Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2897/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1116/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer großen Witwenrente aus der Versicherung des am 1. Dezember 2005 verstorbenen Heinz E. R. (Versicherter).
Die am 1. März 1937 in I. geborene Klägerin lebte nach eigenen Angaben seit ca. 1979 mit dem Versicherten zusammen, in T. gemeldet ist sie seit 15. Februar 1986, seit 1. Januar 1996 unter der letzten Adresse des Versicherten (Bl. 73 LSG-Akte). Nach Angaben der Klägerin betrieben sie und der am 10. Januar 1933 in E. geborene, geschiedene Versicherte zusammen ein Abschleppunternehmen und einen Motorrollerladen. Die Klägerin bezieht seit 2002 Regelaltersrente in Höhe von 421,67 EUR netto monatlich ab 1. April 2005 und erzielt daneben aus einer Beschäftigung als Reinigungskraft Arbeitsentgelt in unterschiedlicher Höhe, im Jahr 2005 durchschnittlich in Höhe von knapp 740 EUR brutto monatlich. Der Versicherte bezog auf den erst am 29. Mai 2002 gestellten Antrag ab 1. Mai 2002 Regelaltersrente in Höhe von zuletzt 807,99 EUR netto monatlich.
Am 29. Dezember 2004 suchte der Versicherte den Hausarzt Dr. M. auf und klagte über Schluckstörungen und erhebliche Gewichtsabnahme von ca. 15 kg in den letzten Wochen. Am 3. Januar 2005 wurde beim Versicherten bei einer ambulant durchgeführten Magenspiegelung im Kreiskrankenhaus T. ein Magenkarzinom diagnostiziert und am 4. Januar 2005 bei einer Computertomographie multiple, bis 6 cm große hepatische Raumforderungen festgestellt. Nach der Vorstellung des Versicherten am 14. Januar 2005 im Zentrum für gastrointestinale Tumore in F. (ZGT) zur Therapieplanung wurde er am 27. Januar 2005 zur Einleitung einer palliativen Chemotherapie im Kreisklinikum T. aufgenommen. Diese führte anfangs zu einer partiellen Remission, ab Herbst 2005 kam es zu einer deutlichen Verschlechterung. Der Versicherte verstarb am 1. Dezember 2005 an den Folgen seiner Krebserkrankung.
Zuvor hatten die Klägerin und der Versicherte am 31. Januar 2005 die Eheschließung angemeldet und am 9. Februar 2005 geheiratet.
Am 5. Januar 2006 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes und gab an, die tödlichen Folgen der Krankheit des Versicherten seien bei Eheschließung nach ärztlicher Auffassung nicht zu erwarten gewesen. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 10. April 2006 ab, da der Versicherte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei und deshalb eine sog Versorgungsehe nach § 46 Abs 2 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterstellt werde.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, sie habe ein eigenes Einkommen, weshalb sie nicht auf eine Versorgung über eine Hinterbliebenenrente angewiesen sei. Die Erbschaft habe sie ausgeschlagen, weil der Nachlass des Versicherten verschuldet gewesen sei. Der Versicherte habe zuletzt keinen Krankenversicherungsschutz mehr gehabt, weshalb sie die Krankenhauskosten, die bis zum Tod angefallen seien, von insgesamt ca 34.000 EUR in Raten abtrage.
Nachdem die Klägerin die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zur Einsicht in die medizinischen Unterlagen des Verstorbenen nicht erteilt hatte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 zurück. Da die Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht nicht erfolgt sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Tod des Verstorbenen unerwartet und unvorhersehbar eingetreten sei. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe könne widerlegt werden, wenn die Hinterbliebene selbst ausreichend versorgt sei und die vom Verstorbenen bezogene Rente deutlich niedriger sei als die der Witwe. Die Rente des Verstorbenen sei deutlich höher als die Altersrente der Klägerin und nur unwesentlich niedriger als deren Gesamteinkommen aus Rente und Arbeitsentgelt. Weiterhin deute auch die angegebene Verschuldung des Versicherten darauf hin, dass die Klägerin einer zusätzlichen finanziellen Versorgung bedürfe. Deshalb könnten auch die dargelegten Umstände einer über Jahre bestehenden ehelichen Gemeinschaft nicht davon überzeugen, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Mit der am 7. August 2006 dagegen vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe das Abschleppunternehmen gemeinsam mit dem Versicherten betrieben. Die Einkünfte daraus seien für das Haus des Versicherten sowie dessen Lebensunterhalt verwendet worden. Insoweit habe sie den Versicherten zu seinen Lebzeiten versorgt, nicht umgekehrt. Auch die Einkünfte aus der Altersrente des Versicherten seien hauptsächlich zum Erhalt des eigenen Hauses eingesetzt worden, weshalb der Versicherte weiter von ihren Einkünften gelebt habe. Weiteres Indiz dafür, dass sie ihren Ehemann finanziell unterstützt habe, sei die Tatsache, dass sie die Behandlungskosten bezüglich der Erkrankung auch heute noch zu tragen habe. Im Übrigen sei schon deshalb nicht von einer Versorgungsehe auszugehen, da die Eheschließung schon im Jahr 2004 geplant gewesen sei, wegen fehlender Unterlagen aber immer wieder habe verschoben werden müssen. Hierzu hat die Klägerin die eidesstattliche Versicherung des Herrn S. B. vom 24. Januar 2007 und die Bestätigung der Standesbeamtin der Stadt T. vom 4. Juni 2007 vorgelegt. Herr B. gab an, schon bei seinem Einzug im Jahr 2001 sei von einer Heirat zwischen der Klägerin und dem Versicherten gesprochen worden. Der Versicherte habe aus der ehemaligen DDR notwendige Unterlagen für die Eheschließung besorgen müssen, deshalb habe sich die Eheschließung immer weiter hinausgezögert. Er selbst sei ca 2002/2003 gefragt worden, ob er Trauzeuge werden würde. Die Eheschließung sei schon lange geplant gewesen und habe mit der Erkrankung, die 2005 aufgetreten sei, nicht in Verbindung gestanden. Die Standesbeamtin der Stadt T. hat bestätigt, dass sich die Klägerin bereits im September 2004 beim Standesamt T. über die notwendigen Formalitäten zur Anmeldung der Eheschließung informiert und sich die Eheschließung dann bis Februar 2005 hinausgezögert habe, da immer wieder Unterlagen hätten nachgereicht werden müssen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat in seiner Auskunft vom 19. August 2007 mitgeteilt, der Versicherte sei an einem metastasierenden Magenkarzinom, das erstmals am 3. Januar 2005 diagnostiziert worden sei, verstorben. Eine Angabe, ab wann von einer Lebenserwartung von unter einem Jahr auszugehen gewesen sei, sei nicht möglich. Dies habe auch dem Versicherten nicht mit Klarheit vermittelt werden können.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 23. Januar 2008 ist die Klägerin angehört worden. Sie hat angegeben, aus einer gewissen Schlamperei heraus hätten sie es nicht geschafft, das Aufgebot zu bestellen und entsprechende Unterlagen dafür zu besorgen. Sie hätten sich geliebt und das Heiraten wäre für beide nicht so wichtig gewesen. Im Jahr 2000 habe sie bereits ein Brautkleid gekauft. Aber ihr Ehemann habe nicht einmal die nötige Zeit aufgebracht, um den Rentenantrag zu stellen. Im August oder September 2004 habe der Versicherte dann am Kaffeetisch den Vorschlag gemacht, jetzt doch zu heiraten. Herr B. sei gefragt worden, ob er Trauzeuge werden würde. Ihr Ehemann habe erst an Weihnachten 2004 Bauchbeschwerden bekommen, weshalb er Anfang 2005 bei Dr. M. vorstellig geworden sei.
