Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 1981/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4238/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 in der Druckerei ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die 1957 geborene Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau und seit 16. Oktober 1976 mit H.-P. B. (E), einem gelernten Schriftsetzer, verheiratet. Der Vater des E betrieb in der Form eines Einzelunternehmens die "Druckerei J. B. Verlag des R. Anzeiger", die nach dessen Tod im Juni 1977 auf E übergegangen ist. Die Eintragung des Übergangs im Handelsregister erfolgte am 11. Juli 1978. Seit 1. April 1977 war die Klägerin im Betrieb beschäftigt und leitete nach eigenen Angaben seit dem Tod des Vaters des E den kaufmännischen Teil der Druckerei eigenverantwortlich. Ihr wurde Einzelprokura erteilt. Ein schriftlicher Anstellungsvertrag existiert nicht. Für die Klägerin wurden bei den zuständigen Einzugsstellen, für den streitigen Zeitraum bei der Beklagten und zuvor und danach bei der A. Baden-Württemberg (Beigeladene zu 4), Gesamtsozialversicherungsbeiträge entrichtet. Der Klägerin wurde monatlich regelmäßig Arbeitsentgelt bezahlt, das als Betriebsausgabe gebucht und von dem Lohnsteuer abgeführt wurde. Dem Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2) wurde versicherungspflichtiges Entgelt bis März 1994 gemeldet, im Zeitraum vom 1. Januar 1979 bis 14. August 1979 in Höhe von 19.017,- DM, vom 23. März 1980 bis 31. Dezember 1980 in Höhe von 25.708,- DM, für das Jahr 1981 in Höhe von 33.722,- DM, für das Jahr 1982 in Höhe von 38.870,- DM, für das Jahr 1983 in Höhe von 41.806,- DM, für das Jahr 1984 in Höhe von 44.867,- DM und für das Jahr 1985 in Höhe von 47.434,- DM.
Nach der Geburt des ersten Kindes am 23. September 1979 bezog die Klägerin vom 1. Januar bis 22. März 1980 Mutterschaftsgeld.
Im November 1982 übernahm die Klägerin die gesamtschuldnerische Mithaftung für ein Darlehen an E zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises für eine neue Druckmaschine in Höhe von 120.000,- DM. Eine weitere gesamtschuldnerische Mithaftung übernahm die Klägerin 1991 über 63.300,- DM, 1998 verbürgte sich die Klägerin befristet auf ein Jahr für einen Betriebsmittelkredit über 200.000,- DM.
Der Firmenname wurde in der Folgezeit 1995 und zuletzt im Dezember 2004 in "D. B. e.K. Inhaber H.-P. B." geändert. Zum Jahreswechsel 2004/2005 wurde zudem die Verlagstätigkeit bezüglich des R. Anzeigers aus dem Unternehmen ausgegliedert. Hierzu wurde am 17. September 2004 die "R. Anzeiger Verwaltungs-GmbH" (GmbH) gegründet, die persönlich haftende Gesellschafterin der seit 5. Januar 2005 bestehenden "R. Anzeiger GmbH & Co. KG" (KG) wurde. Die Klägerin war Geschäftsführerin der GmbH und neben ihrem Ehemann Kommanditistin der KG mit einem Anteil von 1/10.
Im März 2005 beantragten die Klägerin und E bei der Beigeladenen zu 4, den sozialversicherungsrechtlichen Status seit 1. April 1977 zu überprüfen. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen wurde angegeben, die Klägerin führe den gesamten kaufmännischen Bereich eigenverantwortlich. Sie sei wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert und ohne ihre Mitarbeit sei die Einstellung einer anderen Arbeitskraft erforderlich. An Weisungen des Betriebsinhabers sei sie nicht gebunden und könne die Tätigkeit frei bestimmen und gestalten. E wirke bei der Führung des Betriebes nicht mit. Die Mitarbeit sei aufgrund familiärer Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Arbeitsentgelt werde bei Arbeitsunfähigkeit nicht fortgezahlt, ein Urlaubsanspruch oder eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Das Entgelt entspreche dem eines Arbeitsnehmers, habe monatlich 3.000 EUR brutto betragen und werde auf das private Konto der Klägerin überwiesen. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 37 Stunden an fünf Arbeitstagen. Weihnachtsgeld werde in Höhe eines Monatsgehaltes und Urlaubsgeld in Höhe eines halben Gehaltes bezahlt. Die Klägerin habe dem Betrieb Darlehen in Höhe von 15.339 EUR gewährt und Bürgschaften und Sicherheiten in Höhe von insgesamt 456.067 EUR gestellt.
E ergänzte, die Klägerin habe Bankvollmacht und Prokura gehabt, habe Personal einstellen und entlassen können und habe keine regelmäßige Arbeitszeit gehabt. Sie habe bei der Führung des Betriebes aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse mitgewirkt.
Mit Bescheid vom 27. September 2005 stellte die Beigeladene zu 4 gegenüber E fest, dass die Klägerin bereits ab 1. April 1977 nicht mehr der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe. Denn die Tätigkeit sei so gestaltet gewesen, dass die Klägerin nie weisungsgebunden gewesen sei und ihre Arbeitszeit jederzeit frei habe bestimmen können. Die Tätigkeit sei mehr durch familiäre Rücksichtnahmen und durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander gekennzeichnet gewesen als durch einen für ein Arbeitnehmer-/Arbeitgeberverhältnis typischen Interessengegensatz. Deshalb würden die ab 1. April 1977 zu Unrecht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge beanstandet. Den Bescheid gab die Beigeladene zu 4 auch der Klägerin bekannt.
Daraufhin beantragten die Klägerin und E im Oktober 2005 bei der Beigeladenen zu 2 die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge.
Die Beigeladene zu 2 bat die Beklagte mit Schreiben vom 25. Oktober 2005, ebenfalls eine versicherungsrechtliche Beurteilung zu erstellen oder sich der Auffassung der Beigeladenen zu 4 anzuschließen, da die Klägerin bis 31. Dezember 1985 Mitglied der Beklagten gewesen sei.
Gegenüber der Beklagten gaben die Klägerin und E daraufhin im entsprechenden Feststellungsbogen im November 2005 an, die Klägerin habe die kaufmännische Leitung mit Personalwesen und Bankvollmacht inne gehabt. Sie habe ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von durchschnittlich ca. 1.800 EUR erhalten, das von der Ertragslage des Betriebes abhängig gewesen sei. Zudem seien sonstige Bezüge gezahlt worden. Die Arbeitszeit habe durchschnittlich wöchentlich 50 bis 60 Stunden betragen und sei an fünf bis sechs Tagen pro Woche ausgeübt worden. Bei Arbeitsunfähigkeit sei das Arbeitsentgelt nach den gesetzlichen Vorschriften fortgezahlt worden. Die Klägerin sei nicht wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert gewesen und ohne ihre Mitarbeit sei auch keine andere Arbeitskraft erforderlich gewesen.
