L 5 AL 27/08

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 157/03
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AL 27/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit sind die Teilaufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 21. April 1998 bis 15. März 1999 und vom 2. August 1999 bis 20. April 2001 und die Erstattungsforderung in Höhe von 8.388,02 DM, weil die Klägerin den Bezug von Ruhegeld aus ihrem Beschäftigungsverhältnis zur Freien und Hansestadt Hamburg verschwiegen haben soll.

Die 1950 geborene Klägerin ist Diplom-Sozialpädagogin und war als Verwaltungsangestellte bei der Freien und Hansestadt Hamburg (Bezirksamt E.) beschäftigt.

Am 6. Juni 1996 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 15. Juli 1996 Arbeitslosengeld ab 22. Juni 1996.

Durch Bescheid vom 19. Dezember 1997 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Klägerin eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 30. März 1995, die ab 1. Juli 1996 wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Arbeitslosengeldes nicht gezahlt wurde.

Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld bis zum 20. April 1998. Wegen der Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beantragte die Klägerin am 17. April 1998 bei der Beklagten Arbeitslosenhilfe ab 21. April 1998. Im Leistungsantrag gab sie an, dass sie von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von 1.128,41 DM netto im Monat beziehe. Ein Hinweis auf den Bezug auch von Ruhegeld findet sich in diesem Antrag nicht.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab 21. April 1998 und rechnete die Rente wegen Berufsunfähigkeit auf die Arbeitslosenhilfe an.

Unter dem 28. Februar 1999, bei der Beklagten eingegangen am 12. März 1999, beantragte die Klägerin die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe. Auch in diesem Antrag ist als Einkommen allein die Rente wegen Berufsunfähigkeit angegeben, nicht aber der Bezug von Ruhegeld.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab 21. April 1999.

Unter dem 6. März 2000 beantragte die Klägerin die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe. Auch in diesem Antrag ist als Einkommen allein die Rente wegen Berufsunfähigkeit angegeben, nicht aber der Bezug von Ruhegeld.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab 21. April 2000 bis 20. April 2001.

Am 6. Februar 2001 wurde der Beklagten durch die Klägerin im Rahmen einer Vorsprache bekannt gemacht, dass diese ein Ruhegeld von der Freien und Hansestadt Hamburg bezieht.

Die Beklagte holte Auskünfte zu dem geleisteten Ruhegeld beim Personalamt der Freien und Hansestadt Hamburg ein. Versorgungsbeginn war danach der 22. Juni 1996. Das Arbeitslosengeld sei bis zum 16. Februar 1998 auf die Versorgungsbezüge angerechnet worden, eine Anrechnung von Arbeitslosenhilfe sei nicht vorgesehen. Im April 1998 hätten die Bezüge 19,06 DM betragen. Seit 1. Mai 1998 würde laufende Versorgung geleistet. Das Arbeitsverhältnis mit der Freien und Hansestadt Hamburg sei zwischenzeitlich beendet. Für die Höhe der gezahlten Abfindung müsse sich mit dem Bezirksamt E. in Verbindung gesetzt werden.

Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 22. Mai 2001, auf die diese nicht reagierte, hob die Beklagte durch Bescheid vom 28. Juni 2001 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 21. April 1998 teilweise auf und forderte die Klägerin zur Erstattung von 8.338,02 DM auf. Sie stützte sich auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Klägerin habe den Bezug von Ruhegeld nicht mitgeteilt.

Die Klägerin erhob rechtzeitig Widerspruch. Ausweislich eines Vermerks über ein Telefongespräch mit der Klägerin vom 25. Juli 2002 bat diese darum, dass die Rückforderung wegen des Ruhegeldbezugs um ihre behinderungsbedingten Aufwendungen auf 0 DM gemindert werden solle. Hierzu machte sie besondere Aufwendungen geltend.

Durch Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2003 (Widerspruchsnummer XXXXX/02) wies die Beklagte den Widerspruch gegen die teilweise Rücknahme der Arbeitslosenhilfe und die Erstattungsforderung für die Zeiträume vom 21. April 1998 bis 15. März 1999 und vom 2. August 1999 bis 20. April 2001 wegen der Anrechnung des Ruhegeldes als Einkommen als unbegründet zurück. Sie stützte sich nunmehr auf § 45 SGB X. Die von der Klägerin angegebenen Aufwendungen könnten nicht abgesetzt werden. Vertrauensschutz genieße sie nicht, denn die Klägerin habe den Anspruch auf Ruhegeld in ihren Anträgen auf Arbeitslosenhilfe nicht angegeben. Die teilweise Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen habe sie erkannt, denn sie selbst habe die Beklagte auf den Ruhegeldbezug hingewiesen, weil sie gemerkt habe, dass das Ruhegeld bei der Leistungsbewilligung nicht berücksichtigt worden sei.