Mit Urteil vom 23. Januar 2008, dem klägerischen Bevollmächtigten am 15. Februar 2008 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen. Die Umstände im vorliegenden Fall seien nicht geeignet, um den Vollbeweis der Widerlegung einer Versorgungsehe zu erbringen. Da die Klägerin selbst eine Altersrente nur in einer Höhe beziehe, die zum vollen Lebensunterhalt nicht ausreiche, sei es naheliegend, dass der Gedanke der Versorgung eine wesentliche Rolle für die Entscheidung zur Eheschließung gespielt habe. Dafür spreche auch, dass der entscheidende Schritt hierfür offensichtlich erst dann erfolgt sei, nachdem die Diagnose Magenkrebs gestellt worden sei. Vorherigen Plänen, die langjährige nichteheliche Lebensgemeinschaft durch eine Eheschließung zu legitimieren, seien bis zum Bekanntwerden der Krebsdiagnose keine konkreten Schritte gefolgt. Dass sich die Klägerin bereits im September 2004 über die notwendigen Formalitäten zur Anmeldung der Eheschließung erkundigt habe, bestätige nur, dass sich zumindest die Klägerin Gedanken über eine Eheschließung gemacht habe. Konkrete Taten seien aber nicht gefolgt, auch die notwendigen Unterlagen seien offensichtlich erst nach Bekanntwerden der Diagnose Magenkrebs angefordert worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. März 2008 Berufung eingelegt mit der Begründung, gegen eine Versorgungsehe spreche die Dauer der zuvor bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Als weiteres Indiz müsse gewertet werden, dass sie jahrelang das gemeinsame Grundstück unterhalten und für den Unterhalt des Versicherten Sorge getragen hätte. Denn das von ihnen bewohnte Grundstück sei mit Grundschulden belastet gewesen. Um Zwangsmaßnahmen abzuwenden, habe sie im Lauf der Zeit ihr privates Vermögen von knapp 140.000 EUR in den Haushalt eingebracht. Nunmehr sei die Darlehensforderung über 139.247,18 EUR zur Insolvenztabelle im Nachlassverfahren angemeldet. Hätte sie diesen Betrag zur eigenen Verfügung gehabt, hätte sie nahezu 26 Jahre lang leben können, ohne zusätzlich arbeiten zu müssen. So gesehen hätte sie eine gleich hohe Gesamtrente wie der Versicherte zu erwarten gehabt und eine Versorgung wäre nicht notwendig geworden, denn diese Beträge hätte sie zu Lebzeiten des Versicherten geltend machen können. Legitim sei auch der Wille des Eheschließenden, sich durch die Heirat die nötige Betreuung und Pflege für eine Krankheit zu verschaffen. Mit der Heirat nach Bekanntwerden der bedrohlichen Diagnose habe sich der Verstorbene der Betreuung und Pflege durch die Ehefrau versichern wollen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei zwar die Erkrankung bekannt gewesen, jedoch habe niemand davon ausgehen müssen, dass die Erkrankung zum baldigen Ableben führen werde. Wegen des Umstandes, dass sie die Krankheitskosten bis vor kurzem selbst abbezahlt habe, habe sie die Zusammengehörigkeit demonstriert. Sie habe aus Liebe geheiratet und die Hochzeit sei nachweislich schon im Herbst 2004 geplant gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die lebensbedrohliche Erkrankung des Versicherten noch nicht bekannt gewesen. Die Heiratsabsicht habe deshalb schon vor Ausbruch der Krankheit als Plan für die Zukunft bestanden. Es sei nicht gerechtfertigt, auf den Zeitpunkt der Antragstellung zur Eheschließung am 31. Januar 2005 abzustellen, da dies ein reiner Formalakt sei. Die zur Heirat benötigten Urkunden seien ausgestellt worden, bevor die endgültige Diagnose am 14. Januar 2005 in Freiburg mitgeteilt worden sei.
Zum genauen zeitlichen Ablauf hat die Klägerin mit Schreiben vom 1. April 2010 erklärt, sowohl im Sommer 2004 als auch im November 2004 habe sie sich auf dem Standesamt nach den für eine Heirat erforderlichen Unterlagen erkundigt. Erst an Weihnachten 2004 habe der Versicherte Leibschmerzen bekommen. Dr. M. habe am 29. Dezember 2004 eine Überweisung für das Krankenhaus ausgestellt, dort hätten sie beide am 3. Januar 2005 "das erschreckende Resultat" erfahren. Am 12. Januar 2005 sei sie wieder auf dem Standesamt gewesen, es habe jedoch wieder etwas gefehlt. Am 14. Januar 2005 hätten sie beide in Freiburg erfahren, "wie schlimm die Krankheit sei". Die Wahrheit über die zeitliche Überlebensprognose sei ihnen an diesem Tag ins Gesicht gesagt worden. Der Versicherte habe sich dort für Chemotherapie und gegen eine Operation entschieden. Danach habe der Versicherte wieder arbeiten können und sei wochenlang auf Ferntour unterwegs gewesen. Nach der Untersuchung in Freiburg habe der Versicherte zu ihr gesagt, jetzt sei er krank und habe Zeit zum Heiraten. Zuvor hätten sie einfach keine Zeit zum Heiraten gehabt. Sie seien immer in Geldnot gewesen, deshalb habe sie von morgens 6 Uhr bis 10 Uhr und abends von 16 Uhr bis spät in die Nacht geputzt. Tagsüber habe sie zu Hause für das Abschleppunternehmen gearbeitet und auch noch den Motorrollerladen abgewickelt. Dass die Heirat im Jahr 2000, als sie sich das Brautkleid gekauft habe, nicht zustande gekommen sei, sei auf eine schwierige wirtschaftliche Situation zurückzuführen gewesen. Damals habe sie insgesamt knapp 140.000 EUR in den gemeinsamen Haushalt im Laufe der Zeit eingebracht. Deshalb habe sie jahrelang den Versicherten versorgt und frage sich, wo die Gerechtigkeit bleibe. Schließlich habe sie auch die Krankenhausrechnung des Versicherten abbezahlt, bis sie kein Geld mehr gehabt hätte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Januar 2008 und die Bescheide der Beklagten vom 10. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 2006 große Witwenrente aus der Versicherung des H. E. Renke zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Bereits vor Januar 2005 habe der Versicherte Beschwerden gehabt und über einen Gewichtsverlust von 15 kg innerhalb nur weniger Wochen geklagt. Derartige Ereignisse bewegten jeden Menschen bzw. machten hellhörig oder Angst. Inwieweit die im Januar 2005 infauste Prognose der tödlich verlaufenden Krebserkrankung vom Versicherten in dessen Tragweite wahrgenommen worden sei, könne und müsse sich einer Bewertung durch den Versicherungsträger entziehen. Dies sei in der Gesamtschau aller Fakten auch entbehrlich.
Die (damalige) Berichterstatterin des Senats hat die Klägerin am 26. Februar 2009 persönlich angehört. Die Klägerin hat erklärt, im Herbst 2004 habe man das Aufgebot bestellt. Dies habe sich aber hingezogen, da Unterlagen aus der ehemaligen DDR hätten beschafft werden müssen. Damals habe es geheißen, dies dauere ca. sieben Wochen. Um die Weihnachtszeit habe der Ehemann über starke Leibschmerzen beklagt. Im Januar 2005 sei dann die Diagnose Magenkrebs gestellt worden. Dieser sei nicht mehr operiert worden. Der Ehemann habe dies auch nicht gewollt. Mit dem baldigen Tod habe man nicht gerechnet.
Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung der sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. D. mit Dr. S., Kreiskrankenhaus T., vom 14. Mai 2009 und 26. Juni 2009 und des Dr. M. vom 4. Juni 2009 sowie der Beiziehung der Arztbriefe des Dr. T., Kreiskrankenhaus T., vom 3. Januar 2005 und PD Dr. O., ZGT, vom 20. Januar 2005.
Dr. D. hat erklärt, beim stationären Aufenthalt des Klägers vom 27. Januar bis 29. Januar 2005 sei vor Einleitung der Chemotherapie über die Diagnose und Prognose gesprochen worden. Eine Aussicht auf Heilung habe nicht mehr bestanden. Schon bei Diagnosestellung sei konkret absehbar gewesen, dass der Versicherte an dem fortgeschrittenen Magenkarzinom versterben werde. Ohne Chemotherapie wäre mit einem Überleben von ca. drei Monaten zu rechnen gewesen, mit Chemotherapie von ca acht bis zehn Monaten. Die genaue zeitliche Überlebensprognose sei mit dem Versicherten und seiner späteren Ehefrau nicht explizit besprochen worden, um die Hoffnung auf ein möglichst langes Überleben nicht zu nehmen.
Dr. M. hat über den Kontakt des Versicherten am 29. Dezember 2004 berichtet. Zuvor sei der Versicherte am 25. Mai 2008 (gemeint wohl 2004) wegen einer Untersuchung für eine Krankenversicherung bei ihm vorstellig gewesen. Am 29. Dezember 2004 sei eine weitere Diagnostik eingeleitet worden. Gespräche, dass der Versicherte versterben werden, habe er nicht geführt, da die Behandlung in der Kreisklinik T. erfolgt sei.
Schließlich hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung der schriftlichen Auskünfte der Standesbeamtin der Stadt T. vom 7. Mai 2009, der Standesbeamtin der Stadt E. vom 9. Februar 2010 und der Standesbeamtin der Gemeinde I. vom 8. Februar 2010. Außerdem hat der Senat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2010 persönlich angehört.
Die Standesbeamtin der Stadt T. hat erklärt, im September 2004 sei die allgemeine Vorgehensweise zur Eheschließung mit der Klägerin besprochen worden. Der Klägerin sei erklärt worden, welche Unterlagen benötigt würden und wo diese zu erhalten seien. Die Anmeldung der Eheschließung sei am 31. Januar 2005 erfolgt. Die Klägerin habe von sich und ihrem Verlobten den Nachweis über die Geburt, sowie den Nachweis der ersten Ehe des Versicherten neu beschaffen müssen. Die Abstammungsurkunde des Versicherten sei am 14. Januar 2005 und die Heiratsurkunde am 20. Januar 2005 sowie die Abstammungsurkunde der Klägerin am 13. Januar 2005 ausgestellt worden. Die Klägerin habe erwähnt, dass der Versicherte krank sei, die Schwere der Krankheit sei nicht bekannt gewesen. Die Standesbeamtin der Stadt E. hat ergänzt, mit Brief vom 13. Januar 2005 habe der Versicherte die Abstammungsurkunde, Geburtsurkunde und Heiratsurkunde bestellt. Die Standesbeamtin der Gemeinde I. hat nicht mehr nachvollziehen können, wann das Ausstellen der Urkunde beantragt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung von der von ihr begehrten Witwenrente.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 46 SGB VI in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Art 1 Nr. 6 des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I 2001, 403). Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben danach gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeinen Wartezeit erfüllt hat. Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeinen Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist Witwe des am 1. Dezember 2005 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
Gemäß § 46 Abs. 2 a SGB VI, der mit Wirkung vom 1. Januar 2006 durch Art 1 Nr. 6 b des Altersvermögensergänzungsgesetzes eingeführt worden ist und gemäß § 242 a Abs. 3 SGB VI für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt, ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (so schon zu § 38 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr. 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 6. Februar 2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG, Urteil vom 28. Juni 2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr. 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, 9. Auflage, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 5 mwN).
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, aaO). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs. 2 a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs. 2 a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr. 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs. 2 a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG aaO mwN). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert und zur Überzeugung des Senats liegen besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht vor.
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Sowohl zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eheschließung am 31. Januar 2005 als auch zum Zeitpunkt der Eheschließung am 9. Februar 2005 war den Ehegatten zur Überzeugung des Senats bekannt, dass der Versicherte an einem unheilbaren Magenkarzinom erkrankt war. Die Eheleute wurden über die infauste Prognose und die ungefähre zeitliche Überlebensprognose von weniger als einem Jahr bei der ambulanten Vorstellung zur Therapieplanung im ZGT am 14. Januar 2005 aufgeklärt. Dies ergibt sich aus den eigenen Angaben der Klägerin, die zwar im Erörterungstermin am 26. Februar 2009 noch erklärt hat, nicht mit dem baldigen Tod des Ehemannes gerechnet zu haben, aber mit Schreiben vom 1. April 2010 bestätigt hat, dass sie und der Versicherte am 14. Januar 2005 in F. über die zeitliche Überlebensprognose aufgeklärt worden sind und erfahren haben, "wie schlimm die Krankheit sein soll".
Der Senat ist nach der Anhörung der Klägerin und dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme außerdem davon überzeugt, dass der Klägerin und dem Versicherten bereits am 3. Januar 2005 das volle Ausmaß der Erkrankung des Versicherten bekannt war. Das Klinikum T. hat mit Schreiben vom 14. Mai 2009 (Bl. 41/42 der LSG-Akte) bestätigt, dass schon bei Diagnosestellung, also am 3. Januar 2005, konkret absehbar gewesen sei, dass der Versicherte an dem fortgeschrittenen Magenkarzinom mit ausgedehnter Lebermetastasierung versterben werde. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der Versicherte wegen erheblicher Beschwerden zum Arzt gegangen ist, nachdem er in den Wochen zuvor bereits ca. 15 kg an Gewicht verloren hatte. Der Senat hält die Einlassung der Klägerin, dass volle Ausmaß der Erkrankung erst am 14. Januar erfahren zu haben, nicht für glaubhaft.
Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG, Urteile vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, aaO; und vom 6. Mai 2010, B 13 R 134/08 R, derzeit als Terminbericht Nr. 28/10 veröffentlicht).