Mit Schreiben vom 10. November 2005 teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 2 mit, dass die Klägerin im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Daraufhin berichtigte die Beigeladene zu 4 mit Bescheid vom 19. Dezember 2005 gegenüber E, der auch der Klägerin bekanntgegeben wurde, den Bescheid vom 27. September 2005 dahingehend, dass die Beschäftigung der Klägerin (erst) ab 1. Januar 1986 nicht mehr der Versicherungspflicht unterlegen habe. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Bescheid vom 11. Januar 2006 beanstandete die Beigeladene zu 2 deshalb lediglich die zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge im Zeitraum vom 1. Januar 1986 bis 31. März 1994. Der Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid ruht.
Im Oktober 2006 wurde über das Vermögen des E das Insolvenzverfahren eröffnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter (Beigeladener zu 3) bestellt. Die Klägerin wurde als Geschäftsführerin der GmbH im Jahr 2007 abberufen, die GmbH wurde im Jahr 2009 aufgelöst, die KG ist im Jahr 2009 mit einer anderen KG verschmolzen.
Am 27. Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Tätigkeit im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 zu überprüfen. Die Klägerin unterliege nicht der Sozialversicherungspflicht, da sie in ihrer Tätigkeit nicht weisungsgebunden gewesen sei. Sie habe den kaufmännischen Teil der Druckerei eigenverantwortlich geleitet, habe selbständig die elementaren Organisationseinheiten geleitet und seit jeher eigenständig im Alltagsgeschäft wie auch bei Investitionsentscheidungen entschieden. Zu ihrer Tätigkeit habe die gesamte Kundenbetreuung, von der Kundengewinnung bis zur Auftragsabwicklung, gehört. Sie habe die Buchhaltung organisiert und die Bankkontakte ohne Weisung aber im Einvernehmen mit ihrem Ehemann organisiert. Die Arbeitszeit habe nicht der Arbeitszeit der angestellten Arbeitnehmer entsprochen, sie sei mit dem Betrieb verwachsen gewesen. Die Redaktion des "R. Anzeiger" sei bis zur gesellschaftsrechtlichen Ausgliederung und Verselbständigung wesentlicher Bestandteil der Druckerei gewesen und von ihr persönlich unabhängig geleitet worden. Nunmehr sei sie Geschäftsführerin der GmbH, dies unterstreiche die bestehende Weisungsunabhängigkeit. Sie sei finanziell für betriebliche Verbindlichkeiten als Sicherungsgeber in Anspruch genommen worden und habe noch nie ihre Arbeitnehmerrechte wie Arbeitsbefreiung wegen Urlaub oder Krankheit in Anspruch genommen. Von Beginn an sei zwischen den Eheleuten klar gewesen, dass sie die Druckerei entsprechend einer Mitunternehmerschaft gemeinsam führten. Dass die Klägerin nicht formal als Mitinhaberin firmiert habe, dürfe für die inhaltliche Fragestellung nicht überinterpretiert werden. Allein die Entlohnung und die Verbuchung des Entgelts als Betriebsausgabe hätten keine ausreichende Indizwirkung für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2007 stellte die Beklagte fest, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin in der Druckerei B. in der Zeit vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Es sei ein angemessenes Arbeitsentgelt entrichtet worden, von dem regelmäßig Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden seien und das als Betriebsausgabe verbucht worden sei. Es liege keine familienhafte Mithilfe vor, da die Klägerin in erheblichem Umfang im Betrieb tätig gewesen sei. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses stehe grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt sei und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nicht ausgeübt werde. Ohne die Mitarbeit der Klägerin hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Zwar enthalte der Feststellungsbogen hierzu die gegenteilige Aussage. Unter Berücksichtigung der angegeben Tätigkeiten und der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass diese Angabe nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen habe. Die Klägerin sei nicht Mitinhaberin der Druckerei B. gewesen und habe aus rechtlichen Gesichtspunkten nicht für das Unternehmen des E rechtsverbindlich handeln können. Die Klägerin habe kein Unternehmerrisiko getragen, sondern lediglich Bürgschaften übernommen. Diese seien durch die eherechtlichen Beziehungen begründet, würden jedoch keine Möglichkeiten ergeben, auf die Geschicke des Unternehmens Einfluss zu nehmen. Die Klägerin sei als leitende Angestellte, aber nicht als Unternehmerin tätig gewesen. Von diesem Sachverhalt seien sowohl die Klägerin als auch E über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren ausgegangen.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. März 2007, einem Montag, beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und ergänzt, mittlerweile sei ihr aufgrund der Beurteilung der Beigeladenen zu 4 Insolvenzgeld versagt worden, da sie als Mitunternehmerin gesehen werde.
Mit Beschluss vom 29. März 2007 hat das SG die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 1), die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 2) und den Insolvenzverwalter des E (Beigeladener zu 3) zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene zu 3 hat mitgeteilt, aufgrund der Beurteilung der Beigeladenen zu 4 sei er im Rahmen seiner Tätigkeit nicht davon ausgegangen, dass es sich bei der Klägerin um eine Arbeitnehmerin gehandelt habe. Diesen Eindruck habe er auch anlässlich der vorläufigen Insolvenzverwaltung gewonnen. Gespräche über das weitere Vorgehen seien primär mit der Klägerin geführt worden. Die Klägerin habe Kontakte zu den Kunden gepflegt und sei nach außen als Repräsentantin der Druckerei aufgetreten. E habe der Klägerin vollen Handlungs- und Vertretungsspielraum eingeräumt gehabt. Auch sei nicht bekannt, dass der Klägerin Weisungen von ihrem Ehemann erteilt worden seien.
Mit Urteil vom 30. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei im streitigen Zeitraum bei E versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Zwar führe das Fehlen einer maßgeblichen Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch sei in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzusehen. Nicht jede familiäre Verbundenheit führe zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Klägerin sei weder am Unternehmen des E beteiligt gewesen noch hätten gesellschaftsrechtliche Beziehungen bestanden. Solche seien ausdrücklich nicht gewollt gewesen, was dadurch zum Ausdruck komme, dass die Klägerin erst im Rahmen der Ausgliederung des "R. Anzeigers" in eine GmbH an diesem Unternehmen beteiligt worden sei. Aufgrund der fehlenden Rechtsmacht sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, die maßgeblichen unternehmenspolitischen Entscheidungen zu treffen oder maßgeblich zu beeinflussen. E habe es in der Hand gehabt, hindernd in die Freiheiten der Klägerin einzugreifen. Ihre Tätigkeit sei mit keinem relevanten unternehmerischen Risiko verbunden gewesen. Sie habe durchweg ein regelmäßiges Arbeitseinkommen bezogen, welches sich sukzessive erhöht habe und auch im Krankheitsfall fortgezahlt worden sei. Diese Vergütungspraxis entspreche typischerweise der Vergütung abhängig Beschäftigter. Für eine Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung seien keine Anhaltspunkte vorhanden. Das Entgelt sei als Betriebsausgabe verbucht worden, Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung seien daraus abgeführt worden. Es fehle eine relevante finanzielle Beteiligung der Klägerin an dem Unternehmen des E. Hinsichtlich der Mithaftung für das Darlehen im Jahr 1982 sei zu berücksichtigen, dass die Mithaftung von Familienmitgliedern für Verbindlichkeiten des Unternehmens mit der Haftung von fremden Arbeitnehmern, die nicht Angehörige des Unternehmensinhabers seien, nicht zu vergleichen sei.
