L 5 KR 12/08

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 11 KR 772/04.K
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 12/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 73/10 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Im Streitfall ist die Krankenkasse verpflichtet, den betroffenen Vertrag über die integrierte Versorgung vorzulegen, um die Prüfung zu ermöglichen, ob der Vertrag überhaupt eine integrierte Versorgung zum Gegenstand hat.
2. Die nach § 140d SGB V einbehaltenen Mittel müssen nach den plausiblen prognostischen Berechnungen der Krankenkasse zur Umsetzung einer konkreten integrierten Versorgungsform erforderlich sein.
3. Die Prozesszinsen für den Rückzahlungsanspruch des Krankenhauses betragen zwei Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer geändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 490,46 EUR zur Rückzahlung der Einbehalte aus den vorgelegten Rechnungen 1 bis 215 (gemäß Rechnungsaufstellung der Klägerin vom 18.06.2007) nebst Zinsen von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt 96 v.H., die Beklagte 4 v.H. der Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Rechnungskürzungen für Krankenhausbehandlungen zum Zwecke der Finanzierung integrativer Versorgungsformen.

Die Klägerin ist Rechtsträgerin des St. V -Krankenhauses S , eines nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Dessen Rechnung vom 06.09.2004 für eine Behandlung des Versicherten der Beklagten H B vom 23.08.2004 bis 31.08.2004 über 3.029,93 EUR beglich die Beklagte lediglich in Höhe von 3.026,81 EUR und begründete die Kürzung um 3,12 EUR mit dem Abzug eines Vergütungsanteils von 0,10 % wegen eines von ihr abgeschlossenen Vertrages zur integrierten Versorgung gemäß § 140 d SGB V. Die diesbezüglich von der Klägerin beigezogene Auskunft der gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140 d SGB V (Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH BQS) vom 17.06.2004 (Bl. 9 ff. PA) weist aus, dass der von der Beklagten gemeldete Vertrag neurochirurgische Leistungen in Kooperation zwischen den niedergelassenen Ärzten Dres. H und L sowie dem Landesverein für Innere Medizin in der Pfalz e.V. als Träger des E Krankenhaus B beginnend ab 01.01.2004 mit unbefristeter Laufzeit zum Gegenstand hat, wobei der Abzug ab dem 01.06.2004 zu einer Rechnungskürzung in den Bezirken der (früheren) Kassenärztlichen Vereinigungen Pfalz, Trier, Rheinhessen und Koblenz führte. Zu Grunde liege ein geschätztes Vergütungsvolumen zur Finanzierung von Leistungen aus §§ 140 a ff. SGB V in Höhe von 191.000,00 EUR bei einer geschätzten Anzahl der teilnehmenden Versicherten von 65.

Mit ihrer am 23.12.2004 zum Sozialgericht Speyer (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst nur den Kürzungsbetrag bezüglich der Rechnung von 06.09.2004 in Höhe von 3,12 EUR nebst Zinsen eingeklagt. Am 08.02.2007 und 23.04.2007 hat sie die Klage auf zuletzt 12.084,67 EUR nebst Zinsen erweitert und insgesamt 1.007 Krankenhausrechnungen aufgelistet, die die Beklagte gekürzt hat. Gemäß Aufstellung der Klägerin vom 18.06.2007 (Bl. 132 ff. Prozessakte PA ) betreffen insgesamt 215 Rechnungen zwischen dem 15.06.2004 und dem 18.01.2005 Abzüge um jeweils 0,10 mit einem Kürzungsbetrag von insgesamt 653,95 EUR. Die weiteren Rechnungen enthalten höhere Abzugsquoten zwischen 0,20 % und 0,86 %. Der Klageerweiterung hat die Beklagte ausdrücklich widersprochen. Die Klägerin hat geltend gemacht, da alle am Vertrag beteiligten Leistungserbringer ihren Sitz im Bereich der KV Pfalz hätten sei eine Einbeziehung der weitern KV-Bezirke unzulässig, so dass sowohl das Vergütungsvolumen als auch die Zahl der Versicherten falsch kalkuliert seien. Der ermittelte Kürzungsbetrag von 0,10 % sei nicht nachvollziehbar, die Beklagte müsse ihre Berechnung sowie den zu Grunde liegenden Vertrag offen legen. Die Beklagte hat eingewandt, das Gesetz sehe lediglich eine Plausibilitätskontrolle vor, die auf Grund der der BQS gemeldeten Vertragsdaten möglich sei. Sie hat die rechnerische Kalkulation der Kürzungsquote mit Schriftsätzen von 23.04.2007 (Bl. 151 ff. PA) sowie 18.05.2007 (Bl. 167 ff. PA) dargelegt. Wegen der Wettbewerbsrelevanz habe sie im Übrigen ein erhebliches schützenswertes Interesse an der Nichtveröffentlichung der Vertragsinhalte.

