L 28 AS 653/10 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 99 AS 7447/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 653/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. März 2010 aufgehoben. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. März 2010 wird zurückgewiesen. Die begehrte Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten für das einstweilige Rechtsschutzverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens über die Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).

Die 1973 geborene Antragstellerin verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zum/zur Industriekaufmann/-frau. Sie ist mit erstem Wohnsitz in R (O) gemeldet.

Nachdem sie die erforderliche Zugangsprüfung im November 2006 bestanden hatte, schloss sie Anfang 2007 mit der m AG einen Studienvertrag zum 01. September 2007 für den Studiengang "Angewandte Medienwirtschaft, Studienrichtung TV-Producer". Ziffer 1 des Vertrages lautet:

"Es gilt die jeweils aktuelle Studienordnung für den Studiengang Angewandte Medienwirtschaft, Studienrichtung TV-Producer, der Hochschule M (FH). Der/Die Studierende erwirbt nach Bestehen aller laut Studienordnung festgelegten Prüfungen den staatlichen akademischen Grad "Bachelor of Arts" der Hochschule M (FH).

Die Leistung der m beruht auf dem Kooperations- und Abstimmungsvertrag der m mit der A AG (Akademie für) an der Hochschule M (FH) – University of Applied Sciences.

"

In Ziffer 3 des Vertrages werden die Studienorte aufgeführt. Neben der Nennung von B, H und M wird dort auf die Hochschule M (FH) verwiesen. Hierzu heißt es:

"Die Studierenden aller Studienorte der m absolvieren im 5. und 6. Semester Lehrveranstaltungen lt. Studienordnung in M. Den Ablauf regelt die Hochschule nach erfolgreicher Immatrikulation in das 5. Semester.

"

Dementsprechend ist der Internet-Seite der A AG zu entnehmen, dass sich der Studiengang Angewandte Medien (Bachelor of Arts) u.a. mit der Studienrichtung TV-Producer aus einer Akademiephase und einer Hochschulphase an der Hochschule M zusammensetzt. Die Hochschulphase umfasst auch die wissenschaftliche Abschlussarbeit sowie das Praktikum.

Im Rahmen ihres Internet-Auftritts weist schließlich die m darauf hin, dass im 5. und 6. Semester Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beantragt werden könnten. Für das 1. – 4. Semester sei dies hingegen nicht möglich.

Zum 01. Juli 2007 mietete die Antragstellerin unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift eine Zweizimmerwohnung an. Am 02. Juli 2007 meldete sie sich unter dieser Adresse polizeilich.

Am 01. September 2007 begann die Antragstellerin ihr Studium an der m in B. Nachdem sie noch bis zum 30. September 2007 Arbeitslosengeld I bezogen hatte, meldete sie sich zum 01. Oktober 2007 aus dem Leistungsbezug ab und stattdessen ein Gewerbe mit dem Tätigkeitsfeld "Film- und Kinomanagement" an. Für die Zeit vom 01. Oktober 2007 bis zum 30. Juni 2008 wurde ihr daraufhin ein Gründungszuschuss in Höhe von monatlich gut 1.300,00 EUR gewährt.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2008 lehnte der Kreisausschuss O – Amt für Ausbildungsförderung – einen Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG vom September 2007 ab und begründete dies damit, dass keine förderungsfähige Ausbildung im Sinne von §§ 2 - 7 BAföG vorliege. Es handele sich nicht um eine als förderungsfähig anerkannte Ausbildung.

Im Juli 2008 beantragte die Antragstellerin die Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung und verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass sie mitten im Studium stehe, nach Beendigung des Gründungszuschusses keine Mittel mehr zur Verfügung habe und aufgrund ihres Alters keine Leistungen nach dem BAföG beziehen könne.

