Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SO 4342/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1659/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die Anträge nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG sind bereits vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie vom Sozialgericht Heilbronn (SG) zutreffend erkannt, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 2. Alt. SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - (juris) und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER -). Es ist nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheiten, die nicht dringlich sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen; in derartigen Fällen ist dem Antragsteller vielmehr ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar (vgl. Senatsbeschluss vom 25. August 2009 - L 7 AS 2040/09 ER-B -; ferner Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2009 - L 34 AS 815/09 B ER - (juris); zum Ganzen ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 259, 297 f.). Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG); z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG; z.B. Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 a.a.O. und vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Zutreffend hat das SG entschieden, dass bereits der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendige Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist. Als Grundlage für die vom Antragsteller begehrte Übernahme der Kosten für eine Sucht- und Sozialtherapie in der vom Condrobs e. V. Kirchseeon/Eglharting betriebenen Übergangswohngemeinschaft kommt allein § 53 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Betracht. Danach erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 53 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nimmt somit auf den Behindertenbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Bezug, wonach Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt wird. Mit dieser Definition hat der Gesetzgeber an den speziellen Behinderungsbegriff der Weltgesundheitsorganisation WHO angeknüpft (vgl. BT-Drucks. 14/5074, Seite 98). Dabei wird Behinderung durch die "Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) nicht mit einer Fähigkeitsstörung als Folge einer Gesundheits- oder Funktionsstörung identifiziert und somit nicht als Eigenschaft oder persönliches Merkmal eines Menschen betrachtet. Behinderung wird hier vielmehr definiert als ein Begriff, der "die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (umwelt- und personenbezogene Faktoren)" bezeichnet (vgl. ICF, Endfassung, Stand Oktober 2005, Anhang 1, Seite 145f., www.dimdi.de). In Anknüpfung an den speziellen Behinderungsbegriff der WHO liegt eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nur dann vor, wenn die festgestellte Funktions- oder Fähigkeitsstörung zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft führt. Für die Frage, welche Lebensbereiche auf mögliche Teilhabebeeinträchtigungen hin untersucht werden sollen, kann die ICF als Orientierung dienen. Hier werden insbesondere folgende Lebensbereiche benannt: Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung, häusliches Leben und Hilfe für andere, interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, Bildung, Arbeit und Beschäftigung, wirtschaftliche Sicherheit, Gemeinschafts-, soziales- (z. B. Freizeit, Religion) und staatsbürgerliches Leben (vgl. Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 53 Rdnr. 5). Wie aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu ersehen ist, haben Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nur diejenigen behinderten Menschen, deren Fähigkeit zur Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist. Eine wesentliche Behinderung wird somit mit einer wesentlichen Fähigkeitsbeeinträchtigung gleichgesetzt. Über den Wortlaut der Regelung hinaus ist jedoch auch der Grad der Teilhabebeeinträchtigung zu betrachten, der ja gerade ein wesentliches Element des allgemeinen Behinderungsbegriffs des § 2 Abs. 1 SGB IX darstellt. Nur wenn eine wesentliche Fähigkeitsbeeinträchtigung dazu führt, dass ein Mensch in seiner Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist, kann dies einen Leistungsanspruch auslösen. Anderenfalls könnten Personen, die zwar in ihren eigenen Fähigkeiten wesentlich, aber in ihren Teilhabemöglichkeiten nur geringfügig beeinträchtigt sind, Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen. Ein solches Ergebnis entspricht nicht dem Ziel des Gesetzgebers (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 10; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 53 Rdnr. 15). Auf der Grundlage der in § 60 SGB XII enthaltenen Ermächtigung hat die Bundesregierung in der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglVO) in der hier maßgebenden Fassung des Artikel 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, Seite 3022) eine nähere Abgrenzung des leistungsberechtigten Personenkreises vorgenommen. Nach dem hier allein in Betracht kommenden § 3 EinglVO sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können (1.) körperlich nicht begründbare Psychosen, (2.) seelische Störungen als Folge von Krankheiten oder Verletzungen des Gehirns, von Anfallsleiden oder von anderen Krankheiten oder körperlichen Beeinträchtigungen, (3.) Suchtkrankheiten, (4.) Neurosen und Persönlichkeitsstörungen. Wie aus dem Wortlaut des § 3 EinglVO zu ersehen ist, wird - anders als in den §§ 1 und 2 EinglVO - beim Vorliegen einer der dort genannten Gesundheitsstörungen nicht in jedem Fall auch eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vermutet. Ob eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vorliegt, muss somit hier in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden. Insbesondere muss über den Wortlaut des § 3 EinglVO schließlich geprüft werden, ob die erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung auch zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führt (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 16).
