L 9 R 3484/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 5047/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3484/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1955 geborene Kläger, der nach einer Ausbildung als Bauschlosser (September 1970 bis September 1973) bis Februar 1974 in diesem Beruf, danach als Antennenmonteur, Schlosser, Kraftfahrer sowie Lkw- und Busfahrer tätig war, arbeitete zuletzt von September 1989 bis März 2000 wieder als Bauschlosser bis der Betrieb aufgelöst wurde. Danach war der Kläger arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Inzwischen bezieht er Leistungen nach dem SGB II.

Seit dem Jahr 2000 sind beim Kläger ein Tinnitus und eine Borreliose bekannt. Aus einem in der Rheumaklinik B. R. vom 30. Mai bis 20. Juni 2001 durchgeführten Heilverfahren (Cervikobrachial-Syndrom, chronische Lumbalgien, chronischer Tinnitus, erheblicher Nikotinabusus und erheblicher regelmäßiger Alkoholkonsum) wurde der Kläger als arbeitsunfähig entlassen. Wegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) vom Beckentyp sind u.a. im Februar 2006 eine PTA (perkutane transluminale Angioplastik) der A. iliaca interna links sowie der A. iliaca externa rechts, im Mai 2006 eine PTA und Stent-Implantation der A. iliaca externa rechts sowie im Juni und November 2007 eine PTA der A. iliaca externa und der A. femoralis communis rechts durchgeführt worden.

Den Rentenantrag des Klägers vom 23. Februar 2001 lehnte die Beklagte nach medizinischen Ermittlungen (u. a. Gutachten [mit Zusatzgutachten des Chirurgen Dr. F., des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. und des HNO-Arztes Dr. B.] des Internisten Dr. M. vom 25. Oktober 2001, der eine Alkoholkrankheit mit vegetativer Gestörtheit und Polyneuropathie, einen unzureichend behandelten beidseitigen Tinnitus, rezidivierende Gelenkbeschwerden unter Belastung, arthroligamentäre Kreuzschmerzen, eine positive Borrelienserologie ohne eindeutigen Nachweis einer Borreliose, einen Nikotinabusus, eine leichte Innenohrschwerhörigkeit beidseits sowie eine generalisierte Knochenkalksalzminderung diagnostizierte und mittelschwere Arbeiten für zumutbar erachtete) mit Bescheid vom 31. Oktober 2001 ab.

Den weiteren Rentenantrag des Klägers vom 4. Dezember 2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31. März 2003 und Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2004 ab, da der Kläger u. a. in seinem erlernten Beruf sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Dem lagen (nach Untersuchungen auf der klinischen Begutachtungsstation der Beklagten) u. a. ein Gutachten (mit Zusatzgutachten des Dr. F. vom 18. Februar 2003, des Dr. B. vom 20. Februar 2003 und des Dr. Sch. vom 19. Februar 2003) des Dr. M. vom 17. März 2003 (chronische Alkoholabhängigkeit mit vegetativer Gestörtheit, Polyneuropathie und Leberverfettung, Tinnitus, Gelenkbeschwerden unklarer Ursache unter Belastung, gelegentliche arthroligamentäre Kreuzschmerzen, durchgemachte Borrelininfektion ohne akute Entzündung, Nikotinabusus, leichte Innenohrschwerhörigkeit, generalisierte Knochenkalksalzminderung; schwere körperliche Arbeiten und Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an das Hörvermögen sowie mit erhöhter Alkoholexposition seien nicht möglich, der Kläger könne mittelschwere Tätigkeiten weiterhin vollschichtig verrichten) und Stellungnahmen von Dr. M. vom 25. März sowie 14. Oktober 2003 (eine Tätigkeit als Bauschlosser sei weiterhin vollschichtig möglich bei Vermeidung größerer Lärmexposition, z. B. durch Gehörschutz) zu Grunde.

Deswegen hat der Kläger am 19. Februar 2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.

