Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 25 R 62/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 163/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.1.2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Altersrente ohne Kürzung der nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Entgeltpunkte (EP) zusteht.
Der am 00.00.1942 geborene Kläger ist anerkannter Vertriebener. Bis zu seiner Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 1983 lebte er in Rumänien. Seit dem 1.1.2006 bezieht er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aufgrund des Bescheides vom 14.11.2005 und des Neufeststellungsbescheides vom 21.4.2006. Beide Bescheide wurden bestandskräftig. Bei der Berechnung der Rente berücksichtigte die Beklagte Pflichtbeitragszeiten des Klägers vom 20.6.1956 bis zum 25.11.1983 (einschließlich der Wehrdienstzeiten vom 4.3.1963 bis zum 8.2.1965) und vervielfältigte die hierauf entfallenden Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG mit 0,6.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13.6.2006 (Az.: 1 BvL 9/00 u.a.) zur Verfassungsmäßigkeit von § 22 Abs. 4 FRG stellte der Kläger am 27.6.2006 einen Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Neufeststellung der Rente. Die Beklagte lehnte eine Neuberechnung der Rente ab (Bescheid v. 12.9.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 7.4.2009). Zwar habe das BVerfG für Personen wie den Kläger, die vor dem 1.1.1991 nach Deutschland gekommen seien und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen habe, eine zusätzliche Übergangsregelung zu § 22 Abs. 4 FRG gefordert, die nunmehr mit Art. 6 § 4c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) vorliege. Der Kläger erfülle die dort geregelten Voraussetzungen jedoch nicht, da seine Rente nach dem 30.6.2000 begonnen und er seinen Überprüfungsantrag nach dem 31.12.2004 gestellt habe.
Mit seiner am 8.5.2009 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Die Kürzung der EP auf 60 % sei im Lichte der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verfassungswidrig. Sein Fall unterscheide sich in wesentlichen Punkten von dem vom BVerfG am 13.6.2006 entschiedenen Verfahren, da er Spätaussiedler aus der Sowjetunion sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.9.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 7.4.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Rente neu festzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen (Urteil v. 14.1.2010). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 18.1.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.2.2010 Berufung erhoben, die er nicht begründet hat. Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.1.2010 aufzuheben und antragsgemäß zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten ist beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder erschienen noch vertreten gewesen ist, da er mit der ordnungsgemäßen Terminsnachricht auf die Möglichkeit einer Verhandlung und Entscheidung auch in seiner Abwesenheit hingewiesen worden ist.
Seinem schriftsätzlichen Vorbringen ist das Begehren zu entnehmen, die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Änderung der Bescheide vom 14.11.2005 und 21.4.2006 höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ohne Vervielfältigung der für die Beitragszeiten im Herkunftsgebiet vom 20.6.1956 bis zum 25.11.1983 ermittelten EP mit dem Faktor 0,6 zu gewähren.
Die auf dieses Begehren gerichtete zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Bescheid vom 12.9.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.4.2009 nicht rechtswidrig ist und den Kläger daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert.
Die Beklagte ist zunächst nicht verpflichtet, nach Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG i.d.F. von Art. 16 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes v. 20.4.2007 (BGBl. I, 554) einen Zuschlag an persönlichen EP zu ermitteln. Ein Anspruch hierauf besteht nämlich nur, wenn über den Rentenantrag oder den bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides am 30.6.2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (Art. 6 § 4c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FANG). Demgegenüber ist der Bescheid vom 14.11.2005, mit dem die Beklagte über den Rentenantrag des Klägers entschieden hat, am 30.06.2006 bereits bestandskräftig gewesen. Gleiches gilt für den Bescheid vom 21.4.2006, der allerdings auch nur die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung betrifft und insoweit keine Entscheidung über den Rentenantrag enthält.
Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass die Beklagte die Bescheide vom 14.11.2005 und 21.4.2006 im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X zu seinen Gunsten ändert. Denn die Beklagte ist nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und hat das geltende Recht auch zutreffend angewandt. Die Anwendung des Faktors 0,6 auf die Beitragszeiten des Klägers gemäß §§ 15, 16 FRG beruht auf § 22 Abs. 4 FRG.
§ 22 Abs. 4 FRG verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (BVerfG, Beschluss v. 13.6.2006, 1 BvL 9/00, SozR 4-5050 § 22 Nr. 5). Das BVerfG hat sich in dieser Entscheidung mit Fällen rumänischer Aussiedler beschäftigt, die dem vorliegenden in jeglicher Hinsicht vergleichbar sind. Wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf den Gedanken verfallen ist, sein Mandant sei Spätaussiedler aus der Sowjetunion, ist für den Senat unerfindlich.
Aus der Entscheidung des EuGH vom 18.12.2007 (C-396/05 u.a., SozR 4-6035 Art. 42 Nr. 2) folgt nichts anderes. Dort ging es um die Frage, ob Fremdrenten in andere Länder der Europäischen Union exportfähig sind. Der EuGH hat dies bejaht, weil Renten nach dem FRG nicht bedürftigkeitsabhängig gezahlt werden. Die Frage, inwieweit Renten aus FRG-Beitragszeiten an Versicherte mit Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu zahlen sind, hat jedoch nichts damit zu tun, inwieweit solche Anwartschaften dem Schutz des Art. 14 GG unterfallen.
Auch Art. 6 § 4c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FANG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG, Urteil v. 25.2.2010, B 13 R 61/09 R; Urteil v. 20.10.2009, B 5 R 38/08 R; jeweils zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Altersrente ohne Kürzung der nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Entgeltpunkte (EP) zusteht.
