Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3426/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4464/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 01. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1949 geborene Klägerin (verheiratet, vier lebende Kinder) stammt aus Ostanatolien. Im August 1977 zog sie ins Inland zu. Seit 06. Juni 1986 war sie als Putzfrau und später ungelernte Textilarbeiterin beschäftigt. Die Pflichtbeitragszeiten aus der Beschäftigung enden mit 23. März 2001. Anschließend blieb die Klägerin wegen Rückenbeschwerden bei Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule durchgängig arbeitsunfähig. Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld bezog sie vom 12. Juli 2002 bis 18. September 2004 Arbeitslosengeld. Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe und später die Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) bestand wegen des Einkommens des Ehemannes nicht. Seit 01. März 2009 bezieht die Klägerin Altersrente für Frauen in Höhe von anfänglich monatlich netto EUR 287,77 (Bescheid vom 28. Januar 2009).
Einen ersten Rentenantrag vom 01. Oktober 2003 lehnte die Beklagte (damals noch Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg) durch Bescheid vom 15. Dezember 2003 (Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2004) ab. Der weitere Antrag vom 14. Oktober 2004 blieb im Bescheid vom 23. Dezember 2004 (Widerspruchsbescheid vom 23. März 2005) erfolglos. Das Sozialgericht Ulm (SG) holte im anschließenden Klageverfahren S 10 R 1034/05 zunächst das Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 19. Januar 2006 ein, der eine Arbeit nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich möglich hielt. Auf Einwendungen der Beklagten hiergegen (Stellungnahme der Fachärztin Dr. Hi. vom 10. April 2006) und eine ergänzende Äußerung des Sachverständigen Dr. H. vom 31. Mai 2006 wurde das weitere Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. B. vom B.-krankenhaus U. vom 14. Juli 2006 erhoben. Dieser hielt bei Beachtung qualitativer Einschränkungen eine leichte Arbeit noch sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. August 2006 nahm die Klägerin die Klage zurück.
Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist der letzte Antrag vom 14. Februar 2007. Nach dessen Abgabe wurde am 07. März 2007 im B.-krankenhaus U. wegen einer subtotalen Trommelfellperforation links eine Tympanoplastik eingesetzt (Entlassbrief vom 08. März 2007). Facharzt für Chirurgie Dr. J. erstattete das Gutachten vom 11. April 2007. Auf seinem Fachgebiet bestünden eine Degeneration der Rotatorenmanschette beidseits mit erheblichen Funktionseinschränkungen, eine fokale Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule bei Vorwölbung L3/4 mit fraglichem Wurzelreiz sowie muskuläre Dysbalancen der gesamten Wirbelsäule bei Skoliose. Der Gutachter wartete noch den Arztbrief der Fachklinik für Neurologie D. vom 18. April 2007 über die stationäre Behandlung vom 27. März bis 06. April 2007 ab, wo die Schmerzbehandlung bei absoluter Spinalkanalstenose LWK 4/5 geklärt wurde. Eine zwingende Indikation für einen neurochirurgischen Eingriff wurde dort nicht gesehen. Der Gutachter hielt unter weiterer Berücksichtigung einer Beinlängenverkürzung rechts, der verminderten Hörfähigkeit und des mangelnden Lese- und Schreibvermögens leichte Arbeiten vollschichtig noch für möglich (ergänzende Stellungnahme vom 04. Mai 2007). Durch Bescheid vom 10. Mai 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.
Mit dem Widerspruch brachte die Klägerin vor, es sei ihr aufgrund gesundheitlicher und anderer Beschwerden unmöglich, eine Arbeitsstelle zu finden. Als Analphabetin sei sie komplett von Hilfe abhängig. Im Übrigen bestehe eine Polyneuropathie. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 14. August 2007. Leichte Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen, überwiegend im Sitzen, ohne Überkopf- oder Vorhaltearbeiten, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Tätigkeiten unter erhöhter Lärmbelastung oder erhöhten Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit seien mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Mit der am 12. September 2007 zum SG erhobenen Klage nahm die Klägerin auf die bekannten Diagnosen Bezug und trug vor, sie könne nicht einmal drei Stunden täglich arbeiten. Die gesundheitliche Situation habe sich weiter verschlechtert. Sie legte die Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin R.-L. vom 20. Juni 2008 vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Arzt für Allgemeinmedizin R.-L. hielt unter dem 30. November 2007 die Klägerin sicherlich nicht in der Lage, sechs Stunden zu arbeiten, auch sei wegen Schmerzen und Schwächegefühl im rechten Bein die Gehfähigkeit eingeschränkt. Beigefügt waren die Berichte des Orthopäden Dr. K. vom 20. September 2007 über eine Untersuchung der linken Schulter, des Dr. S. (Praxisvertreter der Neurologin Dr. B.-F.) vom 24. September 2007 über Schwindelzustände bei bekannter Polyneuropathie sowie der Operationsbericht des Dr. K. betreffend den Rotatorenmanschettenriss links vom 15. Oktober 2007. Neurologin Dr. B.-F. bestätigte in der Zeugenaussage vom 23. Januar 2008 die im Bericht vom 24. September 2007 genannten Diagnosen und Befunde.
Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Wi. erstattete das Gutachten vom 10. März 2008. Als Dolmetscherin bei der Untersuchung habe die Arzthelferin C. fungiert. Es bestünden auf seinen Fachgebieten die Lumboischialgie beidseits, rechtsbetont ohne wesentlichen Wurzelreiz bei absoluter Spinalkanalstenose LWK4/5 sowie ein Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Genese. Ferner zu berücksichtigen seien die Beschwerden der Halswirbelsäule mit Kopfschmerzen ohne Wurzelreiz, das deutliche linksbetonte Impingement-Syndrom beider Schultergelenke sowie ein Übergewicht. Neurologisch-psychiatrisch seien keine wesentlichen Funktionsbehinderungen zu beachten. Aufgrund der Spinalkanalstenose seien nur noch leichte Tätigkeiten ohne einseitige Körperhaltung möglichst im Wechsel, ohne vermehrtes Gehen möglich, aufgrund der Schmerzverstärkung sollten Kälte, Nässe und Zugluft ebenso wie Tätigkeiten in gebückter Haltung, auf Leitern, Treppen und Gerüsten vermieden werden. Mit diesen Leistungseinschränkungen könne die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Der Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen liege auf orthopädischem Gebiet. Die vom Hausarzt R.-L. genannte zeitliche Einschränkung sei nicht ausreichend zu begründen. Eine wesentliche Änderung des orthopädischen Befundes sei nicht erkennbar. - Arzt R.-L. verblieb in einem Attest vom 20. Juni 2008 bei seiner Auffassung; zuletzt legte die Klägerin den Arztbrief des Universitätsklinikums U. - HNO-Heilkunde - vom 26. Juni 2008 über eine neue Vorstellung zur Überprüfung der Tympanoplastik vor.
Durch Gerichtsbescheid vom 01. September 2008 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Gutachten der Dres. B., J. und Wi. dar, leichte Tätigkeiten unter (näher bezeichneten) qualitativen Einschränkungen seien noch sechsstündig täglich möglich. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei nicht derart eingeschränkt, dass sie einen Arbeitsplatz nicht aufsuchen könne. Allein wegen des bei der Klägerin bestehenden Analphabetismus könne nicht von einem von vornherein verschlossenen Arbeitsmarkt ausgegangen werden. Ein konkreter Verweisungsberuf müsse nicht benannt werden. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig, da sie nur ungelernte Tätigkeiten verrichtet habe und damit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar sei, jedenfalls auf die Tätigkeiten einer Pförtnerin oder Sortiererin von Kleinteilen.
Hiergegen hat die Klägerin am 18. September 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Es falle ihr immer schwerer, sich überhaupt zu bewegen. Dies habe Arzt R.-L. bestätigt. Offenbar habe die Sprechstundenhilfe als Dolmetscherin ihre Angaben nicht gut übertragen. Deshalb habe sie Zweifel am Gutachten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 01. September 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2007 zu verurteilen, ihr vom 01. Februar 2007 bis 28. Februar 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 01. September 2008 ist nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2007 erweist sich als rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die noch streitige Zeit vom 01. Februar 2007 bis 28. Februar 2009 (vor Beginn der Altersrente).