Gegen das am 10. August 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. September 2009 Berufung mit der Begründung eingelegt, faktisch habe sie das Unternehmen alleinverantwortlich und "wie ihr eigenes" ohne Vorliegen eines Direktionsrechtes geführt. E sei zunächst im März 1976 als gelernter Schriftsetzer in den elterlichen Betrieb eingetreten. Nach dem plötzlichen Tod des Vaters im Juni 1977 sei er mit der Leitung des Betriebs konfrontiert worden. Da er hierzu nicht in der Lage gewesen sei, habe sie, die Klägerin, im Jahr 1977 in den Betrieb eintreten müssen, um diesen zu führen. 1978 habe E ein Jahr die Meisterschule besucht. Die gesamte kaufmännische Betriebsleitung sei in diesem Zeitraum ausschließlich ihre Aufgabe gewesen. Auch nach Abschluss der Meisterprüfung des E habe sie unverändert die kaufmännische Leitung ausgeübt. E habe lediglich die technische Ausführung der Druckarbeiten oblegen. Höchstens sechs bis acht Wochen nach der Geburt des ersten Kindes am 23. September 1979 habe sie die Arbeit wieder aufgenommen, da eine längere Abwesenheit organisatorisch nicht möglich gewesen sei. Auch nach den beiden nächsten Geburten 1988 und 1995 habe sie sofort im Betrieb weitergearbeitet, da der Betrieb vollständig von ihrer Person abhängig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2007 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Tätigkeit in der Druckerei des H.-P. B. im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung und die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Unterlagen aus dem Jahr 1979 existierten nicht mehr. Der Datenbestand weise als Beginn der Mitgliedschaft den 1. Juli 1979 und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Druckerei des E aus.
Der Senat hat mit Beschluss vom 1. Juni 2010 die A. Baden-Württemberg (Beigeladene zu 4) beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2 und 4 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Denn die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte - und nicht die Beigeladene zu 4 - ist für die Feststellung der Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit der Klägerin in der Druckerei des E im streitigen Zeitraum zuständig. Denn als in diesem Zeitraum die Krankenversicherung der Klägerin durchführende Krankenkasse war sie die zuständige Einzugsstelle gemäß §§ 121 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), § 1399 Reichsversicherungsordnung (RVO) und 176 Abs. 3, 182 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Der spätere Wechsel der Krankenkasse ließ diese Zuständigkeit nicht entfallen. Gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 1989 durch das Gesetz zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 1988, 2330), entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, (ab 1. Januar 1995 auch der Pflege-) und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und erlässt den Widerspruchsbescheid. An sie ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen, sie überwacht gemäß § 28h Abs. 1 SGB IV die Einreichung des Beitragsnachweises und macht die Beitragsansprüche geltend. § 28i SGB IV bestimmt die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zuständige Einzugsstelle. Dies ist nach Satz 1 der Vorschrift grundsätzlich die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Für den streitigen Zeitraum (und bis zum 31. Dezember 1988) war die Befugnis der die Krankenversicherung durchführenden Krankenkasse als Einzugsstelle, die Versicherungs- und Beitragspflicht festzustellen, in § 121 AVG bezüglich der Renten- und Krankenversicherung und in §§ 176 Abs. 3, 182 AFG bezüglich der Beitragspflicht zur Arbeitsförderung geregelt. Zuständige Einzugsstelle, an die der Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Klägerin zu zahlen war, war im streitigen Zeitraum danach die Beklagte. Bei ihr war die Klägerin in diesem Zeitraum krankenversichert. Die Zuständigkeit der Beklagten zur Entscheidung über die Versicherungspflicht für den streitigen Zeitraum ist durch die Änderung der Krankenkassenmitgliedschaft zum Januar 1986 nicht entfallen und nicht auf die Beigeladene zu 4, deren Mitglied die Klägerin vor dem 1. Juli 1979 und nach dem 31. Dezember 1985 war, übergegangen. Soweit erstmals über die Versicherungspflicht und Beitragspflicht für die Vergangenheit zu entscheiden ist, bleibt die zu diesem Zeitpunkt die Versicherung durchführende Krankenkasse zur Entscheidung berufen (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Juni 2008, B 12 KR 24/07 R, SozR 4-2400 § 28h Nr. 4; aA Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, nicht rechtskräftiges Urteil vom 30. April 2008, L 9 KR 138/04, Revision anhängig unter B 12 KR 17/08 R).
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken- und Rentenversicherung und dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG und § 168 Abs. 1 AFG). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (in der seit 1. Juli 1977 geltenden Fassung). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann, insbesondere bei Diensten höherer Art, eingeschränkt sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 KR 21/07 R, juris; Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7; BSG, Urteil vom 4. Juli 2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 8). Deshalb kann zwar eine an sich rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein kann, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheidet (BSG, Urteil vom 17. Mai 2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17; BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987, 7 RAr 25/86, juris; BSG, Urteil vom 7. September 1988, 10 RAr 10/87, SozR 4100 § 141b Nr. 41). Andererseits ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist, die Rechtsmacht also noch besteht, selbst wenn von dieser tatsächlich kein Gebrauch gemacht wird (BSG, Urteil vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit im Unternehmen eines Ehegatten oder engen Verwandten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter engen Verwandten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 21. April 1993, SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11). Ebenfalls unschädlich ist, wenn von dem Weisungsrecht vor allem im fachlichen Bereich nicht vollumfänglich Gebrauch gemacht wird. Denn vor allem bei sog Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht stark eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 6). Selbst wer Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, kann als leitender Angestellter bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG, Urteil vom 19. Juni 2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 18).
Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, B 7 AL 34/02 R, juris).
Nach Abwägung aller Gesichtspunkte steht zur Überzeugung des Senats gemessen an diesen Grundsätzen fest, dass die Tätigkeit der Klägerin im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 sozialversicherungspflichtig war. Denn die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen vorliegend.
Ein schriftlicher Arbeits- oder Anstellungsvertrag, der grundsätzlich Ausgangspunkt für die Überprüfung der rechtlich relevanten Umstände ist, wurde vorliegend nach den Angaben der Klägerin nicht geschlossen. Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages spricht nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Denn der wirksame Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages gemäß § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedurfte weder zu Beginn der Beschäftigung noch bedarf er heute der Schriftform.
Die Angaben in den Feststellungsbögen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gegenüber der Beklagten und der Beigeladenen zu 4 sind in mehreren Punkten widersprüchlich, nämlich bei den Angaben zur Höhe des Entgelts und der Regelmäßigkeit der Bezahlung, zur Arbeitszeit, zur Frage, ob die Klägerin wie ein fremder Mitarbeiter eingebunden war und ohne ihre Mitarbeit eine fremde Arbeitskraft erforderlich gewesen wäre und welche Vereinbarung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall getroffen wurde.
