L 20 AS 2147/09 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 903/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 AS 2147/09 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 26. November 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe - PKH - für ein vor dem Sozialgericht anhängiges Klageverfahren. In diesem sind höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozilagesetzbuch Zweites Buch – SGB II – streitig. Der Klägerin wurden mit Bescheid vom 19. Mai 2008 für die Zeit von Juli bis Dezember 2008 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II in Höhe von monatlich 550,42 EUR, mit Bescheid vom 06. August 2008 für die Zeit ab Januar bis Juni 2008 in Höhe von monatlich 547,32 EUR und mit weiterem Bescheid vom 06. August 2008 für die Zeit von Juli bis Dezember 2008 in Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 2008 Leistungen in Höhe von monatlich 551,21 EUR gewährt. Der Beklagte berücksichtigte jeweils einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II in Höhe von 35,79 EUR.

Mit Schreiben vom 23. August 2008, Eingang bei dem Beklagten am 29. August 2008, beantragte die Klägerin die Berücksichtigung eines höheren Mehrbedarfs für krankheitsbedingten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Sie leide hauptsächlich an einem Diabetes. Andere Personen erhielten bei dieser Erkrankung einen Mehrbedarf in Höhe von 51,13 EUR anerkannt.

Mit Bescheid vom 08. Dezember 2008 gewährte der Beklagte der Klägerin für die Zeit ab Januar 2009 bis Juni 2009 weiter Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II und berücksichtigte weiter einen Mehrbedarf in Höhe von 35,79 EUR.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15. Dezember 2008 die Zuerkennung eines höheren Mehrbedarfs ab. Aus der von der Klägerin eingereichten Bescheinigung gingen als Erkrankungen, die einen Mehrbedarf rechtfertigten, eine Hyperlipidämie (Mehrbedarf 35,79 EUR), eine Hypertonie (Mehrbedarf 25,56 EUR) und eine Hyperurikämie (Mehrbedarf 30,68 EUR) hervor. Der höchste Mehrbedarf sei zu berücksichtigen, diesen erhalte die Klägerin bereits.

Den hiergegen am 23. Dezember 2008 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2009 zurück.

Mit der daraufhin vor dem Sozialgericht am 19. Mai 2009 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Cottbus (Az.:S 21 AS 903/09) begehrt die Klägerin ausdrücklich einen um 15,34 EUR erhöhten Mehrbedarf seit dem 01. Januar 2007 und hat die Gewährung von PKH beantragt. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 19. Mai 2009 der Klägerin weiter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 01. Juli 2007 bis Dezember 2009 gewährt und dabei keinen Mehrbedarf nach § 21 SGB II berücksichtigt. Der hiergegen von der Klägerin erhobene Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 2009 zurückgewiesen worden. Die daraufhin vor dem Sozialgericht Cottbus erhobene Klage ist dort unter dem Az. S 21 AS 1322/09 anhängig.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26. November 2009, der Klägerin zugestellt am 17. Dezember 2009, der Antrag auf Bewilligung von PKH mit der Begründung zurückgewiesen, die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hiergegen richtet sich die am 21. Dezember 2009 eingelegte Beschwerde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 26. November 2009 aufzuheben und ihr, der Klägerin, für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Cottbus zum Aktenzeichen S 21 AS 903/09 PKH zu gewähren und ihr einen Rechtsanwalt beizuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und auf die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Die Klägerin begehrt im Klageverfahren laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, so dass die Beschwerde trotz Nichterreichens des Beschwerdewertes zulässig ist (vgl. zur Statthaftigkeit von Beschwerden im PKH-Verfahren: Beschluss des Senats vom 17. September 2009, L 20 B 2247/08 AS PKH, juris).

Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Bewilligung von PKH abgelehnt.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO - erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Der Rechtsstreit bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

An die Prüfung der Erfolgsaussicht dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Oktober 1991, Az: 1 BvR 1386/91, NJW 1992, 889). Eine Rechtsverfolgung ist dann hinreichend Erfolg versprechend, wenn das Gericht nach vorläufiger summarischer Prüfung den Rechtsstandpunkt des Antragstellers unter Berücksichtigung des Vortrages des anderen Beteiligten zumindest für vertretbar und den Prozesserfolg für wahrscheinlich hält. Eine Vorwegnahme der Entscheidung der Hauptsache erfolgt im Rahmen der Prüfung der Erfolgswahrscheinlichkeit im PKH-Verfahren nicht (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, Az: 2 BvR 94/88, NJW 1991, 413). Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage ist vom Antrag der Klägerin auszugehen.