Nach den vorliegenden Unterlagen ist bei dem Antragsteller eine wesentliche Einschränkung seiner Teilhabefähigkeit im dargestellten Sinn nicht feststellbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des SG, denen sich der Senat nach eigener Überprüfung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG analog). Ergänzend hierzu ist darauf hinzuweisen, dass auch Dr. Fuchs vom medizinisch-pädagogischen Dienst des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg in ihrer Stellungnahme vom 26. Mai 2010 übereinstimmend mit Dr. H. (Gutachten vom 4. Mai 2009) und mit Herrn O. (Stellungnahme vom 2. Oktober 2009) das Vorliegen einer wesentlichen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII beim Antragsteller verneint hat. Soweit der Antragsteller nunmehr erstmals im Beschwerdeverfahren vorträgt, bei ihm liege eine Persönlichkeitsstörung, insbesondere eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, vor, ist dieses Vorbringen durch den Inhalt des im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. H. vom Klinikum am Weissenhof vom 4. Mai 2009 widerlegt. Nach Untersuchungen und Explorationen des Antragstellers am 22., 23. und 27. April 2009 sah Dr. H. ausweislich seines Gutachtens diagnostisch die Kriterien für das Vorliegen einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen als erfüllt an. Ansonsten ließ sich eine psychiatrische Erkrankung nicht feststellen, insbesondere ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer depressiven Erkrankung, einer Angsterkrankung, einer somatoformen Störung oder einer psychotischen Erkrankung. Auch eine Intelligenzminderung konnte Dr. H. ebenso wenig wie relevante kognitive Leistungseinschränkungen beim Antragsteller feststellen. Nach seinen Feststellungen hatten sich zwar beim Antragsteller dissoziale Persönlichkeitszüge mit einer deutlichen und andauernden Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer und insbesondere (straf-)rechtlicher Normen, Regeln und Verpflichtungen entwickelt. Ausdrücklich weist Dr. H. in seinem Gutachten jedoch darauf hin, dass das Vollbild einer umschriebenen (oder auch kombinierten) Persönlichkeitsstörung nicht vorliegt. Dazu fehle es auch schon am eindeutigen Nachweis der für die Stellung einer derartigen Diagnose geforderten allgemeinen diagnostischen Leitlinie. Nach diesen eindeutigen Aussagen des Dr. H. ist das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, insbesondere einer dissozialen Persönlichkeitsstörung beim Antragsteller auszuschließen. Es liegen somit keine Anhaltspunkte vor, dass die Fähigkeit an der Gesellschaft teilzuhaben, bei dem seit 23. Juli 2001 in Haft befindlichen Antragsteller neben der Delinquenz durch die Drogensucht eingeschränkt ist.
Auch fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass der Antragsteller von einer wesentlichen Behinderung im dargestellten Sinn bedroht ist. Hierauf hat das SG zurecht hingewiesen.
Ferner teilt der Senat angesichts der Ausführungen des Dr. H. in seinem Gutachten vom 4. Mai 2009 die vom SG im angefochtenen Beschluss geäußerten Zweifel, ob die vom Antragsteller begehrte Sucht- und Sozialtherapie die in § 53 Abs. 3 SGB XII niedergelegten Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllen kann. Nach den Darlegungen des Dr. H. sei nicht ganz eindeutig beurteilbar, in welchem Umfang eine Unterbringung in der Übergangseinrichtung Condrobs e. V. (auch kriminal-)prognostisch positiv wirksam werden könnte. Zumindest nach seinem Eindruck bei Berücksichtigung der ihm überlassenen Konzeption dürfte dort eine in der Intensität und Qualität (und der erzielbaren Wirkung) einer im Vollzug ablaufenden Sozialtherapie gleichende Behandlung nicht stattfinden können. Diese Aussage spricht gegen eine Eignung der beabsichtigten Sucht- und Sozialtherapie zum Erreichen des Eingliederungsziels, nämlich der Eingliederung des Antragstellers in die Gesellschaft.