Bezüglich der Höhe des Entgelts können die Meldungen zur Beigeladenen zu 2 herangezogen werden, die ein stetig ansteigendes Bruttojahresentgelt bei anfangs monatlich durchschnittlich ca. 1.300 EUR (in 7,5 Monaten im Jahr 1979) und zuletzt von 2.000 EUR ergeben. Dies kann als Indiz einer nicht von der Ertragslage abhängigen Vergütung, sondern der im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses üblichen Vergütungspraxis stetig ansteigender Gehälter gewertet werden. Denn Nachweise für die Behauptung, das Entgelt erfolgsabhängig bezahlt zu haben, wurden nicht vorgelegt.
Selbst wenn bezüglich der sonstigen Angaben in den Feststellungsbögen jeweils die für die Klägerin günstigsten Angaben der Beurteilung zugrunde gelegt werden, lässt sich die Tätigkeit der Klägerin noch mit der Stellung einer (abhängig beschäftigten) leitenden Angestellten in der Druckerei des E in Einklang bringen. Hierfür spricht auch die der Klägerin erteilte Einzelprokura und die Bankvollmacht. Allerdings war die leitende Position der Klägerin rechtlich insofern beschränkt, als sie nicht von den Voraussetzungen des § 181 BGB befreit wurde. Zur Tätigkeit eines leitenden Angestellten gehört des Weiteren, Personal einzustellen und zu entlassen, so dass die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen in der Position eines leitenden Angestellten nicht gegen eine abhängige Beschäftigung spricht. Schließlich ist die Arbeitszeit von wöchentlich ca. 50 bis 60 Stunden an fünf bis sechs Tagen typisch für eine leitende Position.
Wegen des engen Verwandtschaftsverhältnisses ist es unschädlich, dass E der Klägerin keine Weisungen erteilt hat. Nach der Rechtsprechung kann zwar eine persönliche Abhängigkeit von den tatsächlichen Verhältnissen überlagert sein, wenn z.B. der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nicht selbst, jedoch seine Familie über die Kapitalmehrheit verfügt, ihm von den übrigen Familienmitgliedern freie Hand gelassen wird und er - wirtschaftlich gesehen - seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausübt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 mwN.). Desgleichen kann davon auszugehen sein, wenn ein als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG Urteil vom 30. Juni 1999, B 2 U 35/98 R, SozR 3-2200 § 723 Nr. 4). Unabhängig von der Frage, ob diese Rechtsprechung zur Rechtsform einer GmbH auch bei Einzelunternehmen angewendet werden kann, ist vorliegend nicht von einer beherrschenden Stellung der Klägerin auszugehen. Denn mit der Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau können zwar teilweise Kenntnisse vermittelt werden, die zur Führung eines Betriebes erforderlich sind, wie z.B. im Bereich Buchhaltung, Einkauf und Kalkulation. Allerdings hat E diese (und weitere) Kenntnisse spätestens mit Abschluss der Meisterschule im Jahr 1978 ebenfalls erworben und mit diesem Abschluss allein über die notwendige Qualifikation verfügt, um ein handwerkliches Einzelunternehmen zu betreiben (§§ 1, 7 Handwerksordnung (HwO) iVm Nr. 108 Anl. A zur HwO). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihren Ehemann persönlich dominiert hätte oder dieser wirtschaftlich von der Klägerin abhängig gewesen wäre, liegen nicht vor. Selbst wenn E der Klägerin keinerlei Weisungen erteilt hat, hätte er als alleiniger Betriebsinhaber jederzeit ihm nicht genehme Entscheidungen der Klägerin verhindern können. Allein die Nichtausübung dieser Rechtsmacht begründet auf Seiten der Klägerin noch keine unternehmensbeherrschende Stellung. Hierauf hat schon das SG zu Recht hingewiesen.
Die Klägerin hat kein Unternehmerrisiko getragen. Unternehmerrisiko trägt, wer eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzt und somit der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Die Druckerei ist im streitigen Zeitraum in der Rechtsform eines Einzelunternehmens allein von E geführt worden. E ist deshalb für Außenstehende der allein haftende Einzelunternehmer gewesen. Mit der eingeräumten Handlungsvollmacht hat die Klägerin demnach zwar den kaufmännischen Bereich eigenverantwortlich leiten können, jedoch keine rechtliche Verantwortung übernommen und ihre Arbeitskraft deshalb nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Eine konsequent erfolgsabhängige Vergütung wurde darüber hinaus nicht vorgenommen. Eigenes Kapital hat die Klägerin nicht in das Unternehmen eingebracht. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich im streitigen Zeitraum lediglich die Übernahme einer gesamtschuldnerischen Mithaftung der Klägerin für ein Darlehen an E zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises für eine neue Druckmaschine in Höhe von 120.000,- DM. Die übernommene Verpflichtung ist auf Seiten der Klägerin auf das gesteigerte beiderseitige Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zurückzuführen und auf Seiten des Darlehensgebers vor allem Ausfluss der bankenüblichen Praxis bei der Gewährung eines Darlehens an verheiratete Unternehmer, die nicht von der Mitarbeit des Ehegatten im Unternehmen abhängt. Dadurch wird die Klägerin jedoch weder am Unternehmensgewinn noch -verlust beteiligt und trägt deshalb kein unternehmerisches Risiko (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 2009, L 11 KR 1957/08; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. April 2009, L 4 KR 80/08, juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15. August 2008, L 4 KR 4577/06, juris).
Dass die Klägerin möglicherweise auf einen Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall verzichtet hat, ist im Rahmen des engen Verwandtschaftsverhältnisses noch nicht allein Grund für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Denn diesbezüglich ist - wie auch bei der Urlaubsplanung - zu berücksichtigen, dass sich die familiäre Prägung vor dem Hintergrund des Gleichklangs der Interessen der Eheleute auf das Beschäftigungsverhältnis auswirkt.
Für den Senat von entscheidender Bedeutung ist ebenfalls, dass die Tätigkeit der Klägerin im streitigen Zeitraum als abhängiges Beschäftigungsverhältnis abgewickelt wurde. Denn das Arbeitsentgelt wurde als Betriebsausgabe verbucht, auf das private Girokonto der Klägerin überwiesen und Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge wurden entrichtet. Ferner spricht der Anspruch auf Jahressonderzahlungen, der arbeitnehmertypisch ist, gegen eine selbständige Tätigkeit.
