L 29 AS 952/10 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 176 AS 12320/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 952/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 3. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Antragsteller sind rumänische Staatsbürger und leben ausweislich eines Mietvertrages vom 4. November 2009 seither in der Bundesrepublik Deutschland in einer 61,16 m² großen 2- Zimmer-Wohnung in der H in B mit einem monatlichen Gesamtmietzins von 437,29 EUR.

Es handelt sich im einzelnen um den 1975 geborenen Antragsteller zu 1), seine nach eigenen Angaben "Freundin", die 1978 geborene Antragstellerin zu 2) und insgesamt sieben minderjährige Kinder (die Antragsteller zu 3 bis 9), wobei ausweislich der vorgelegten Geburtsurkunden die 1995 geborene Antragstellerin zu 6) und der 1996 geborene Antragsteller zu 9) gemeinsame Kinder der Antragsteller zu 1) und 2) und der 1999 geborene Antragsteller zu 5), der 2002 geborene Antragsteller zu 7) sowie der 2005 geborene Antragsteller zu 8) Kinder der Antragstellerin zu 2) sind. Das Verwandtschaftsverhältnis der Antragstellerinnen zu 3) und 4) ist unbekannt. Nach ihren eigenen Angaben verfügt keiner der Antragsteller über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Antragsteller zu 1) meldete ausweislich der Gewerbe-Anmeldung das Bezirksamtes Neukölln von Berlin am 9. November 2009 als Tätigkeiten "Abrissarbeiten" an.

Ausweislich der vom Antragsteller zu 1) vorgelegten "Auftragsbestätigungen" der "B D UG" vom 9. November 2009 und 1. Dezember 2009 war er für diese Firma mit Abbruch- und Transportarbeiten tätig und stellte hierfür Rechnungen über 480 EUR (vom 15. Dezember 2009 über den Zeitraum vom 6. bis zum 29. November 2009) und 430 EUR (vom 7. Januar 2010 über den Zeitraum vom 2. bis zum 22. Dezember 2009). Im Januar 2010 erhielt der Antragsteller zu 1) ausweislich der ebenfalls von ihm vorgelegten "Auftragserteilung" der "B B" einen Auftrag für Bauhilfsarbeiten und liquidierte hierfür ausweislich seiner Rechnung vom 5. März 2010 (für den Zeitraum vom 1. bis zum 26. Februar 2010) pauschal 400 EUR. Außerdem legte er noch eine Rechnung vom 1. April 2010 über 520 EUR an die "ASE" vor.

Ausweislich der in Kopie vorgelegten Bescheinigungen des Bezirksamtes Tempelhof- Schöneberg von Berlin vom 23. und 26. November 2009 erteilte dieses den Antragstellern zu 1), 2), 7), 8) und 9) Bescheinigungen gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU.

Die Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit Berlin Süd) lehnte jeweils mit Bescheid vom 13. Januar 2010 für die Antragsteller zu 1) und zu 2) die Erteilung einer Arbeitsberechtigung EU (§ 284 Abs. 6 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) ab.

Am 11. Februar 2010 beantragten die Antragsteller bei dem Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Dieser forderte sie mit Schreiben vom 15. März 2010 zur Vorlage u.a. von Kontoauszügen für die letzten 3 Monate und zu Angaben über erteilte Aufträge auf, woraufhin der Antragsteller zu 1) die o.g. Unterlagen zu seiner bisherigen Erwerbstätigkeit vorlegte.

Mit Bescheid vom 8. April 2010 versagte der Antragsgegner Leistungen ab dem Antragszeitpunkt wegen nicht ausreichend vorgelegter Unterlagen. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller zu 1) mit Schriftsatz vom 15. April 2010 Widerspruch.

Am 13. April 2010 haben die Antragsteller zu 1) bis 9) bei dem Sozialgericht Berlin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, den Antragsgegner zur umgehenden Leistungsgewährung ab dem 11. Februar 2010 zu verpflichten. Zum Nachweis seiner Erwerbstätigkeit hat der Antragsteller zu 1) die bereits oben genannten Unterlagen vorgelegt und erklärt: "Seit März 2010 arbeite ich bei A B und für März habe ich bereits 520 EUR. Ich habe keinen festen Auftraggeber. Die Aufträge bekomme ich durch Freunden und Bekannten, Informationen von Verwandten ... Ich habe kein Geschäftskonto. Die Einnahmen bekomme (ich) bar."

Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 3. Mai 2010 den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht.

Gegen diesen dem Antragsteller zu 1) am 7. Mai 2010 zugestellten Beschluss hat er am 18. Mai 2010 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Seit November 2009 lebe er mit seinen 6 Kindern und deren Mutter (der Antragstellerin zu 2) in Berlin, verfüge über eine Bescheinigung nach § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU, sei seit dem 9. November 2009 als Bauunternehmer selbstständig tätig und habe eine Steuernummer. Leider sei sein Einkommen jedoch zu gering und er benötige daher eine Aufstockung in Form von Arbeitslosengeld II. Als Rumäne sei er EU-Bürger und benötige keine Arbeitsgenehmigung oder Arbeitserlaubnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners (Bedarfsgemeinschaft Bezug genommen.

II.

Der Senat hat die Beschwerdeschrift des Antragstellers zu 1) § 123 SGG dahingehend ausgelegt, dass er sich mit der Beschwerde nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen der mit ihm in einem Haushalt lebenden Antragsteller zu 2) bis 9) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 3. Mai 2010 wendet.

Die so verstandene Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OVG Hamburg, NVwZ 1990, 975).

Vorliegend scheitert das Begehren für den Zeitraum bis zur Entscheidung des Senats bereits an einem nicht erkennbaren Anordnungsgrund.

Für die von den Antragstellern begehrten Zeiträume vom 11. Februar 2010 bis zur Entscheidung des erkennenden Senates steht den Antragstellern ein Anordnungsgrund nicht zur Seite. Derartige Ansprüche für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens anerkannt werden. Diese sind in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Etwas Anderes kann nur dann in Betracht kommen, wenn die sofortige Verfügbarkeit von für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Hilfen zur Abwendung eines gegenwärtig drohenden Nachteils erforderlich ist. Hierzu sind Tatsachen von den Antragstellern jedoch weder glaubhaft gemacht worden, noch sonst für das Gericht ersichtlich. Im Übrigen fehlt es an aussagekräftigen Anhaltspunkten, dass den Antragstellern zur Vermeidung von wesentlichen Nachteilen im Sinne von § 86b Abs. 2 SGG eine Rückkehr nach Rumänien nicht möglich ist.

Selbst wenn - zumindest für die Zukunft - ein Anordnungsgrund bejaht werden würde, ergibt sich keine andere Beurteilung, und zwar, auch wenn auf einen früheren Zeitpunkt als der gerichtlichen Entscheidung abgestellt würde.

Denn dann scheitert das Begehren, ebenso wie für Zeiträume ab Entscheidung des Senats, zumindest an einem nicht glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die

1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Ausgenommen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II

1. Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,

2. Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,

3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.

§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gilt nicht für Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

Nach § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II können Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (§ 8 Abs. 2 SGB II).

Nach diesen Regelungen ist der begehrte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht glaubhaft gemacht.

Ein Leistungsanspruch besteht nach § 7 SGB II insbesondere nur dann, wenn eine Leistung nicht nach § 7 Abs.1 S. 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen ist. Vorliegend ist bereits das Fehlen des Leistungsausschlusses nicht überwiegend wahrscheinlich.

Entgegen der Behauptungen des Antragstellers zu 1) spricht schon vieles dafür, dass er weder in der Vergangenheit noch gegenwärtig im nennenswerten Umfang selbständig tätig war und hieraus ein Aufenthaltsrecht ableiten könnte; ein Aufenthalt allein zum Zweck der Arbeitsuche im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II liegt daher nahe.

Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen war der Antragsteller zu 1) im Zeitraum vom 6. bis zum 29. November und vom 2. bis zum 22. Dezember 2009 ausschließlich für die "B D UG" und vom 1. bis zum 26. Februar 2010 für die "BB" tätig. Nach seinen eigenen Angaben "arbeitet (er seit März 2010) bei A B".