Der am 00.00.1942 geborene Kläger ist anerkannter Vertriebener. Bis zu seiner Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 1983 lebte er in Rumänien. Seit dem 1.1.2006 bezieht er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aufgrund des Bescheides vom 14.11.2005 und des Neufeststellungsbescheides vom 21.4.2006. Beide Bescheide wurden bestandskräftig. Bei der Berechnung der Rente berücksichtigte die Beklagte Pflichtbeitragszeiten des Klägers vom 20.6.1956 bis zum 25.11.1983 (einschließlich der Wehrdienstzeiten vom 4.3.1963 bis zum 8.2.1965) und vervielfältigte die hierauf entfallenden Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG mit 0,6.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13.6.2006 (Az.: 1 BvL 9/00 u.a.) zur Verfassungsmäßigkeit von § 22 Abs. 4 FRG stellte der Kläger am 27.6.2006 einen Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Neufeststellung der Rente. Die Beklagte lehnte eine Neuberechnung der Rente ab (Bescheid v. 12.9.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 7.4.2009). Zwar habe das BVerfG für Personen wie den Kläger, die vor dem 1.1.1991 nach Deutschland gekommen seien und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen habe, eine zusätzliche Übergangsregelung zu § 22 Abs. 4 FRG gefordert, die nunmehr mit Art. 6 § 4c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) vorliege. Der Kläger erfülle die dort geregelten Voraussetzungen jedoch nicht, da seine Rente nach dem 30.6.2000 begonnen und er seinen Überprüfungsantrag nach dem 31.12.2004 gestellt habe.
Mit seiner am 8.5.2009 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Die Kürzung der EP auf 60 % sei im Lichte der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verfassungswidrig. Sein Fall unterscheide sich in wesentlichen Punkten von dem vom BVerfG am 13.6.2006 entschiedenen Verfahren, da er Spätaussiedler aus der Sowjetunion sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.9.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 7.4.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Rente neu festzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen (Urteil v. 14.1.2010). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 18.1.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.2.2010 Berufung erhoben, die er nicht begründet hat. Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.1.2010 aufzuheben und antragsgemäß zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten ist beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder erschienen noch vertreten gewesen ist, da er mit der ordnungsgemäßen Terminsnachricht auf die Möglichkeit einer Verhandlung und Entscheidung auch in seiner Abwesenheit hingewiesen worden ist.
Seinem schriftsätzlichen Vorbringen ist das Begehren zu entnehmen, die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Änderung der Bescheide vom 14.11.2005 und 21.4.2006 höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ohne Vervielfältigung der für die Beitragszeiten im Herkunftsgebiet vom 20.6.1956 bis zum 25.11.1983 ermittelten EP mit dem Faktor 0,6 zu gewähren.
Die auf dieses Begehren gerichtete zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Bescheid vom 12.9.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.4.2009 nicht rechtswidrig ist und den Kläger daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert.
Die Beklagte ist zunächst nicht verpflichtet, nach Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG i.d.F. von Art. 16 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes v. 20.4.2007 (BGBl. I, 554) einen Zuschlag an persönlichen EP zu ermitteln. Ein Anspruch hierauf besteht nämlich nur, wenn über den Rentenantrag oder den bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides am 30.6.2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (Art. 6 § 4c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FANG). Demgegenüber ist der Bescheid vom 14.11.2005, mit dem die Beklagte über den Rentenantrag des Klägers entschieden hat, am 30.06.2006 bereits bestandskräftig gewesen. Gleiches gilt für den Bescheid vom 21.4.2006, der allerdings auch nur die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung betrifft und insoweit keine Entscheidung über den Rentenantrag enthält.
Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass die Beklagte die Bescheide vom 14.11.2005 und 21.4.2006 im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X zu seinen Gunsten ändert. Denn die Beklagte ist nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und hat das geltende Recht auch zutreffend angewandt. Die Anwendung des Faktors 0,6 auf die Beitragszeiten des Klägers gemäß §§ 15, 16 FRG beruht auf § 22 Abs. 4 FRG.
§ 22 Abs. 4 FRG verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (BVerfG, Beschluss v. 13.6.2006, 1 BvL 9/00, SozR 4-5050 § 22 Nr. 5). Das BVerfG hat sich in dieser Entscheidung mit Fällen rumänischer Aussiedler beschäftigt, die dem vorliegenden in jeglicher Hinsicht vergleichbar sind. Wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf den Gedanken verfallen ist, sein Mandant sei Spätaussiedler aus der Sowjetunion, ist für den Senat unerfindlich.
Aus der Entscheidung des EuGH vom 18.12.2007 (C-396/05 u.a., SozR 4-6035 Art. 42 Nr. 2) folgt nichts anderes. Dort ging es um die Frage, ob Fremdrenten in andere Länder der Europäischen Union exportfähig sind. Der EuGH hat dies bejaht, weil Renten nach dem FRG nicht bedürftigkeitsabhängig gezahlt werden. Die Frage, inwieweit Renten aus FRG-Beitragszeiten an Versicherte mit Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu zahlen sind, hat jedoch nichts damit zu tun, inwieweit solche Anwartschaften dem Schutz des Art. 14 GG unterfallen.
Auch Art. 6 § 4c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FANG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG, Urteil v. 25.2.2010, B 13 R 61/09 R; Urteil v. 20.10.2009, B 5 R 38/08 R; jeweils zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.
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