Durch Urteil vom 14.12.2007 hat das SG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 653,95 EUR zur Rückzahlung der Einbehalte aus den vorgelegten Rechnungen 1 bis 215 (gemäß Rechnungsaufstellung der Klägerin vom 18.06.2007) nebst Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klageerweiterung sei überwiegend unzulässig. Die Beklagte habe ihr widersprochen, ohne sich zuvor mündlich oder schriftlich eingelassen zu haben. Nur in Höhe eines Gesamtwertes von 653,95 EUR bezüglich der Einbehaltungsbeträge betreffend die Rechnungen 1 bis 215 vom 15.06.2004 bis 18.01.2005 der Aufstellung vom 18.06.2007 sei die Klageerweiterung im Sinne des § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sachdienlich. Aus den vorgelegten weiteren Rechnungen ergebe sich nicht der Abzugsanteil in Euro, der mit dem vorliegenden, zunächst angegriffenen Vertrag zur integrierten Versorgung begründet wird. Soweit die Klägerin alle Verträge zur integrierten Versorgung der Beklagten in der Region Rheinland-Pfalz bzw. den gesamtem auf Grund dieser Verträge kalkulierten Rechnungsabzug angreife, hätte sie dies allenfalls unter Nennung der betroffenen Verträge und unter Aufschlüsselung der auf die einzelnen Verträge entfallenden Abzugsbeträge tun dürfen. Hinsichtlich des Betrags von 653,95 EUR nebst Zinsen sei das zulässige Klagebegehren auch begründet, da die Erforderlichkeit des Einbehalts nach § 140 d SGB V nicht hinreichend belegt sei. Die in Rechnung gestellten Vergütungsforderungen seien zwischen den Beteiligten rechnerisch und sachlich nicht umstritten. Rechtsgrundlage der Vergütungsansprüche sei § 109 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V i.V.m. dem am 01.01.2000 in Kraft getretenen Krankenhausbehandlungsvertrag (KBV) nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V zwischen der Rheinland-pfälzischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen. Der hiervon von der Beklagten vorgenommene Einbehalt in Höhe von jeweils 0,10 % lasse sich nicht auf § 140 d Abs. 1 Satz 1 SGB V in der vom 01.01.2004 bis 31.12.2006 geltenden Fassung rechtfertigen. Danach habe jede Krankenkasse zur Förderung der integrierten Versorgung in den Jahren 2004 bis 2006 (später gesetzlich verlängert bis einschließlich 2008) jeweils Mittel bis zu 1 v.H. von der nach § 85 Abs. 2 SGB V an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichtenden Gesamtvergütung sowie von den Rechnungen der einzelnen Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Versorgung einzubehalten, soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140 b SGB V geschlossenen Verträgen erforderlich sind. Voraussetzung sei mithin das Vorliegen eines Vertrages nach § 140 b SGB V zur integrierten Versorgung gemäß § 140 a SGB V und die Notwendigkeit des Einbehalts zur Förderung eines solchen Vertrages. Der Einbehalt sei dem Grunde und der Höhe nach nur nachvollziehbar, wenn sich neben der rechnerischen Vorgehensweise auch überprüfen lasse, ob die Kürzungsquote überhaupt durch einen Vertrag zur integrativen Versorgung veranlasst worden ist und wenn auch die tatsächlichen Grundlagen der Kalkulation auf ihre Plausibilität hin überprüft werden könnten. Dies sei ohne die Vorlage des Vertrages nicht möglich. Damit ließen sich vorliegend die tatsächlichen Umstände, die der Kalkulation des Einbehalts der Beklagten zu Grunde liegen, nicht feststellen und überprüfen. Allein die der BQS zu meldenden Daten seien unzureichend, um den Einbehalt dem Grunde und der Höhe nach nachvollziehbar zu machen. Die notwendige Vertragsprüfung habe die Beklagte unmöglich gemacht, weil sie den Vertrag trotz entsprechender Aufforderung nicht in prozessual verwertbarer Form vorgelegt habe. Sie treffe aber die objektive Beweislast (Feststellungslast), dafür, dass sie zum Einbehalt berechtigt gewesen sei. Schließlich stehe der zulässigen Klageforderung auch nicht die Neuregelung des § 140 d Abs. 1 SGB V entgegen, der in seiner seit dem 01.01.2007 geltenden Neufassung eine Rückzahlung der in den Jahren 2004 bis 2006 von den Vergütungsforderungen der Krankenhäuser einbehaltenen Beträge zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung ausschließe, auch wenn sie nicht verwendet worden seien. Diese Regelung betreffe nur solche Geldmittel, die die Krankenkassen in rechtmäßiger Weise einbehalten hätten und dennoch nicht verwenden konnten.

Gegen das ihnen am 14.01.2008 zugestellte Urteil haben die Klägerin am 12.02.2008 und die Beklagte am 13.02.2008 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat den in Rede stehenden "Vertrag zur integrierten Versorgung nach §§ 140 a ff. SGB V über neurochirurgische Leistungen in Rheinland-Pfalz" zwischen der Neurochirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. H und L , dem Landesverein für Innere Mission in der Pfalz Träger des Evangelischen Krankenhauses B und u.a. der Beklagten im Februar 2009 vorgelegt (Bl. 382 ff. PA).

Die Klägerin macht geltend, die Klageerweiterung, mit der sie alle Rechnungskürzungen der Beklagten wegen integrierter Versorgung in der Zeit bis 17.01.2007 geltend mache, sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts gänzlich zulässig. Die Beklagte habe im genannten Zeitraum mehrfach die Kürzungssätze geändert, wobei sie die Klägerin die Berechtigung dieser Kürzungen ohne Einsichtnahme in alle Verträge nicht prüfen könne. Demnach sei die Klageerweiterung sachdienlich. Die Klägerin hat Auskünfte der BQS über alle von der Beklagten abgeschlossenen Verträge zur integrierten Versorgung vorgelegt. Im Hinblick auf den von der Beklagten vorgelegten Vertrag über neurochirurgische Leistungen wendet sie ein, aus den vertraglichen Regelungen in ihrer Gesamtheit ergebe sich bereits, dass es sich bei den vereinbarten Leistungen um solche ambulanter Art handele, wobei im Komplikationsfall der Patient stationär aufgenommen werde. Dies beinhalte kein neues Versorgungsangebot im Sinne einer sektorübergreifenden integrierten Versorgung. Im Übrigen habe die Beklagte bisher nicht dezidiert dargelegt, inwieweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung des von ihr geschlossenen Vertrages im Sinne des § 140 d Abs. 1 SGB V "erforderlich sind": Es sei äußerst fraglich, ob die von der Beklagten kalkulierten 65 Patienten sich der entsprechenden Behandlung unterziehen, die ambulant ausgerichtet sei, obwohl nach Auffassung der Beklagten eine stationäre Versorgung angezeigt wäre. Das Einzugsgebiet der Leistungen sei zu groß bemessen, da wohl kaum Patienten aus dem Raum Trier und dem Raum Koblenz nach B zur ambulanten Behandlung anreisen würden. Selbst bei Zugrundelegung der von der Beklagten kalkulierten 65 Versicherten ergebe sich zudem nach Maßgabe der Vergütungsregelung der Anlage 1 des Vertrages das von der Beklagten kalkulierte Vergütungsvolumen von 191.000 EUR nicht. Zumindest für das Jahr 2004 komme zudem nur ein unterjähriger Abzug in Betracht, weil der Vertrag erst im Laufe des Jahres abgeschlossen worden sei.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.12.