Sie begehrt in dem Verfahren vor dem Sozialgericht mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 15. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2009 und die Verpflichtung des Beklagten, die Leistungsbescheide für die Zeit ab 01. Januar 2007 abzuändern und ihr, der Klägerin, um monatlich 15, 34 EUR höhere Leistungen der Grundsicherung zu gewähren. Sie macht geltend, einen Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Mehrbedarfs nach § 21 SGB II zu haben.

Die Klage hat keine Aussicht auf Erfolg.

Eine Erfolgswahrscheinlichkeit der Klage ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn zum Zeitpunkt des Antrages auf Bewilligung von PKH noch eine Beweisaufnahme durchzuführen ist (Hartmann in: Baumbach, Lauterbach u. a., ZPO, § 114 Anm. 86 m. w. N.; Keller/Leitherer in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 73 a Anm. 7 a). Dies gilt in Verfahren mit Amtsermittlung für den Fall, dass weitere Ermittlungen erforderlich sind. Nach diesen Grundsätzen war hier PKH nicht zu bewilligen.

Nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - ist ein Verwaltungsakt zurückzunehmen, wenn bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweis und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Norm ist im Rahmen der Leistungsverwaltungsrecht des SGB II anwendbar, § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe.

Der Beklagte hat hier mit den Leistungsbescheiden für die Zeit ab Januar 2007 bis zuletzt bis zum 30. Juni 2009 und mit dem Bescheid vom 15. Dezember 2008 einen Mehrbdarf der Klägerin grundsätzlich anerkannt für die Erkrankungen Hyperlipidämie, Hypertonie und Hyperurikämie und den von ihr für die einzelnen Erkrankungen festgelegten höchsten Mehrbedarfsbetrag für alle Mehrbedarfslagen gewährt. Offensichtlich hat es der Beklagte abgelehnt, für den bei der Klägerin mit ärztlicher Bescheinigung vom 08. September 2006 ebenfalls festgestellten Diabetes Typ II b ebenfalls einen Mehrbedarf anzuerkennen. Der Beklagte dürfte zu Recht die Gewährung eines höheren Mehrbedarfs abgelehnt haben, so dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat.

Zutreffend hat das Sozialgericht bei der Prüfung der Erfolgsaussicht des Klagebegehrens die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentlich und private Fürsorge e.V. - DV – zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom 01. Oktober 2008 zu Grunde gelegt, nach denen für die bei der Klägerin vorliegenden Krankheiten ein krankheitsbedingter Ernährungsaufwand zu verneinen ist. Die Erkrankungen erfordern und erlauben regelmäßig eine so genannte Vollkost, die durch die Regelleistung nach dem SGB II gedeckt ist. Auch wenn der Beklagte hier – für die Klägerin rein begünstigend – einen Mehrbedarf anerkannt hat, hierbei jedoch fehlerhaft nur einen Betrag in Höhe des höchsten Mehrbedarfsbetrages zuerkannt hat, ohne eine Kumulation zu prüfen (vgl. hierzu BSG v. 15. 04.2008, B 14/7b AS 58/06 R, juris, Rn. 41), führt dies nicht zu der Annahme, dass der Klägerin ein höherer Mehrbedarf zugestanden hat. Nach der im PKH-Verfahren allein veranlassten summarischen Prüfung, stand der Klägerin daher kein Mehrbedarf zu, so dass ihr auch kein höherer als der von dem Beklagten rechtswidrig begünstigend bewilligten zustand. Im PKH-Verfahren können jedenfalls, soweit wie hier von dem Anspruchssteller keine besonderen Umstände geltend gemacht werden, bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zusteht, die Empfehlungen des DV herangezogen werden (vgl. BSG, a.a.O.; Lang/Knickerehm, SGB II, 2. Auflage 2008, § 21, Rn. 52), auch wenn den Empfehlungen kein normativer Charakter zukommt. Solange aber ein Beteiligter – wie hier - nicht substantiiert Zweifel an den Grundlagen der Beurteilung der Empfehlungen des DV geltend macht, dem Gericht sich keine Zweifel an den fachkundigen Stellen aufdrängen, muss im PKH-Verfahren nicht von dem Erfordernis weiterer Ermittlungen von Amts wegen ausgegangen werden (vgl. auch: LSG Sachsen v. 15.02.2010, L 3 AS 780/09 NZB, juris, Rn. 26; LSG NRW v. 14.01.2010, L 7 B 480/09 AS, juris).

Nach allem war PKH nicht zu bewilligen und die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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