L 11 R 2438/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3679/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2438/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf die Einstufung der Beitragszeiten vom 3. April 1987 bis 20. Juni 1987 und vom 20. Juni 1988 bis zum 25. April 1990 in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) hat.

Der am 24. April 1969 in Rumänien geborene Kläger kam am 26. April 1990 in die Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber des Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge der Kategorie "A". Seit 11. April 1991 besitzt er die deutsche Staatsangehörigkeit (Einbürgerungsurkunde vom 27. März 1991). In Rumänien besuchte er von 1982 bis 1985 das Gymnasium von T. und absolvierte im Anschluss daran eine Ausbildung in der Berufsschule E. in T ... Nach einer Ausbildungszeit von eineinhalb Jahren bestand er die Abschlussprüfung im Februar 1987 und wurde mit dem Abschlussdiplom der Berufsschule vom 19. Mai 1988 (Bl 26 der Verwaltungsakte) zum "Facharbeiter (qualifizierter Arbeiter) in spanabhebendem Beruf" erklärt. Vom 3. April bis 20. Juni 1987 und vom 20. Juni 1988 bis zum 25. April 1990 war er als Dreher in Rumänien beschäftigt (Arbeitsbuch Nr. 0149177, Bl 20 bis 24 der Verwaltungsakte). Mit Bescheid vom 22. März 1993 anerkannte die Industrie- und Handelskammer K. das Abschlussdiplom der Berufsschule E. als gleichwertig mit dem Zeugnis im Ausbildungsberuf "Fräser". Im Jahr 1998 bestand der Kläger die Meisterprüfung im Feinwerkmechaniker-Handwerk (Schreiben der Handwerkskammer K. vom 6. Mai 1998).

Im Rahmen eines Antrags des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Juni 2008 nach § 149 Abs. 5 SGB VI die Versicherungszeiten des Klägers, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis 31. Dezember 2001, mit dem beigefügten Versicherungsverlauf verbindlich fest. Darin wurden die Zeiten vom 3. April bis 20. Juni 1987 und 20. Juni 1988 bis 25. April 1990 als Beitragszeit in der Rentenversicherung der Arbeiter in die Qualifikationsgruppe 4 im Bereich 06 (Maschinen- und Fahrzeugbau) der Anlage 14 zum SGB VI mit einer Anrechnung zu fünf Sechsteln eingestuft. Die Zeit vom 24. April 1986 bis 28. Februar 1987 wurde als "Fachschulausbildung" anerkannt.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe bis Februar 1987 eine Fachschule für Dreher besucht und diese erfolgreich mit einem Diplom abgeschlossen. Damit seien alle FRG-Zeiten mit der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolventen) zu bewerten. Die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) sei damit nicht korrekt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 2008 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe vom 1. September 1985 bis 28. Februar 1987 eine Berufsschule besucht. Aus dem vorgelegten Diplom gehe hervor, dass er die Abschlussprüfung bestanden habe und zum Facharbeiter (qualifizierter Arbeiter) im spanabhebenden Beruf erklärt worden sei. Eine Fachschule habe er damit nicht besucht. Zudem sei er im Anschluss daran mit Unterbrechung bis zum 25. April 1990 als Dreher beschäftigt gewesen. Dementsprechend sei er der Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) zuzuordnen. Weder die absolvierte Ausbildung noch die abschließend ausgeübte Tätigkeit als Dreher entsprächen den Anforderungen für eine Zuordnung der Qualifikationsgruppe 2.

Hiergegen hat der Kläger am 20. August 2008 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, dass es nicht korrekt sei, dass er keine Fachschule besucht habe. Er habe in der Zeit vom 1. September 1985 bis 28. Februar 1987 eine Fachschule besucht und erfolgreich mit Diplom abgeschlossen (Fachrichtung Dreher/Fräser). Die Beklagte habe folgerichtig auch eine Anrechnungszeit als Fachschulausbildung anerkannt. Er sei im Anschluss daran auch entsprechend seiner Fachschulausbildung als Dreher tätig gewesen, sodass die Tätigkeit insgesamt mit der Qualifikationsgruppe 2 zu bewerten sei.