Danach spricht für das Vorliegen unselbständiger Beschäftigungsverhältnisse schon der Umstand, dass der Antragsteller zu 1) innerhalb der oben genannten Zeiträume immer nur ausschließlich für einen "Auftraggeber" tätig und daher von diesem wirtschaftlich abhängig war. Gegen einen nennenswerten Umfang der behaupteten selbständigen Tätigkeit sprechen zudem, die Anzahl der Aufträge (innerhalb von sechs Monaten lediglich vier) und die Höhe der erzielten Entgelte (480 EUR, 430 EUR, 400 EUR und 520 EUR), die für die neun Antragsteller das alleinige Erwerbseinkommen dargestellt haben sollen. Dies ist schon insoweit bemerkenswert, als allein die monatliche Gesamtmiete rund 440 EUR betragen hat.

Dass der Antragsteller zu 1) gegenwärtig im nennenswerten Umfang einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein die Gewerbeanmeldung kann ohne die Ausübung entsprechender Tätigkeiten die Annahme einer Selbstständigkeit aber nicht begründen.

Insgesamt kann daher nicht von einer Glaubhaftmachung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit durch den Antragsteller zu 1) ausgegangen werden. Scheidet eine solche aus, könnte der Antragsteller zu 1) sein Aufenthaltsrecht jedoch allenfalls aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, sodass der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II erfüllt ist.

Ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, ist zwar umstritten (vgl. die zahlreichen Nachweise bei Hailbronner, Ansprüche nicht erwerbstätiger Unionsbürger auf gleichen Zugang zu sozialen Leistungen, ZFSH/SGB 2009, 195, 200), vorliegend aber nicht entscheidungserheblich und kann somit dahingestellt bleiben.

Denn davon abgesehen steht dem geltend gemachten Anspruch auch die Regelung des § 8 Abs. 2 SGB II entgegen. Nach dieser Regelung ist die Erwerbsfähigkeit bei Ausländern nicht nur durch das gesundheitliche Können, sondern auch das rechtliche Dürfen (§ 8 Abs. 2 SGB II) bestimmt.

Nach § 8 Abs. 2 SGB II können Ausländer nur erwerbsfähig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 S. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers zu 1) besteht daher eine Erwerbsfähigkeit i.S. des SGB II nicht bereits dann, wenn der Hilfebedürftige gesundheitlich in der Lage ist einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl. § 8 Abs. 1 SGB II) und als rumänischer EU-Bürger auch in Deutschland grundsätzlich eine selbständige Tätigkeit ausüben kann. Nach der Definition des § 8 Abs. 2 SGB II besteht eine Erwerbsfähigkeit bei einem Ausländer vielmehr erst dann, wenn er einer Beschäftigung im Sinne der Regelung nachgehen darf. Dass mit einer Beschäftigung im § 8 Abs. 2 SGB II nicht eine selbständige Tätigkeit gemeint ist, ergibt sich auch aus § 2 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes. Dort wird bei der Definition der Erwerbstätigkeit ausdrücklich zwischen einer selbständigen Tätigkeit und einer Beschäftigung i.S. von § 7 SGB IV unterschieden. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 8 Abs. 2 SGB II den Begriff "Beschäftigung" anders verwendet hat, als nach der damals bereits bestehenden Definition des § 7 SGB IV hat der Senat nicht.

Danach erfüllen die Antragsteller zu 1), 2), 3) und 6) zwar die Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, weil sie das 15. Lebensjahr vollendet haben und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben. Sie sind jedoch nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II.

Sie verfügen nicht über die Erlaubnis, eine Beschäftigung aufzunehmen (§ 8 Abs. 2 erste Alternative SGB II). Im Gegenteil wurden die Anträge der Antragsteller zu 1) und 2) auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung mit Bescheiden vom 13. Januar 2010 von der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt. Dass gegen diese Bescheide Widerspruch eingelegt worden ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich; sie dürften daher bindend geworden sein (§ 77 SGG).

Selbst wenn eine Erwerbstätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II nicht bereits an einer bindenden Ablehnung scheitert, so ist von einer solchen zumindest deshalb nicht auszugehen, weil auch die notwendigen Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 zweite Alternative SGB II nicht glaubhaft gemacht worden ist. Es ist derzeit nicht erkennbar, dass den Antragstellern zu 1), 2), 3) und 6) die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt werden könnte.

