L 25 AS 1859/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 59 AS 6224/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 1859/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. August 2008 wird zurückgewiesen. Die auf vorläufige Leistungsgewährung gerichtete Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Anrechnung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) als Bedarf und ohne die Anrechnung von Einkommen auf ihren Bedarf.

Die 1947 geborene Klägerin ist seit geschieden und Mutter von zwei Kindern. Aufgrund Mietvertrages vom 23. September 1982 bewohnte sie ab September 1982 bis Mai 2008 eine 81,83 qm große Drei-Zimmer-Wohnung in der KstraßeB. Ab 1. April 2005 betrug die monatliche Bruttowarmmiete 684,78 EUR.

Die Klägerin bezog bis Ende 2004 vorübergehend Sozialhilfe. Das Bezirksamt S bewilligte ihr mit Bescheid vom 26. August 2004 Leistungen für KdUH unter Anerkennung der damaligen Bruttowarmmiete in Höhe von monatlich 663,53 EUR in voller Höhe als Bedarf. Mit Schreiben vom selben Tag erfolgte der Hinweis auf eine maximal angemessene Kaltmiete im Berliner Neubau in Höhe von 225 EUR und im Altbau in Höhe von 227,50 EUR zuzüglich angemessener Betriebs- und Heizkosten.

Seit dem 1. Januar 2005 bezieht die Klägerin fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. November 2006 gewährte ihr der Beklagte Leistungen für KdUH in Höhe der monatlichen Aufwendungen der Klägerin, für den Zeitraum ab 1. Mai 2006 erfolgte der Abzug einer monatlichen Warmwasserpauschale in Höhe von 9 EUR. Mit Schreiben vom 2. Mai 2006, gerichtet an U unter der Anschrift der Klägerin, teilte der Beklagte mit, dass die derzeitigen Wohnkosten für eine Person nicht angemessen seien und forderte unter Ankündigung der Absenkung der Zahlungen für die KdUH auf 360 EUR monatlich zur Senkung der Kosten bis zum 1. Dezember 2006 auf. Das Schreiben gelangte im Original nebst Umschlag an den Beklagten zurück. Nach einem auf dem Umschlag befindlichen Vermerk des Beklagten vom 22. Mai 2006 hat der Sohn der Klägerin das Schreiben zurückgebracht, weil sich "seine Mutter nicht angesprochen gefühlt habe".

Mit Bescheid vom 7. November 2006 gewährte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis 30. April 2007, wobei er für den Zeitraum ab 1. Dezember 2006 Leistungen für KdUH nur noch in Höhe von monatlich 360 EUR gewährte. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2006 zurück. Hiergegen ist beim Sozialgericht Berlin das Klageverfahren S 174 AS 524/07 anhängig.

Mit dem Antrag auf Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum ab 1. Mai 2007 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie voraussichtlich zum 1. September 2007 eine selbständige Erwerbstätigkeit als Leiterin eines Kindertheaterprojektes beim Förderverein He. V.(wieder) aufnehmen werde. Hierauf gewährte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 24. Mai 2007 vorläufigeLeistungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2007, hiervon monatlich einen Betrag in Höhe von 360 EUR für KdUH. Auf Antrag der Klägerin verpflichtete das Sozialgericht Berlin den Beklagten mit Beschluss vom 12. Juni 2007 – S 100 AS 524/07 ER – im Wege einstweiliger Anordnung, der Klägerin für den Zeitraum vom 13. April 2007 bis 31. August 2007 Leistungen für KdUH in Höhe von monatlich 513,59 EUR zu gewähren.

Auf den Antrag der Klägerin vom 5. Oktober 2007 gewährte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom selben Tag monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 in Höhe von insgesamt 387 EUR, davon einen Betrag in Höhe von 360 EUR für KdUH. Dabei berücksichtigte der Beklagte neben den KdUH als weiteren monatlichen Bedarf Regelleistungen in Höhe von 347 EUR und rechnete auf diesen Bedarf monatliches Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von 320 EUR an. In diesem Bescheid ist u. a. ausgeführt:

"Die Bewilligung ist nach § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i. V. m. § 328 SGB III nur vorläufig aufgrund des unterschiedlichen Einkommens ihrer Honorartätigkeit."