Die Eheleute haben nach der Gesamtbetrachtung gezeigt, dass sie von einem gewollten und gelebten Arbeitsverhältnis ausgegangen sind und haben die Tätigkeit auch als abhängig beschäftigte Tätigkeit gemeldet. Es sprechen keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung der Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Hinzu kommt, dass ca. 25 Jahre nach Beginn des hier streitigen Zeitraums sowohl die GmbH als auch die KG bezüglich der Verlagstätigkeit des "R. Anzeiger" gegründet wurde und die Klägerin hier rechtliche Funktionen als Geschäftsführerin der GmbH und Kommanditistin der KG übernommen hat. Damit dokumentieren die Eheleute nach außen, dass eine rechtliche Beteiligung der Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt im Unternehmen ihres Ehemannes demzufolge gerade nicht gewünscht war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 in der Druckerei ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die 1957 geborene Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau und seit 16. Oktober 1976 mit H.-P. B. (E), einem gelernten Schriftsetzer, verheiratet. Der Vater des E betrieb in der Form eines Einzelunternehmens die "Druckerei J. B. Verlag des R. Anzeiger", die nach dessen Tod im Juni 1977 auf E übergegangen ist. Die Eintragung des Übergangs im Handelsregister erfolgte am 11. Juli 1978. Seit 1. April 1977 war die Klägerin im Betrieb beschäftigt und leitete nach eigenen Angaben seit dem Tod des Vaters des E den kaufmännischen Teil der Druckerei eigenverantwortlich. Ihr wurde Einzelprokura erteilt. Ein schriftlicher Anstellungsvertrag existiert nicht. Für die Klägerin wurden bei den zuständigen Einzugsstellen, für den streitigen Zeitraum bei der Beklagten und zuvor und danach bei der A. Baden-Württemberg (Beigeladene zu 4), Gesamtsozialversicherungsbeiträge entrichtet. Der Klägerin wurde monatlich regelmäßig Arbeitsentgelt bezahlt, das als Betriebsausgabe gebucht und von dem Lohnsteuer abgeführt wurde. Dem Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2) wurde versicherungspflichtiges Entgelt bis März 1994 gemeldet, im Zeitraum vom 1. Januar 1979 bis 14. August 1979 in Höhe von 19.017,- DM, vom 23. März 1980 bis 31. Dezember 1980 in Höhe von 25.708,- DM, für das Jahr 1981 in Höhe von 33.722,- DM, für das Jahr 1982 in Höhe von 38.870,- DM, für das Jahr 1983 in Höhe von 41.806,- DM, für das Jahr 1984 in Höhe von 44.867,- DM und für das Jahr 1985 in Höhe von 47.434,- DM.
Nach der Geburt des ersten Kindes am 23. September 1979 bezog die Klägerin vom 1. Januar bis 22. März 1980 Mutterschaftsgeld.
Im November 1982 übernahm die Klägerin die gesamtschuldnerische Mithaftung für ein Darlehen an E zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises für eine neue Druckmaschine in Höhe von 120.000,- DM. Eine weitere gesamtschuldnerische Mithaftung übernahm die Klägerin 1991 über 63.300,- DM, 1998 verbürgte sich die Klägerin befristet auf ein Jahr für einen Betriebsmittelkredit über 200.000,- DM.
Der Firmenname wurde in der Folgezeit 1995 und zuletzt im Dezember 2004 in "D. B. e.K. Inhaber H.-P. B." geändert. Zum Jahreswechsel 2004/2005 wurde zudem die Verlagstätigkeit bezüglich des R. Anzeigers aus dem Unternehmen ausgegliedert. Hierzu wurde am 17. September 2004 die "R. Anzeiger Verwaltungs-GmbH" (GmbH) gegründet, die persönlich haftende Gesellschafterin der seit 5. Januar 2005 bestehenden "R. Anzeiger GmbH & Co. KG" (KG) wurde. Die Klägerin war Geschäftsführerin der GmbH und neben ihrem Ehemann Kommanditistin der KG mit einem Anteil von 1/10.
Im März 2005 beantragten die Klägerin und E bei der Beigeladenen zu 4, den sozialversicherungsrechtlichen Status seit 1. April 1977 zu überprüfen. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen wurde angegeben, die Klägerin führe den gesamten kaufmännischen Bereich eigenverantwortlich. Sie sei wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert und ohne ihre Mitarbeit sei die Einstellung einer anderen Arbeitskraft erforderlich. An Weisungen des Betriebsinhabers sei sie nicht gebunden und könne die Tätigkeit frei bestimmen und gestalten. E wirke bei der Führung des Betriebes nicht mit. Die Mitarbeit sei aufgrund familiärer Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Arbeitsentgelt werde bei Arbeitsunfähigkeit nicht fortgezahlt, ein Urlaubsanspruch oder eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Das Entgelt entspreche dem eines Arbeitsnehmers, habe monatlich 3.000 EUR brutto betragen und werde auf das private Konto der Klägerin überwiesen. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 37 Stunden an fünf Arbeitstagen. Weihnachtsgeld werde in Höhe eines Monatsgehaltes und Urlaubsgeld in Höhe eines halben Gehaltes bezahlt. Die Klägerin habe dem Betrieb Darlehen in Höhe von 15.339 EUR gewährt und Bürgschaften und Sicherheiten in Höhe von insgesamt 456.067 EUR gestellt.
E ergänzte, die Klägerin habe Bankvollmacht und Prokura gehabt, habe Personal einstellen und entlassen können und habe keine regelmäßige Arbeitszeit gehabt. Sie habe bei der Führung des Betriebes aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse mitgewirkt.
Mit Bescheid vom 27. September 2005 stellte die Beigeladene zu 4 gegenüber E fest, dass die Klägerin bereits ab 1. April 1977 nicht mehr der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe. Denn die Tätigkeit sei so gestaltet gewesen, dass die Klägerin nie weisungsgebunden gewesen sei und ihre Arbeitszeit jederzeit frei habe bestimmen können. Die Tätigkeit sei mehr durch familiäre Rücksichtnahmen und durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander gekennzeichnet gewesen als durch einen für ein Arbeitnehmer-/Arbeitgeberverhältnis typischen Interessengegensatz. Deshalb würden die ab 1. April 1977 zu Unrecht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge beanstandet. Den Bescheid gab die Beigeladene zu 4 auch der Klägerin bekannt.
Daraufhin beantragten die Klägerin und E im Oktober 2005 bei der Beigeladenen zu 2 die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge.
Die Beigeladene zu 2 bat die Beklagte mit Schreiben vom 25. Oktober 2005, ebenfalls eine versicherungsrechtliche Beurteilung zu erstellen oder sich der Auffassung der Beigeladenen zu 4 anzuschließen, da die Klägerin bis 31. Dezember 1985 Mitglied der Beklagten gewesen sei.
Gegenüber der Beklagten gaben die Klägerin und E daraufhin im entsprechenden Feststellungsbogen im November 2005 an, die Klägerin habe die kaufmännische Leitung mit Personalwesen und Bankvollmacht inne gehabt. Sie habe ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von durchschnittlich ca. 1.800 EUR erhalten, das von der Ertragslage des Betriebes abhängig gewesen sei. Zudem seien sonstige Bezüge gezahlt worden. Die Arbeitszeit habe durchschnittlich wöchentlich 50 bis 60 Stunden betragen und sei an fünf bis sechs Tagen pro Woche ausgeübt worden. Bei Arbeitsunfähigkeit sei das Arbeitsentgelt nach den gesetzlichen Vorschriften fortgezahlt worden. Die Klägerin sei nicht wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert gewesen und ohne ihre Mitarbeit sei auch keine andere Arbeitskraft erforderlich gewesen.
