. Die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 3 FANG verstoße insoweit nicht gegen das Grundrecht der Freizügigkeit. Die Klägerin könne auch nicht die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 56 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) verlangen. Die grundsätzliche Gleichstellung der Kindererziehung durch Deutsche nach Art. 116 Abs. 1 GG, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden habe, mit der Kindererziehung nach § 56 SGB VI sei im Gesetz nicht vorgesehen. Da es die Möglichkeit der Berücksichtigung im Rahmen des § 28 b FRG gebe, sei darin keine ungerechtfertigte Benachteiligung von Deutschen nach Art. 116 Abs. 1 GG, die erst nach Abschluss der Kindererziehung in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln würden, zu erblicken. Soweit die Klägerin ferner geltend mache, es seien Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI anzuerkennen, weil sie Kriegsgefangene bzw. Heimkehrerin sei, lägen die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Es sei weder nachgewiesen noch aus den Umständen ersichtlich, dass die Klägerin von der Vollendung ihres 14. Lebensjahres am 14. Januar 1950 an bis zum Beginn ihrer Altersrente in der Russischen Föderation am 01. Februar 1991 die Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 oder Nr. 6 SGB VI erfüllt habe. Der Gerichtsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 11. Mai 2007 zugestellt.
Am 11. Juni 2007 hat die Klägerin gegen den Gerichtsbescheid mit Fernkopie Berufung beim SG zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie berufe sich weiterhin auf die Verfassungswidrigkeit des § 22 b FRG und der Begrenzung der Entgeltpunkte, die aus Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG erworben worden seien, bei Ehegatten auf insgesamt 40 Entgeltpunkte. Die Vorschriften des Bundesvertriebenengesetzes seien bisher nicht ausreichend durch die Gerichte berücksichtigt worden. Danach handle es sich bei Spätaussiedlern um Nachzügler der Vertreibung, und zwar um Personen, die als deutsche Volkszugehörige außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland in einem "Zustand der Vertreibung" verblieben seien. Dieser Personenkreis gelte als betroffen von den Folgen des Zweiten Weltkriegs und habe das gleiche Schicksal wie alle anderen Vertriebenen gehabt. Bei dem FRG gehe es, wie § 14 FRG belege, nicht um "verkappte Eingliederungsleistungen", sondern um Rentenversicherung. Die nach dem FRG berechtigten Personen hätten einen Beitrag in die Rentenversicherungssysteme der Herkunftsländer geleistet. Sie hätten als Vertriebene und Flüchtlinge ein Sonderopfer gegenüber den anderen Teilen des deutschen Staatsvolkes nach Art. 116 Abs. 1 GG erbracht. Dieser Personenkreis könne nicht aus dem Rentensystem herausgenommen werden. Bei Vertriebenen, Flüchtlingen, Aussiedlern und Spätaussiedlern sei es nicht möglich gewesen, dass diese den Einreisezeitpunkt in die Bundesrepublik Deutschland nach eigenem Willen hätten festlegen können. Die deutschen Volkszugehörigen und Staatsangehörigen in der ehemaligen Sowjetunion seien ausschließlich deswegen, weil sie deutsche Volkszugehörige gewesen seien, stellvertretend für die Verbrechen des Deutschen Reichs in Haftung genommen worden. Sie hätten damit nicht daran mitwirken können, den Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu bestimmen. Es sei daher willkürlich und verstoße gegen Art. 3 GG, wenn allein aus Zeitgründen die Leistung niedriger angesetzt werde. Die willkürliche Begrenzung der Entgeltpunkte auf 40 bei Ehegatten verstoße ebenfalls gegen Art. 2, 3 und 6 GG in Verbindung mit den Prinzipien des Rechtsstaats. Es sei auch verfassungswidrig, dass der Umzug eines Spätaussiedlers, der deutscher Staatsangehöriger sei, dadurch ausgeschlossen werde, dass bei ihm die Rente beim Umzug in die alten Bundesländer nicht neu berechnet werde. Die Differenzierung zwischen den Vertriebenen der ersten Stunde und den Spätaussiedlern sei nicht zulässig. Unabhängig vom Streit um die Kürzung der Rentenbeiträge bzw. der Entgeltpunkte sei ab dem Zeitpunkt, ab dem eine Rente bewilligt