Gegen diesen Bescheid, dem ein Erläuterungsschreiben vom 5. Oktober 2007 zur vorläufigen Leistungsgewährung beigefügt war, legte die Klägerin am 15. Oktober 2007 Widerspruch ein, mit dem sie in Anknüpfung an den oben genannten Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juni 2007 die Bewilligung von Leistungen für KdUH in Höhe von 513,59 EUR, den Abzug von Betriebsausgaben vom Einkommen und die Nichtanrechnung von Einkommen für den Zeitraum vom 1. April bis 30. April 2008 begehrte. Auf den Antrag der Klägerin verpflichtete das Sozialgericht Berlin den Beklagten mit Beschluss vom 25. Oktober 2007 – S 100 AS 524/07 ER I – im Wege einstweiliger Anordnung, der Klägerin für den Monat Oktober 2007 unter Anrechnung bereits gezahlter Leistungen insgesamt 707 EUR zu zahlen und für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 504,78 EUR zu gewähren. Hierauf "gewährte" der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 9. November 2007 "in Umsetzung des Beschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung" Leistungen für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2007 in Höhe von 707 EUR und für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. Dezember 2007 Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 504,78 EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 2. Januar 2008 gewährte der Beklagte der Klägerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 5. Oktober 2007 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für

- den Zeitraum vom 1. November bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 740,44 EUR, hiervon einen Betrag in Höhe von 504,78 EUR für KdUH, - für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2008 in Höhe von 595,66 EUR, hiervon einen Betrag in Höhe von 360 EUR für KdUH und - für den Zeitraum vom 1. April bis 30. April 2008 in Höhe von 707 EUR, hiervon ebenfalls einen Betrag in Höhe von 360 EUR für KdUH.

Dabei rechnete der Beklagte bezogen auf den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. März 2008 auf den Regelbedarf der Klägerin Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 239,17 EUR an, zudem berücksichtigte er das Auslaufen des Honorarvertrages der Klägerin zum 31. März 2008 mit der Folge, dass für April 2008 kein Einkommen angerechnet wurde. In diesem Bescheid ist u. a. ausgeführt:

"Dieser Bescheid ist nach § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i. V. m. § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorläufig, da die Höhe (des) Einkommens nicht hinreichend bekannt ist".

Mit laut Abvermerk am 23. Januar 2008 mit einfachem Brief zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugegangen am 25. Januar 2008, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 zurück und führte im Rahmen der Sachverhaltsschilderung aus, der angegriffene Bescheid sei vorläufig ergangen, weil die Klägerin aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit unterschiedliche Einnahmen erziele. Des Weiteren wies er sowohl im Rahmen der Sachverhaltsschilderung (Seite 2 des Bescheides) als auch in der Begründung (Seiten 4 und 7 des Bescheides) darauf hin, dass der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November bis 31. Dezember 2007 monatliche Leistungen für KdUH in Höhe von 504,78 EUR lediglich in Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 25. Oktober 2007 – S 100 AS 524/07 ER I – zuerkannt worden seien; dies gelte nur bis zur endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren. Für den Zeitraum ab Januar 2008 sei insoweit nur noch die für einen 1-Personenhaushalt angemessene Bruttowarmmiete in Höhe von 360 EUR monatlich berücksichtigt worden.

Einen mit Schreiben vom 29. Januar 2008 erhobenen Widerspruch der Klägerin gegen den oben genannten Bescheid vom 2. Januar 2008, mit dem sie eine Neuberechnung der Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2007 begehrte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2008 als unzulässig zurück und führte zur Begründung aus, der Bescheid sei gemäß § 86 SGG Gegenstand des dem Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 zu Grunde liegenden Widerspruchsverfahrens geworden. Zugleich wertete der Beklagte den Widerspruch als Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 2. Januar 2008 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), den er mit Bescheid vom 28. Februar 2008 ablehnte.

Mit - am selben Tag bei dem Sozialgericht Berlin eingegangen - Schriftsatz vom 21. Februar 2008 hat die Klägerin Klage "wegen Kosten der Unterkunft" erhoben, mit der sie sinngemäß die Gewährung von zusätzlichen Leistungen für KdUH in Höhe der Differenz zwischen den von ihr – unter Berücksichtigung einer Warmwasserpauschale in Höhe von 9 EUR monatlich – geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von monatlich 675,78 EUR und den von dem Beklagten bewilligten monatlichen Leistungen für KdUH in Höhe von 504,78 EUR für den Zeitraum vom 1. November bis 31. Dezember 2007 und 360 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2008 begehrt und insoweit zur Begründung ausführt, dass die Prüfung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen habe; hierbei habe allein das Wohnungsangebot im Stadtteil ZBerücksichtigung zu finden. Zudem habe sie der Beklagte nicht ordnungsgemäß zur Kostensenkung aufgefordert. Sie habe das Aufforderungsschreiben vom 2. Mai 2006 wegen der falschen Adressierung nie zur Kenntnis genommen. Da sie bereits das 60. Lebensjahr vollendet habe, könne ihr zudem ein Umzug wegen der langjährigen Wohndauer nicht mehr zugemutet werden. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 ausgeführt habe, die Gewährung der Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. Dezember 2007 in Höhe von monatlich 504,78 EUR sei lediglich in Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 25. Oktober 2007 – S 100 AS 524/07 ER I – erfolgt, ergebe sich dies jedenfalls nicht aus dem Bescheid vom 2. Januar 2008.