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 11.430,72 EUR nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.12.2007 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie führt aus, das SG habe die Klageerweiterung der Klägerin zu Recht ganz überwiegend abgewiesen, diese bleibe unzureichend substanziiert. Ihre Verurteilung sei im Übrigen zu Unrecht erfolgt, zu einer Offenlegung des Vertrags sei sie nicht verpflichtet. Nach Vorlage des Vertrages macht sie geltend, dieser beinhalte einen solchen der integrierten Versorgung gemäß §§ 140 a d SGB V und sei, anders als die Klägerin meine, kein Vertrag der allein im ambulanten Bereich verbleibe. Der Vertrag verknüpfe die Leistungssektoren ambulante und stationäre Versorgung miteinander. Die Versicherten hätten auf Grund des Vertrages die Wahl, ob sie sich (nach entsprechender Diagnosestellung) zur vollstationären Krankenhausbehandlung einweisen lassen oder den Vertragspartner des Vertrages, die neurochirurgische Gemeinschaftspraxis, aufsuchen und sich im Rahmen des neu geschaffenen Versorgungsangebotes behandeln lassen. Für diese Behandlung würden von der Arztpraxis Geräte, Räume und Personal des Krankenhauses gegen eine Pauschale "entliehen", abgerechnet werde mit der jeweiligen Krankenkasse eine einheitliche Pauschale; die übliche Vergütung des Krankenhauses über DRG falle weg. Die Beziehung zwischen der Arztpraxis und dem Krankenhaus basiere auf einem bereits im Jahre 2002 geschlossenen Vertrag anlässlich der damals begonnenen Zusammenarbeit bei ambulanten Leistungen, der in einen solchen der integrierten Versorgung überführt worden sei. Soweit im Sprachgebrauch der vertraglichen Regelungen von "ambulant" durchführbaren Leistungen gesprochen werde, sei gemeint, dass Ärzte aus dem ambulant-vertragsärztlichen Bereich den Eingriff allerdings im Krankenhaus durchführten. Tatsächlich handele es sich um eine Mischform mit ambulanten und stationären Elementen. Nach Überprüfung der Kalkulation des Vertrages sei der Einwand der Klägerin richtig, dass sich das errechnete Vergütungsvolumen von 191.000,00 EUR nicht auf eine geschätzte Anzahl von 65 teilnehmenden Versicherten gründen könne. Sie, die Beklagte, sei insoweit lediglich von mehr teilnehmenden Versicherten ausgegangen als sie der BQS gemeldet habe. Hieraus könne nicht etwa geschlossen werden, dass sie mehr Mittel einbehalten habe, als zur Umsetzung des Integrationsvertrages erforderlich gewesen sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten Bezug genommen. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, diejenige der Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
1. Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, ihre Klageerweiterungen vom 08.02.2007 und 23.04.2007 seien vom SG zu Unrecht überwiegend als unzulässig zurückgewiesen worden. Die Klageänderungen, denen die Beklagte widersprochen hatte, waren in vom SG zurückgewiesenen Umfang aus den Gründen der Entscheidung des Sozialgerichts nicht sachdienlich im Sinne des § 99 SGG. Ob eine Klageänderung als sachdienlich bewertet wird, steht im Ermessen des Gerichts. Nicht sachdienlich ist eine Klageänderung insbesondere, wenn sie dazu führt, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 99 Rn. 10 a). Vorliegend hat die Klägerin zunächst nur Klage wegen des Einbehalts in Höhe von 3,12 EUR bezüglich einer konkreten Krankenhausrechnung erhoben und diese mit Einwänden gegen den diesem Einbehalt zu Grunde liegenden "Vertrag zur integrierten Versorgung nach §§ 140 a ff. SGB V über neurochirurgische Leistungen in Rheinland-Pfalz" zwischen der Neurochirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. H und L und dem Landesverein für Innere Mission in der Pfalz e.V. als Träger des Evangelischen Krankenhauses B sowie der Beklagten begründet. Die von der Klägerin begehrte Einbeziehung aller weiteren Einbehalte der Beklagten von einer Vielzahl von Krankenhausrechnungen bis zum 17.01.2007 auf Grund völlig anderer Verträge zur integrierten Versorgung ohne Aufschlüsselung der Abzugsbeträge würde den Rechtsstreit insoweit auf eine völlig andere Grundlage stellen und erweist sich daher als nicht sachgerecht. Der Berufung der Klägerin bleibt daher der Erfolg versagt.