worden sei, eine Differenzierung nicht mehr rechtens. Gleiches gelte für die Kindererziehungszeiten. Der Gesetzgeber habe die Erziehung der Kinder im Ausland bei Vertriebenen und Spätaussiedlern mit der Erziehung der Kinder im Inland gleichgesetzt. Das Interesse des Gesetzgebers, Kinderreichtum zu erzeugen, sei damit schützenswert. Kindererziehungszeiten seien in der Bewertung nach den allgemeinen Vorschriften (§ 14 FRG) zu beurteilen. Hinsichtlich der Ersatzzeiten falle sie (die Klägerin) unter die Regelungen des Heimkehrergesetzes. Nach diesen Regelungen und aufgrund des von ihr (der Klägerin) nachgewiesenen Lebenslaufs stehe fest, dass sie durch Maßnahmen bis zum 30. Juni 1945 zunächst umgesiedelt bzw. verschleppt worden sei. Danach sei sie durch die kommunistischen Behörden an der Rückkehr gehindert worden. Die Verzögerung der Ausreise beruhe ausschließlich auf Maßnahmen, für die sie (die Klägerin) nichts könne. Durch die Vorlage der Spätaussiedlerbescheinigung habe sie diese Tatbestände auch nachgewiesen. Ihre Vertriebenenakten seien beizuziehen. Die Klägerin hat auch ein Hinweisschreiben des Vorsitzenden Richters des 7. Senats des LSG vom 27. Mai 2010 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Mai 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 14. Mai 1998 ihr ab 09. November 1997 und ab 24. Oktober 1998 höhere Altersrente für Frauen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der Akte des SG S 11 RJ 2820/02 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 1998, mit dem diese der Klägerin ab 09. November 1997 (nach den Vorschriften des FRG berechnet) Altersrente für Frauen gewährt hat, ist hinsichtlich der Rentenberechnung sowohl ab 09. November 1997 als auch ab 24. Oktober 1998 nicht zu beanstanden, wie das SG zutreffend entschieden hat. Der Bescheid der Beklagten vom 13. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2002, mit dem die Beklagte die Gewährung höherer Altersrente unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 14. Mai 1998 ab 09. November 1997, aber auch ab 24. Oktober 1998 abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1. Verfahrensrechtliche Grundlage des geltend gemachten Überprüfungsanspruchs für die Zeit ab 09. November 1997 ist § 44 SGB X. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Bei der Rentenberechnung ab 09. November 1997 mit Bescheid vom 14. Mai 1998 hat die Beklagte das Recht nicht unrichtig angewandt; sie ist auch bei der Bestimmung der Entgeltpunkte für die Rentenberechnung (17,3847) auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Die Klägerin gehört als anerkannte Spätaussiedlerin nach § 1 Buchst. a FRG zu dem Personenkreis, auf den das FRG Anwendung findet. Die Klägerin hat vor ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland am 09. November 1997, indem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den neuen Bundesländern genommen hatte, ausschließlich in der früheren Sowjetunion rentenrechtliche Zeiten einschließlich von Zeiten der Kindererziehung zurückgelegt. Für die Entgeltpunkte für die Rentenberechnung im Hinblick auf die FRG-Zeiten ist § 22 b FRG, der durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl. I, S. 1471) mit Wirkung ab 07. Mai 1996 eingeführt wurde, maßgebend. Nach Abs. 1 Satz 1 des § 22 b FRG gilt, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrundegelegt werden. Dies bezieht sich auch auf anrechenbare Kindererziehungszeiten bei Erziehung im Herkunftsland nach § 28 b FRG. Ferner bestimmt § 22 b Abs. 3 FRG: Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrundegelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.
Zu Recht hat das SG die Entgeltpunkte für die Rentenberechnung im Hinblick auf die FRG-Rente des Ehemanns der verheirateten Klägerin nach § 22 b Abs. 3 FRG begrenzt. Diese Regelung des § 22 b Abs. 3 FRG erachtet der Senat, ebenso wie das SG, im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (u.a. BSG SozR 4-5050 § 22 b Nrn. 2, 3 und 4) und des BVerfG (u.a. BVerfG SozR 4-5050 § 22 b Nrn. 7 und 8 unter Bezugnahme auf BVerfG SozR 4-5050 § 22 Nr. 5) auch für verfassungsgemäß.