Gegen eine Versorgungsehe spricht deshalb, wenn die lebensbedrohliche Erkrankung zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Eheschließung noch nicht bekannt gewesen ist. Diesbezüglich hat sich die Klägerin darauf berufen, dass der Entschluss zur Eheschließung schon im Herbst 2004 getroffen worden ist und jedenfalls vor Kenntnis der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des Versicherten die zur Eheschließung erforderlichen Unterlagen bei den Standesämtern angefordert worden sind. Zur Überzeugung des Senats kann jedoch im Herbst 2004 noch nicht von konkreten Heiratsabsichten gesprochen werden. Denn zwar hat sich die Klägerin im September 2004 auf dem Standesamt allgemein über die Heiratsvoraussetzungen und insbesondere die erforderlichen Unterlagen informiert, jedoch unmittelbar danach keine weiteren Schritte eingeleitet. Im Herbst 2004 haben nicht etwa einzelne Unterlagen, sondern bis auf die Geburtsurkunde der Klägerin sämtliche weiteren Urkunden gefehlt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Erörterungstermin am 26. Februar 2009 wurde im Herbst 2004 weder das Aufgebot bestellt, also die Eheschließung angemeldet, noch sind unmittelbar danach die fehlenden Urkunden angefordert worden. Insbesondere hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Urkunden des Versicherten beim Standesamt E. erst am 13. Januar 2005 beantragt wurden. Des Weiteren hat die Klägerin mit Schreiben vom 1. April 2010 erklärt, die eigene Abstammungsurkunde am 13. Januar 2005 angefordert zu haben. Da diese Urkunde am 13. Januar 2005 ausgestellt wurde, ist es naheliegend, dass die Klägerin diese zeitlich früher beantragt hat, eine Beantragung schon im Herbst 2004 jedoch entspricht weder dem letzten Vortrag der Klägerin noch der Lebenserfahrung, auch im Zusammenhang mit dem zeitlichen Ablauf der für den Versicherten ausgestellten Urkunden. Wie schon im Jahr 2000, als sich die Klägerin sogar schon ein Hochzeitskleid angeschafft hat, fehlt es deshalb auch im Herbst 2004 an der konsequenten Verwirklichung der bestehenden Heiratsabsicht. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen.
Erst nachdem der Versicherte gegenüber Hausarzt Dr. M. am 29. Dezember 2004 über 15 kg Gewichtsverlust während der letzten Wochen und Schluckstörungen geklagt hatte, und am 3. Januar 2005 die Diagnose des Magenkarzinoms gestellt worden war, hat die Klägerin sich ernsthaft darum bemüht, die Abstammungs- und Geburtsurkunden sowie die Heiratsurkunde des Versicherten zu erlangen. Der konkrete Entschluss zur Hochzeit ist damit erst Anfang Januar 2005 nachgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Klägerin und dem Versicherten die ungünstige Überlebensprognose des Versicherten bekannt. Unabhängig davon hat zumindest nach Überzeugung des Senats Kenntnis von der Ernstlichkeit und Schwere sowie der grundsätzlichen Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bestanden. Denn der Versicherte hat schon bei Dr. M. über einen massiven Gewichtsverlust binnen weniger Wochen und Schluckstörungen geklagt, die ihm nach Angaben gegenüber Dr. T. im Arztbrief vom 3. Januar 2005 praktisch nicht mehr erlaubten, feste Speisen zu sich zu nehmen. Damit haben beim Versicherten Symptome vorgelegen, die äußerst besorgniserregend gewesen sein müssen. Dies hat sich bei der Magenspiegelung am 3. Januar 2005 bestätigt.
Auch die finanziellen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Eheschließung sprechen für das Motiv einer Versorgungsehe. Denn die Regelaltersrente der Klägerin reicht nicht aus, um deren Lebensunterhalt ohne weitere Einkünfte sicherzustellen. Deshalb ist die Klägerin weiterhin darauf angewiesen, einer Beschäftigung nachzugehen oder Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn dieser Aspekt zugunsten der Klägerin nicht berücksichtigt wird, da andernfalls gutsituierte Hinterbliebene bei der Prüfung der gesetzlichen Vermutung bevorzugt würden (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009, L 4 R 3663/07, Sozialgerichtsbarkeit mwN), hat die Klägerin jedoch deutlich gemacht, dass für sie durch die Heirat ein finanzieller Ausgleich für den zuvor geleisteten Unterhalt geschaffen werden sollte. Denn ausführlich hat sie dargelegt, dass die Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit hauptsächlich zum Unterhalt des Hauses und des Versicherten eingesetzt wurden und sie den Versicherten zu dessen Lebzeiten finanziell unterstützt und knapp 140.000 EUR zur Rettung des Grundstücks des Versicherten eingebracht hat. Die Klägerin verweist darauf, dass sie, wenn der Ehemann den Betrag von 140.000 EUR zu Lebzeiten zurückgezahlt hätte oder dieser ihr bei einer Verwertung des Grundstückes ausbezahlt worden wäre, eine ausreichende eigene Alterssicherung hätte aufbauen können und eine Versorgung nicht notwendig geworden wäre. Zum Zeitpunkt der Eheschließung ist jedoch absehbar gewesen, dass der Versicherte nicht mehr in der Lage sein würde, den Betrag zurückzuzahlen, da er selbst offensichtlich verschuldet war und nicht einmal über einen Krankenversicherungsschutz verfügt haben soll. Die Klägerin hat im Schreiben vom 1. April 2010 selbst dargelegt, dass sie jahrelang den Versicherten versorgt habe und sich frage, wo die Gerechtigkeit bleibe. Auf diesen Gesichtspunkt hat sie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen. Damit ist erkennbar, dass ein inneres Motiv der Klägerin auch der Versorgungsaspekt als Ausgleich für die bisherige finanzielle Unterstützung des Versicherten gewesen ist.
Der Vortrag, der Versicherte habe sich durch die Heirat die nötige Betreuung und Pflege für seine Krankheit verschaffen wollen, ist ebenfalls nicht geeignet, die Vermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI zu widerlegen. Denn eine sog. Pflegeehe im Gegensatz zur sog. Versorgungsehe liegt insbesondere vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung der Pflegefall schon eingetreten ist und die tödlichen Folgen der Krankheit nicht vorhersehbar waren (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/94, SozR 3100 § 38 Nr. 5). Hieran fehlt es gerade, wie bereits dargelegt wurde. Selbst wenn darüber hinaus das Motiv einer möglichen zukünftigen Pflege bei bekannter schwerwiegender Erkrankung als ein der Versorgungsehe entgegenstehendes Motiv anzusehen sein sollte, ist ein solcher innere Wille des Versicherten nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen worden. Denn die Klägerin selbst hat dieses Motiv nicht erwähnt, der Pflegeaspekt wurde vielmehr erstmals im Berufungsverfahren von dem Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen, ohne diese Behauptung nachvollziehbar zu belegen. Eine bloße Auflistung von Motiven, ohne diese im konkreten Einzelfall mit tatsächlichen Angaben zu untermauern (hier etwa der Angabe, wann und wie der Versicherte den Pflegeaspekt als ein für ihn maßgebliches Motiv der Heirat geäußert haben soll), ist nicht geeignet, das Motiv der Versorgungsehe zu widerlegen.
Als Beweggrund des Versicherten zur Eheschließung hat die Klägerin selbst lediglich darauf hingewiesen, dass es der sehnlichste Wunsch des Versicherten gewesen sei, sie zu heiraten und durch die Krankheit endlich die Zeit hierfür zu haben, da eine frühere Heirat an der Arbeitsbelastung wegen der finanziellen Probleme gescheitert ist. Gerade im Zusammenhang mit der Äußerung der Klägerin vor dem SG, dass das Heiraten für sie beide nicht so wichtig gewesen sei, hat die Klägerin jedoch nicht überzeugend darlegen können, warum dann nicht der Versorgungsgedanke letztlich ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Heirat nach Kenntnis der Schwere der Erkrankung des Versicherten gewesen sein soll. Dass durch die Krankheit die beiden Lebenspartner die Zeit gefunden haben, zu heiraten, wird ebenso wie das Motiv der Liebe, das die Klägerin ebenfalls als Beweggrund angegeben hat, als Motive beider Ehegatten unterstellt. Bei der gebotenen Gesamtabwägung angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des Versicherten im Zeitpunkt der Anmeldung der Eheschließung treten diese Motive jedoch zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertige Motive mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer großen Witwenrente aus der Versicherung des am 1. Dezember 2005 verstorbenen Heinz E. R. (Versicherter).