Mit Schreiben vom 10. November 2005 teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 2 mit, dass die Klägerin im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Daraufhin berichtigte die Beigeladene zu 4 mit Bescheid vom 19. Dezember 2005 gegenüber E, der auch der Klägerin bekanntgegeben wurde, den Bescheid vom 27. September 2005 dahingehend, dass die Beschäftigung der Klägerin (erst) ab 1. Januar 1986 nicht mehr der Versicherungspflicht unterlegen habe. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Bescheid vom 11. Januar 2006 beanstandete die Beigeladene zu 2 deshalb lediglich die zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge im Zeitraum vom 1. Januar 1986 bis 31. März 1994. Der Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid ruht.
Im Oktober 2006 wurde über das Vermögen des E das Insolvenzverfahren eröffnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter (Beigeladener zu 3) bestellt. Die Klägerin wurde als Geschäftsführerin der GmbH im Jahr 2007 abberufen, die GmbH wurde im Jahr 2009 aufgelöst, die KG ist im Jahr 2009 mit einer anderen KG verschmolzen.
Am 27. Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Tätigkeit im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 zu überprüfen. Die Klägerin unterliege nicht der Sozialversicherungspflicht, da sie in ihrer Tätigkeit nicht weisungsgebunden gewesen sei. Sie habe den kaufmännischen Teil der Druckerei eigenverantwortlich geleitet, habe selbständig die elementaren Organisationseinheiten geleitet und seit jeher eigenständig im Alltagsgeschäft wie auch bei Investitionsentscheidungen entschieden. Zu ihrer Tätigkeit habe die gesamte Kundenbetreuung, von der Kundengewinnung bis zur Auftragsabwicklung, gehört. Sie habe die Buchhaltung organisiert und die Bankkontakte ohne Weisung aber im Einvernehmen mit ihrem Ehemann organisiert. Die Arbeitszeit habe nicht der Arbeitszeit der angestellten Arbeitnehmer entsprochen, sie sei mit dem Betrieb verwachsen gewesen. Die Redaktion des "R. Anzeiger" sei bis zur gesellschaftsrechtlichen Ausgliederung und Verselbständigung wesentlicher Bestandteil der Druckerei gewesen und von ihr persönlich unabhängig geleitet worden. Nunmehr sei sie Geschäftsführerin der GmbH, dies unterstreiche die bestehende Weisungsunabhängigkeit. Sie sei finanziell für betriebliche Verbindlichkeiten als Sicherungsgeber in Anspruch genommen worden und habe noch nie ihre Arbeitnehmerrechte wie Arbeitsbefreiung wegen Urlaub oder Krankheit in Anspruch genommen. Von Beginn an sei zwischen den Eheleuten klar gewesen, dass sie die Druckerei entsprechend einer Mitunternehmerschaft gemeinsam führten. Dass die Klägerin nicht formal als Mitinhaberin firmiert habe, dürfe für die inhaltliche Fragestellung nicht überinterpretiert werden. Allein die Entlohnung und die Verbuchung des Entgelts als Betriebsausgabe hätten keine ausreichende Indizwirkung für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2007 stellte die Beklagte fest, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin in der Druckerei B. in der Zeit vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Es sei ein angemessenes Arbeitsentgelt entrichtet worden, von dem regelmäßig Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden seien und das als Betriebsausgabe verbucht worden sei. Es liege keine familienhafte Mithilfe vor, da die Klägerin in erheblichem Umfang im Betrieb tätig gewesen sei. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses stehe grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt sei und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nicht ausgeübt werde. Ohne die Mitarbeit der Klägerin hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Zwar enthalte der Feststellungsbogen hierzu die gegenteilige Aussage. Unter Berücksichtigung der angegeben Tätigkeiten und der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass diese Angabe nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen habe. Die Klägerin sei nicht Mitinhaberin der Druckerei B. gewesen und habe aus rechtlichen Gesichtspunkten nicht für das Unternehmen des E rechtsverbindlich handeln können. Die Klägerin habe kein Unternehmerrisiko getragen, sondern lediglich Bürgschaften übernommen. Diese seien durch die eherechtlichen Beziehungen begründet, würden jedoch keine Möglichkeiten ergeben, auf die Geschicke des Unternehmens Einfluss zu nehmen. Die Klägerin sei als leitende Angestellte, aber nicht als Unternehmerin tätig gewesen. Von diesem Sachverhalt seien sowohl die Klägerin als auch E über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren ausgegangen.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. März 2007, einem Montag, beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und ergänzt, mittlerweile sei ihr aufgrund der Beurteilung der Beigeladenen zu 4 Insolvenzgeld versagt worden, da sie als Mitunternehmerin gesehen werde.
Mit Beschluss vom 29. März 2007 hat das SG die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 1), die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 2) und den Insolvenzverwalter des E (Beigeladener zu 3) zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene zu 3 hat mitgeteilt, aufgrund der Beurteilung der Beigeladenen zu 4 sei er im Rahmen seiner Tätigkeit nicht davon ausgegangen, dass es sich bei der Klägerin um eine Arbeitnehmerin gehandelt habe. Diesen Eindruck habe er auch anlässlich der vorläufigen Insolvenzverwaltung gewonnen. Gespräche über das weitere Vorgehen seien primär mit der Klägerin geführt worden. Die Klägerin habe Kontakte zu den Kunden gepflegt und sei nach außen als Repräsentantin der Druckerei aufgetreten. E habe der Klägerin vollen Handlungs- und Vertretungsspielraum eingeräumt gehabt. Auch sei nicht bekannt, dass der Klägerin Weisungen von ihrem Ehemann erteilt worden seien.
Mit Urteil vom 30. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei im streitigen Zeitraum bei E versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Zwar führe das Fehlen einer maßgeblichen Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch sei in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzusehen. Nicht jede familiäre Verbundenheit führe zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Klägerin sei weder am Unternehmen des E beteiligt gewesen noch hätten gesellschaftsrechtliche Beziehungen bestanden. Solche seien ausdrücklich nicht gewollt gewesen, was dadurch zum Ausdruck komme, dass die Klägerin erst im Rahmen der Ausgliederung des "R. Anzeigers" in eine GmbH an diesem Unternehmen beteiligt worden sei. Aufgrund der fehlenden Rechtsmacht sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, die maßgeblichen unternehmenspolitischen Entscheidungen zu treffen oder maßgeblich zu beeinflussen. E habe es in der Hand gehabt, hindernd in die Freiheiten der Klägerin einzugreifen. Ihre Tätigkeit sei mit keinem relevanten unternehmerischen Risiko verbunden gewesen. Sie habe durchweg ein regelmäßiges Arbeitseinkommen bezogen, welches sich sukzessive erhöht habe und auch im Krankheitsfall fortgezahlt worden sei. Diese Vergütungspraxis entspreche typischerweise der Vergütung abhängig Beschäftigter. Für eine Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung seien keine Anhaltspunkte vorhanden. Das Entgelt sei als Betriebsausgabe verbucht worden, Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung seien daraus abgeführt worden. Es fehle eine relevante finanzielle Beteiligung der Klägerin an dem Unternehmen des E. Hinsichtlich der Mithaftung für das Darlehen im Jahr 1982 sei zu berücksichtigen, dass die Mithaftung von Familienmitgliedern für Verbindlichkeiten des Unternehmens mit der Haftung von fremden Arbeitnehmern, die nicht Angehörige des Unternehmensinhabers seien, nicht zu vergleichen sei.