Weiterhin ist auch der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Bei der hier gegebenen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist der Anordnungsgrund nur dann gegeben, wenn die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile besteht. Vermieden werden soll, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, bevor er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Entscheidend ist dabei ob es bei einer Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalles für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnrn. 27a und 28, jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung in dem beim SG mittlerweile anhängigen, gegen den Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2010 gerichteten Klageverfahren S 13 SO 2221/10 nicht zumutbar wäre, sind nicht ersichtlich. Wie aus den Schreiben des Condrobs e. V. vom 16. Dezember 2008 und 3. Dezember 2009 zu ersehen ist, existiert dort keine Warteliste für die Aufnahme in die Übergangswohngemeinschaft. Nach Vorliegen der Kostenzusage könnte dort sofort eine Aufnahme des Antragstellers erfolgen, es gäbe keine Platzprobleme. Da somit eine Aufnahme in die stationäre Sucht- und Sozialtherapie jederzeit möglich wäre, ist insoweit kein Bedürfnis für eine vorläufige Regelung zu erkennen. Auch aus dem Vorbringen des Antragstellers, ein Abwarten des Vor- und gegebenenfalls Hauptsacheverfahrens bedeute wesentliche Nachteile für seine Grundrechte, ist eine Eilbedürftigkeit nicht zu ersehen. Die von ihm im Einzelnen aufgeführten Nachteile für seine Grundrechte resultieren - wie vom Antragsteller zurecht ausgeführt - aus der Tatsache, dass der Antragsteller sich in Haft befindet. Soweit der Antragsteller darauf verweist, der weitere Vollzug der Haft bedeute für ihn ohne weiteres einen Nachteil, zudem sei eine Verschlechterung der körperlichen wie der seelischen Situation zu besorgen, ist nicht substantiiert und daher nicht geeignet, einen Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Das SG hat somit zurecht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die Anträge nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG sind bereits vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie vom Sozialgericht Heilbronn (SG) zutreffend erkannt, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 2. Alt. SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - (juris) und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER -). Es ist nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheiten, die nicht dringlich sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen; in derartigen Fällen ist dem Antragsteller vielmehr ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar (vgl. Senatsbeschluss vom 25. August 2009 - L 7 AS 2040/09 ER-B -; ferner Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2009 - L 34 AS 815/09 B ER - (juris); zum Ganzen ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 259, 297 f.). Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG); z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG; z.B. Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 a.a.O. und vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Zutreffend hat das SG entschieden, dass bereits der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendige Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist. Als Grundlage für die vom Antragsteller begehrte Übernahme der Kosten für eine Sucht- und Sozialtherapie in der vom Condrobs e. V. Kirchseeon/Eglharting betriebenen Übergangswohngemeinschaft kommt allein § 53 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Betracht. Danach erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 53 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nimmt somit auf den Behindertenbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Bezug, wonach Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt wird. Mit dieser Definition hat der Gesetzgeber an den speziellen Behinderungsbegriff der Weltgesundheitsorganisation WHO angeknüpft (vgl. BT-Drucks. 14/5074, Seite 98). Dabei wird Behinderung durch die "Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) nicht mit einer Fähigkeitsstörung als Folge einer Gesundheits- oder Funktionsstörung identifiziert und somit nicht als Eigenschaft oder persönliches Merkmal eines Menschen betrachtet. Behinderung wird hier vielmehr definiert als ein Begriff, der "die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (umwelt- und personenbezogene Faktoren)" bezeichnet (vgl. ICF, Endfassung, Stand Oktober 2005, Anhang 1, Seite 145f., www.dimdi.de). In Anknüpfung an den speziellen Behinderungsbegriff der WHO liegt eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nur dann vor, wenn die festgestellte Funktions- oder Fähigkeitsstörung zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft führt. Für die Frage, welche Lebensbereiche auf mögliche Teilhabebeeinträchtigungen hin untersucht werden sollen, kann die ICF als Orientierung dienen. Hier werden insbesondere folgende Lebensbereiche benannt: Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung, häusliches Leben und Hilfe für andere, interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, Bildung, Arbeit und Beschäftigung, wirtschaftliche Sicherheit, Gemeinschafts-, soziales- (z. B. Freizeit, Religion) und staatsbürgerliches Leben (vgl. Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 53 Rdnr. 5). Wie aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu ersehen ist, haben Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nur diejenigen behinderten Menschen, deren Fähigkeit zur Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist. Eine wesentliche Behinderung wird somit mit einer wesentlichen Fähigkeitsbeeinträchtigung gleichgesetzt. Über den Wortlaut der Regelung hinaus ist jedoch auch der Grad der Teilhabebeeinträchtigung zu betrachten, der ja gerade ein wesentliches Element des allgemeinen Behinderungsbegriffs des § 2 Abs. 1 SGB IX darstellt. Nur wenn eine wesentliche Fähigkeitsbeeinträchtigung dazu führt, dass ein Mensch in seiner Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist, kann dies einen Leistungsanspruch auslösen. Anderenfalls könnten Personen, die zwar in ihren eigenen Fähigkeiten wesentlich, aber in ihren Teilhabemöglichkeiten nur geringfügig beeinträchtigt sind, Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen. Ein solches Ergebnis entspricht nicht dem Ziel des Gesetzgebers (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 10; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 53 Rdnr. 15). Auf der Grundlage der in § 60 SGB XII enthaltenen Ermächtigung hat die Bundesregierung in der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglVO) in der hier maßgebenden Fassung des Artikel 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, Seite 3022) eine nähere Abgrenzung des leistungsberechtigten Personenkreises vorgenommen. Nach dem hier allein in Betracht kommenden § 3 EinglVO sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können (1.) körperlich nicht begründbare Psychosen, (2.) seelische Störungen als Folge von Krankheiten oder Verletzungen des Gehirns, von Anfallsleiden oder von anderen Krankheiten oder körperlichen Beeinträchtigungen, (3.) Suchtkrankheiten, (4.) Neurosen und Persönlichkeitsstörungen. Wie aus dem Wortlaut des § 3 EinglVO zu ersehen ist, wird - anders als in den §§ 1 und 2 EinglVO - beim Vorliegen einer der dort genannten Gesundheitsstörungen nicht in jedem Fall auch eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vermutet. Ob eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vorliegt, muss somit hier in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden. Insbesondere muss über den Wortlaut des § 3 EinglVO schließlich geprüft werden, ob die erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung auch zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führt (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 16).
Nach den vorliegenden Unterlagen ist bei dem Antragsteller eine wesentliche Einschränkung seiner Teilhabefähigkeit im dargestellten Sinn nicht feststellbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des SG, denen sich der Senat nach eigener Überprüfung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG analog). Ergänzend hierzu ist darauf hinzuweisen, dass auch Dr. Fuchs vom medizinisch-pädagogischen Dienst des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg in ihrer Stellungnahme vom 26. Mai 2010 übereinstimmend mit Dr. H. (Gutachten vom 4. Mai 2009) und mit Herrn O. (Stellungnahme vom 2. Oktober 2009) das Vorliegen einer wesentlichen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII beim Antragsteller verneint hat. Soweit der Antragsteller nunmehr erstmals im Beschwerdeverfahren vorträgt, bei ihm liege eine Persönlichkeitsstörung, insbesondere eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, vor, ist dieses Vorbringen durch den Inhalt des im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. H. vom Klinikum am Weissenhof vom 4. Mai 2009 widerlegt. Nach Untersuchungen und Explorationen des Antragstellers am 22., 23. und 27. April 2009 sah Dr. H. ausweislich seines Gutachtens diagnostisch die Kriterien für das Vorliegen einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen als erfüllt an. Ansonsten ließ sich eine psychiatrische Erkrankung nicht feststellen, insbesondere ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer depressiven Erkrankung, einer Angsterkrankung, einer somatoformen Störung oder einer psychotischen Erkrankung. Auch eine Intelligenzminderung konnte Dr. H. ebenso wenig wie relevante kognitive Leistungseinschränkungen beim Antragsteller feststellen. Nach seinen Feststellungen hatten sich zwar beim Antragsteller dissoziale Persönlichkeitszüge mit einer deutlichen und andauernden Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer und insbesondere (straf-)rechtlicher Normen, Regeln und Verpflichtungen entwickelt. Ausdrücklich weist Dr. H. in seinem Gutachten jedoch darauf hin, dass das Vollbild einer umschriebenen (oder auch kombinierten) Persönlichkeitsstörung nicht vorliegt. Dazu fehle es auch schon am eindeutigen Nachweis der für die Stellung einer derartigen Diagnose geforderten allgemeinen diagnostischen Leitlinie. Nach diesen eindeutigen Aussagen des Dr. H. ist das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, insbesondere einer dissozialen Persönlichkeitsstörung beim Antragsteller auszuschließen. Es liegen somit keine Anhaltspunkte vor, dass die Fähigkeit an der Gesellschaft teilzuhaben, bei dem seit 23. Juli 2001 in Haft befindlichen Antragsteller neben der Delinquenz durch die Drogensucht eingeschränkt ist.