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin leidet vorrangig unter Gesundheitsstörungen des orthopädischen und des nervenärztlichen Fachgebiets. Letzteres ist durch das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Wi. vom 10. März 2008 im Klageverfahren abgeklärt worden. Auf neurologischem Gebiet leidet die Klägerin unter Lumboischialgie (Rückenbeschwerden) beidseits, rechtsbetont ohne wesentlichen Wurzelreiz bei absoluter Spinalkanalstenose der Lendenwirbelkörper 4/5 sowie einem Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Herkunft. Wesentliche Funktionsbehinderungen sind nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen Dr. Wi. durch diese Befunde nicht zu begründen. Eine seelische Erkrankung besteht nicht. Auf orthopädischem Gebiet bestehen Beschwerden der Halswirbelsäule mit Kopfschmerzen ohne Wurzelreiz, ein deutliches linksbetontes Impingement-Syndrom beider Schultergelenke sowie ein Übergewicht. Diese Befunde sind vom Sachverständigen Dr. Wi. in Kenntnis des im Antragsverfahren erhobenen Gutachtens des Facharztes für Chirurgie Dr. J. vom 11. April 2007 sowie der weiteren Berichte des Orthopäden Dr. K. vom 20. September 2007 über eine Untersuchung der linken Schulter und schließlich des Operationsberichts betreffend den Rotatorenmanschettenriss links vom 15. Oktober 2007 in die Beurteilung einbezogen worden. Wesentlich ungünstige Veränderungen allein aufgrund Zeitablaufs haben sich nicht gezeigt. Weiter leidet die Klägerin unter einer Einschränkung des Hörvermögens nach subtotaler Trommelfellperforation links mit Einsatz einer Tympanoplastik (Entlassbrief des B.-krankenhauses U. vom 08. März 2007). Nach der zusammenfassenden überzeugenden Darlegung des Sachverständigen Dr. Wi. sind noch leichte Tätigkeiten ohne einseitige Körperhaltung möglichst im Wechsel, ohne vermehrtes Bücken möglich, aufgrund Schmerzverstärkung sollten Kälte, Nässe und Zugluft ebenso wie Tätigkeiten in gebückter Haltung, auf Leitern, Treppen und Gerüsten vermieden werden. Hinzu kommt die Vermeidung erhöhter Lärmbelastung oder erhöhter Anforderungen an die Verständigungsfähigkeit. Eine zeitliche Einschränkung - unter sechs Stunden - lässt sich nicht begründen. Die gehörten Gutachter und Sachverständigen haben die vom Hausarzt R.-L. vertretene gegenteilige Auffassung zu Recht als nicht hinreichend nachvollziehbar bezeichnet.
Soweit die Klägerin nunmehr rügt, die Arzthelferin C. habe ihre Dolmetscheraufgabe nicht überzeugend erfüllt, vermag dies nicht zu neuen Ermittlungen zu veranlassen. Die vom Sachverständigen Dr. Wi. überprüften neurologischen und orthopädischen Befunde konnten auch ohne perfekte sprachliche Verständigung objektiviert werden. Dem Sachverständigen lagen auch die zahlreichen zeitnahen Berichte der behandelnden Ärzte vor. Eine seelische Erkrankung, deren Befunderhebung eine genaue sprachliche Verständigung voraussetzt, besteht nicht. Dass es der Klägerin kaum möglich sein soll, aus dem Bett zu kommen und auch einen Arbeitsweg von über 500 m in üblicher Zeit zurückzulegen, lässt sich aufgrund der Befunde ebenfalls nicht nachvollziehen.
Schließlich führt der Analphabetismus, also das mangelnde Lese- und Schreibvermögen nicht zu einem Rentenanspruch. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen kann, wenn der Analphabetismus eines ausländischen Versicherten aufgrund hinzugetretener Leistungseinschränkungen nach Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten Tätigkeiten, welche die Fähigkeit des Lesens und Schreibens nicht unbedingt erfordern, ausschließt (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 04. November 1998 - B 13 RJ 13/98 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 62; ferner das vom SG zitierte Urteil vom 10. September 2003 - B 5 RJ 64/02 R - SozR 4-2600 § 44 Nr. 1). Solch weitgehende Einschränkungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Das SG hat vorsorglich Tätigkeiten im Sortieren von Kleinteilen genannt. Solche liegen im Rahmen der von den Ärzten geforderten qualitativen Einschränkungen
Nach alledem besteht ein Anspruch auf Rente weder wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Die Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, ist im Hinblick auf die von ihr ausgeübten Tätigkeiten als Putzfrau und ungelernte Textilarbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids (Seite 9/10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1949 geborene Klägerin (verheiratet, vier lebende Kinder) stammt aus Ostanatolien. Im August 1977 zog sie ins Inland zu. Seit 06. Juni 1986 war sie als Putzfrau und später ungelernte Textilarbeiterin beschäftigt. Die Pflichtbeitragszeiten aus der Beschäftigung enden mit 23. März 2001. Anschließend blieb die Klägerin wegen Rückenbeschwerden bei Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule durchgängig arbeitsunfähig. Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld bezog sie vom 12. Juli 2002 bis 18. September 2004 Arbeitslosengeld. Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe und später die Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) bestand wegen des Einkommens des Ehemannes nicht. Seit 01. März 2009 bezieht die Klägerin Altersrente für Frauen in Höhe von anfänglich monatlich netto EUR 287,77 (Bescheid vom 28. Januar 2009).