2. Die von der Beklagten angegriffene Verurteilung zur Zahlung eines Betrages von 653,95 EUR nebst Zinsen durch das SG ist größtenteils zu Recht erfolgt, denn die zu Grunde liegenden Einbehalte erweisen sich nur teilweise im Sinne des § 140 d Abs. 1 Satz 1 SGB V (a.F.) zur Finanzierung eines Vertrages nach § 140 b SGB V als erforderlich.
Auf der Grundlage des § 140 b Abs. 1 Satz 1 SGB V sind Krankenkassen nur berechtigt Vergütungsanteile von den Rechnungen der einzelnen Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Versorgung zur Finanzierung konkreter Integrationsverträge einzubehalten. Das ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus der Wendung der Vorschrift, "soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140 b geschlossenen Verträgen erforderlich sind." Mit dieser Regelung wäre es nicht vereinbar, dass Krankenkassen pauschal und ohne näheren Hinweis auf Inhalt und finanzielles Volumen von Integrationsverträgen zunächst Vergütungsbestandteile einbehielten und allenfalls auf der Grundlage des § 140 d Abs. 1 Satz 5 SGB V nach drei Jahren (ganz oder anteilig) zurückerstatteten (BSG 06.02.2008 B 6 KA 27/07 R, juris Rn. 12). Hieraus ergibt sich, dass im Streitfall der Inhalt der von den Krankenkassen geschlossenen Verträge daraufhin zu überprüfen ist, ob überhaupt ein Vertrag vorliegt, der eine integrierte Versorgung zum Gegenstand hat. Denn die gemeinsame Registrierungsstelle (BQS) prüft weder, noch stellt sie verbindlich fest, dass ein Vertrag im Sinne des § 140 a Abs. 1 SGB V vorliegt. Die erforderliche Überprüfung hat die Beklagte erst im Berufungsverfahren mit der Vorlage des genannten Vertrages über neurochirurgische Leistungen in Rheinland-Pfalz ermöglicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dieser Vertrag ein solcher zur integrierten Versorgung im Sinne des § 140 a Abs. 1 Satz 1 SGB V. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. nur BSG 06.02.2008 B 6 KA 27/97 R, juris) sind neben dem Erfordernis der leistungssektorenübergreifenden Versorgung, wie sie hier in Rede steht, Verträge der in § 140 b Abs. 1 SGB V i.d.F. des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190) genannten Vertragspartner nur dann solche der integrierten Versorgung, wenn durch sie auch Leistungen, die bislang Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind, künftig ersetzt werden. Integrierende Versorgungsformen umfassen nach der Konzeption des Gesetzes regelmäßig die ambulante Versorgung durch Vertragsärzte und die voll- oder teilstationäre Behandlung im Krankenhaus. Dabei tritt an die Stelle einer vom Vertragsarzt auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnenden ambulanten Behandlung, die im Bedarfsfall (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V) durch eine auf der Grundlage des Krankenhausentgeltgesetzes von der Krankenkasse zu vergütende stationäre Behandlung ergänzt wird, fakultativ ein einheitliches Versorgungsangebot, das insgesamt auf der Grundlage des § 140 c Abs. 1 SGB V nach vertraglichen Vereinbarungen vergütet wird. Bei einer Gesamtbetrachtung der Regelungen müssen die Behandlungsleistungen, die im Rahmen der integrierten Versorgung erbracht werden, solche der Regelversorgung in der vertragsärztlichen oder in der stationären Versorgung zumindest überwiegend ersetzen. Finden die Behandlungsleistungen, die vertraglich näher geregelt werden, hingegen weiterhin im Rahmen der bisherigen Regelversorgung statt, ergibt sich im Gegenschluss daraus, dass kein Fall der integrierten Versorgung vorliegt. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer Versorgung außerhalb der Regelversorgung ist es, wenn den Leistungserbringern eine verschiedene Vergütungsregime überschreitende Budgetverantwortung obliegt, sie also z.B. für die Gesamtbehandlungsmaßnahmen eine Vergütungspauschale erhalten und die unterschiedlichen Regelungen über die Vergütung etwa in der vertragsärztlichen und in der stationären Versorgung dann nicht zur Anwendung kommen.