Mit am 16. Mai 2008 beim Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz vom 15. Mai 2008 begehrt die Klägerin darüber hinaus die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne die Anrechnung von Einkommen, hilfsweise unter Berücksichtigung der Kosten ihres Arbeitszimmers als Betriebsausgabe. Zur Zulässigkeit dieses Begehrens hat sie unter Hinweis auf § 123 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vorgetragen, dieses sei bereits von der Klageschrift vom 21. Februar 2008 mit umfasst. Zur Begründetheit des Begehrens hat sie vorgetragen, sie habe 2007 Einnahmen in Höhe von 3.800 EUR erzielt. Diese seien zu gleichen Teilen auf die Monate des Kalenderjahres aufzuteilen. Von dem danach zu berücksichtigenden Einkommen seien Beiträge zur Künstlersozialversicherung und Betriebsausgaben sowie ein Freibetrag von 100 EUR abzusetzen, so dass kein anzurechnendes Einkommen verbleibe. Soweit die geltend gemachten Betriebskosten nicht berücksichtigungsfähig seien, seien zusätzlich die Aufwendungen für ein in ihrer Wohnung befindliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. August 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und entschieden, dass die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten haben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig, soweit die Klägerin nunmehr auch die Gewährung höherer Regelleistungen begehre. Denn zum Zeitpunkt des Eingangs des entsprechenden Schriftsatzes vom 15. Mai 2008 sei die einmonatige Klagefrist bereits abgelaufen gewesen. Mit der Klageschrift vom 21. Februar 2008 habe sich die Klägerin eindeutig ausschließlich gegen die Höhe der ihr bewilligten Leistungen für KdUH gewandt. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung seien nicht angemessen. Ausgehend von einer für einen 1-Personen-Haushalt angemessenen Wohnungsgröße von 50 qm ergebe sich eine angemessene Bruttowarmmiete in Höhe von 357 EUR. Wohnungen unterhalb der von dem Beklagten als angemessen angesehenen Kosten in Höhe von 360 EUR seien konkret verfügbar und zugänglich. Besondere Gründe, die vorliegend zu einem Anspruch auf Übernahme höherer Kosten führen könnten, lägen nicht vor. Der in der Regel sechs Monate dauernde Bestandsschutz nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sei abgelaufen.

Gegen den der Klägerin am 14. August 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 12. September 2008 Berufung eingelegt und trägt zur Begründung ergänzend im Wesentlichen vor, sie erstrebe mit der Klage die endgültige Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, hilfsweise mache sie einen Anspruch auf vorläufige Gewährung höherer Leistungen geltend. Nach eigener Recherche sei insbesondere im Ortsteil , aber auch im ehemaligen Bezirk Z und im Umkreis ihrer (alten) Wohnung von 5 km nur unzureichend angemessener Wohnraum verfügbar gewesen. Für die Zeit von April 2007 bis Januar 2008 sei ihr zudem aus familiären Gründen eine gesteigerte Wohnungssuche nicht zumutbar gewesen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. August 2008 abzuändern und den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 (zu verurteilen), der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 Kosten der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 675,78 EUR zu gewähren,

2. hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 Kosten der Unterkunft in rechtmäßiger Höhe zu gewähren,

3. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. August 2008 abzuändern und den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. Dezember 2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne Anrechnung von Einkommen zu gewähren,

4. hilfsweise, den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. Dezember 2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch unter Berücksichtigung des Arbeitszimmers als Betriebsausgabe zu gewähren,

5. hilfsweise, den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 zu verurteilen, der Klägerinfür den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Berücksichtigung des Arbeitszimmers als Betriebsausgabe zu gewähren.

