Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 AS 162/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Übernahme der Kosten ihrer Unterkunft in tatsächlicher Höhe.
Die am 00.00.1966 geborene Klägerin bezog mit ihrem Sohn B. F. (geb. 00.00.1993) und ihrem Vater vom Beklagten SGB II-Leistungen. Gemeinsam bewohnten sie eine 76 m² große Vierzimmerwohnung in der Xstraße 3 in 52351 Düren. Die monatliche Kaltmiete für diese Wohnung betrug 296,50 Euro, die monatliche Betriebskosten- vorauszahlung 123,- Euro. Der Beklagte übernahm die vollständigen Kosten für diese Wohnung. Nachdem der Vater der Klägerin verstorben war, teilte sie dem Beklagten unter dem 00.00.2008 mit, sie beabsichtige, vorerst in dieser zu Wohnung zu verbleiben. Der Beklagte versandte unter dem 27.11.2008 ein Schreiben, in dem er auf die Unangemessenheit der Unterkunft für zwei Personen hinwies und die Klägerin aufforderte, sich um preisgünstigeren Wohnraum zu bemühen. Mit Bescheid vom 04.06.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn für die Zeit vom 01.06. bis 20.11.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschliesslich von ihm für angemessen befundener Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 405,- Euro monatlich (330,- Euro Bruttokaltmiete sowie 86,95 Euro Heizkosten abzgl. Kosten der Warmwasserbereitung). Die in der Verwaltungsakte befindliche Ausfertigung dieses Bescheides enthält ein Kürzel des Sachbearbeiters des Beklagten. Mit Änderungsbescheid vom 23.06.2009 setzte der Beklagte die Leistungen angesichts der zum 01.07.2009 erfolgten Erhöhung der Regelleistung neu fest. Die Klägerin legte am 08.07.2009 per Telefax Widerspruch "gegen den Bescheid vom 23.06.2009" ein. Zur Begründung führte sie aus, der Beklagte müsse die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe übernehmen, weil diese angemessen seien. Überdies erklärte sie unter Hinweis auf ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 02.07.2009, es sei ihr gesundheitlich nicht zumutbar, aus ihrer Wohnung auszuziehen. Der Beklagte übersandte der Widerspruchbehörde unter dem 14.07.2009 die Akten und bat um Erlass eines Widerspruchsbescheides. Die Widerspruchsbehörde teilte ihm unter dem 15.07.2009 mit, es seien weitere Ermittlungen erforderlich. Daraufhin veranlasste er unter dem 00.00.2009 eine Untersuchung der Klägerin durch das Gesundheitsamt Düren und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 00.00.2009 sei unzulässig, weil dieser Bescheid keine (neue) Regelung bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung treffe. Der Bescheid vom 04.06.2009 hingegen sei bestandskräftig geworden.
Hiergegen richtet sich die am 10.09.2009 erhobene Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Zustellungsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) könne nicht eingreifen, da die Aufgabe des Bescheides vom 04.06.2009 zur Post nicht dokumentiert sei. Überdies habe die Widerspruchsbehörde zunächst eine Sachentscheidung treffen wollen und dies dem Beklagten mitgeteilt. Hieran müsse sie sich festhalten lassen. Selbst wenn man aber von einer Bestandskraft dieses Bescheides ausgehe, hätte der Beklagte die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X überprüfen müssen.
Die Klägerin beantragt zuletzt noch,
den Bescheid vom 04.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2009 abzuändern und ihr für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertieft seine Ausführungen und verweist zudem auf eine von ihm im Klageverfahren eingeholte Auskunft des für den Bescheid vom 04.06.2009 zuständigen Sachbearbeiters (des Zeugen W.), nach der eine Aufgabe dieses Bescheides zur Post anhand des Kürzels in der Verwaltungsakte noch am 04.06.2009 dokumentiert sei.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Klägerin befragt sowie den für den Bescheid vom 04.06.2009 zuständigen Sachbearbeiter, den Zeugen W., vernommen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 04.06.2009 und Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe.
Dem Gericht ist eine Abänderung des Bescheides vom 04.06.2009 bereits deshalb verwehrt, weil dieser Bescheid nach § 77 SGG bindend geworden ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der gegen diesen Bescheid statthafte Rechtsbehelf des Widerspruchs ist nicht binnen der nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG geltenden Monatsfrist (die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 04.06.2009 ist nicht zu beanstanden, insbesondere richtig und vollständig erteilt) ab Bekanntgabe des Bescheides vom 04.06.2009 eingelegt worden.