Das SG hat nach Anhörung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen sowie Vorlage weiterer ärztlicher Äußerungen und Beschreibungen der Tätigkeiten von Hausmeistern sowie Schloss- und Schlüsselmachern Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. M. vom 20. Juli 2005 und des Internisten und Rheumatologen Dr. S. vom 28. November 2005 eingeholt. Dr. M. hat multilokuläre Sehnenansatzentzündungen vorwiegend der linken Hüfte, des rechten Ellenbogengelenkes und des rechten Fußes, ein Schmerzsyndrom des Kniescheiben- Oberschenkel-Nebengelenks beidseits, ein Halswirbelsäulen(HWS)-Syndrom mit segmentären Funktionsstörungen und Kopfschmerz, rückfällig auftretende Lendenwirbelsäulen(LWS)-Beschwerden, einen Verdacht auf Kalksalzminderung des Skeletts und eine Serumborreliose, aktuell ohne Anhalt für eine entzündliche Gelenkerkrankung, diagnostiziert und dem Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung - näher dargelegter - qualitativer Einschränkungen sowie die Tätigkeit eines Schloss- und Schlüsselmachers für vollschichtig zumutbar erachtet. Der Kläger könne auch viermal einen Fußweg von 500 m in jeweils 15 bis 18 Minuten als Arbeitsweg zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Es bestünden auch keine Bedenken gegen das Führen eines eigenen Pkw. Dr. S. hat die hinzugekommene AVK der Beine, ein chronisches Schmerzsyndrom, ein "dysfunktionales Krankheitsverständnis", einen Nikotinabusus und eine Alkoholkrankheit diagnostiziert und leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, auch als Schloss- und Schlüsselmacher, für sechs und mehr Stunden für zumutbar erachtet. Die Wegefähigkeit sei jedoch im Hinblick auf die Verschlusskrankheit eingeschränkt. Das Führen eines Kfz sei trotz der Erkrankung und deren deshalb erforderlichen Medikation nicht mit Sicherheit eingeschränkt.

Nach den PTA im Jahr 2006 und einer stationären Heilbehandlung in der Rehaklinik Heidelberg-Königstuhl vom 5. September bis 2. Oktober 2006 (periphere AVK vom Becken- und Oberschenkeltyp Stadium IIb beidseits, Zustand nach femoro-fermoralem Cross-over-Bypass von rechts nach links im Februar 2006, Zustand nach PTA der Arteria iliaca interna links und Extension rechts 2/05, PTA und Stentin Aorta iliaca ext. rechts im Mai 2006, arterielle Hypertonie, Hyperlipoproteinämie, fortgesetzter Nikotionabusus; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien sechs Stunden und mehr möglich) hat das SG erneut die behandelnden Ärzte als Zeugen gehört. Über die erhobenen Befunde und ihre Einschätzung des Leistungsvermögens haben der HNO-Arzt Dr. H. am 28. Februar 2007 (körperlich leichte nervlich wenig belastende Tätigkeiten seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich), der Neurologe Dr. H. am 2. März 2007 (leichte, nervlich wenig belastende Tätigkeiten seien aus neurologischer Sicht mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich), die Orthopädin Dr. L. am 16. Oktober 2007 (eine Untersuchung vom 17. September 2007, leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten seien sechs Stunden arbeitstäglich möglich) und der Chirurg Dr. B am 3. November 2007 (der Kläger müsste nach den Befunden in der Lage sein, eine wenig belastende Tätigkeit im Rahmen einer 5-Tage-Woche nachzugehen) berichtet. Der Allgemeinmediziner Dr. E., Praxisnachfolger von Dr. L., hat die ihm vorliegenden ärztlichen Äußerungen übersandt. In weiteren Aussagen haben über den weiteren Verlauf Dr. L. am 5. Februar 2008 (Beurteilung des Leistungsvermögens wie zuvor), Dr. B am 23. Februar 2008 (Leistungsvermögen von vier bis sechs Stunden) und Dr. E. am12. Februar 2008 (auch leichte Tätigkeiten seien nicht mehr sechs Stunden täglich zumutbar) berichtet und weitere Arztbriefe vorgelegt.