Gegen das am 10. August 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. September 2009 Berufung mit der Begründung eingelegt, faktisch habe sie das Unternehmen alleinverantwortlich und "wie ihr eigenes" ohne Vorliegen eines Direktionsrechtes geführt. E sei zunächst im März 1976 als gelernter Schriftsetzer in den elterlichen Betrieb eingetreten. Nach dem plötzlichen Tod des Vaters im Juni 1977 sei er mit der Leitung des Betriebs konfrontiert worden. Da er hierzu nicht in der Lage gewesen sei, habe sie, die Klägerin, im Jahr 1977 in den Betrieb eintreten müssen, um diesen zu führen. 1978 habe E ein Jahr die Meisterschule besucht. Die gesamte kaufmännische Betriebsleitung sei in diesem Zeitraum ausschließlich ihre Aufgabe gewesen. Auch nach Abschluss der Meisterprüfung des E habe sie unverändert die kaufmännische Leitung ausgeübt. E habe lediglich die technische Ausführung der Druckarbeiten oblegen. Höchstens sechs bis acht Wochen nach der Geburt des ersten Kindes am 23. September 1979 habe sie die Arbeit wieder aufgenommen, da eine längere Abwesenheit organisatorisch nicht möglich gewesen sei. Auch nach den beiden nächsten Geburten 1988 und 1995 habe sie sofort im Betrieb weitergearbeitet, da der Betrieb vollständig von ihrer Person abhängig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2007 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Tätigkeit in der Druckerei des H.-P. B. im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung und die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Unterlagen aus dem Jahr 1979 existierten nicht mehr. Der Datenbestand weise als Beginn der Mitgliedschaft den 1. Juli 1979 und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Druckerei des E aus.
Der Senat hat mit Beschluss vom 1. Juni 2010 die A. Baden-Württemberg (Beigeladene zu 4) beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2 und 4 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Denn die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte - und nicht die Beigeladene zu 4 - ist für die Feststellung der Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit der Klägerin in der Druckerei des E im streitigen Zeitraum zuständig. Denn als in diesem Zeitraum die Krankenversicherung der Klägerin durchführende Krankenkasse war sie die zuständige Einzugsstelle gemäß §§ 121 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), § 1399 Reichsversicherungsordnung (RVO) und 176 Abs. 3, 182 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Der spätere Wechsel der Krankenkasse ließ diese Zuständigkeit nicht entfallen. Gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 1989 durch das Gesetz zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 1988, 2330), entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, (ab 1. Januar 1995 auch der Pflege-) und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und erlässt den Widerspruchsbescheid. An sie ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen, sie überwacht gemäß § 28h Abs. 1 SGB IV die Einreichung des Beitragsnachweises und macht die Beitragsansprüche geltend. § 28i SGB IV bestimmt die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zuständige Einzugsstelle. Dies ist nach Satz 1 der Vorschrift grundsätzlich die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Für den streitigen Zeitraum (und bis zum 31. Dezember 1988) war die Befugnis der die Krankenversicherung durchführenden Krankenkasse als Einzugsstelle, die Versicherungs- und Beitragspflicht festzustellen, in § 121 AVG bezüglich der Renten- und Krankenversicherung und in §§ 176 Abs. 3, 182 AFG bezüglich der Beitragspflicht zur Arbeitsförderung geregelt. Zuständige Einzugsstelle, an die der Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Klägerin zu zahlen war, war im streitigen Zeitraum danach die Beklagte. Bei ihr war die Klägerin in diesem Zeitraum krankenversichert. Die Zuständigkeit der Beklagten zur Entscheidung über die Versicherungspflicht für den streitigen Zeitraum ist durch die Änderung der Krankenkassenmitgliedschaft zum Januar 1986 nicht entfallen und nicht auf die Beigeladene zu 4, deren Mitglied die Klägerin vor dem 1. Juli 1979 und nach dem 31. Dezember 1985 war, übergegangen. Soweit erstmals über die Versicherungspflicht und Beitragspflicht für die Vergangenheit zu entscheiden ist, bleibt die zu diesem Zeitpunkt die Versicherung durchführende Krankenkasse zur Entscheidung berufen (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Juni 2008, B 12 KR 24/07 R, SozR 4-2400 § 28h Nr. 4; aA Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, nicht rechtskräftiges Urteil vom 30. April 2008, L 9 KR 138/04, Revision anhängig unter B 12 KR 17/08 R).
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken- und Rentenversicherung und dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG und § 168 Abs. 1 AFG). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (in der seit 1. Juli 1977 geltenden Fassung). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann, insbesondere bei Diensten höherer Art, eingeschränkt sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 KR 21/07 R, juris; Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7; BSG, Urteil vom 4. Juli 2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 8). Deshalb kann zwar eine an sich rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein kann, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheidet (BSG, Urteil vom 17. Mai 2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17; BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987, 7 RAr 25/86, juris; BSG, Urteil vom 7. September 1988, 10 RAr 10/87, SozR 4100 § 141b Nr. 41). Andererseits ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist, die Rechtsmacht also noch besteht, selbst wenn von dieser tatsächlich kein Gebrauch gemacht wird (BSG, Urteil vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit im Unternehmen eines Ehegatten oder engen Verwandten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter engen Verwandten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 21. April 1993, SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11). Ebenfalls unschädlich ist, wenn von dem Weisungsrecht vor allem im fachlichen Bereich nicht vollumfänglich Gebrauch gemacht wird. Denn vor allem bei sog Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht stark eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 6). Selbst wer Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, kann als leitender Angestellter bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG, Urteil vom 19. Juni 2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 18).
Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, B 7 AL 34/02 R, juris).
Nach Abwägung aller Gesichtspunkte steht zur Überzeugung des Senats gemessen an diesen Grundsätzen fest, dass die Tätigkeit der Klägerin im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1985 sozialversicherungspflichtig war. Denn die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen vorliegend.
Ein schriftlicher Arbeits- oder Anstellungsvertrag, der grundsätzlich Ausgangspunkt für die Überprüfung der rechtlich relevanten Umstände ist, wurde vorliegend nach den Angaben der Klägerin nicht geschlossen. Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages spricht nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Denn der wirksame Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages gemäß § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedurfte weder zu Beginn der Beschäftigung noch bedarf er heute der Schriftform.
Die Angaben in den Feststellungsbögen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gegenüber der Beklagten und der Beigeladenen zu 4 sind in mehreren Punkten widersprüchlich, nämlich bei den Angaben zur Höhe des Entgelts und der Regelmäßigkeit der Bezahlung, zur Arbeitszeit, zur Frage, ob die Klägerin wie ein fremder Mitarbeiter eingebunden war und ohne ihre Mitarbeit eine fremde Arbeitskraft erforderlich gewesen wäre und welche Vereinbarung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall getroffen wurde.
