L 18 AL 306/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 62 AL 2152/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 306/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Berechtigung der Klägerin zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.

Die Klägerin, geboren 1951, hat einen am 1988 geborenen Sohn. Ausweislich des Bescheides der ehemaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 01. August 2005 ist als letzter Pflichtbeitragsmonat für die Klägerin der März 1989 ausgewiesen. Im Anschluss ist noch eine Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 27. März 1992 bis 05. Juli 1992 vorgemerkt. Ab 01. September 1994 war die Klägerin an der V-Volkshochschule im Bereich "Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache" als freie Mitarbeiterin tätig (Bescheinigung des Bezirksamts S von B vom 20. Mai 1998).

Am 21. Februar 2006 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung und gab an, die freiwillige Weiterversicherung solle am 21. Februar 2006 beginnen, "weil sie ab diesem Zeitpunkt als Selbständiger mit mehr als 15 Stunden wöchentlich tätig" sei. Auf dem Antragsformular befindet sich ein Vermerk der Beklagten folgenden Inhalts: "Selbständigkeit ab 1. 9. 94, auf Ablehnung hingewiesen." Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24. Februar 2006 ab mit der Begründung, dass die Klägerin innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden oder eine Entgeltersatzleistung bezogen habe. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2006).

Die auf Zulassung zur freiwilligen Weiterversicherung unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Gerichtsbescheid vom 15. Februar 2007 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheides folge und dies in seiner Entscheidung feststelle. Das Gericht folge den zutreffenden Gründen aus den angefochtenen Bescheiden. Das Klageverfahren gebe lediglich noch Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass die Geburt des Kindes der Klägerin im Jahr 1988 und die damit verbundene Aufgabe eines Versicherungspflichtverhältnisses nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Berechtigung ergäben, ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 28 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) zu begründen, jedenfalls dann nicht, wenn seit der Geburt des Kindes bzw. seit der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit ca. 18 Jahre vergangen seien.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie verweist vollinhaltlich auf ihre Widerspruchsbegründung und ihr Vorbringen erster Instanz. Im Übrigen trägt sie vor, dass offenbar eine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliege, da die Voraussetzungen allesamt vorlägen mit der einzigen Ausnahme, dass sie vor Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit lediglich nicht versicherungspflichtige Erziehungsarbeit geleistet habe. Der Gesetzgeber könne nicht ernsthaft diesen Sachverhalt wissentlich ausgeklammert haben.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie zur freiwilligen Weiterversicherung zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach überzeugenden Ausführungen in dem Gerichtsbescheid.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung, dass sie zur freiwilligen Weiterversicherung bzw. Antragspflichtversicherung nach § 28 a SGB III berechtigt ist. Denn die Voraussetzungen für die Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag nach dieser Vorschrift liegen nicht vor. Nach § 28 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III können Personen, die eine selbstständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben, ein Versicherungspflichtverhältnis bei der Beklagten auf Antrag begründen. Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist nach § 28 a Abs. 1 Satz 2 SGB III, dass 1. der Antragsteller innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts des SGB III gestanden, eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt hat, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach dem SGB III unterbrochen hat, und 2. der Antragsteller unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts des SGB III gestanden, eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt hat, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach dem SGB III unterbrochen hat und 3. Versicherungspflicht nach den §§ 26, 27 SGB III anderweitig nicht besteht. Gemäß dem Satz 3 des § 28 a Abs. 1 SGB III muss der Antrag spätestens innerhalb von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, gestellt werden.

Der von der Klägerin am 21. Februar 2006 gestellte Antrag auf freiwillige Weiterversicherung ist zwar unter Berücksichtigung der in § 434 j Abs. 2 SGB III getroffenen Übergangsregelung noch als rechtzeitig gestellter Antrag zu werten. Es fehlt indes an den in § 28 a Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 SGB III normierten Tatbestandsvoraussetzungen für ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag. Denn die Klägerin hatte ausweislich des Versicherungsverlaufs der ehemaligen BfA vom 01. August 2005 innerhalb der letzten 24 Kalendermonate vor Aufnahme ihrer Tätigkeit an der V-Volkshochschule am 01. September 1994 nicht mindestens 12 Kalendermonate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und sie hatte auch keine Entgeltersatzleistungen nach den Vorschriften des SGB III bezogen oder aber eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt. Nach ihrem eigenen Vorbringen hatte sie sich vielmehr ausschließlich der Erziehung ihres am 1988 geborenen Kindes gewidmet. Damit fehlt es an den Voraussetzungen des § 28 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III.

Die Klägerin hatte im Übrigen ausweislich des vorliegenden Versicherungsverlaufs des zuständigen Rentenversicherungsträgers auch nicht unmittelbar vor Aufnahme ihrer Tätigkeit als Volkshochschuldozentin am 01. September 1994 in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des SGB III gestanden, sie hatte keine Entgeltersatzleistungen nach den Vorschriften des SGB III unmittelbar vorher bezogen und sie hatte auch nicht eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III sind mithin nicht erfüllt.

Soweit die Klägerin mit der Berufung rügt, dass offenbar eine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliege und darauf verweist, dass sie vor Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtige Erziehungsarbeit für ihren 1988 geborenen Sohn geleistet habe, erfordert dieses Vorbringen keine andere Beurteilung. Eine Regelungslücke liegt schon deshalb nicht vor, weil der Gesetzgeber mit der Einführung des am 01. Februar 2006 in Kraft getretenen § 28 a SGB III auf Grund des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I, 2848) wegen der Inbezugnahme des § 26 SGB III in § 28 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III Versicherungspflichtzeiten auf Grund der Kindererziehung ausdrücklich mit einbezogen hat. Dass nach § 26 Abs. 2 a SGB III Versicherungspflicht für Personen, die das Kind erziehen, nur bis zu dem Zeitpunkt besteht, in dem das Kind das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beinhaltet eine gesetzgeberische Entscheidung, die einen Verstoß gegen Verfassungsrecht nicht erkennen lässt. Insofern besteht z. B. Übereinstimmung mit den für die gesetzliche Rentenversicherung in § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) normierten Kinderziehungszeiten, die ebenfalls nur die ersten 3 Lebensjahre des Kindes umfassen (zur Verfassungsmäßigkeit der Differenzierung nach dem Lebensalter des Kindes und einer insoweit nicht bestehenden Gesetzeslücke vgl.: BSG, Urteil vom 04. September 2003 – B 11 AL 9/03 R= SozR 4-4300 § 124 Nr 1; die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen – BVerfG, Beschluss vom 25. November 2004 – 1 BvR 2303/03 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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