Nachdem der Antragsgegner Leistungen zunächst versagt und dann die Bewilligung unter Berufung auf mangelnde Verfügbarkeit abgelehnt hatte, bewilligte er der Antragstellerin schließlich für die Zeit vom 24. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009 Leistungen in Höhe von monatlich 680,82 EUR (351,00 EUR zum Lebensunterhalt und 329,82 EUR für die Kosten der Unterkunft) und vom 01. Juli bis zum 31. Oktober 2009 unter Beachtung der Regelsatzerhöhung um 8,00 EUR Leistungen in Höhe von monatlich 688,82 EUR.

Im September 2009 beantragte die Antragstellerin die Fortzahlung der Leistungen. Mit Bescheid vom 06. Oktober 2009 lehnte der Antragsgegner die Weiterbewilligung mit der Begründung ab, dass er örtlich nicht zuständig sei. Es sei vielmehr angesichts der laut Personalausweis im O erfolgten polizeilichen Meldung eine dortige Antragstellung erforderlich.

Mit ihrem Widerspruch machte die Antragstellerin geltend, dass sie in B wohne. Auch studiere sie nicht in M, sondern an der M Akademie B. Die Gebühr für das Studium in Höhe von knapp 20.000,00 EUR habe ihre Mutter gezahlt. Weiter verwies sie in diesem Zusammenhang darauf, dass ihre Miete zum 01. November 2009 auf insgesamt 372,15 EUR (Nettomiete 246,45 EUR, Betriebskostenvorschuss 39,10 EUR zzgl. 86,60 EUR Heizkostenvorschuss) erhöht worden sei. Ferner habe sie für Heizkosten eine Nachzahlung in Höhe von 353,28 EUR zu leisten.

Nachdem der Widerspruch bis dahin nicht beschieden war, beantragte die Antragstellerin am 04. März 2010 beim Sozialgericht Berlin, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem 01. November 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Wohnung in R zwar die Hauptwohnung sei, sie seit Juli 2007 zum Zwecke des Studiums aber in B wohne und auch hier gemeldet sei. Es sei Eile geboten, da sie ihr Konto um 5.000,00 EUR überzogen und damit ihren Dispo-Kredit voll ausgeschöpft habe. Ergänzend erklärte sie ausweislich eines Vermerks des Vorsitzenden der 99. Kammer des Sozialgerichts Berlin vom 13. März 2010 telefonisch, zuletzt im Oktober 2009 Vorlesungen besucht und sich danach auch nicht mehr in M aufgehalten zu haben. Sie bereite sich jetzt in B auf die Bachelor-Arbeit vor.

Der Antragsgegner ist dem Begehren entgegen getreten. Er meint, dass seine örtliche Zuständigkeit weiterhin zweifelhaft sei. Die Ausbildung erfolge im 5. und 6. Semester vorwiegend außerhalb B, nämlich an der Fachhochschule M. Im Übrigen sei die Ausbildung jedenfalls im 5. und 6. Semester dem Grunde nach förderungsfähig. Das Bildungsziel, nämlich ein Abschluss im Studiengang "Angewandte Medienwirtschaft" könne auch durch Besuch einer staatlichen Hochschule oder Berufsfachschule erreicht werden und somit durch Leistungen nach dem BAföG gefördert werden.

Mit Beschluss vom 13. März 2010 hat das Sozialgericht Berlin den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig einen Betrag in Höhe von 3.405,00 EUR für den Zeitraum vom 01. November 2009 bis zum 31. März 2010 sowie einen Betrag in Höhe von 681,00 EUR spätestens am 31. März 2010 für den Zeitraum vom 01. bis zum 30. April 2010 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II bestehe. Die Ausbildung der Antragstellerin sei nicht dem Grunde nach nach dem BAföG förderungsfähig. Vielmehr sei die Förderung ausgeschlossen, da die Hochschule, an der die Antragstellerin ihr Studium absolviere, nicht den gesetzlichen Anforderungen für die Förderung entspreche. Da die Antragstellerin im Übrigen glaubhaft gemacht habe, nicht über eigenes Einkommen zu verfügen, sei der Anordnungsanspruch zu bejahen. Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes ergebe sich bereits aus der existenz- und grundrechtssichernden Funktion der begehrten und bisher nicht gewährten Leistungen. Auch seien die Leistungen für die Vergangenheit zuzusprechen gewesen. Die Antragstellerin habe unter Vorlage ihrer Kontoauszüge das Fortbestehen eines Nachholbedarfs glaubhaft gemacht.