Die am 1. März 1937 in I. geborene Klägerin lebte nach eigenen Angaben seit ca. 1979 mit dem Versicherten zusammen, in T. gemeldet ist sie seit 15. Februar 1986, seit 1. Januar 1996 unter der letzten Adresse des Versicherten (Bl. 73 LSG-Akte). Nach Angaben der Klägerin betrieben sie und der am 10. Januar 1933 in E. geborene, geschiedene Versicherte zusammen ein Abschleppunternehmen und einen Motorrollerladen. Die Klägerin bezieht seit 2002 Regelaltersrente in Höhe von 421,67 EUR netto monatlich ab 1. April 2005 und erzielt daneben aus einer Beschäftigung als Reinigungskraft Arbeitsentgelt in unterschiedlicher Höhe, im Jahr 2005 durchschnittlich in Höhe von knapp 740 EUR brutto monatlich. Der Versicherte bezog auf den erst am 29. Mai 2002 gestellten Antrag ab 1. Mai 2002 Regelaltersrente in Höhe von zuletzt 807,99 EUR netto monatlich.
Am 29. Dezember 2004 suchte der Versicherte den Hausarzt Dr. M. auf und klagte über Schluckstörungen und erhebliche Gewichtsabnahme von ca. 15 kg in den letzten Wochen. Am 3. Januar 2005 wurde beim Versicherten bei einer ambulant durchgeführten Magenspiegelung im Kreiskrankenhaus T. ein Magenkarzinom diagnostiziert und am 4. Januar 2005 bei einer Computertomographie multiple, bis 6 cm große hepatische Raumforderungen festgestellt. Nach der Vorstellung des Versicherten am 14. Januar 2005 im Zentrum für gastrointestinale Tumore in F. (ZGT) zur Therapieplanung wurde er am 27. Januar 2005 zur Einleitung einer palliativen Chemotherapie im Kreisklinikum T. aufgenommen. Diese führte anfangs zu einer partiellen Remission, ab Herbst 2005 kam es zu einer deutlichen Verschlechterung. Der Versicherte verstarb am 1. Dezember 2005 an den Folgen seiner Krebserkrankung.
Zuvor hatten die Klägerin und der Versicherte am 31. Januar 2005 die Eheschließung angemeldet und am 9. Februar 2005 geheiratet.
Am 5. Januar 2006 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes und gab an, die tödlichen Folgen der Krankheit des Versicherten seien bei Eheschließung nach ärztlicher Auffassung nicht zu erwarten gewesen. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 10. April 2006 ab, da der Versicherte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei und deshalb eine sog Versorgungsehe nach § 46 Abs 2 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterstellt werde.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, sie habe ein eigenes Einkommen, weshalb sie nicht auf eine Versorgung über eine Hinterbliebenenrente angewiesen sei. Die Erbschaft habe sie ausgeschlagen, weil der Nachlass des Versicherten verschuldet gewesen sei. Der Versicherte habe zuletzt keinen Krankenversicherungsschutz mehr gehabt, weshalb sie die Krankenhauskosten, die bis zum Tod angefallen seien, von insgesamt ca 34.000 EUR in Raten abtrage.
Nachdem die Klägerin die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zur Einsicht in die medizinischen Unterlagen des Verstorbenen nicht erteilt hatte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 zurück. Da die Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht nicht erfolgt sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Tod des Verstorbenen unerwartet und unvorhersehbar eingetreten sei. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe könne widerlegt werden, wenn die Hinterbliebene selbst ausreichend versorgt sei und die vom Verstorbenen bezogene Rente deutlich niedriger sei als die der Witwe. Die Rente des Verstorbenen sei deutlich höher als die Altersrente der Klägerin und nur unwesentlich niedriger als deren Gesamteinkommen aus Rente und Arbeitsentgelt. Weiterhin deute auch die angegebene Verschuldung des Versicherten darauf hin, dass die Klägerin einer zusätzlichen finanziellen Versorgung bedürfe. Deshalb könnten auch die dargelegten Umstände einer über Jahre bestehenden ehelichen Gemeinschaft nicht davon überzeugen, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Mit der am 7. August 2006 dagegen vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe das Abschleppunternehmen gemeinsam mit dem Versicherten betrieben. Die Einkünfte daraus seien für das Haus des Versicherten sowie dessen Lebensunterhalt verwendet worden. Insoweit habe sie den Versicherten zu seinen Lebzeiten versorgt, nicht umgekehrt. Auch die Einkünfte aus der Altersrente des Versicherten seien hauptsächlich zum Erhalt des eigenen Hauses eingesetzt worden, weshalb der Versicherte weiter von ihren Einkünften gelebt habe. Weiteres Indiz dafür, dass sie ihren Ehemann finanziell unterstützt habe, sei die Tatsache, dass sie die Behandlungskosten bezüglich der Erkrankung auch heute noch zu tragen habe. Im Übrigen sei schon deshalb nicht von einer Versorgungsehe auszugehen, da die Eheschließung schon im Jahr 2004 geplant gewesen sei, wegen fehlender Unterlagen aber immer wieder habe verschoben werden müssen. Hierzu hat die Klägerin die eidesstattliche Versicherung des Herrn S. B. vom 24. Januar 2007 und die Bestätigung der Standesbeamtin der Stadt T. vom 4. Juni 2007 vorgelegt. Herr B. gab an, schon bei seinem Einzug im Jahr 2001 sei von einer Heirat zwischen der Klägerin und dem Versicherten gesprochen worden. Der Versicherte habe aus der ehemaligen DDR notwendige Unterlagen für die Eheschließung besorgen müssen, deshalb habe sich die Eheschließung immer weiter hinausgezögert. Er selbst sei ca 2002/2003 gefragt worden, ob er Trauzeuge werden würde. Die Eheschließung sei schon lange geplant gewesen und habe mit der Erkrankung, die 2005 aufgetreten sei, nicht in Verbindung gestanden. Die Standesbeamtin der Stadt T. hat bestätigt, dass sich die Klägerin bereits im September 2004 beim Standesamt T. über die notwendigen Formalitäten zur Anmeldung der Eheschließung informiert und sich die Eheschließung dann bis Februar 2005 hinausgezögert habe, da immer wieder Unterlagen hätten nachgereicht werden müssen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat in seiner Auskunft vom 19. August 2007 mitgeteilt, der Versicherte sei an einem metastasierenden Magenkarzinom, das erstmals am 3. Januar 2005 diagnostiziert worden sei, verstorben. Eine Angabe, ab wann von einer Lebenserwartung von unter einem Jahr auszugehen gewesen sei, sei nicht möglich. Dies habe auch dem Versicherten nicht mit Klarheit vermittelt werden können.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 23. Januar 2008 ist die Klägerin angehört worden. Sie hat angegeben, aus einer gewissen Schlamperei heraus hätten sie es nicht geschafft, das Aufgebot zu bestellen und entsprechende Unterlagen dafür zu besorgen. Sie hätten sich geliebt und das Heiraten wäre für beide nicht so wichtig gewesen. Im Jahr 2000 habe sie bereits ein Brautkleid gekauft. Aber ihr Ehemann habe nicht einmal die nötige Zeit aufgebracht, um den Rentenantrag zu stellen. Im August oder September 2004 habe der Versicherte dann am Kaffeetisch den Vorschlag gemacht, jetzt doch zu heiraten. Herr B. sei gefragt worden, ob er Trauzeuge werden würde. Ihr Ehemann habe erst an Weihnachten 2004 Bauchbeschwerden bekommen, weshalb er Anfang 2005 bei Dr. M. vorstellig geworden sei.