Allein die gesetzgeberisch eingeräumte, abstrakt-generelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis - im Außenverhältnis durch die Ausländerbehörde bei ggf. erforderlicher Zustimmung der BA – genügt zur Erlangung von Leistungen nach dem SGB II nicht. Notwendig ist vielmehr eine über die bloß abstrakt rechtliche Möglichkeit hinausgehende Aussicht auf Erteilung der Genehmigung oder Erlaubnis, orientiert am Maßstab der Genehmigungsfähigkeit des Arbeitsgenehmigungsrechts (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Juli 2008, L 7 AS 3031/08 ER -B, m.w.N., zit. nach Juris). Gegen ein uneingeschränkt weites Verständnis der Regelung spricht schon die Gesetzessystematik, weil eine derartig weite Interpretation die Normierungsnotwendigkeit und -sinn der ersten Alternative (faktisches Vorhandensein einer Erlaubnis) überflüssig machte. Wenn nämlich bereits eine abstrakt-generelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis zur rechtlichen Erwerbsfähigkeit ausreichte, dann erst Recht das tatsächliche Vorliegen einer Arbeitserlaubnis.

Auch die Entstehungsgeschichte und der Zweck der Regelung sprechen gegen ein weites Verständnis. Bereits aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf eines 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BTDrs. 15/1516, S. 52) ergibt sich, dass die abstrakt generelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht ausreichend ist. In der Begründung wird ausgeführt, da die Beschäftigung von Ausländern grundsätzlich unter Erlaubnisvorbehalt stehe, sei für die in § 8 Abs. 3 des Entwurfs (nunmehr in der gültigen Fassung des SGB II als § 8 Abs. 2 eingefügt) geregelte Frage der Erwerbsfähigkeit nur allgemein nach den Bestimmungen des Arbeitsgenehmigungsrechts darauf abzustellen, ob rechtlich ein Zugang zum Arbeitsmarkt bestehe oder zulässig wäre, wenn keine geeigneten inländischen Arbeitskräfte verfügbar seien. Die Frage, ob ein solcher unbeschränkter oder nachrangiger Arbeitsmarktzugang rechtlich gewährt werde, richte sich dabei ausschließlich nach den durch das SGB II insoweit unberührten arbeitsgenehmigungsrechtlichen Regelungen. Hieraus ergibt sich, dass eine Einschätzung der Arbeitsmarktlage vorzunehmen ist.

Teleologisch spricht zudem gegen eine weite Interpretation des § 8 Abs. 2 2. Alt. SGB II, dass der Gesetzgeber sonst auf Kriterien der Steuerung der Ausländerbeschäftigung bezüglich des zwar fürsorgerechtlichen, aber strikt arbeitsmarktbezogenen Leistungssystems des SGB II vollständig hätte verzichtet haben wollen. Der Senat geht hingegen, im Übrigen in Übereinstimmung mit einer streng grammatikalischen Auslegung, davon aus, dass der Gesetzgeber mit der zweiten Alternative im Ausgangspunkt zunächst nur auf das einschlägige Recht der Arbeitsmarktsteuerung verweisen wollte. Hierfür spricht die Regelung des insoweit korrelierenden § 7 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der vom 01. Juli 2006 bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zeiten Buches Sozialgesetzbuch vom 26. März 2006 (BGBl. I S. 558) wie auch in der seit dem 01. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1076), wonach aufenthaltsrechtliche Bestimmungen unberührt bleiben (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2005 - L 25 B 1181/05 AS ER -; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.Oktober 2006 - L 3 ER 175/06 AS).

Insgesamt kann danach eine Beschäftigungsaufnahme nur erlaubt werden im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II, wenn für den Ausländer orientiert am Maßstab des Arbeitsgenehmigungsrechts eine konkrete Aussicht auf eine solche Erlaubnis besteht. Solch eine konkrete Aussicht ist jedoch nicht absehbar.

Da die Antragsteller die rumänische Staatsangehörigkeit besitzen, gilt für sie die durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I 1950) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 neu gefasste Regelung des § 284 SGB III.

Danach dürfen Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16. April 2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (BGBl. 2003 II S. 1408) der Europäischen Union beigetreten sind, und deren freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen, soweit nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrages abweichende Regelungen als Übergangsregelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anwendung finden (§ 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Dies gilt für die Staatsangehörigen der Staaten entsprechend, die nach dem Vertrag vom 25. April 2005 über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (BGBl. 2006 II S. 1146) der Europäischen Union beigetreten sind (§ 284 Abs. 1 S. 2 SGB III).