Der Bescheid vom 04.06.2009 gilt entgegen der Auffassung der Klägerin am 07.06.2009 als bekannt gegeben, weil die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorliegen. Es handelt sich um einen schriftlichen Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post (mit einfachem Brief) übermittelt worden ist. Zur Überzeugung der Kammer steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme auch fest, dass der Bescheid vom 04.06.2009 noch am selben Tag zur Post gegeben worden ist.
So hat der Zeuge T. W. im Rahmen der Beweisaufnahme erklärt, er könne anhand seines Namenskürzels (Bl. 490 der Verwaltungsakte) erkennen, dass der Bescheid vom 04.06.2009 noch am 04.06.2009 kuvertiert und in das Postkörbchen gelegt worden ist. Er hat weiter erklärt, dass Bescheide in der Regel noch am gleichen Tag zur Postsammelstelle transportiert werden und dass Bescheide im Normalfall am gleichen Tag von der Postsammelstelle zur Post aufgegeben werden. Der Zeuge W. hat weiter erklärt, er handhabe es generell so, dass - wenn der Bescheid noch am Tag des Bescheiddatums zur (hausinternen) Postsammlung aufgegeben wird - er lediglich einen Strich und einen Ab-Vermerk mache und er hat sein Kürzel auf dem Bescheid vom 04.06.2009 als einen solchen Ab-Vermerk identifiziert. Für die Kammer bestehen angesichts der Beweisaufnahme keine Zweifel, dass der Bescheid vom 04.06.2009 noch am 04.06.2009 das Haus des Beklagten verlassen hat. Denn der Zeuge W. hat erklärt, die Post werde zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr abgeholt. Er hat überdies ausgeführt, dass es bei Bewilligungsbescheiden für ihn "die absolute Regel" sei, dass er diese erst für die Post fertig mache und dann die entsprechende Buchung vornehme. Er hat weiter erklärt, dass die Buchung im vorliegenden Fall ausweislich des Buchungsprotokolls (Bl. 497 der Verwaltungsakte) um 10.57 Uhr stattgefunden hat, der Bescheid also vor diesem Zeitpunkt kuvertiert und in das Postkörbchen gelegt worden ist. Schliesslich hat er ausgeführt, dass die Post aus dem Postkörbchen mehrmals am Tag zur hausinternen Postsammelstelle gebracht wird.
Der Bescheid vom 04.06.2009 galt der Klägerin damit am 07.06.2009 als bekannt gegeben. Hierbei spielt es keine Rolle, dass dieser Tag ein Sonntag war, insbesondere findet § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X schon deshalb keine Anwendung, weil die Vorschrift nur den Ablauf der Frist, nicht aber ihren Beginn regelt (siehe nur Bayerisches LSG, Urteil vom 14.01.2010, L 14 AS 235/09 = juris; Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 37 Rdnr. 12 a.E. mit weiteren Nachweisen). Die Monatsfrist begann damit nach §§ 84 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 SGG am 07.06.2009 zu laufen und endet mit Ablauf des 07.07.2009, einem Dienstag. Der am 08.07.2009 erhobene Widerspruch ist damit nach Fristablauf eingegangen.
Eine andere Betrachtung rechtfertigt auch nicht der Umstand, dass die zuständige Widerspruchsbehörde dem Beklagten mit Schreiben vom 15.07.2009 mitgeteilt hatte, es seien weitere Ermittlungen erforderlich, um in der Sache über den Widerspruch entscheiden zu können. Denn bei diesem Schreiben handelte es sich um ein reines Verwaltungsinternum. Weder ist dieses Schreiben nach außen gedrungen, noch war eine Außenwirkung dieses Schreibens in irgendeiner Weise intendiert. Ihm kommt schon aus diesem Grund keine Verwaltungsaktsqualität im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X zu, so dass es auch keinerlei Bindungswirkung für die Beklagte entfaltet.
Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs. 1 SGG) rechtfertigen, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.
Soweit die Klägerin ausführt, der Beklagte hätte den bestandskräftigen Bescheid vom 04.06.2009 im Wege eines Verfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X überprüfen müssen, so läßt die Kammer offen, ob in einem verfristeten Widerspruch ein solcher Antrag zu sehen ist. Denn jedenfalls hat der Beklagte eines entsprechende Entscheidung nicht getroffen, so dass es dem Gericht verwehrt ist, diese Entscheidung mangels Überprüfungsbescheides bzw. Durchführung eines entsprechenden Vorverfahrens zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht gegeben, weil der Beschwerdegegenstand des Klägers einen Betrag von 750,00 Euro nicht übersteigt und auch nicht wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Anlass, die Berufung zuzulassen, sieht die Kammer nicht. Weder misst sie der Sache grundsätzliche Bedeutung bei, noch weicht die Entscheidung von der eines Obergerichts ab.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Übernahme der Kosten ihrer Unterkunft in tatsächlicher Höhe.