Die Beklagte hat Stellungnahmen von Dr. L., u. a. vom 25. April 2008 (die vorliegenden Befunde rechtfertigten keine Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung, die Sehnenscheidenentzündung der rechten Achillessehne sei behandelbar, Einschränkungen auf kardiologischem oder psychiatrischem Gebiet für eine quantitative Leistungsminderung seien den Unterlagen nicht zu entnehmen) vorgelegt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2008 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor. Der Kläger könne unter Berücksichtigung seiner Gesundheitsstörungen die ihm auf Grund seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit zumutbare Arbeit eines Schloss- und Schlüsselmachers wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten und jedenfalls auch einen Arbeitsplatz bei zumutbarer Benutzung des eigenen Pkw erreichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das am 4. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Juli 2008 Berufung eingelegt.

Der Senat hat den Bericht über eine stationäre Behandlung im Rheumazentrum Baden-Baden vom 10. November 2008 (akut verstärkte generalisierte Schmerzen bei der Aufnahme in zahlreichen Korporationen mit Schlafstörungen, Erschöpfungssymptomatik, multiplen funktionellen und vegetativen Beschwerden sowie mittelgradige Depression, Ausschluss einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung) sowie ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten des Dr. B. vom 2. April 2009 mit ergänzender Stellungnahme vom 28. Juli 2009 und ein psychiatrisches Gutachten des Dr. M. vom 27. November 2009 eingeholt.

Dr. B. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, auf neurologischem Gebiet sei beim Kläger, bei dem ein hoher Blutdruck, eine Gefäßkrankheit mit Durchblutungsstörungen, ein Tinnitus, Mundschleimhautveränderungen, eine Osteoporose und Veränderungen an der WS und den Gelenken in mäßiger Ausprägung vorlägen und bei dem man von Multimorbidität sprechen könne, keine Krankheit feststellbar. Die nur teilweise erklärbaren Schmerzen hätten sich mehr und mehr in der Psyche festgesetzt und könnten nicht mehr überwunden werden. Es handle sich um eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Die Gesundheitsstörungen ließen eine genügend regelmäßige Tätigkeit nicht mehr zu, auch nicht in einem zeitlichen Rahmen von weniger als drei Stunden täglich. Seit der stationären Behandlung in Baden-Baden sei das Krankheitsgeschehen unbeeinflussbar. WS-, Gelenkschmerzen und Beinschmerzen ließen das Zurücklegen einer Gehstrecke von 500 m in ca. 15 bis 20 Minuten nicht zu. Das Führen eines Kraftfahrzeuges sei zwar für einige Kilometer möglich, ein regelmäßiges Aufsuchen eines potenziellen Arbeitgebers sei damit jedoch nicht möglich. Auch im Bericht des Rheumazentrums Baden-Baden über die stationäre Behandlung vom 8. bis 28. Oktober 2008 seien multiple funktionelle und vegetative Beschwerden angegeben. In der Gesamtschau habe sich das Schmerzbild trotz unterschiedlicher Medikamente, wie der Kläger angebe, nicht geändert. Es gebe Tage, an den Haushaltsarbeiten möglich seien und auch Autofahrten zum nicht weit entfernt liegenden Kaufhaus sowie eine Fahrt zum Arzt, doch gebe es auch Tage, an denen dies nicht möglich sei. Damit sei eine kontinuierliche Arbeitsleitsung nicht zu erreichen. Eine "strenge Beweisführung" könne im vorliegenden Fall nicht erfolgen, wichtige Gegenargumente - so Dr. B. - habe Dr. L. allerdings auch nicht vorgetragen, weswegen er an seiner Beurteilung des Leistungsvermögens festhalte.