Vorliegend kann auf Grund des streitigen Vertrages über integrierte neurochirurgische Behandlungsleistungen die vollstationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten ersetzt werden. Diese haben die Wahl, ob sie sich in ein Krankenhaus einweisen und dort vollstationär behandeln lassen oder ob sie den Vertragspartner des Vertrages aufsuchen und sich im Rahmen des neu geschaffenen Versorgungsangebotes behandeln lassen. Die neurochirurgische Gemeinschaftspraxis rechnet mit der Beklagten eine einheitliche Pauschale ab und vergütet ihrerseits dem in die Leistungserbringung einbezogenen Krankenhaus die Nutzung von Räumlichkeiten, Geräten und Materialien sowie für das vom Krankenhaus zur Verfügung gestellte Personal (Anästhesist und Krankenpflegepersonal) pauschaliert. Es fallen somit anders als etwa bei einer belegärztlichen Tätigkeit Abrechnungen nach dem EBM-Ä und die übliche Vergütung des Krankenhauses über DRG weg. Dies beinhaltet nicht etwa, wie die Klägerin meint, eine Umgehung des Leistungs- und Vergütungsrechts unter dem Deckmantel der integrierten Versorgung, sondern verwirklicht mit der verschiedene Vergütungsregime überschreitenden Budgetverantwortlichkeit der neurochirurgischen Vertragspartner der Beklagten ein entscheidendes Element der integrierten Versorgung. Deren Ziele, nämlich u.a. die Vermeidung unnötiger Doppeluntersuchungen, von Koordinationsproblemen im Behandlungsablauf und von Wartezeiten, können durch ein derartiges Angebot erreicht werden.

Gleichwohl ist der von der Beklagten festgesetzte Einbehalt zur Finanzierung des "Vertrages zur integrierten Versorgung nach §§ 140 a ff. SGB V über neurochirurgische Leistungen in Rheinland-Pfalz" nur teilweise rechtmäßig. § 140 d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. räumte den Krankenkassen eine weitreichende Einschätzungsprärogative hinsichtlich des zu erwartenden Finanzbedarfs ein. Dies beruht darauf, dass es sich um die Einführung und Erprobung einer neuen Ausgestaltung der Leistungserbringung handelte, über die noch keine hinreichenden Erfahrungen vorhanden waren und die auch noch nicht strukturell verfestigt war. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass es nicht allein um die eigentliche Leistungserbringung und -vergütung ging, sondern auch um die Anschubfinanzierung eines neuen Systems. Gerade zu Beginn, im Jahre 2004, konnten nur grobe Schätzungen hinsichtlich des Finanzbedarfs angestellt werden, da dieser sich aus verschiedenen, in ihrer Größe nicht genau bestimmbaren Determinanten ergeben hat (vgl. Sächsisches LSG 24.06.2009 L 1 KR 76/08, juris Rn. 35). Es reicht daher aus, wenn die Mittel nach den plausiblen prognostischen Berechnungen der Krankenkasse zur Umsetzung einer konkreten integrierten Versorgungsform erforderlich sind (Baumann, in: juris PK-SGB V, § 140 d Rn. 23).