Die am 00.00.1966 geborene Klägerin bezog mit ihrem Sohn B. F. (geb. 00.00.1993) und ihrem Vater vom Beklagten SGB II-Leistungen. Gemeinsam bewohnten sie eine 76 m² große Vierzimmerwohnung in der Xstraße 3 in 52351 Düren. Die monatliche Kaltmiete für diese Wohnung betrug 296,50 Euro, die monatliche Betriebskosten- vorauszahlung 123,- Euro. Der Beklagte übernahm die vollständigen Kosten für diese Wohnung. Nachdem der Vater der Klägerin verstorben war, teilte sie dem Beklagten unter dem 00.00.2008 mit, sie beabsichtige, vorerst in dieser zu Wohnung zu verbleiben. Der Beklagte versandte unter dem 27.11.2008 ein Schreiben, in dem er auf die Unangemessenheit der Unterkunft für zwei Personen hinwies und die Klägerin aufforderte, sich um preisgünstigeren Wohnraum zu bemühen. Mit Bescheid vom 04.06.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn für die Zeit vom 01.06. bis 20.11.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschliesslich von ihm für angemessen befundener Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 405,- Euro monatlich (330,- Euro Bruttokaltmiete sowie 86,95 Euro Heizkosten abzgl. Kosten der Warmwasserbereitung). Die in der Verwaltungsakte befindliche Ausfertigung dieses Bescheides enthält ein Kürzel des Sachbearbeiters des Beklagten. Mit Änderungsbescheid vom 23.06.2009 setzte der Beklagte die Leistungen angesichts der zum 01.07.2009 erfolgten Erhöhung der Regelleistung neu fest. Die Klägerin legte am 08.07.2009 per Telefax Widerspruch "gegen den Bescheid vom 23.06.2009" ein. Zur Begründung führte sie aus, der Beklagte müsse die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe übernehmen, weil diese angemessen seien. Überdies erklärte sie unter Hinweis auf ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 02.07.2009, es sei ihr gesundheitlich nicht zumutbar, aus ihrer Wohnung auszuziehen. Der Beklagte übersandte der Widerspruchbehörde unter dem 14.07.2009 die Akten und bat um Erlass eines Widerspruchsbescheides. Die Widerspruchsbehörde teilte ihm unter dem 15.07.2009 mit, es seien weitere Ermittlungen erforderlich. Daraufhin veranlasste er unter dem 00.00.2009 eine Untersuchung der Klägerin durch das Gesundheitsamt Düren und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 00.00.2009 sei unzulässig, weil dieser Bescheid keine (neue) Regelung bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung treffe. Der Bescheid vom 04.06.2009 hingegen sei bestandskräftig geworden.
Hiergegen richtet sich die am 10.09.2009 erhobene Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Zustellungsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) könne nicht eingreifen, da die Aufgabe des Bescheides vom 04.06.2009 zur Post nicht dokumentiert sei. Überdies habe die Widerspruchsbehörde zunächst eine Sachentscheidung treffen wollen und dies dem Beklagten mitgeteilt. Hieran müsse sie sich festhalten lassen. Selbst wenn man aber von einer Bestandskraft dieses Bescheides ausgehe, hätte der Beklagte die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X überprüfen müssen.
Die Klägerin beantragt zuletzt noch,
den Bescheid vom 04.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2009 abzuändern und ihr für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertieft seine Ausführungen und verweist zudem auf eine von ihm im Klageverfahren eingeholte Auskunft des für den Bescheid vom 04.06.2009 zuständigen Sachbearbeiters (des Zeugen W.), nach der eine Aufgabe dieses Bescheides zur Post anhand des Kürzels in der Verwaltungsakte noch am 04.06.2009 dokumentiert sei.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Klägerin befragt sowie den für den Bescheid vom 04.06.2009 zuständigen Sachbearbeiter, den Zeugen W., vernommen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 04.06.2009 und Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe.
Dem Gericht ist eine Abänderung des Bescheides vom 04.06.2009 bereits deshalb verwehrt, weil dieser Bescheid nach § 77 SGG bindend geworden ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der gegen diesen Bescheid statthafte Rechtsbehelf des Widerspruchs ist nicht binnen der nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG geltenden Monatsfrist (die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 04.06.2009 ist nicht zu beanstanden, insbesondere richtig und vollständig erteilt) ab Bekanntgabe des Bescheides vom 04.06.2009 eingelegt worden.