Gegen diesen den Beteiligten jeweils am 18. März 2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 19. März 2010 Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, hilfsweise den Vollzug auszusetzen. Er hat sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und ergänzend darauf verwiesen, dass sich die Antragstellerin, die in der Zeit vom 01. November 2009 bis zum 02. Februar 2010 ihr Konto um 4.450,00 EUR überzogen habe, grob unwirtschaftlich verhalte, zumal den für diesen Zeitraum vorliegenden Kontoauszügen die Zahlung der Miete nicht zu entnehmen sei. Jedenfalls für die Vergangenheit könnten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keine Leistungen geltend gemacht werden.

Die Antragstellerin hat mit zwei jeweils innerhalb der Beschwerdefrist eingegangenen Schreiben beim Sozialgericht sowie beim Landessozialgericht gerügt, es sei missachtet worden, dass sie zuletzt Leistungen in Höhe von gerundet 689,00 EUR erhalten und Nebenkosten in Höhe von 353,28 EUR nachzuzahlen habe. Auch sei unberücksichtigt geblieben, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung inzwischen 372,15 EUR betrügen. Weiter sei unklar, wie es nach dem 30. April 2010 weitergehen solle, da der Beschluss eine Zahlung nur bis zu diesem Tage vorsehe. Im Übrigen habe sie nie behauptet, dass im 5. und 6. Semester keine Lehrveranstaltungen zu besuchen wären. Sicher aber habe sie darauf verwiesen, dass in dieser Zeit ein dreimonatiges Praktikum zu absolvieren und eine 70seitige Bachelor-Arbeit anzufertigen sei. Sie bemühe sich um den Fortgang, aber in ihrem Alter sei dies schwieriger als gedacht. Auch erleichtere ihr Alter es ihr nicht, einen Platz für ein Praktikum zu finden. Inzwischen seien knapp 60 Bewerbungen erfolglos verlaufen. Ausweislich eines von ihr beigefügten Schreibens der m umfasst das Hauptstudium zwei Praxismodule - Berufspraktika über jeweils acht und zwölf Wochen -, die obligatorisch sind. Das Mietkonto der Antragstellerin war am 16. April 2010 ausgeglichen.

Der Antragsgegner hat hierzu eingewandt, dass bzgl. der begehrten Leistungen für die Nebenkostennachzahlung weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht seien. Angesichts der sonstigen Mietschuldenfreiheit könnten der Antragstellerin aus der noch offenen Forderung aus der Nebenkostenabrechnung keine wesentlichen Nachteile erwachsen. Schließlich sei das Vorliegen eines Härtefalles zu verneinen, da die Antragstellerin über eine abgeschlossene Ausbildung als Industriekauffrau verfüge.

II.

Die Beschwerden der Antragstellerin und des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. März 2010 sind jeweils nach § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Während hingegen die Beschwerde des Antragsgegners auch begründet ist, kann die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde keinen Erfolg haben. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin für die Monate November 2009 bis April 2010 Leistungen zur Grundsicherung zu gewähren. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens im Beschwerdeverfahren Leistungen auch für die Zeit vom 01. Mai bis zum 31. August 2010 (vorgesehenes Ende ihres Studiums) erstrebt.

Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -). Dies ist der Antragstellerin nicht gelungen.

Dabei kann dahinstehen, ob es hier – wie der Antragsgegner meint – zumindest für die Zeit vor Antragstellung bei Gericht bereits an einem Bedürfnis für eine einstweilige Anordnung zur Abwehr wesentlicher Nachteile fehlt. Denn jedenfalls sieht der Senat es nicht als überwiegend wahrscheinlich an, dass der Antragsgegner in der Hauptsache verurteilt werden wird, der Antragstellerin für die Zeit vom 01. November 2009 bis zum 31. August 2008 Leistungen zur Grundsicherung zu bewilligen. Vielmehr geht er davon aus, dass die Antragstellerin in diesem Zeitraum nicht leistungsberechtigt ist.