Vorliegend erweist sich danach der Einbehalt der Beklagten als deutlich zu hoch. Wie die Klägerin aufgezeigt und die Beklagte eingeräumt hat, ist das von der Beklagten zu Grunde gelegte Vergütungsvolumen von 191.000,00 EUR für den vorliegend in Rede stehenden Vertrag auf der Basis der von der Beklagten der BQS mitgeteilten prognostizierten Anzahl von 65 teilnehmenden Versicherten nicht nachvollziehbar. Soweit die Beklagte dies damit erklärt, es sei offensichtlich eine falsche Zahl an die BQS gemeldet worden und tatsächlich mit einer höheren Versichertenzahl kalkuliert worden, schließt sie dies lediglich aus der von der Klägerin zutreffend monierten Unrichtigkeit der bisherigen Kalkulation, ohne hierfür nachvollziehbare Belege vorzulegen. Dem Einwand der Klägerin, selbst die prognostizierte Anzahl von 65 teilnehmenden Versicherten sei fragwürdig, ist die Beklagte ebenfalls nicht substantiiert entgegengetreten. Berücksichtigt man, dass der 2004 von der Beklagten geschlossene hier in Rede stehende Vertrag zur integrierten Versorgung Bezug nimmt auf eine bereits im Jahre 2002 begonnene Zusammenarbeit bei ambulanten Leistungen zwischen der neurochirurgischen Arztpraxis und dem Evangelischen Krankenhaus B , so wäre es der Beklagten jedenfalls möglich gewesen, Erfahrungswerte aus der Inanspruchnahme der Leistungen in der Vergangenheit darzutun. Da die Beklagte eine plausible Kalkulation, die ein höheres Vergütungsvolumen des maßgeblichen Vertrags für die Jahre 2004 und 2005 rechtfertigen würde, nicht substantiiert hat, kann hinsichtlich der Kosten nur auf die Kalkulation der Beklagten für das Folgejahr 2006 zurückgegriffen werden. In diesem hat die Beklagte unter Berücksichtigung der nach Anlaufen des Vertrags gewonnenen Erfahrungen mit 25 teilnehmenden Versicherten, durchschnittlichen Behandlungskosten in Höhe von 1.900,00 EUR und einem resultierenden Vergütungsvolumen von 47.500,00 EUR kalkuliert, ohne dass dies nach Maßgabe der oben dargelegten Grundsätze zu beanstanden wäre. Ausgehend von einem Vergütungsvolumen von 47.500,00 EUR, mithin 25 v.H. des von der Beklagten im streitigen Zeitraum angesetzten Betrages, ist aber der Einbehalt in den Jahren 2004 und 2005 um 75 v.H. zu hoch gewesen, so dass die Berufung der Beklagten nur in Höhe von 163,49 EUR (25 v.H. des ursprünglichen Einbehaltes) Erfolg hat. Das Urteil des SG war dementsprechend zu ändern.

Auch die Zinsentscheidung des SG hat der Senat zu Gunsten der Beklagten geändert.

Der Zinsanspruch ergibt sich in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit §§ 291, 288 BGB und § 9 Abs. 7 KBV. Für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V die Zinsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, da der Gesetzgeber insoweit im SGB V keine speziellen Regelungen getroffen hat (BSG 08.09.2009 B 1 KR 8/09 R, juris Rn. 14). Die von der Klägerin geltend gemachten Prozesszinsen nach § 251 BGB können nicht höher sein als Verzugszinsen (Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 291 Rn. 1). Die nach § 291 Satz 2 in Verbindung mit § 288 BGB maßgeblichen Bestimmungen über die Höhe der Verzugszinsen sind dispositiv (Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 288 Rn. 28) und werden durch eine entsprechende vertragliche Regelung über die Höhe der Verzugszinsen verdrängt (BSG a.a.O. Rn. 22). Gemäß § 9 Abs. 7 KBV beträgt der für Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen maßgebliche Verzugszinssatz "zwei Prozent" über dem Basiszinssatz. Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass in Anlehnung an die gesetzliche Regelung in § 288 BGB "zwei Prozentpunkte" über dem Basiszinssatz gemeint sind (LSG Rheinland-Pfalz 03.04.2008 L 5 KR 109/07). Somit ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit gerechtfertigt. Die Rechtshängigkeit ist bezgl. eines Teilbetrags von 3,12 EUR am 23.12.2004 und bezgl. des Restbetrags von 487,34 EUR durch die Klageerweiterung am 08.02.2007 eingetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGB 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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