L 2 U 356/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 U 593/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 356/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Behauptung des Klägers, ein vom Gericht ernannter Sachverständiger stehe im Beratungsverhältnis zur beklagten Berufsgenossenschaft reicht nicht aus, um einen Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen, wenn der Sachverständige und die Beklagte dies verneinen.
Das Gesuch des Klägers, den Sachverständigen Dr. Dr. F. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 07.02.2004 Verletztengeld über den 06.03.2004 hinaus und nach dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit Rente. Die Beklagte hatte im Bescheid vom 22.06.2005 lediglich eine Prellung des körperfernen Oberschenkels rechts mit daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit bis 06.03.2004 anerkannt. Der Kläger ist der Auffassung, durch den Unfall sei es zu einer Lockerung der am 19.03.2003 implantierten Oberflächenersatzprothese des rechten Knies gekommen, im späteren Verlauf zu mehrfachen Revisionen infolge Infektionen und am 04.05.2006 wegen anhaltender Schmerzen zur Amputation des rechten Beins oberhalb des Kniegelenks. Die Beklagte hielt den Krankheitsverlauf für schicksalhaft und nicht unfallursächlich; sie wies den Widerspruch des Klägers zurück. Im anschließenden Klageverfahren beauftragte das Sozialgericht München (SG) den Chirurgen Dr. Dr. F. mit der Erstattung eines Gutachtens. Der Sachverständige bestätigte im Ergebnis die Auffassung der Beklagten. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 23.07.2008 ab. Es stützte sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. Dr. F ... Der Kläger legte dagegen am 29.08.2008 Berufung ein. Mit Schreiben vom 22.10.2008 erklärte er, er lehne den Sachverständigen Dr. Dr. F. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er halte sich seit drei Wochen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik C-Stadt auf. Dort habe er von einer namentlich nicht bekannten Mitarbeiterin erfahren, Dr. Dr. F. sei regelmäßig als beratender Arzt für die Beklagte im südöstlichen Raum um E-Stadt tätig. Es sei zu vermuten, dass er - wie andere Beratungsärzte - regelmäßige Zahlungen von der Beklagten erhalte. Die Beklagte versicherte, Dr. Dr. F. sei weder bei ihr angestellt, noch berate er sie regelmäßig. Eine beratungsärztliche Vereinbarung mit ihm existiere nicht. Dr. Dr. F. teilte am 08.11.2008 mit, er sei kein Beratungsarzt von Berufsgenossenschaften; der Kläger sei falsch informiert. Der Kläger beantragt, seinem Gesuch, den Sachverständigen Dr. Dr. F. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, stattzugeben.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Nach § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind im sozialgerichtlichen Verfahren für die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Nach §§ 406 Abs. 2 Satz 1, 411 Abs. 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor Erstellung des Gutachtens zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die Ablehnung zu einem späteren Zeitpunkt nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Entsprechend der Intention des § 406 Abs. 2 ZPO, eine Beweisaufnahme zu vermeiden, deren Ergebnis auf Betreiben einer Partei sich nachträglich als nicht verwertbar herausstellen könnte, sind bekannt gewordene Ablehnungsgründe grundsätzlich unverzüglich, allenfalls mit einer angemessenen Überlegungsfrist geltend zu machen. Die hierin liegende zeitliche Beschränkung der Geltendmachung von Ablehnungsgründen liegt im Interesse des ungestörten Verlaufs des Prozesses und stellt konkrete Anforderungen an die Prozessförderungspflicht der Parteien. Unter Beachtung dieser Vorgaben hält der Senat das Ablehnungsgesuch des Klägers für zulässig, insbesondere für rechtzeitig. Aus der eidesstattlichen Versicherung des Klägers vom 19.10.2008 entnimmt er, dass der Kläger über die von ihm behaupteten Ablehnungsgründe erst im Laufe des Oktobers 2008 Kenntnis erlangt hat. Zugunsten des Klägers unterstellt der Senat ferner, dass dieser unverzüglich nach Kenntniserlangung die Ablehnungsgründe geltend gemacht hat, obwohl dies seinem Vortrag nicht eindeutig zu entnehmen ist. Der Befangenheitsantrag ist jedoch nicht begründet, weil Gründe, die zur Ablehnung des Sachverständigen führen könnten, nicht glaubhaft gemacht sind. § 406 Abs. 3 ZPO verlangt, dass der Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen ist. Im hier zu entscheidenden Fall steht der Behauptung des Klägers die Aussage der Beklagten und des Sachverständigen, wonach kein Beratungsverhältnis zwischen dem Sachverständigen und Berufsgenossenschaften besteht, entgegen. Der Kläger selbst hat außer seiner Behauptung hierzu nichts vorgetragen und erst recht nichts glaubhaft gemacht. Er hat weder die Person benannt, von der die Information herrühre, noch von dieser eine Versicherung an Eides Statt vorgelegt. Der Senat kommt damit zum Ergebnis, dass ein Grund, der die Ablehnung des Sachverständigen Dr. Dr. F. wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen würde, nicht glaubhaft gemacht ist. Das Gesuch war zurückzuweisen. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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