Nach Art. 1 Abs. 3 des EU-Beitrittsvertrages zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischenunion und der Republik Bulgarien und Rumänien (im Folgenden: EU-Beitrittsvertrag, Amtsblatt der Europäischen Union vom 21.6.2005, L 157/11) sind die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme in dem diesem Vertrag beigefügten Protokoll festgelegt. Die Bestimmungen des Protokolls sind Bestandteil des EU-Beitrittsvertrages (Art. 1 Abs. 3 Satz 2 EU-Beitrittsvertrag). Gemäß Art. 20 des Protokolls über die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme der Republik Bulgarien und Rumäniens in die europäische Union (im Folgenden: Protokoll, Amtsblatt der Europäischen Union vom 21. Juni 2005, L 157/29) gelten die in den Anhängen VI und VII aufgeführten Maßnahmen in Bezug auf Bulgarien und Rumänien unter den in jenen Anhängen festgelegten Bedingungen. Im Anhang VII zur Liste nach Art. 20 des Protokolls ist geregelt, dass Freizügigkeit nur vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen der Nr. 2 bis 14 gewährleistet wird (Nr. 1 zu 1. Freizügigkeit). Nr. 2 Abs. 1 regelt hierzu, dass abweichend von den Artikeln 1 bis 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und bis zum Ende eines Zeitraums von 2 Jahren nach dem Tag des Beitritts die derzeitigen Mitgliedstaaten nationale oder sich aus bilateralen Abkommen ergebenden Maßnahmen anwenden werden, um den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Die derzeitigen Mitgliedstaaten können solche Maßnahmen bis zum Ende eines Zeitraums von 5 Jahren nach dem Tag des Beitritts weiter anwenden. Rumänische Staatsangehörige, die am Tag des Beitritts rechtmäßig in einem derzeitigen Mitgliedstaat arbeiten und für einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten oder länger zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats zugelassen waren, haben Zugang zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates, aber nicht zum Arbeitsmarkt anderer Mitgliedstaaten, die nationale Maßnahmen anwenden (Nr. 2 Abs. 2 des Anhangs VII zu Art. 20 des Protokolls ). Nach Nr. 2 Abs. 4 des Anhangs VII verlieren die in den Unterabsätzen 2 und 3 genannten rumänischen Staatsangehörige die gewährten Rechte, wenn sie den Arbeitsmarkt des derzeitigen Mitgliedstaats freiwillig verlassen. Schließlich kann ein Mitgliedstaat, der am Ende des unter Nr. 2 genannten Zeitraums von 5 Jahren nationale oder sich aus bilateralen Abkommen ergebenden Maßnahmen beibehält, im Falle schwerwiegender Störungen seines Arbeitsmarktes oder der Gefahr derartiger Störungen nach entsprechender Mitteilung an die Kommission diese Maßnahmen bis zum Ende des Zeitraums von 7 Jahren nach dem Tag des Beitritts weiter anwenden (Abs. 5 des Anhangs VIII zu Art. 24 der Beitrittsakte). Erfolgt keine derartige Mitteilung, so gelten die Art. 1 bis 6 der Verordnung EWG Nr. 1612/68 (Abs. 5 S. 2 des Anhangs VII zu Art. 20 des Protokolls). Inhaltsgleiche Regelungen enthält der Anhang VI der Liste nach Art. 20 des Protokolls zu bulgarischen Staatsbürgern.

Eine solche Verlängerung wurde vorgenommen; die Bundesregierung hat die Übergangsregelungen um die 2. Phase (vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011) verlängert (siehe Bundesministerium des Innern und Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 16.7.2008 - Aktionsprogramm der Bundesregierung - Beitrag der Arbeitsmigration zur Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland, veröffentlicht im Internet unter http://www.bmas.de/portal/26948/property=pdf/ 2008 07 16 aktionsprogramm fachkraefte.pdf; Bekanntmachung einer Mitteilung der Bundesregierung an die Europäische Kommission zu Übergangsmaßnahmen betreffend die Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus der Republik Bulgarien und Rumänien vom 17. Dezember 2008 - BAnz Nr. 198 vom 31. Dezember 2008 S. 4807). Damit ist § 284 SGB III für die Antragsteller auch weiterhin anwendbar.

Nach § 284 Abs. 2 SGB III wird die Genehmigung befristet als Arbeitserlaubnis-EU erteilt, wenn nicht Anspruch auf eine unbefristete Erteilung als Arbeitsberechtigung-EU besteht.