Einen ersten Rentenantrag vom 01. Oktober 2003 lehnte die Beklagte (damals noch Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg) durch Bescheid vom 15. Dezember 2003 (Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2004) ab. Der weitere Antrag vom 14. Oktober 2004 blieb im Bescheid vom 23. Dezember 2004 (Widerspruchsbescheid vom 23. März 2005) erfolglos. Das Sozialgericht Ulm (SG) holte im anschließenden Klageverfahren S 10 R 1034/05 zunächst das Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 19. Januar 2006 ein, der eine Arbeit nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich möglich hielt. Auf Einwendungen der Beklagten hiergegen (Stellungnahme der Fachärztin Dr. Hi. vom 10. April 2006) und eine ergänzende Äußerung des Sachverständigen Dr. H. vom 31. Mai 2006 wurde das weitere Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. B. vom B.-krankenhaus U. vom 14. Juli 2006 erhoben. Dieser hielt bei Beachtung qualitativer Einschränkungen eine leichte Arbeit noch sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. August 2006 nahm die Klägerin die Klage zurück.
Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist der letzte Antrag vom 14. Februar 2007. Nach dessen Abgabe wurde am 07. März 2007 im B.-krankenhaus U. wegen einer subtotalen Trommelfellperforation links eine Tympanoplastik eingesetzt (Entlassbrief vom 08. März 2007). Facharzt für Chirurgie Dr. J. erstattete das Gutachten vom 11. April 2007. Auf seinem Fachgebiet bestünden eine Degeneration der Rotatorenmanschette beidseits mit erheblichen Funktionseinschränkungen, eine fokale Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule bei Vorwölbung L3/4 mit fraglichem Wurzelreiz sowie muskuläre Dysbalancen der gesamten Wirbelsäule bei Skoliose. Der Gutachter wartete noch den Arztbrief der Fachklinik für Neurologie D. vom 18. April 2007 über die stationäre Behandlung vom 27. März bis 06. April 2007 ab, wo die Schmerzbehandlung bei absoluter Spinalkanalstenose LWK 4/5 geklärt wurde. Eine zwingende Indikation für einen neurochirurgischen Eingriff wurde dort nicht gesehen. Der Gutachter hielt unter weiterer Berücksichtigung einer Beinlängenverkürzung rechts, der verminderten Hörfähigkeit und des mangelnden Lese- und Schreibvermögens leichte Arbeiten vollschichtig noch für möglich (ergänzende Stellungnahme vom 04. Mai 2007). Durch Bescheid vom 10. Mai 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.
Mit dem Widerspruch brachte die Klägerin vor, es sei ihr aufgrund gesundheitlicher und anderer Beschwerden unmöglich, eine Arbeitsstelle zu finden. Als Analphabetin sei sie komplett von Hilfe abhängig. Im Übrigen bestehe eine Polyneuropathie. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 14. August 2007. Leichte Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen, überwiegend im Sitzen, ohne Überkopf- oder Vorhaltearbeiten, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Tätigkeiten unter erhöhter Lärmbelastung oder erhöhten Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit seien mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Mit der am 12. September 2007 zum SG erhobenen Klage nahm die Klägerin auf die bekannten Diagnosen Bezug und trug vor, sie könne nicht einmal drei Stunden täglich arbeiten. Die gesundheitliche Situation habe sich weiter verschlechtert. Sie legte die Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin R.-L. vom 20. Juni 2008 vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Arzt für Allgemeinmedizin R.-L. hielt unter dem 30. November 2007 die Klägerin sicherlich nicht in der Lage, sechs Stunden zu arbeiten, auch sei wegen Schmerzen und Schwächegefühl im rechten Bein die Gehfähigkeit eingeschränkt. Beigefügt waren die Berichte des Orthopäden Dr. K. vom 20. September 2007 über eine Untersuchung der linken Schulter, des Dr. S. (Praxisvertreter der Neurologin Dr. B.-F.) vom 24. September 2007 über Schwindelzustände bei bekannter Polyneuropathie sowie der Operationsbericht des Dr. K. betreffend den Rotatorenmanschettenriss links vom 15. Oktober 2007. Neurologin Dr. B.-F. bestätigte in der Zeugenaussage vom 23. Januar 2008 die im Bericht vom 24. September 2007 genannten Diagnosen und Befunde.
Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Wi. erstattete das Gutachten vom 10. März 2008. Als Dolmetscherin bei der Untersuchung habe die Arzthelferin C. fungiert. Es bestünden auf seinen Fachgebieten die Lumboischialgie beidseits, rechtsbetont ohne wesentlichen Wurzelreiz bei absoluter Spinalkanalstenose LWK4/5 sowie ein Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Genese. Ferner zu berücksichtigen seien die Beschwerden der Halswirbelsäule mit Kopfschmerzen ohne Wurzelreiz, das deutliche linksbetonte Impingement-Syndrom beider Schultergelenke sowie ein Übergewicht. Neurologisch-psychiatrisch seien keine wesentlichen Funktionsbehinderungen zu beachten. Aufgrund der Spinalkanalstenose seien nur noch leichte Tätigkeiten ohne einseitige Körperhaltung möglichst im Wechsel, ohne vermehrtes Gehen möglich, aufgrund der Schmerzverstärkung sollten Kälte, Nässe und Zugluft ebenso wie Tätigkeiten in gebückter Haltung, auf Leitern, Treppen und Gerüsten vermieden werden. Mit diesen Leistungseinschränkungen könne die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Der Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen liege auf orthopädischem Gebiet. Die vom Hausarzt R.-L. genannte zeitliche Einschränkung sei nicht ausreichend zu begründen. Eine wesentliche Änderung des orthopädischen Befundes sei nicht erkennbar. - Arzt R.-L. verblieb in einem Attest vom 20. Juni 2008 bei seiner Auffassung; zuletzt legte die Klägerin den Arztbrief des Universitätsklinikums U. - HNO-Heilkunde - vom 26. Juni 2008 über eine neue Vorstellung zur Überprüfung der Tympanoplastik vor.
Durch Gerichtsbescheid vom 01. September 2008 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Gutachten der Dres. B., J. und Wi. dar, leichte Tätigkeiten unter (näher bezeichneten) qualitativen Einschränkungen seien noch sechsstündig täglich möglich. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei nicht derart eingeschränkt, dass sie einen Arbeitsplatz nicht aufsuchen könne. Allein wegen des bei der Klägerin bestehenden Analphabetismus könne nicht von einem von vornherein verschlossenen Arbeitsmarkt ausgegangen werden. Ein konkreter Verweisungsberuf müsse nicht benannt werden. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig, da sie nur ungelernte Tätigkeiten verrichtet habe und damit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar sei, jedenfalls auf die Tätigkeiten einer Pförtnerin oder Sortiererin von Kleinteilen.
Hiergegen hat die Klägerin am 18. September 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Es falle ihr immer schwerer, sich überhaupt zu bewegen. Dies habe Arzt R.-L. bestätigt. Offenbar habe die Sprechstundenhilfe als Dolmetscherin ihre Angaben nicht gut übertragen. Deshalb habe sie Zweifel am Gutachten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 01. September 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2007 zu verurteilen, ihr vom 01. Februar 2007 bis 28. Februar 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 01. September 2008 ist nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2007 erweist sich als rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die noch streitige Zeit vom 01. Februar 2007 bis 28. Februar 2009 (vor Beginn der Altersrente).