Leistungsberechtigt nach dem SGB II sind nach § 7 Abs. 1 SGB II erwerbsfähige und hilfebedürftige Personen, die zwar das 15. Lebensjahr vollendet, nicht aber die in § 7a SGB II vorgesehene Altersgrenze erreicht haben, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben und nicht von einem Leistungsausschluss betroffen sind. Nach den vorliegenden Unterlagen und dem Vortrag der Beteiligten ist insoweit im Wesentlichen fraglich, ob die Antragstellerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Studentin gemäß § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen ist. Denn nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Ob der Antragsgegner die grundsätzliche Förderungsfähigkeit des von der Antragstellerin im September 2007 aufgenommenen Studiums zunächst zu Recht verneint hat, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist die grundsätzliche Förderungsfähigkeit zur Überzeugung des Senats zumindest ab dem 01. September 2009 – dem Beginn des 5. Studiensemesters – und bis zum Abschluss des Studiums gegeben.

Ausschlaggebend für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 28/06 R – zitiert nach juris, Rn. 23 ff., und – B 14/7b AS 36/06 R – zitiert nach juris, Rn. 15 ff.), der der Senat sich anschließt, nach Wortlaut, Regelungsabsicht des Gesetzgebers sowie Systematik und Ziel des Gesetzes allein, ob die Ausbildung grundsätzlich nach dem BAföG oder dem SGB III gefördert werden kann. Hingegen haben in der Person des Auszubildenden liegende Gründe, die ihn von der Förderleistungen nach diesen Gesetzen ausschließen, bei der Beantwortung der Frage, ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beansprucht werden können, außer Betracht zu bleiben. Ebenso wenig ist von Bedeutung, in welchem Umfang der Studierende durch das Studium tatsächlich in Anspruch genommen wird (BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R – juris, Rn. 14).

Vorliegend hat zwar der Kreisausschuss O – Amt für Ausbildungsförderung – einen Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG vom September 2007 im Januar 2008 abgelehnt und dies damit begründet, dass keine förderungsfähige Ausbildung im Sinne von §§ 2 - 7 BAföG vorliege. Indes liegt kein aktueller Bescheid vor, dem eine Würdigung des Studiums der Antragstellerin ab dem 5. Semester zu entnehmen wäre. Der Senat ist jedoch überzeugt, dass eine Entscheidung der für die Antragstellerin zuständigen Behörde für die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG für die Zeit ab dem 01. September 2009 jedenfalls hinsichtlich der Begründung anders ausfallen würde. Denn die Antragstellerin hat zwar mit der privaten m einen Studienvertrag abgeschlossen und an dieser privaten Akademie auch ihr Studium begonnen. Die Leistung der m beruht jedoch auf einem Kooperations- und Abstimmungsvertrag mit der A AG an der Hochschule M. Dieser sieht vor, dass die Studierenden nach erfolgreichem Abschluss der viersemestrigen Studienphase an der in verschiedenen deutschen Städten angesiedelten m eine Hochschulphase an der Hochschule M absolvieren, die u.a. ein Praktikum und die wissenschaftliche Abschlussarbeit umfasst. Die Antragstellerin studiert daher ab dem fünften Semester an einer Fachhochschule. Bei einem Fachhochschulstudium handelt es sich aber um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG. Dementsprechend weist auch die m selbst darauf hin, dass für die Hochschulphase, mithin das 5. und 6. Studiensemester, BAföG-Leistungen gewährt werden können. Dass die Antragstellerin diese möglicherweise im Hinblick auf ihr Alter gleichwohl nicht erhielte, ist nach obigen Ausführungen für das Bestehen des Leistungsausschlusses unbedeutend. Es ist gerade nicht Sinn und Zweck des SGB II, in den Fällen, in denen Auszubildende keine – grundsätzlich aber mögliche - Förderung nach dem BAföG erhalten, gleichsam als Auffangnetz zu dienen. Dass der Abschluss einer Berufsausbildung sich regelmäßig auf die Chancen im Erwerbsleben positiv auswirken dürfte, mag eine Förderung grundsätzlich wünschenswert erscheinen lassen, führt aber nicht notwendig zur Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Leistungsgewährung. Für die Ausbildungsförderung hat der Gesetzgeber ein spezialgesetzliches Leistungssystem etabliert. Sinn der Ausschlussregelung ist es gerade, die nachrangige Grundsicherung davon zu befreien, eine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen (BSG, Urteile vom 30.09.2008 – B 4 AS 28/07 R – zitiert nach juris, Rn. 13 ff., und vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R – zitiert nach juris, Rn. 13). Auch steht der Antragstellerin kein Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form eines Darlehens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zu. Danach können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, allerdings nur als Darlehen und nicht als Beihilfe oder Zuschuss gewährt werden. Liegt ein besonderer Härtefall vor, hat die Verwaltung unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Art und Umfang der Leistungsgewährung zu prüfen. Im Hinblick auf das "Ob" der Leistungsgewährung wird alsdann im Regelfall von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen sein (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R – juris, Rn. 21 m.w.N.).