Bezüglich der Höhe des Entgelts können die Meldungen zur Beigeladenen zu 2 herangezogen werden, die ein stetig ansteigendes Bruttojahresentgelt bei anfangs monatlich durchschnittlich ca. 1.300 EUR (in 7,5 Monaten im Jahr 1979) und zuletzt von 2.000 EUR ergeben. Dies kann als Indiz einer nicht von der Ertragslage abhängigen Vergütung, sondern der im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses üblichen Vergütungspraxis stetig ansteigender Gehälter gewertet werden. Denn Nachweise für die Behauptung, das Entgelt erfolgsabhängig bezahlt zu haben, wurden nicht vorgelegt.
Selbst wenn bezüglich der sonstigen Angaben in den Feststellungsbögen jeweils die für die Klägerin günstigsten Angaben der Beurteilung zugrunde gelegt werden, lässt sich die Tätigkeit der Klägerin noch mit der Stellung einer (abhängig beschäftigten) leitenden Angestellten in der Druckerei des E in Einklang bringen. Hierfür spricht auch die der Klägerin erteilte Einzelprokura und die Bankvollmacht. Allerdings war die leitende Position der Klägerin rechtlich insofern beschränkt, als sie nicht von den Voraussetzungen des § 181 BGB befreit wurde. Zur Tätigkeit eines leitenden Angestellten gehört des Weiteren, Personal einzustellen und zu entlassen, so dass die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen in der Position eines leitenden Angestellten nicht gegen eine abhängige Beschäftigung spricht. Schließlich ist die Arbeitszeit von wöchentlich ca. 50 bis 60 Stunden an fünf bis sechs Tagen typisch für eine leitende Position.
Wegen des engen Verwandtschaftsverhältnisses ist es unschädlich, dass E der Klägerin keine Weisungen erteilt hat. Nach der Rechtsprechung kann zwar eine persönliche Abhängigkeit von den tatsächlichen Verhältnissen überlagert sein, wenn z.B. der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nicht selbst, jedoch seine Familie über die Kapitalmehrheit verfügt, ihm von den übrigen Familienmitgliedern freie Hand gelassen wird und er - wirtschaftlich gesehen - seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausübt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 mwN.). Desgleichen kann davon auszugehen sein, wenn ein als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG Urteil vom 30. Juni 1999, B 2 U 35/98 R, SozR 3-2200 § 723 Nr. 4). Unabhängig von der Frage, ob diese Rechtsprechung zur Rechtsform einer GmbH auch bei Einzelunternehmen angewendet werden kann, ist vorliegend nicht von einer beherrschenden Stellung der Klägerin auszugehen. Denn mit der Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau können zwar teilweise Kenntnisse vermittelt werden, die zur Führung eines Betriebes erforderlich sind, wie z.B. im Bereich Buchhaltung, Einkauf und Kalkulation. Allerdings hat E diese (und weitere) Kenntnisse spätestens mit Abschluss der Meisterschule im Jahr 1978 ebenfalls erworben und mit diesem Abschluss allein über die notwendige Qualifikation verfügt, um ein handwerkliches Einzelunternehmen zu betreiben (§§ 1, 7 Handwerksordnung (HwO) iVm Nr. 108 Anl. A zur HwO). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihren Ehemann persönlich dominiert hätte oder dieser wirtschaftlich von der Klägerin abhängig gewesen wäre, liegen nicht vor. Selbst wenn E der Klägerin keinerlei Weisungen erteilt hat, hätte er als alleiniger Betriebsinhaber jederzeit ihm nicht genehme Entscheidungen der Klägerin verhindern können. Allein die Nichtausübung dieser Rechtsmacht begründet auf Seiten der Klägerin noch keine unternehmensbeherrschende Stellung. Hierauf hat schon das SG zu Recht hingewiesen.
Die Klägerin hat kein Unternehmerrisiko getragen. Unternehmerrisiko trägt, wer eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzt und somit der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Die Druckerei ist im streitigen Zeitraum in der Rechtsform eines Einzelunternehmens allein von E geführt worden. E ist deshalb für Außenstehende der allein haftende Einzelunternehmer gewesen. Mit der eingeräumten Handlungsvollmacht hat die Klägerin demnach zwar den kaufmännischen Bereich eigenverantwortlich leiten können, jedoch keine rechtliche Verantwortung übernommen und ihre Arbeitskraft deshalb nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Eine konsequent erfolgsabhängige Vergütung wurde darüber hinaus nicht vorgenommen. Eigenes Kapital hat die Klägerin nicht in das Unternehmen eingebracht. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich im streitigen Zeitraum lediglich die Übernahme einer gesamtschuldnerischen Mithaftung der Klägerin für ein Darlehen an E zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises für eine neue Druckmaschine in Höhe von 120.000,- DM. Die übernommene Verpflichtung ist auf Seiten der Klägerin auf das gesteigerte beiderseitige Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zurückzuführen und auf Seiten des Darlehensgebers vor allem Ausfluss der bankenüblichen Praxis bei der Gewährung eines Darlehens an verheiratete Unternehmer, die nicht von der Mitarbeit des Ehegatten im Unternehmen abhängt. Dadurch wird die Klägerin jedoch weder am Unternehmensgewinn noch -verlust beteiligt und trägt deshalb kein unternehmerisches Risiko (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 2009, L 11 KR 1957/08; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. April 2009, L 4 KR 80/08, juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15. August 2008, L 4 KR 4577/06, juris).
Dass die Klägerin möglicherweise auf einen Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall verzichtet hat, ist im Rahmen des engen Verwandtschaftsverhältnisses noch nicht allein Grund für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Denn diesbezüglich ist - wie auch bei der Urlaubsplanung - zu berücksichtigen, dass sich die familiäre Prägung vor dem Hintergrund des Gleichklangs der Interessen der Eheleute auf das Beschäftigungsverhältnis auswirkt.
Für den Senat von entscheidender Bedeutung ist ebenfalls, dass die Tätigkeit der Klägerin im streitigen Zeitraum als abhängiges Beschäftigungsverhältnis abgewickelt wurde. Denn das Arbeitsentgelt wurde als Betriebsausgabe verbucht, auf das private Girokonto der Klägerin überwiesen und Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge wurden entrichtet. Ferner spricht der Anspruch auf Jahressonderzahlungen, der arbeitnehmertypisch ist, gegen eine selbständige Tätigkeit.
Die Eheleute haben nach der Gesamtbetrachtung gezeigt, dass sie von einem gewollten und gelebten Arbeitsverhältnis ausgegangen sind und haben die Tätigkeit auch als abhängig beschäftigte Tätigkeit gemeldet. Es sprechen keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung der Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Hinzu kommt, dass ca. 25 Jahre nach Beginn des hier streitigen Zeitraums sowohl die GmbH als auch die KG bezüglich der Verlagstätigkeit des "R. Anzeiger" gegründet wurde und die Klägerin hier rechtliche Funktionen als Geschäftsführerin der GmbH und Kommanditistin der KG übernommen hat. Damit dokumentieren die Eheleute nach außen, dass eine rechtliche Beteiligung der Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt im Unternehmen ihres Ehemannes demzufolge gerade nicht gewünscht war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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