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin leidet vorrangig unter Gesundheitsstörungen des orthopädischen und des nervenärztlichen Fachgebiets. Letzteres ist durch das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Wi. vom 10. März 2008 im Klageverfahren abgeklärt worden. Auf neurologischem Gebiet leidet die Klägerin unter Lumboischialgie (Rückenbeschwerden) beidseits, rechtsbetont ohne wesentlichen Wurzelreiz bei absoluter Spinalkanalstenose der Lendenwirbelkörper 4/5 sowie einem Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Herkunft. Wesentliche Funktionsbehinderungen sind nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen Dr. Wi. durch diese Befunde nicht zu begründen. Eine seelische Erkrankung besteht nicht. Auf orthopädischem Gebiet bestehen Beschwerden der Halswirbelsäule mit Kopfschmerzen ohne Wurzelreiz, ein deutliches linksbetontes Impingement-Syndrom beider Schultergelenke sowie ein Übergewicht. Diese Befunde sind vom Sachverständigen Dr. Wi. in Kenntnis des im Antragsverfahren erhobenen Gutachtens des Facharztes für Chirurgie Dr. J. vom 11. April 2007 sowie der weiteren Berichte des Orthopäden Dr. K. vom 20. September 2007 über eine Untersuchung der linken Schulter und schließlich des Operationsberichts betreffend den Rotatorenmanschettenriss links vom 15. Oktober 2007 in die Beurteilung einbezogen worden. Wesentlich ungünstige Veränderungen allein aufgrund Zeitablaufs haben sich nicht gezeigt. Weiter leidet die Klägerin unter einer Einschränkung des Hörvermögens nach subtotaler Trommelfellperforation links mit Einsatz einer Tympanoplastik (Entlassbrief des B.-krankenhauses U. vom 08. März 2007). Nach der zusammenfassenden überzeugenden Darlegung des Sachverständigen Dr. Wi. sind noch leichte Tätigkeiten ohne einseitige Körperhaltung möglichst im Wechsel, ohne vermehrtes Bücken möglich, aufgrund Schmerzverstärkung sollten Kälte, Nässe und Zugluft ebenso wie Tätigkeiten in gebückter Haltung, auf Leitern, Treppen und Gerüsten vermieden werden. Hinzu kommt die Vermeidung erhöhter Lärmbelastung oder erhöhter Anforderungen an die Verständigungsfähigkeit. Eine zeitliche Einschränkung - unter sechs Stunden - lässt sich nicht begründen. Die gehörten Gutachter und Sachverständigen haben die vom Hausarzt R.-L. vertretene gegenteilige Auffassung zu Recht als nicht hinreichend nachvollziehbar bezeichnet.
Soweit die Klägerin nunmehr rügt, die Arzthelferin C. habe ihre Dolmetscheraufgabe nicht überzeugend erfüllt, vermag dies nicht zu neuen Ermittlungen zu veranlassen. Die vom Sachverständigen Dr. Wi. überprüften neurologischen und orthopädischen Befunde konnten auch ohne perfekte sprachliche Verständigung objektiviert werden. Dem Sachverständigen lagen auch die zahlreichen zeitnahen Berichte der behandelnden Ärzte vor. Eine seelische Erkrankung, deren Befunderhebung eine genaue sprachliche Verständigung voraussetzt, besteht nicht. Dass es der Klägerin kaum möglich sein soll, aus dem Bett zu kommen und auch einen Arbeitsweg von über 500 m in üblicher Zeit zurückzulegen, lässt sich aufgrund der Befunde ebenfalls nicht nachvollziehen.
Schließlich führt der Analphabetismus, also das mangelnde Lese- und Schreibvermögen nicht zu einem Rentenanspruch. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen kann, wenn der Analphabetismus eines ausländischen Versicherten aufgrund hinzugetretener Leistungseinschränkungen nach Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten Tätigkeiten, welche die Fähigkeit des Lesens und Schreibens nicht unbedingt erfordern, ausschließt (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 04. November 1998 - B 13 RJ 13/98 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 62; ferner das vom SG zitierte Urteil vom 10. September 2003 - B 5 RJ 64/02 R - SozR 4-2600 § 44 Nr. 1). Solch weitgehende Einschränkungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Das SG hat vorsorglich Tätigkeiten im Sortieren von Kleinteilen genannt. Solche liegen im Rahmen der von den Ärzten geforderten qualitativen Einschränkungen
Nach alledem besteht ein Anspruch auf Rente weder wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Die Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, ist im Hinblick auf die von ihr ausgeübten Tätigkeiten als Putzfrau und ungelernte Textilarbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids (Seite 9/10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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