Dr. M. gegenüber hat der Kläger seinen Tagesablauf geschildert und angegeben, er nehme nunmehr seit 4 Wochen keinerlei Medikamente mehr, lediglich Aspirin 100 eine Tablette am Tag. Die Beschwerden seien weitgehend unverändert, hätten sich durch das Absetzen der verschiedenen Medikamente allerdings auch nicht verschlechtert. Bei der Untersuchung war der Kläger in psychischer Hinsicht wach und allseits orientiert, im Umgang freundlich und kooperativ und im Verlauf der mehrstündigen Exploration zeigte sich kein Nachlassen des Durchhaltevermögens und der Konzentrationsfähigkeit. Eine klinisch relevante Einschränkung der Merkfähigkeit und der Gedächtnisfunktionen ergab sich weder hinsichtlich des Kurzzeit- noch Langzeitgedächtnisses. Auch die Schilderung der Biographie gelang dem Kläger problemlos, inklusive einer hinreichend exakten Einordnung der Geschehnisse in der Vergangenheit. Die Stimmungslage war ausgeglichen, der Antrieb weder reduziert, noch gesteigert. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, beim Kläger bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Ferner sei von einem schädlichen Gebrauch von Alkohol auszugehen, wobei dies bzgl. der Leistungsfähigkeit keine wesentliche Rolle spiele. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer anderen psychiatrischen relevanten Erkrankung lägen nicht vor. Auf Grund der diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung sollte auf Arbeiten verzichtet werden mit besonderem Zeitdruck sowie Wechsel- und Nachschicht und mit erhöhter Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung sowie vermehrtem Publikumsverkehr. Auch eine besondere Alkoholgefährdung, wie beispielsweise in der Gastronomie, sollte nicht bestehen. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen, auch für eine Tätigkeit als Schloss- oder Schlüsselmacher, wie in den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen beschrieben. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung sei auch einer Therapie und damit einer Besserung prinzipiell zugänglich. Der Beurteilung des Dr. B. sei nicht zu folgen. Zwar liege die somatoforme Schmerzstörung vor, doch stünden die Gesundheitsstörungen einer regelmäßigen Tätigkeit nicht entgegen. Dr. B. begründe nicht überzeugend, warum auf Grund der beklagten Schmerzen eine regelmäßige Tätigkeit nicht mehr möglich sein sollte. Insofern handle es sich um Vermutungen. Demgegenüber sei Dr. L. und auch Dr. H. zu folgen.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, er sei auf Grund einer chronischen Schmerzstörung, einer Somatisierungsstörung, einer depressiven Störung und einer neu festgestellten Fibromyalgie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einsetzbar.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2004 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, der Kläger könne ihm zumutbare Tätigkeiten wenigstens sechs Stunden täglich verrichten.

Hierzu hat sie Stellungnahmen des Internisten und Rheumatologen und Sozialmediziners Dr. L. u. a. vom 16. Juni 2009 und der Dr. H. vom 7. September 2009 vorgelegt.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - und die einschlägige Rechtsprechung hierzu dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit nicht erfüllt, weil er weiterhin eine ihm zumutbare Tätigkeit als Schloss- und Schlüsselmacher wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben kann. Der Senat schließt sich dem auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses seiner weiteren Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass auch nach dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen des Senats nicht feststellbar ist, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und auch eine ihm zumutbare Tätigkeit als Schloss- und Schlüsselmacher nicht mehr in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann.