Allein der Umstand, dass eine Ausbildung wegen fehlender Förderung nicht fortgeführt werden kann, vermag indes keinen Härtefall zu begründen. Erforderlich sind vielmehr im Einzelfall Umstände, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Grundsicherung von finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erschienen lässt. Zwar kann dies in Betracht kommen, wenn ein wesentlicher Teil der Ausbildung bereits absolviert ist und der bevorstehende Abschluss unverschuldet an Mittellosigkeit zu scheitern droht. Dabei muss dann allerdings eine durch objektive Umstände belegbare Aussicht bestehen (nachweisbar z.B. durch Meldung zur Prüfung bei Erfüllung aller Prüfungsvoraussetzungen), die Ausbildung werde mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in absehbarer Zeit durch einen Abschluss zum Ende gebracht. Unter diesen Voraussetzungen kann von einem besonderen Härtefall ausgegangen werden, wenn der Lebensunterhalt während der Ausbildung durch Förderung aufgrund von BAföG/SGB III-Leistungen oder anderen finanziellen Mitteln (Elternunterhalt, Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit, möglicherweise bisher zu Unrecht gewährte Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts) gesichert war, die kurz vor Abschluss der Ausbildung entfallen. Gleiches gilt für den Fall der Unterbrechung der bereits weit fortgeschrittenen und bisher kontinuierlich betriebenen Ausbildung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls wegen Behinderung oder Erkrankung (BSG, Urteile vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R – zitiert nach juris, Rn. 23-24, - B 14/7b AS 28/06 R – zitiert nach juris, Rn. 34f., vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R – zitiert nach juris, Rn. 19-20, vom 30.09.2008 – B 4 AS 28/07 R – zitiert nach juris, Rn. 22-27).

So aber liegt der Fall hier nicht. Es sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die es - unter Beachtung des Grundsatzes, dass über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II keine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene erfolgen soll, - gerade im Falle der Antragstellerin als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen ließen, keine weitere Förderung zu gewähren. Weder ist der Senat überzeugt, dass die Antragstellerin einen wesentlichen Teil ihrer Ausbildung bereits absolviert hat und durch objektive Umstände belegt ist, sie werde das Studium in absehbarer Zeit erfolgreich zum Ende bringen. Noch kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, der bevorstehende erfolgreiche Abschluss drohe unverschuldet an Mittellosigkeit zu scheitern.