6. hilfsweise, ihr die sich nach den vorgenannten Anträgen ergebenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorläufig zu gewähren.

7. weiter hilfsweise hierzu sie hinsichtlich ihrer sich aus den vorangestellten Anträgen ergebenden Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut vorläufig zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt zur Begründung vor, mit dem Schriftsatz vom 21. Februar 2008 habe die Klägerin den Streitgegenstand eindeutig auf Leistungen für KdUH beschränkt. Im Bezirk Ssei für die Klägerin hinreichend angemessener Wohnraum verfügbar gewesen. Die Klägerin habe auch, wie ihr Umzug zeige, eine angemessene Wohnung gefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin S 174 AS 524/07 , S 174 AS 524/07 ER I und S 100 AS 3072/08 ER und die beigezogenen Sozialhilfeakten des Bezirksamtes Sverwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die im Berufungsverfahren erhobene Klage auf vorläufige Leistungsgewährung, hilfsweise vorläufige Neubescheidung, ist unzulässig.

Gegenstand der Berufung ist das Klagebegehren, den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 monatlich höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Anrechnung höherer KdUH als Bedarf und ohne die Anrechnung von Einkommen auf ihren Bedarf endgültig zu gewähren.

Nicht Gegenstand der Berufung ist das (hilfsweise geltend gemachte) Begehren der Klägerin, den Beklagten unter Abänderung der vorgenannten Bescheide zu verurteilen, für den genannten Zeitraum vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren bzw. den Beklagten insoweit zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten. Denn dieses Begehren war nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Sozialgericht. Vielmehr hat die Klägerin dieses Begehren erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht, wobei sie (weiterhin) der Auffassung ist, dass der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden über ihren Leistungsanspruch endgültig entschieden hat. In ihrem - nach dem Inhalt der Klageschrift vom 21. Februar 2008 und des Schriftsatzes vom 15. Mai 2008 - von Anfang an eindeutig auf die endgültige Leistungsgewährung gerichteten Begehren ist nicht (als Minus) ein auf die vorläufige Bewilligung von Leistungen gerichtetes Begehren enthalten. Denn die von der Klägerin nunmehr (hilfsweise) begehrte vorläufige Gewährung höherer Leistungen nach § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i. V. m. § 328 SGB III ist ihrer Rechtsnatur nach etwas anderes als eine endgültige Leistungsbewilligung, ein so genanntes aliud. Denn sie knüpft nicht unmittelbar an die materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen der endgültigen Leistung an. Mit ihr wird lediglich eine Zwischenregelung im Hinblick auf die mutmaßlich zustehende Leistung getroffen, ohne die spätere endgültige Entscheidung inhaltlich zu präjudizieren (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch, SGB III, § 328 Rn. 56 m. w. N.). Dem ursprünglichen Klagebegehren entsprechend hat das Sozialgericht auch nur über die endgültige Leistungsgewährung entschieden. Demnach ist in den von der Klägerin im Berufungsverfahren neu gestellten und auf die vorläufige Bewilligung höherer Leistungen bzw. (hilfsweise) auf die vorläufige Neubescheidung gerichteten Anträgen eine Klageänderung zu sehen, die nach § 99 Abs. 2 des SGG zulässig ist, weil sich der Beklagte, ohne der Änderung zu widersprechen, auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

Die Klage ist insgesamt unzulässig.