Auch fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass der Antragsteller von einer wesentlichen Behinderung im dargestellten Sinn bedroht ist. Hierauf hat das SG zurecht hingewiesen.
Ferner teilt der Senat angesichts der Ausführungen des Dr. H. in seinem Gutachten vom 4. Mai 2009 die vom SG im angefochtenen Beschluss geäußerten Zweifel, ob die vom Antragsteller begehrte Sucht- und Sozialtherapie die in § 53 Abs. 3 SGB XII niedergelegten Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllen kann. Nach den Darlegungen des Dr. H. sei nicht ganz eindeutig beurteilbar, in welchem Umfang eine Unterbringung in der Übergangseinrichtung Condrobs e. V. (auch kriminal-)prognostisch positiv wirksam werden könnte. Zumindest nach seinem Eindruck bei Berücksichtigung der ihm überlassenen Konzeption dürfte dort eine in der Intensität und Qualität (und der erzielbaren Wirkung) einer im Vollzug ablaufenden Sozialtherapie gleichende Behandlung nicht stattfinden können. Diese Aussage spricht gegen eine Eignung der beabsichtigten Sucht- und Sozialtherapie zum Erreichen des Eingliederungsziels, nämlich der Eingliederung des Antragstellers in die Gesellschaft.
Weiterhin ist auch der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Bei der hier gegebenen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist der Anordnungsgrund nur dann gegeben, wenn die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile besteht. Vermieden werden soll, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, bevor er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Entscheidend ist dabei ob es bei einer Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalles für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnrn. 27a und 28, jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung in dem beim SG mittlerweile anhängigen, gegen den Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2010 gerichteten Klageverfahren S 13 SO 2221/10 nicht zumutbar wäre, sind nicht ersichtlich. Wie aus den Schreiben des Condrobs e. V. vom 16. Dezember 2008 und 3. Dezember 2009 zu ersehen ist, existiert dort keine Warteliste für die Aufnahme in die Übergangswohngemeinschaft. Nach Vorliegen der Kostenzusage könnte dort sofort eine Aufnahme des Antragstellers erfolgen, es gäbe keine Platzprobleme. Da somit eine Aufnahme in die stationäre Sucht- und Sozialtherapie jederzeit möglich wäre, ist insoweit kein Bedürfnis für eine vorläufige Regelung zu erkennen. Auch aus dem Vorbringen des Antragstellers, ein Abwarten des Vor- und gegebenenfalls Hauptsacheverfahrens bedeute wesentliche Nachteile für seine Grundrechte, ist eine Eilbedürftigkeit nicht zu ersehen. Die von ihm im Einzelnen aufgeführten Nachteile für seine Grundrechte resultieren - wie vom Antragsteller zurecht ausgeführt - aus der Tatsache, dass der Antragsteller sich in Haft befindet. Soweit der Antragsteller darauf verweist, der weitere Vollzug der Haft bedeute für ihn ohne weiteres einen Nachteil, zudem sei eine Verschlechterung der körperlichen wie der seelischen Situation zu besorgen, ist nicht substantiiert und daher nicht geeignet, einen Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Das SG hat somit zurecht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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