Der Bescheid vom 04.06.2009 gilt entgegen der Auffassung der Klägerin am 07.06.2009 als bekannt gegeben, weil die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorliegen. Es handelt sich um einen schriftlichen Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post (mit einfachem Brief) übermittelt worden ist. Zur Überzeugung der Kammer steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme auch fest, dass der Bescheid vom 04.06.2009 noch am selben Tag zur Post gegeben worden ist.
So hat der Zeuge T. W. im Rahmen der Beweisaufnahme erklärt, er könne anhand seines Namenskürzels (Bl. 490 der Verwaltungsakte) erkennen, dass der Bescheid vom 04.06.2009 noch am 04.06.2009 kuvertiert und in das Postkörbchen gelegt worden ist. Er hat weiter erklärt, dass Bescheide in der Regel noch am gleichen Tag zur Postsammelstelle transportiert werden und dass Bescheide im Normalfall am gleichen Tag von der Postsammelstelle zur Post aufgegeben werden. Der Zeuge W. hat weiter erklärt, er handhabe es generell so, dass - wenn der Bescheid noch am Tag des Bescheiddatums zur (hausinternen) Postsammlung aufgegeben wird - er lediglich einen Strich und einen Ab-Vermerk mache und er hat sein Kürzel auf dem Bescheid vom 04.06.2009 als einen solchen Ab-Vermerk identifiziert. Für die Kammer bestehen angesichts der Beweisaufnahme keine Zweifel, dass der Bescheid vom 04.06.2009 noch am 04.06.2009 das Haus des Beklagten verlassen hat. Denn der Zeuge W. hat erklärt, die Post werde zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr abgeholt. Er hat überdies ausgeführt, dass es bei Bewilligungsbescheiden für ihn "die absolute Regel" sei, dass er diese erst für die Post fertig mache und dann die entsprechende Buchung vornehme. Er hat weiter erklärt, dass die Buchung im vorliegenden Fall ausweislich des Buchungsprotokolls (Bl. 497 der Verwaltungsakte) um 10.57 Uhr stattgefunden hat, der Bescheid also vor diesem Zeitpunkt kuvertiert und in das Postkörbchen gelegt worden ist. Schliesslich hat er ausgeführt, dass die Post aus dem Postkörbchen mehrmals am Tag zur hausinternen Postsammelstelle gebracht wird.
Der Bescheid vom 04.06.2009 galt der Klägerin damit am 07.06.2009 als bekannt gegeben. Hierbei spielt es keine Rolle, dass dieser Tag ein Sonntag war, insbesondere findet § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X schon deshalb keine Anwendung, weil die Vorschrift nur den Ablauf der Frist, nicht aber ihren Beginn regelt (siehe nur Bayerisches LSG, Urteil vom 14.01.2010, L 14 AS 235/09 = juris; Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 37 Rdnr. 12 a.E. mit weiteren Nachweisen). Die Monatsfrist begann damit nach §§ 84 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 SGG am 07.06.2009 zu laufen und endet mit Ablauf des 07.07.2009, einem Dienstag. Der am 08.07.2009 erhobene Widerspruch ist damit nach Fristablauf eingegangen.
Eine andere Betrachtung rechtfertigt auch nicht der Umstand, dass die zuständige Widerspruchsbehörde dem Beklagten mit Schreiben vom 15.07.2009 mitgeteilt hatte, es seien weitere Ermittlungen erforderlich, um in der Sache über den Widerspruch entscheiden zu können. Denn bei diesem Schreiben handelte es sich um ein reines Verwaltungsinternum. Weder ist dieses Schreiben nach außen gedrungen, noch war eine Außenwirkung dieses Schreibens in irgendeiner Weise intendiert. Ihm kommt schon aus diesem Grund keine Verwaltungsaktsqualität im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X zu, so dass es auch keinerlei Bindungswirkung für die Beklagte entfaltet.
Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs. 1 SGG) rechtfertigen, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.
Soweit die Klägerin ausführt, der Beklagte hätte den bestandskräftigen Bescheid vom 04.06.2009 im Wege eines Verfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X überprüfen müssen, so läßt die Kammer offen, ob in einem verfristeten Widerspruch ein solcher Antrag zu sehen ist. Denn jedenfalls hat der Beklagte eines entsprechende Entscheidung nicht getroffen, so dass es dem Gericht verwehrt ist, diese Entscheidung mangels Überprüfungsbescheides bzw. Durchführung eines entsprechenden Vorverfahrens zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht gegeben, weil der Beschwerdegegenstand des Klägers einen Betrag von 750,00 Euro nicht übersteigt und auch nicht wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Anlass, die Berufung zuzulassen, sieht die Kammer nicht. Weder misst sie der Sache grundsätzliche Bedeutung bei, noch weicht die Entscheidung von der eines Obergerichts ab.
Rechtskraft
Aus
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