Durch den Bericht des Rheumazentrums Baden-Baden vom 10. November 2008 sind keine weiteren dauerhaften Gesundheitsstörungen nachgewiesen, die andauernd zu einer weitergehenden Einschränkung des Leistungsvermögens führen würden, als dies vom SG festgestellt wurde, und ein rentenberechtigendes Ausmaß erreichen. Auch unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens des Dr. B. und von dessen ergänzender Stellungnahme sowie des weiteren Sachverständigengutachtens von Dr. M. kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger außer Stande ist, eine Tätigkeit als Schloss- und Schlüsselmacher wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Insofern gehen Dr. B. und Dr. M. im Wesentlichen übereinstimmend von einer im Vordergrund stehenden somatoformen Schmerzstörung aus. Soweit Dr. B. auf Grund dieser und der sonstigen Erkrankungen, wegen der er von Multimorbidität ausgeht, das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden schätzt, ist dies für den Senat nicht schlüssig. An dieser Einschätzung des Leistungsvermögens, von der Dr. B. ab der stationären Behandlung in der Rheumaklinik Baden-Baden im Oktober 2008 ausgeht, fehlt es an einer den Senat überzeugenden Begründung, zumal er in seiner ergänzenden Stellungnahme eingeräumt hat, "eine strenge Beweisführung" könne nicht erfolgen. Dies ergibt sich für den Senat auch aus dem Sachverständigengutachten des Dr. M., der sämtliche Befunde nochmals ausgewertet, den Kläger untersucht und ihn in der Lage erachtet hat, wenigstens sechs Stunden täglich als Schloss- und Schlüsselmacher zu arbeiten. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass der Kläger - wie gegenüber Dr. M. erklärt - die Medikation abgesetzt hat und sich auf die Einnahme von Asperin 100 einmal am Tag beschränkt, wodurch es nicht zu einer Verschlechterung der Beschwerden gekommen ist. Die Tatsache, dass der Kläger auf eine darüber hinausgehende Schmerzmedikation verzichtet, spricht gegen eine erhebliche Beschwerdesymptomatik. Auch die Tatsache, dass weder eine psychiatrische noch eine psychotherapeutische Behandlung stattfindet, spricht gegen die Leistungseinschätzung des Dr. B ... Es fehlen Beweise dafür, dass die ausschließlich subjektiv berichteten Funktionsbeeinträchtigungen in der gegenüber Dr. B. beklagten Form tatsächlich bestehen und dass die Funktionsbeeinträchtigungen - soweit überhaupt objektiviert - nicht überwindbar sind. Insofern folgt der Senat auch der Kritik der Dr. H. am Gutachten von Dr. B., der sich im Ergebnis auch Dr. M. angeschlossen hat. Im Übrigen lässt der gegenüber Dr. B. beschriebene Tagesablauf durchaus noch eine Strukturierung erkennen, die gegen eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens spricht. So hat der Kläger eingeräumt, er stehe gegen 10:00 Uhr morgens auf, kleide sich an und trinke Kaffee, erledige dann "je nach Zustand" leichtere Putzarbeiten und fahre auch selbst mit dem Auto einen Kilometer zum Einkaufen, füttere die Hühner, halte dann Mittagsschlaf und beteilige sich später wieder an Haushaltsarbeiten, löse Kreuzworträtsel, trinke Kaffee und unternehme kurze Spaziergänge um dann, wenn seine Freundin um 20:00 Uhr gegangen sei, den Abend mit Fernsehen zu verbringen. Gegenüber Dr. M. hat der Kläger insofern zwar eine weitere Reduzierung der Aktivitäten beschrieben, doch erscheinen diese subjektiven Angaben nicht überzeugend, zumal der Kläger gleichzeitig die verordneten Schmerzmittel abgesetzt hat. Ferner ergibt sich aus dem von Dr. M. erhobenen psychischen Befund keine wesentliche Einschränkung. Bei der Untersuchung war der Kläger in psychischer Hinsicht wach und allseits orientiert, im Umgang freundlich und kooperativ und im Verlauf der mehrstündigen Exploration zeigte sich kein Nachlassen des Durchhaltevermögens und der Konzentrationsfähigkeit. Eine klinisch relevante Einschränkung der Merkfähigkeit und der Gedächtnisfunktionen ergab sich weder hinsichtlich des Kurzzeit- noch Langzeitgedächtnisses. Auch die Schilderung der Biographie gelang dem Kläger problemlos, inklusive einer hinreichend exakten Einordnung der Geschehnisse in der Vergangenheit. Die Stimmungslage war ausgeglichen, der Antrieb weder reduziert noch gesteigert. Außerdem ist bislang - so Dr. M. - eine adäquate medikamentöse Therapie und eine konsequente psychotherapeutische Therapie nicht erfolgt, die nach Auffassung des Sachverständigen und auch des Senats sinnvoll und Erfolg versprechend wäre, ebenso wie eine konsequente und zumutbare Alkoholkarenz.