Mit Urteil vom 23. Januar 2008, dem klägerischen Bevollmächtigten am 15. Februar 2008 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen. Die Umstände im vorliegenden Fall seien nicht geeignet, um den Vollbeweis der Widerlegung einer Versorgungsehe zu erbringen. Da die Klägerin selbst eine Altersrente nur in einer Höhe beziehe, die zum vollen Lebensunterhalt nicht ausreiche, sei es naheliegend, dass der Gedanke der Versorgung eine wesentliche Rolle für die Entscheidung zur Eheschließung gespielt habe. Dafür spreche auch, dass der entscheidende Schritt hierfür offensichtlich erst dann erfolgt sei, nachdem die Diagnose Magenkrebs gestellt worden sei. Vorherigen Plänen, die langjährige nichteheliche Lebensgemeinschaft durch eine Eheschließung zu legitimieren, seien bis zum Bekanntwerden der Krebsdiagnose keine konkreten Schritte gefolgt. Dass sich die Klägerin bereits im September 2004 über die notwendigen Formalitäten zur Anmeldung der Eheschließung erkundigt habe, bestätige nur, dass sich zumindest die Klägerin Gedanken über eine Eheschließung gemacht habe. Konkrete Taten seien aber nicht gefolgt, auch die notwendigen Unterlagen seien offensichtlich erst nach Bekanntwerden der Diagnose Magenkrebs angefordert worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. März 2008 Berufung eingelegt mit der Begründung, gegen eine Versorgungsehe spreche die Dauer der zuvor bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Als weiteres Indiz müsse gewertet werden, dass sie jahrelang das gemeinsame Grundstück unterhalten und für den Unterhalt des Versicherten Sorge getragen hätte. Denn das von ihnen bewohnte Grundstück sei mit Grundschulden belastet gewesen. Um Zwangsmaßnahmen abzuwenden, habe sie im Lauf der Zeit ihr privates Vermögen von knapp 140.000 EUR in den Haushalt eingebracht. Nunmehr sei die Darlehensforderung über 139.247,18 EUR zur Insolvenztabelle im Nachlassverfahren angemeldet. Hätte sie diesen Betrag zur eigenen Verfügung gehabt, hätte sie nahezu 26 Jahre lang leben können, ohne zusätzlich arbeiten zu müssen. So gesehen hätte sie eine gleich hohe Gesamtrente wie der Versicherte zu erwarten gehabt und eine Versorgung wäre nicht notwendig geworden, denn diese Beträge hätte sie zu Lebzeiten des Versicherten geltend machen können. Legitim sei auch der Wille des Eheschließenden, sich durch die Heirat die nötige Betreuung und Pflege für eine Krankheit zu verschaffen. Mit der Heirat nach Bekanntwerden der bedrohlichen Diagnose habe sich der Verstorbene der Betreuung und Pflege durch die Ehefrau versichern wollen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei zwar die Erkrankung bekannt gewesen, jedoch habe niemand davon ausgehen müssen, dass die Erkrankung zum baldigen Ableben führen werde. Wegen des Umstandes, dass sie die Krankheitskosten bis vor kurzem selbst abbezahlt habe, habe sie die Zusammengehörigkeit demonstriert. Sie habe aus Liebe geheiratet und die Hochzeit sei nachweislich schon im Herbst 2004 geplant gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die lebensbedrohliche Erkrankung des Versicherten noch nicht bekannt gewesen. Die Heiratsabsicht habe deshalb schon vor Ausbruch der Krankheit als Plan für die Zukunft bestanden. Es sei nicht gerechtfertigt, auf den Zeitpunkt der Antragstellung zur Eheschließung am 31. Januar 2005 abzustellen, da dies ein reiner Formalakt sei. Die zur Heirat benötigten Urkunden seien ausgestellt worden, bevor die endgültige Diagnose am 14. Januar 2005 in Freiburg mitgeteilt worden sei.
Zum genauen zeitlichen Ablauf hat die Klägerin mit Schreiben vom 1. April 2010 erklärt, sowohl im Sommer 2004 als auch im November 2004 habe sie sich auf dem Standesamt nach den für eine Heirat erforderlichen Unterlagen erkundigt. Erst an Weihnachten 2004 habe der Versicherte Leibschmerzen bekommen. Dr. M. habe am 29. Dezember 2004 eine Überweisung für das Krankenhaus ausgestellt, dort hätten sie beide am 3. Januar 2005 "das erschreckende Resultat" erfahren. Am 12. Januar 2005 sei sie wieder auf dem Standesamt gewesen, es habe jedoch wieder etwas gefehlt. Am 14. Januar 2005 hätten sie beide in Freiburg erfahren, "wie schlimm die Krankheit sei". Die Wahrheit über die zeitliche Überlebensprognose sei ihnen an diesem Tag ins Gesicht gesagt worden. Der Versicherte habe sich dort für Chemotherapie und gegen eine Operation entschieden. Danach habe der Versicherte wieder arbeiten können und sei wochenlang auf Ferntour unterwegs gewesen. Nach der Untersuchung in Freiburg habe der Versicherte zu ihr gesagt, jetzt sei er krank und habe Zeit zum Heiraten. Zuvor hätten sie einfach keine Zeit zum Heiraten gehabt. Sie seien immer in Geldnot gewesen, deshalb habe sie von morgens 6 Uhr bis 10 Uhr und abends von 16 Uhr bis spät in die Nacht geputzt. Tagsüber habe sie zu Hause für das Abschleppunternehmen gearbeitet und auch noch den Motorrollerladen abgewickelt. Dass die Heirat im Jahr 2000, als sie sich das Brautkleid gekauft habe, nicht zustande gekommen sei, sei auf eine schwierige wirtschaftliche Situation zurückzuführen gewesen. Damals habe sie insgesamt knapp 140.000 EUR in den gemeinsamen Haushalt im Laufe der Zeit eingebracht. Deshalb habe sie jahrelang den Versicherten versorgt und frage sich, wo die Gerechtigkeit bleibe. Schließlich habe sie auch die Krankenhausrechnung des Versicherten abbezahlt, bis sie kein Geld mehr gehabt hätte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Januar 2008 und die Bescheide der Beklagten vom 10. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 2006 große Witwenrente aus der Versicherung des H. E. Renke zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Bereits vor Januar 2005 habe der Versicherte Beschwerden gehabt und über einen Gewichtsverlust von 15 kg innerhalb nur weniger Wochen geklagt. Derartige Ereignisse bewegten jeden Menschen bzw. machten hellhörig oder Angst. Inwieweit die im Januar 2005 infauste Prognose der tödlich verlaufenden Krebserkrankung vom Versicherten in dessen Tragweite wahrgenommen worden sei, könne und müsse sich einer Bewertung durch den Versicherungsträger entziehen. Dies sei in der Gesamtschau aller Fakten auch entbehrlich.
Die (damalige) Berichterstatterin des Senats hat die Klägerin am 26. Februar 2009 persönlich angehört. Die Klägerin hat erklärt, im Herbst 2004 habe man das Aufgebot bestellt. Dies habe sich aber hingezogen, da Unterlagen aus der ehemaligen DDR hätten beschafft werden müssen. Damals habe es geheißen, dies dauere ca. sieben Wochen. Um die Weihnachtszeit habe der Ehemann über starke Leibschmerzen beklagt. Im Januar 2005 sei dann die Diagnose Magenkrebs gestellt worden. Dieser sei nicht mehr operiert worden. Der Ehemann habe dies auch nicht gewollt. Mit dem baldigen Tod habe man nicht gerechnet.
Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung der sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. D. mit Dr. S., Kreiskrankenhaus T., vom 14. Mai 2009 und 26. Juni 2009 und des Dr. M. vom 4. Juni 2009 sowie der Beiziehung der Arztbriefe des Dr. T., Kreiskrankenhaus T., vom 3. Januar 2005 und PD Dr. O., ZGT, vom 20. Januar 2005.
Dr. D. hat erklärt, beim stationären Aufenthalt des Klägers vom 27. Januar bis 29. Januar 2005 sei vor Einleitung der Chemotherapie über die Diagnose und Prognose gesprochen worden. Eine Aussicht auf Heilung habe nicht mehr bestanden. Schon bei Diagnosestellung sei konkret absehbar gewesen, dass der Versicherte an dem fortgeschrittenen Magenkarzinom versterben werde. Ohne Chemotherapie wäre mit einem Überleben von ca. drei Monaten zu rechnen gewesen, mit Chemotherapie von ca acht bis zehn Monaten. Die genaue zeitliche Überlebensprognose sei mit dem Versicherten und seiner späteren Ehefrau nicht explizit besprochen worden, um die Hoffnung auf ein möglichst langes Überleben nicht zu nehmen.
Dr. M. hat über den Kontakt des Versicherten am 29. Dezember 2004 berichtet. Zuvor sei der Versicherte am 25. Mai 2008 (gemeint wohl 2004) wegen einer Untersuchung für eine Krankenversicherung bei ihm vorstellig gewesen. Am 29. Dezember 2004 sei eine weitere Diagnostik eingeleitet worden. Gespräche, dass der Versicherte versterben werden, habe er nicht geführt, da die Behandlung in der Kreisklinik T. erfolgt sei.
Schließlich hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung der schriftlichen Auskünfte der Standesbeamtin der Stadt T. vom 7. Mai 2009, der Standesbeamtin der Stadt E. vom 9. Februar 2010 und der Standesbeamtin der Gemeinde I. vom 8. Februar 2010. Außerdem hat der Senat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2010 persönlich angehört.
Die Standesbeamtin der Stadt T. hat erklärt, im September 2004 sei die allgemeine Vorgehensweise zur Eheschließung mit der Klägerin besprochen worden. Der Klägerin sei erklärt worden, welche Unterlagen benötigt würden und wo diese zu erhalten seien. Die Anmeldung der Eheschließung sei am 31. Januar 2005 erfolgt. Die Klägerin habe von sich und ihrem Verlobten den Nachweis über die Geburt, sowie den Nachweis der ersten Ehe des Versicherten neu beschaffen müssen. Die Abstammungsurkunde des Versicherten sei am 14. Januar 2005 und die Heiratsurkunde am 20. Januar 2005 sowie die Abstammungsurkunde der Klägerin am 13. Januar 2005 ausgestellt worden. Die Klägerin habe erwähnt, dass der Versicherte krank sei, die Schwere der Krankheit sei nicht bekannt gewesen. Die Standesbeamtin der Stadt E. hat ergänzt, mit Brief vom 13. Januar 2005 habe der Versicherte die Abstammungsurkunde, Geburtsurkunde und Heiratsurkunde bestellt. Die Standesbeamtin der Gemeinde I. hat nicht mehr nachvollziehen können, wann das Ausstellen der Urkunde beantragt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung von der von ihr begehrten Witwenrente.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 46 SGB VI in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Art 1 Nr. 6 des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I 2001, 403). Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben danach gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeinen Wartezeit erfüllt hat. Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeinen Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist Witwe des am 1. Dezember 2005 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
Gemäß § 46 Abs. 2 a SGB VI, der mit Wirkung vom 1. Januar 2006 durch Art 1 Nr. 6 b des Altersvermögensergänzungsgesetzes eingeführt worden ist und gemäß § 242 a Abs. 3 SGB VI für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt, ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (so schon zu § 38 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr. 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 6. Februar 2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG, Urteil vom 28. Juni 2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr. 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, 9. Auflage, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 5 mwN).
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, aaO). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs. 2 a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs. 2 a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr. 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs. 2 a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG aaO mwN). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert und zur Überzeugung des Senats liegen besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht vor.
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Sowohl zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eheschließung am 31. Januar 2005 als auch zum Zeitpunkt der Eheschließung am 9. Februar 2005 war den Ehegatten zur Überzeugung des Senats bekannt, dass der Versicherte an einem unheilbaren Magenkarzinom erkrankt war. Die Eheleute wurden über die infauste Prognose und die ungefähre zeitliche Überlebensprognose von weniger als einem Jahr bei der ambulanten Vorstellung zur Therapieplanung im ZGT am 14. Januar 2005 aufgeklärt. Dies ergibt sich aus den eigenen Angaben der Klägerin, die zwar im Erörterungstermin am 26. Februar 2009 noch erklärt hat, nicht mit dem baldigen Tod des Ehemannes gerechnet zu haben, aber mit Schreiben vom 1. April 2010 bestätigt hat, dass sie und der Versicherte am 14. Januar 2005 in F. über die zeitliche Überlebensprognose aufgeklärt worden sind und erfahren haben, "wie schlimm die Krankheit sein soll".
Der Senat ist nach der Anhörung der Klägerin und dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme außerdem davon überzeugt, dass der Klägerin und dem Versicherten bereits am 3. Januar 2005 das volle Ausmaß der Erkrankung des Versicherten bekannt war. Das Klinikum T. hat mit Schreiben vom 14. Mai 2009 (Bl. 41/42 der LSG-Akte) bestätigt, dass schon bei Diagnosestellung, also am 3. Januar 2005, konkret absehbar gewesen sei, dass der Versicherte an dem fortgeschrittenen Magenkarzinom mit ausgedehnter Lebermetastasierung versterben werde. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der Versicherte wegen erheblicher Beschwerden zum Arzt gegangen ist, nachdem er in den Wochen zuvor bereits ca. 15 kg an Gewicht verloren hatte. Der Senat hält die Einlassung der Klägerin, dass volle Ausmaß der Erkrankung erst am 14. Januar erfahren zu haben, nicht für glaubhaft.
Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG, Urteile vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, aaO; und vom 6. Mai 2010, B 13 R 134/08 R, derzeit als Terminbericht Nr. 28/10 veröffentlicht).