Die Beklagte hat auch zu Recht ab 09. November 1997 für die nach dem FRG anrechenbaren Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt und der Rentenberechnung zugrundegelegt. Nach Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 FANG (i. d. F. des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl. I, S. 1606) gilt: Bei Berechtigten nach dem FRG, die a) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet haben und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erwerben, b) nach dem 31. Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erwerben oder c) nach dem 31. Dezember 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet in das Beitrittsgebiet verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG haben, werden für nach dem FRG anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt; im Falle von Buchst. c) gilt dies nur, soweit am 31. Dezember 1991 Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG nicht bestanden hat. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies auch für die Zeiten eines weiteren Rentenbezugs aufgrund neuer Rentenfeststellung, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen. Entsprechend den Voraussetzungen des Art. 6 § 4 Satz 1 Buchst. a FANG hatte die Klägerin am 09. November 1997 (und auch bei Bescheiderlass am 14. Mai 1998) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet, nämlich in Mecklenburg-Vorpommern, genommen und dort nach dem 31. Dezember 1991, nämlich am 09. November 1997, einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erworben. Mithin hat die Beklagte zu Recht Entgeltpunkte (Ost) nach § 254 d SGB VI ermittelt. Dabei ist die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet bei Entstehung des Rentenanspruchs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal FRG-Zeiten grundsätzlich nicht mehr besser bewertet werden sollten als so genannte DDR-Zeiten.
Die Klägerin kann eine höhere Rente ab 09. November 1997 auch nicht deswegen verlangen, weil bei ihr die Kindererziehungszeiten, die nach § 28 b FRG ebenfalls nach dem FRG bewertet wurden, nach § 56 SGB VI unter Außerachtlassung der Kürzungsregelung des § 22 b Abs. 3 FRG zu berücksichtigen wären. Dass hier auch die Zeiten der Kindererziehung in der früheren Sowjetunion nach § 28 b FRG nach dem FRG zu bewerten waren, begegnet, wie das SG zutreffend dargelegt hat, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend hat das SG auch entschieden, dass bei der Klägerin nicht etwa Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI anzuerkennen sind und zu einer höheren Rente führen. Insoweit verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Gerichtsbescheids. Dass bei der Klägerin Tatbestände für Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI vorliegen könnten, ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht allein daraus, dass sie als Russlanddeutsche als Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt und erst am 09. November 1997 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist. Soweit sich die Klägerin auf das vorgelegte Hinweisschreiben vom 27. Mai 2010 bezieht, ergibt sich kein anderes Ergebnis. 2. Die Klägerin kann auch ab 24. Oktober 1998, als sie dann aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer (Baden-Württemberg) umgezogen ist, nicht höhere Altersrente unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten (West), d.h. nach Westrentenniveau verlangen. Rechtsgrundlage insoweit ist § 48 SGB X, wonach (Abs. 1 Satz 1) ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Umzug am 24. Oktober 1998 bedeutet keine wesentliche Änderung. Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 3 FANG bestimmt nämlich, dass es bei Berechtigten nach Satz 1 Buchst. a (wie die Klägerin) und c, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen, für Zeiten nach dem FRG bei den zuvor ermittelten Entgeltpunkten (Ost) verbleibt.
Diesen Ausschluss der Neuberechnung der Rente infolge des Umzugs in die alten Bundesländer erachtet auch der Senat nicht für verfassungswidrig. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen Art. 11 GG nicht vor. Soweit bei der Klägerin aufgrund des Umzugs von den neuen in die alten Bundesländer eine Neuberechnung der Rente aufgrund von nun zu ermittelnden Entgeltpunkten (West) ausgeschlossen ist, stellt dies keine Beeinträchtigung der Freizügigkeit dar. Das Gesetz knüpft an die nachträgliche Wahl des Aufenthalts in den alten Bundesländern nicht zielgerichtet sozialrechtlich nachteilige Folgen, indem lediglich eine Neuberechnung der Rente (mit dem Ziel einer Rentenerhöhung) ausgeschlossen ist. Dieser bloße Ausschluss der Neuberechnung der Rente nun nach "Westniveau", im Gegensatz zu einer Rentenkürzung oder zu einem Leistungsausschluss infolge eines Wechsels des Aufenthaltsorts, stellt keinen wirtschaftlich spürbaren Nachteil dar und ist damit auch keine mittelbare Beeinträchtigung der Freizügigkeit. Es liegt auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber solchen Spätaussiedlern vor, die bei der Entstehung der FRG-Rente ihren Aufenthalt in den alten Bundesländern genommen haben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
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