Unter Berücksichtigung dessen erscheint die Leistungsbeurteilung - was das nervenärztliche Fachgebiet und auch die Schmerzsymptomatik anbelangt - von Dr. L., Dr. H. und auch Dr. M. - im Gegensatz zu der des Dr. B. - schlüssig und überzeugend, sodass für den Senat eine quantitative Leistungsminderung bei einer sozial zumutbaren und auch aus medizinischer Sicht möglichen Tätigkeit als Schloss- und Schlüsselmacher nicht nachgewiesen ist.

Hinsichtlich der bestehenden organischen Erkrankungen auf orthopädischem, internistischem und hno-ärztlichem Gebiet liegen weder eine quantitative Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden, noch eine qualitative Leistungseinschränkung, die einer Tätigkeit als Schloss- oder Schlüsselmacher entgegenstünde, vor. Dies ergibt sich für den Senat aus den Gutachten der Dres. M., F. und B., die die Beklagte eingeholt hat und die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar sind, sowie den Sachverständigengutachten des Dr. M. und des Dr. S. wie auch den Aussagen der behandelnden Ärzte Dr. H. vom 28. Februar 2007 (körperlich leichte nervlich wenig belastende Tätigkeit seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich), Dr. H. vom 2. März 2007 (leichte, nervlich wenig belastende Tätigkeiten seien aus neurologischer Sicht mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich), Dr. L. vom 16. Oktober 2007 sowie 5. Februar 2008 (eine Untersuchung vom 17. September 2007, leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten seien sechs Stunden arbeitstäglich möglich) und Dr. B vom 3. November 2007 (der Kläger müsste nach den Befunden in der Lage sein, eine wenig belastende Tätigkeit im Rahmen einer 5-Tage-Woche nachzugehen). Soweit Dr. B am 23. Februar 2008 von einem Leistungsvermögen von vier bis sechs Stunden ausgegangen ist und Dr. E. am12. Februar 2008 auch leichte Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich für möglich erachtet hat, fehlt es unter Berücksichtigung der gegenteiligen Einschätzung von Dr. L., Dr. H. und Dr. M. an einer überzeugenden Begründung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Berichtes über die stationäre Behandlung in der Rheumaklinik Baden-Baden, bei der eine entzündliche rheumatische Erkrankung ausgeschlossen werden konnte.

Im Übrigen ist auch eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit nicht festzustellen. Ungeachtet dessen, dass es nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger unter Berücksichtigung der objektiven organischen Befunde außer Stande ist, viermal 500 m auf dem Weg zu und von der Arbeit in 15 bis 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen - sofern er sich hierzu bemüht -, verfügt er auch über ein Kraftfahrzeug und eine Fahrerlaubnis, die es ihm ermöglichen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Soweit Dr. B. Bedenken im Hinblick auf die Benutzung eines Pkws wegen potenzieller Einflüsse von Schmerzmitteln auf die Konzentration und Übersicht geäußert hat, überzeugt dies nicht, zumal der Kläger - wie gegenüber Dr. M. angegeben - die Schmerzmittel abgesetzt hat und lediglich einmal täglich Asperin einnimmt.

Da der Kläger somit eine ihm zumutbare Tätigkeit als Schloss- und Schlüsselmacher wenigstens sechs Stunden täglich verrichten und einen Arbeitsplatz erreichen kann, ist er weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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