Gegen eine Versorgungsehe spricht deshalb, wenn die lebensbedrohliche Erkrankung zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Eheschließung noch nicht bekannt gewesen ist. Diesbezüglich hat sich die Klägerin darauf berufen, dass der Entschluss zur Eheschließung schon im Herbst 2004 getroffen worden ist und jedenfalls vor Kenntnis der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des Versicherten die zur Eheschließung erforderlichen Unterlagen bei den Standesämtern angefordert worden sind. Zur Überzeugung des Senats kann jedoch im Herbst 2004 noch nicht von konkreten Heiratsabsichten gesprochen werden. Denn zwar hat sich die Klägerin im September 2004 auf dem Standesamt allgemein über die Heiratsvoraussetzungen und insbesondere die erforderlichen Unterlagen informiert, jedoch unmittelbar danach keine weiteren Schritte eingeleitet. Im Herbst 2004 haben nicht etwa einzelne Unterlagen, sondern bis auf die Geburtsurkunde der Klägerin sämtliche weiteren Urkunden gefehlt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Erörterungstermin am 26. Februar 2009 wurde im Herbst 2004 weder das Aufgebot bestellt, also die Eheschließung angemeldet, noch sind unmittelbar danach die fehlenden Urkunden angefordert worden. Insbesondere hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Urkunden des Versicherten beim Standesamt E. erst am 13. Januar 2005 beantragt wurden. Des Weiteren hat die Klägerin mit Schreiben vom 1. April 2010 erklärt, die eigene Abstammungsurkunde am 13. Januar 2005 angefordert zu haben. Da diese Urkunde am 13. Januar 2005 ausgestellt wurde, ist es naheliegend, dass die Klägerin diese zeitlich früher beantragt hat, eine Beantragung schon im Herbst 2004 jedoch entspricht weder dem letzten Vortrag der Klägerin noch der Lebenserfahrung, auch im Zusammenhang mit dem zeitlichen Ablauf der für den Versicherten ausgestellten Urkunden. Wie schon im Jahr 2000, als sich die Klägerin sogar schon ein Hochzeitskleid angeschafft hat, fehlt es deshalb auch im Herbst 2004 an der konsequenten Verwirklichung der bestehenden Heiratsabsicht. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen.
Erst nachdem der Versicherte gegenüber Hausarzt Dr. M. am 29. Dezember 2004 über 15 kg Gewichtsverlust während der letzten Wochen und Schluckstörungen geklagt hatte, und am 3. Januar 2005 die Diagnose des Magenkarzinoms gestellt worden war, hat die Klägerin sich ernsthaft darum bemüht, die Abstammungs- und Geburtsurkunden sowie die Heiratsurkunde des Versicherten zu erlangen. Der konkrete Entschluss zur Hochzeit ist damit erst Anfang Januar 2005 nachgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Klägerin und dem Versicherten die ungünstige Überlebensprognose des Versicherten bekannt. Unabhängig davon hat zumindest nach Überzeugung des Senats Kenntnis von der Ernstlichkeit und Schwere sowie der grundsätzlichen Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bestanden. Denn der Versicherte hat schon bei Dr. M. über einen massiven Gewichtsverlust binnen weniger Wochen und Schluckstörungen geklagt, die ihm nach Angaben gegenüber Dr. T. im Arztbrief vom 3. Januar 2005 praktisch nicht mehr erlaubten, feste Speisen zu sich zu nehmen. Damit haben beim Versicherten Symptome vorgelegen, die äußerst besorgniserregend gewesen sein müssen. Dies hat sich bei der Magenspiegelung am 3. Januar 2005 bestätigt.
Auch die finanziellen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Eheschließung sprechen für das Motiv einer Versorgungsehe. Denn die Regelaltersrente der Klägerin reicht nicht aus, um deren Lebensunterhalt ohne weitere Einkünfte sicherzustellen. Deshalb ist die Klägerin weiterhin darauf angewiesen, einer Beschäftigung nachzugehen oder Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn dieser Aspekt zugunsten der Klägerin nicht berücksichtigt wird, da andernfalls gutsituierte Hinterbliebene bei der Prüfung der gesetzlichen Vermutung bevorzugt würden (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009, L 4 R 3663/07, Sozialgerichtsbarkeit mwN), hat die Klägerin jedoch deutlich gemacht, dass für sie durch die Heirat ein finanzieller Ausgleich für den zuvor geleisteten Unterhalt geschaffen werden sollte. Denn ausführlich hat sie dargelegt, dass die Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit hauptsächlich zum Unterhalt des Hauses und des Versicherten eingesetzt wurden und sie den Versicherten zu dessen Lebzeiten finanziell unterstützt und knapp 140.000 EUR zur Rettung des Grundstücks des Versicherten eingebracht hat. Die Klägerin verweist darauf, dass sie, wenn der Ehemann den Betrag von 140.000 EUR zu Lebzeiten zurückgezahlt hätte oder dieser ihr bei einer Verwertung des Grundstückes ausbezahlt worden wäre, eine ausreichende eigene Alterssicherung hätte aufbauen können und eine Versorgung nicht notwendig geworden wäre. Zum Zeitpunkt der Eheschließung ist jedoch absehbar gewesen, dass der Versicherte nicht mehr in der Lage sein würde, den Betrag zurückzuzahlen, da er selbst offensichtlich verschuldet war und nicht einmal über einen Krankenversicherungsschutz verfügt haben soll. Die Klägerin hat im Schreiben vom 1. April 2010 selbst dargelegt, dass sie jahrelang den Versicherten versorgt habe und sich frage, wo die Gerechtigkeit bleibe. Auf diesen Gesichtspunkt hat sie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen. Damit ist erkennbar, dass ein inneres Motiv der Klägerin auch der Versorgungsaspekt als Ausgleich für die bisherige finanzielle Unterstützung des Versicherten gewesen ist.
Der Vortrag, der Versicherte habe sich durch die Heirat die nötige Betreuung und Pflege für seine Krankheit verschaffen wollen, ist ebenfalls nicht geeignet, die Vermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI zu widerlegen. Denn eine sog. Pflegeehe im Gegensatz zur sog. Versorgungsehe liegt insbesondere vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung der Pflegefall schon eingetreten ist und die tödlichen Folgen der Krankheit nicht vorhersehbar waren (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/94, SozR 3100 § 38 Nr. 5). Hieran fehlt es gerade, wie bereits dargelegt wurde. Selbst wenn darüber hinaus das Motiv einer möglichen zukünftigen Pflege bei bekannter schwerwiegender Erkrankung als ein der Versorgungsehe entgegenstehendes Motiv anzusehen sein sollte, ist ein solcher innere Wille des Versicherten nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen worden. Denn die Klägerin selbst hat dieses Motiv nicht erwähnt, der Pflegeaspekt wurde vielmehr erstmals im Berufungsverfahren von dem Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen, ohne diese Behauptung nachvollziehbar zu belegen. Eine bloße Auflistung von Motiven, ohne diese im konkreten Einzelfall mit tatsächlichen Angaben zu untermauern (hier etwa der Angabe, wann und wie der Versicherte den Pflegeaspekt als ein für ihn maßgebliches Motiv der Heirat geäußert haben soll), ist nicht geeignet, das Motiv der Versorgungsehe zu widerlegen.
Als Beweggrund des Versicherten zur Eheschließung hat die Klägerin selbst lediglich darauf hingewiesen, dass es der sehnlichste Wunsch des Versicherten gewesen sei, sie zu heiraten und durch die Krankheit endlich die Zeit hierfür zu haben, da eine frühere Heirat an der Arbeitsbelastung wegen der finanziellen Probleme gescheitert ist. Gerade im Zusammenhang mit der Äußerung der Klägerin vor dem SG, dass das Heiraten für sie beide nicht so wichtig gewesen sei, hat die Klägerin jedoch nicht überzeugend darlegen können, warum dann nicht der Versorgungsgedanke letztlich ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Heirat nach Kenntnis der Schwere der Erkrankung des Versicherten gewesen sein soll. Dass durch die Krankheit die beiden Lebenspartner die Zeit gefunden haben, zu heiraten, wird ebenso wie das Motiv der Liebe, das die Klägerin ebenfalls als Beweggrund angegeben hat, als Motive beider Ehegatten unterstellt. Bei der gebotenen Gesamtabwägung angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des Versicherten im Zeitpunkt der Anmeldung der Eheschließung treten diese Motive jedoch zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertige Motive mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
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