Mit Urteil vom 28. April 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zuordnung der Qualifikationsgruppe 2, da sich aus dem Abschlussdiplom der Berufsschule E. vom 19. Mai 1988 klar und eindeutig ergebe, dass er als Facharbeiter der Qualifikationsgruppe 4 einzuordnen sei. Denn im Abschlussdiplom werde dem Kläger bescheinigt, die Abschlussprüfung bestanden zu haben und dementsprechend die Berufsbezeichnung Facharbeiter (qualifizierter Arbeiter) im spanabhebenden Beruf führen zu dürfen. Dagegen ergäben sich aus der Urkunde keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Fachschule im Sinne der Qualifikationsgruppe 2 besucht habe. Dies ergebe sich mittelbar auch aus den Darlegungen in der Literatur, wonach die "qualifizierten Arbeiter" der beruflichen Grundbildung in Rumänien zuzuordnen seien. Dieses Qualifikationsniveau, das als Facharbeiter umschrieben werden könne, sei in Rumänien ab 1968 in einer Ausbildungszeit von nur eineinhalb Jahren erreicht worden. Eine solche Qualifikation - und nicht mehr - habe der Kläger nach dem vorgelegten Berufsschuldiplom auch durchlaufen. Der missverständlichen Bezeichnung "Fachschulausbildung" im Versicherungsverlauf komme keine rechtliche Relevanz zu. Denn die missverständliche Bezeichnung eines Anrechnungszeitraums nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI im Versicherungsverlauf als eine Anlage zum Vormerkungsbescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI könne kein subjektiv öffentliches Recht im Hinblick auf die Bewertung nach der Anlage 13 zum SGB VI begründen. Maßgeblich dafür seien allein die vom Kläger vorgelegten beruflichen Urkunden. Für dieses Ergebnis spreche auch, dass der Kläger im Bundesgebiet aufgrund seines Berufsschuldiploms als einem hier im Ausbildungsberuf des Fräsers stehenden Facharbeiter gleichwertig anerkannt worden sei.

Mit seiner hiergegen am 28. Mai 2009 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, die Ausführungen des SG und der Beklagten seien widersprüchlich. Einerseits sei der Besuch der Berufsschule als "Fachschulausbildung" anerkannt worden. Andererseits werde behauptet, dass er keine Fachschule besucht habe. Dies sei nicht richtig. Er habe eine solche besucht und sie auch erfolgreich abgeschlossen. Des Weiteren sei er entsprechend seiner Fachschulausbildung tätig gewesen. Es sei zu berücksichtigen, dass die Fachschule berufsbildenden Charakter gehabt habe. Damit sei die Tätigkeit in die Qualifikationsgruppe 2 einzuordnen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Beitragszeiten vom 3. April 1987 bis zum 20. Juni 1987 und vom 20. Juni 1988 bis zum 25. April 1990 mit der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolventen) zu bewerten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass der Berufsschulbesuch unzweifelhaft eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI darstelle, welcher im Versicherungsverlauf als "Fachschulausbildung" gekennzeichnet sei. Allerdings lasse sich allein aus der Bezeichnung der Anrechnungszeit als "Fachschulausbildung" im Versicherungsverlauf keine Rechtfertigung für die Anerkennung der Qualifikationsgruppe 2 herleiten. Durch den Berufsschulbesuch habe der Kläger das Qualifikationsniveau eines Facharbeiters erreicht und diese Facharbeitertätigkeit habe er auch im Anschluss an den Berufsschulbesuch ausgeübt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Zuordnung der Beitragszeiten vom 3. April bis 20. Juni 1987 und vom 20. Juni 1988 bis 25. April 1990 zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI.

Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Entscheidung des SG vollumfänglich an und weist daher die Berufung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück. Es wird deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG). Denn auch in der Berufungsinstanz wurde nur der bisherige Vortrag wiederholt und es haben sich keine Änderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art ergeben (vgl BSG, Urteil vom 31. August 2008 - B 3 KR 11/98 R = SozR 3-2500 § 35 Nr. 1). Soweit der Kläger jedoch vorträgt, die Beklagte und das SG gingen von widersprüchlichen Angaben aus, da einerseits davon ausgegangen werde, dass der Kläger eine "Berufsschule" besucht habe und andererseits der Besuch einer "Fachschule" verneint werde, weist der Senat darauf hin, dass sowohl die Beklagte als auch das SG zutreffend davon ausgegangen sind, dass der Kläger von 1985 bis Februar 1987 die Berufsschule E. in T. besucht hat. Dies ergibt sich bereits aus den eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten im Fragebogen vom 09.01.2008 (Bl. 7 der Verwaltungsakte) und aus dem von ihm vorgelegten Abschlussdiplom der "Berufsschule" (und nicht "Fachschule") E. vom 19. Mai 1988 (Bl. 26 der Verwaltungsakte). Daraus folgt eindeutig, dass der Kläger keine Fachschule besucht hat. Auch hat das SG zutreffend dargelegt, dass die Benennung der Zeit vom 24. April 1986 bis 28. Februar 1987 im Versicherungsverlauf vom 24. Juni 2008 als "Fachschulbesuch" nicht dazu führt, dass die im Anschluss daran ausgeübte Tätigkeit als Dreher der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zuzuordnen ist. Maßgeblich ist hier allein, dass der Kläger eine Berufs- und nicht eine Fachschule besucht und den Beruf eines Facharbeiters erlernt hat. Im Übrigen hat die Beklagte im Klageverfahren klarstellend darauf hingewiesen, dass zwischen Berufsschule und Fachschule allein aus datentechnischen Gründen im Rahmen der Anerkennung als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI nicht unterschieden wird. Der Kläger kann deshalb allein aus diesem Umstand - wie das SG zutreffend dargelegt hat - keine Rechte herleiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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