Die Arbeitserlaubnis-EU kann nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 bis 4 und 6 AufenthG erteilt werden (§ 284 Abs. 3 SGB III).

Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 18 zustimmen, wenn

1.a) sich durch die Beschäftigung von Ausländern nachteiliger Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigungsstruktur, der Region und der Wirtschaftszweige, nicht ergeben und b) für die Beschäftigung deutscher Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme rechtlich gleichgestellt sind oder andere Ausländer, die nach dem Recht der Europäischen Union ein Anspruch auf vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen oder 2. sie durch Prüfung nach S. 1 Nr. 1 Buchst. a und b für einzelne Berufsgruppen oder für einzelne Wirtschaftszweige festgestellt hat, dass die Besetzung der offenen Stellen mit ausländischen Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar ist und der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird.

Zudem kann bei Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten nach den Beitrittsverträgen vom 16. April 2003 und 25. April 2005 von der Bundesagentur für Arbeit eine Beschäftigung, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, unter den Voraussetzungen des Abs. 2 erlaubt werden, soweit nach Maßgabe dieses Vertrages von den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft abweichende Regelungen Anwendung finden (§ 39 Abs. 6 AufenthG).

Die Antragsteller zu 1), 2), 3) und 6) haben hiernach das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 SGB II nicht glaubhaft gemacht. Die Angaben der Antragsteller erlauben keine belastbare Einschätzung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis gegeben sind. Von den Antragstellern wurde nicht einmal die Art der Tätigkeit angegeben, für die eine Erlaubnis zu erteilen wäre. Denn - wie bereits dargestellt - verkennen sie, dass nicht auf eine selbständige Tätigkeit, sondern auf eine (nichtselbstständige) Beschäftigung abzustellen ist. Entsprechend kann auch nicht auf die in der Gewerbe-Anmeldung des Antragstellers zu 1) angegebenen Tätigkeiten (Abrissarbeiten) abgestellt werden.

Die Antragsteller zu 1), 2), 3) und 6) haben auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU nach § 284 Abs. 5 SGB III i.V.m. § 12a Arbeitsgenehmigungsverordnung vom 17. September 1998 (ArbGV - BGBl. I S. 2899).

Ein Anspruch aus § 12a Abs. 1 ArbGV ergibt sich nicht, weil die Antragsteller nicht in einem ununterbrochenen Zeitraum mindestens zwölf Monate im Bundesgebiet zum Arbeitsmarkt zugelassen waren (§ 12a Abs. 1 ArbGV). Sie hatten zu keinem Zeitpunkt eine Arbeitserlaubnis besessen. Aus § 12a Abs. 2 ArbGV kann keine Arbeitsberechtigung hergeleitet werden, weil die Antragsteller keine Familienangehörigen mit einer Arbeitsberechtigung haben, von denen sie einen Anspruch auf eine eigene Arbeitsberechtigung ableiten könnten.

Schließlich könnten den Antragstellern auch nicht ohne eine Prüfung nach § 39 Abs. 2 AufenthG aufgrund von § 9 der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverfahrensverordnung, vom 22. November 2004, BGBl I S. 2934) die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden. Zum einen betrifft dieses Gesetz gerade nicht EU-Ausländer, sondern Ausländer mit einem Aufenthaltstitel; so ist beispielsweise nach § 9 Abs. 1 S. 1 Beschäftigungsverfahrensverordnung erste Voraussetzung für die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Einen solchen Aufenthaltstitel besitzen die Antragsteller nicht. Zum anderen halten sich der Antragsteller auch nicht seit drei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochenen auf.

Abschließend bleibt damit festzustellen, dass weder ein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis noch einer Arbeitsberechtigung-EU ersichtlich ist. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass den Antragstellern eine Beschäftigung erlaubt werden könnte im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II. Damit scheitert jedoch zumindest an dem Fehlen einer Erwerbsfähigkeit i.S. dieser Regelung das Vorliegen eines Leistungsanspruches nach dem SGB II. Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches kann somit nicht als gelungen angesehen werden.

Die Antragsteller zu 4), 5), 7), 8) und 9) haben ebenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil sie aus den oben genannten Gründen nicht in Bedarfsgemeinschaft mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne von § 7 und 8 SGB II leben (§ 7 Abs. 2 S. 1 SGB II).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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