Soweit die Klägerin die endgültige Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II begehrt (Anträge zu Nrn. 1-5), ist die hierauf gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG) unzulässig, weil die Klägerin nicht klagebefugt ist. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn die Klägerin behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein. Es muss demnach die Möglichkeit bestehen, dass die Klägerin durch den Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt ist. Das ist hier nicht der Fall, weil der Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid der Klägerin nur vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt hat. Somit fehlt es an einem Verwaltungsakt, der über die von der Klägerin begehrten endgültigen Leistungen entschieden hat. Ein solcher ist aber erforderlich, weil die endgültige Leistungsbewilligung – wie bereits oben ausgeführt – etwas anderes ist als die vorläufige Bewilligung von Leistungen (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Oktober 2009 – L 10 AS 654/09 NZB –, zitiert nach juris). Nach dem Inhalt des Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 erstreckt sich die Vorläufigkeit der Bewilligungsentscheidung sowohl auf die Regelleistungen als auch auf die bewilligten Leistungen für KdUH. Dies ergibt sich aus der Begründung des auf § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i. V. m. § 328 (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) SGB III gestützten Bescheides, wonach der Beklagte noch weitere Ermittlungen zur Höhe des von der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum erzielten Einkommens für erforderlich gehalten hat, welches ggf. sowohl auf den Regelbedarf als auch auf den Bedarf der Klägerin für KdUH mindernd anzurechnen ist. Eine endgültige Entscheidung über den streitgegenständlichen Leistungsantrag der Klägerin vom 5. Oktober 2007 ist unverändert nicht ergangen, insbesondere hat der Beklagte den Bescheid vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 nicht nach § 328 Abs. 2 SGB III für endgültig erklärt; einen entsprechenden Antrag hat die Klägerin auch nicht gestellt. Auch sonstige Umstände, aus denen die Klägerin hätte folgern dürfen, dass der Vorläufigkeitsvorbehalt entfallen war (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Oktober 2009 – L 10 AS 654/09 NZB –, a. a. O.), sind nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerin die endgültige Gewährung von höheren Regelleistungen im Sinne des § 20 Abs. 2 SGB II begehrt, ist die Klage im Übrigen auch deshalb unzulässig, weil sie insoweit nicht fristgerecht nach § 87 SGG erhoben ist. Gemäß § 87 Abs. 1 und Abs. 2 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2008 ist der Klägerin ausweislich des darauf befindlichen Eingangsstempels ihrer Prozessbevollmächtigten am 25. Januar 2008 tatsächlich zugegangen und gilt – sollte es insoweit auf die Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 SGB X überhaupt ankommen – (spätestens) als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, hier also als am 26. Januar 2008 bekannt gegeben. Die einmonatige Frist des § 87 SGG zur Erhebung der Klage gegen den mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 66 Abs. 1 SGG versehenen Widerspruchsbescheid begann gemäß § 64 Abs. 1 SGG mit dem Tag nach der Bekanntgabe, also spätestens dem 27. Januar 2008, zu laufen und lief gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG spätestens am 26. Februar 2008, einem Dienstag, ab. Zwar hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 am 21. Februar 2008 und somit innerhalb der Monatsfrist des § 87 SGG Klage erhoben. Das auf die Gewährung höherer Regelleistungen gerichtete Begehren war jedoch nicht bereits Gegenstand der Klageschrift vom 21. Februar 2008. Danach hat die anwaltlich vertretene Klägerin ausschließlich "wegen Kosten der Unterkunft" Klage erhoben und dementsprechend einen nur auf die Gewährung höherer Leistungen für KdUH gerichteten Klageantrag formuliert. Dieser Klageantrag ist insoweit eindeutig; auch die ausschließlich auf die Angemessenheit der KdUH bezogene Begründung der Klage lässt eine andere Beurteilung nicht zu. Die Begrenzung des Klagebegehrens auf die Gewährung von Leistungen für KdUH ist auch zulässig, weil es sich bei der Verfügung über Unterkunfts- und Heizkosten um eine abtrennbare Verfügung im Sinne eines Verwaltungsaktes nach § 31 SGB X des Gesamtbescheides handelt (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R –, zitiert nach juris). Erst mit dem am 16. Mai 2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 15. Mai 2008 und somit einige Zeit nach Ablauf der Klagefrist hat die Klägerin ihre Klage geändert und ihr Begehren auf die Gewährung höherer Regelleitungen erweitert. Diese im Wege der Klageänderung erhobene neue Klage, für die die allgemeinen Prozessvoraussetzungen ebenfalls gegeben sein müssen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 99 Rn. 13a m.w.N), war somit verspätet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG wegen Versäumung der Klagefrist ist der Klägerin nicht zu gewähren, weil sie diese weder beantragt hat noch Gründe für die Wiedereinsetzung ersichtlich sind.

Nach dem Vorstehenden ist schließlich auch die erst im Berufungsverfahren erhobene und auf die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bzw. (hilfsweise hierzu) auf vorläufige Neubescheidung ihres Leistungsantrages vom 5. Oktober 2007 gerichtete Klage unzulässig. Denn auch insoweit ist die Klage verfristet und der angegriffene Bescheid bestandskräftig geworden. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Denn ob eine auf endgültige Leistung gerichtete Klage unzulässig ist, wenn der Beklagte nur eine vorläufige Entscheidung getroffen hat, und ob eine auf endgültige Leistung gerichtete Klage eine auf vorläufige Leistung gerichtete Klage umschließt, ist bisher nicht geklärt und im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig.
Rechtskraft
Aus
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