Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 26 SB 126/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 86/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 22. Februar 2010 aufgehoben. Dem Kläger wird mit Wirkung vom 2. Juni 2009 für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten gewährt. Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu leisten. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft (§ 172 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht die hinreichende Erfolgsaussicht des Prozesskostenhilfegesuchs des Klägers nach §§ 73a SGG, 114 ZPO verneint; die wirtschaftlichen Voraussetzungen der §§ 114 ff ZPO liegen vor.
1. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art 3 Abs. 1 GG gebietet i V m dem u. a. in Art 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitergehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses Nebenverfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28.11.2007, 1 BvR 68/07). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (BVerfG, a. a. O., und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 04.07.1993, 1 BvR 1523/92). Demnach ist ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn zum rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt entweder noch Beweis zu erheben ist oder wenn – auch bei geklärtem Sachverhalt - das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt für zutreffend oder für zumindest vertretbar und klärungsbedürftig hält.
2. Nach diesen Maßstäben war zum hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der erstmaligen Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags am 2. Juni 2009 (vollständige Einreichung der Unterlagen zu der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) die hinreichende Erfolgsaussicht nicht zu verneinen.
Der hier streitbefangene Anspruch auf Ausgabe einer Wertmarke setzt nach § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 Sozialgesetzbuch/Neuntes Buch (SGB IX) unter Anderem voraus, dass der Kläger für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) erhält. Ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt werden, ist zwar nach den vorliegenden Bewilligungsentscheidungen des Trägers der Leistungen nach den SGB XII nicht eindeutig; andererseits ist dieser Umstand im vorgenannten Sinne klärungsbedürftig. So weisen zwar die Bewilligungsentscheidungen des Trägers nach dem SGB XII als "Anspruch Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35" und damit nach dem Dritten Kapitel des SGB XII den Betrag "0,00" aus. Indessen ist zweifelhaft und klärungsbedürftig, ob hieraus schon zwingend zu folgern ist, dass der Kläger tatsächlich keine Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhält:
Denn im weiteren Verlauf der Bedarfsberechnungen des Trägers der Leistungen nach dem SGB XII, in welchem sodann der Bedarf nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII berechnet wird, erscheint wiederum ein – durch Besitzschutz ergänzter – Barbetrag nach § 35 SGB XII und damit eine Leistung nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Gleiches gilt für die dort ebenfalls aufgeführte Bekleidungspauschale. Wie der Endabrechung des Trägers der Leistungen nach dem SGB XII zu entnehmen ist, werden sowohl der Barbetrag als auch die Bekleidungspauschale dem Kläger unmittelbar ausgezahlt; es erfolgt keine Zahlung dieser Teilbeträge an den Träger der Einrichtung, in der der Kläger lebt. Dies lässt es nach Aktenlage als zumindest vertretbar erscheinen, dass der Kläger tatsächlich Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhält und ein Anspruch nach § 145 SGB IX jedenfalls nicht von vornherein als ausgeschlossen zu betrachten ist. Für das Gericht der Hauptsache verbleibt ein ernstlicher Klärungsbedarf, der nach den oben genannten Maßstäben zur Bejahung der hinreichenden Erfolgsaussicht führen muss.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft (§ 172 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht die hinreichende Erfolgsaussicht des Prozesskostenhilfegesuchs des Klägers nach §§ 73a SGG, 114 ZPO verneint; die wirtschaftlichen Voraussetzungen der §§ 114 ff ZPO liegen vor.
1. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art 3 Abs. 1 GG gebietet i V m dem u. a. in Art 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitergehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses Nebenverfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28.11.2007, 1 BvR 68/07). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (BVerfG, a. a. O., und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 04.07.1993, 1 BvR 1523/92). Demnach ist ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn zum rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt entweder noch Beweis zu erheben ist oder wenn – auch bei geklärtem Sachverhalt - das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt für zutreffend oder für zumindest vertretbar und klärungsbedürftig hält.
2. Nach diesen Maßstäben war zum hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der erstmaligen Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags am 2. Juni 2009 (vollständige Einreichung der Unterlagen zu der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) die hinreichende Erfolgsaussicht nicht zu verneinen.
Der hier streitbefangene Anspruch auf Ausgabe einer Wertmarke setzt nach § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 Sozialgesetzbuch/Neuntes Buch (SGB IX) unter Anderem voraus, dass der Kläger für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) erhält. Ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt werden, ist zwar nach den vorliegenden Bewilligungsentscheidungen des Trägers der Leistungen nach den SGB XII nicht eindeutig; andererseits ist dieser Umstand im vorgenannten Sinne klärungsbedürftig. So weisen zwar die Bewilligungsentscheidungen des Trägers nach dem SGB XII als "Anspruch Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35" und damit nach dem Dritten Kapitel des SGB XII den Betrag "0,00" aus. Indessen ist zweifelhaft und klärungsbedürftig, ob hieraus schon zwingend zu folgern ist, dass der Kläger tatsächlich keine Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhält:
Denn im weiteren Verlauf der Bedarfsberechnungen des Trägers der Leistungen nach dem SGB XII, in welchem sodann der Bedarf nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII berechnet wird, erscheint wiederum ein – durch Besitzschutz ergänzter – Barbetrag nach § 35 SGB XII und damit eine Leistung nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Gleiches gilt für die dort ebenfalls aufgeführte Bekleidungspauschale. Wie der Endabrechung des Trägers der Leistungen nach dem SGB XII zu entnehmen ist, werden sowohl der Barbetrag als auch die Bekleidungspauschale dem Kläger unmittelbar ausgezahlt; es erfolgt keine Zahlung dieser Teilbeträge an den Träger der Einrichtung, in der der Kläger lebt. Dies lässt es nach Aktenlage als zumindest vertretbar erscheinen, dass der Kläger tatsächlich Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhält und ein Anspruch nach § 145 SGB IX jedenfalls nicht von vornherein als ausgeschlossen zu betrachten ist. Für das Gericht der Hauptsache verbleibt ein ernstlicher Klärungsbedarf, der nach den oben genannten Maßstäben zur Bejahung der hinreichenden Erfolgsaussicht führen muss.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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