Die Antragstellerin hatte zu dem Zeitpunkt, ab dem sie hier Leistungen zur Grundsicherung begehrt, vier der sechs Studiensemester und damit zwei Drittel der Ausbildung abgeschlossen. Es fehlte damit nicht nur ein unwesentlicher Teil. Daran hat sich inzwischen nichts Entscheidendes geändert. Die Antragstellerin benötigt vielmehr nach eigenem Bekunden weiterhin obligatorische Ausbildungsabschnitte zum Abschluss ihres Studiums. Ausweislich der von ihr vorgelegten Bescheinigung der m hat sie zwei Praktika von acht und zwölf Wochen zu absolvieren. Ob sie bereits das achtwöchige Praktikum abgeleistet hat, ist unklar. Jedenfalls aber fehlt das zwölfwöchige Praxismodul, und offenbar erweist es sich auch als sehr schwierig, für die Antragstellerin überhaupt einen Praktikumsplatz zu finden. Darüber hinaus ist noch eine Bachelor-Arbeit zu fertigen, wofür an der Fachhochschule M im Bachelor-Studienprogramm Angewandte Medienwirtschaft nochmals zehn Wochen veranschlagt sind. Angesichts der Ungewissheit, wann die Antragstellerin ihr Praktikum wird ableisten können und wie lange sie tatsächlich für die ihr – nach eigenen Angaben – nicht leicht von der Hand gehende Abschlussarbeit benötigen wird, fehlt es gerade an dem erforderlichen objektiven Beleg dafür, dass die Antragstellerin ihr Studium in absehbarer Zeit erfolgreich zum Ende bringen wird.

Im Übrigen bestehen hier durchaus Zweifel daran, ob der Abschluss des Studiums der Antragstellerin unverschuldet an Mittellosigkeit zu scheitern droht. Denn unabhängig vom Ausgabeverhalten der Antragstellerin in der Zeit ab dem 01. November 2009 ist insoweit insbesondere zu beachten, dass sich ihr Studium nicht aufgrund unvorhergesehener Ereignisse wie z.B. wegen einer plötzlichen schweren Erkrankung verzögert hat. Auch ist die finanzielle Absicherung bei objektiver Betrachtung nicht kurz vor dem Studienende überraschend entfallen. Vielmehr hatte die Antragstellerin bereits bei Aufnahme der – sehr kostspieligen - Ausbildung ein Alter erreicht, das eine Förderung nicht unbedingt selbstverständlich erscheinen lassen konnte. Es hätte insoweit ihr oblegen, sich nicht nur über die Zahlung der Studiengebühren Gedanken zu machen, sondern auch sicher zu stellen, wovon ihr Lebensunterhalt während des Studiums finanziert werden soll. Dies hat sie offenbar nicht in dem gebotenen Umfang getan, wie ihre Angaben, dass sie erst zu spät festgestellt habe, keine Leistungen nach dem BAföG erhalten zu können, belegen. Es ist hier von Anfang an absehbar gewesen, dass spätestens ab Eintritt in das 5. Studiensemester jedenfalls nach dem SGB II keine Unterstützungsleistungen gezahlt werden könnten.

Soweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein besonderer Härtefall auch daraus resultieren kann, dass die konkrete Ausbildung bei objektiver Betrachtung die einzige Chance darstellt, Zugang zum Erwerbsleben zu erhalten (BSG, Urteile vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 28/06 R – zitiert nach juris, Rn. 37, vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R – zitiert nach juris, Rn. 21), liegen auch diese Voraussetzungen nicht vor. Die Antragstellerin verfügt bereits über eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung, die gleichermaßen für Männer wie für Frauen Zugang zum Erwerbsleben öffnet.

Schließlich kann die Antragstellerin auch nicht ersatzweise einen Zuschuss zu ihren ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II beanspruchen. Sie ist keiner der Fallgruppen zuzuordnen, für die der Gesetzgeber den armutsfesten Ausbau des BAföG vorgesehen hat (vgl. BT-Drucksache 16/1410, S. 24 zu Nr. 21 Buchstabe d). Ihr wird gerade kein Studenten-Bafög gewährt.

Hat die Antragstellerin nach alledem keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob das Sozialgericht die ihr im angefochtenen Beschluss zugesprochenen Leistungen der Höhe nach zutreffend berechnet hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Der Antrag des Antragsgegners nach § 199 Abs. 2 SGG hat sich mit dieser Entscheidung erledigt.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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