Mit ihrer am 7. Februar 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass von dem Rückforderungsbetrag noch anrechnungsfähige, unabwendbare Ausgaben abgezogen werden müssten, insbesondere die Zuzahlung zu den Hörgeräten. Im Übrigen sei der angerechnete Ruhegeldbetrag von 4.288,73 EUR kaum nachvollziehbar, da nach wie vor die Höhe der Versorgung nicht abschließend geklärt sei. Teilweise sei auch überhaupt keine Zahlung von Versorgungsbezügen erfolgt.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 12. Februar 2008 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten aus §§ 190, 193, 194 und 330 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie § 45 SGB X. Das Gericht hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend ausgeführt, es seien nur die Versorgungsbezüge angerechnet worden, die die Klägerin tatsächlich erhalten habe. Hinsichtlich der Arzt- und Hilfsmittelrechnungen könne die Klägerin nicht gehört werden. Hier hätte sie entsprechende Anträge bei der Krankenkasse oder dem Integrationsamt stellen müssen. Auf keinen Fall sei damit das Verschweigen der Versorgungsbezüge zu rechtfertigen.

Gegen den am 14. Februar 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10. März 2008 Berufung eingelegt. Mit dieser trägt sie unter anderem vor, es habe keine vorherige Anhörung stattgefunden. Es sei unzutreffend, dass sie der Beklagten das Ruhegeld verschwiegen habe. Dieses sei erst – in einer chaotischen Weise – ab Mai 1999 gezahlt worden und habe sie der Beklagten vorgeschlagen, das Ruhegeld überzuleiten. Die Ruhegeldmitteilung von 1999 habe sie umgehend bei der Beklagten abgegeben und auch dem Antrag auf Arbeitslosenhilfe beigelegt. Sie sei auch zur Akte gelangt. Die von der Beklagten berücksichtigten Ruhegeldzahlungen seien in dieser Höhe und in diesen Zeiträumen so von ihr nicht bezogen worden. Im Übrigen habe sie davon ausgehen dürfen, dass die Mitarbeiter der Beklagten über ihre, der Klägerin, generellen Ruhegeldansprüche informiert seien und diese berücksichtigten. Außerdem habe sie permanent und vergeblich detaillierte Berechnungsunterlagen der Beklagten erbeten, um die Leistungsbescheide überhaupt nachvollziehen zu können. Bei der Anrechnung der Zahlungen seien als Einkommensabzugsposten Aufwendungen, die insbesondere mit ihrer Hörbehinderung im Zusammenhang stünden, zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie hat entgegnet, die Klägerin sei mit Schreiben vom 22. Mai 2001 angehört worden. Auch sei es unzutreffend, dass die Klägerin den Ruhegeldbezug angegeben habe. Die gebotene Mitteilung sei nach dem Akteninhalt weder im April 1998 noch anlässlich der Anträge vom 28. Februar 1999 und 6. März 2000 erfolgt. Erst anlässlich einer Vorsprache bei der Beklagten am 6. Februar 2001 sei die Tatsache des Ruhegeldbezugs bekannt geworden. Wie sich aus dem Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg vom 19. Februar 2001 ergebe, seien laufende Zahlungen offenbar nach Auslaufen des Arbeitslosengeldanspruchs ab April 1998 erfolgt. Darauf, dass die Höhe der Leistungen zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Klägerin streitig gewesen sei, komme es hinsichtlich der Mitteilungspflicht nicht an.

Durch Beschluss vom 6. Oktober 2009 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakten der Beklagten, der Prozessakten L 5 AL 26/08 und L 5 AL 28/08 und der Prozessakte des Sozialgerichts Hamburg zum Aktenzeichen S 6 AL 1757/98 Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern verhandeln und entscheiden, weil das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat durch Beschluss vom 6. Oktober 2009 die Berufung dem Berichterstatter übertragen hat, der nach § 153 Abs. 5 SGG zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Der Beschluss ist den Beteiligten am 9. bzw. 12. Oktober 2009 zugestellt worden.

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

Sie ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Aufhebungsentscheidung ist ebenso wie die hieran anknüpfende Erstattungsforderung der Beklagten rechtmäßig.

Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die streitbefangene Aufhebungsentscheidung ist die teilweise Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen über Arbeitslosenhilfe durch den Bezug von Ruhegeld. Es geht vorliegend nicht um eine Änderung der Verhältnisse während der Geltung von Dauerverwaltungsakten, sondern um eine anfängliche Rechtswidrigkeit von begünstigenden Verwaltungsakten. Rechtsgrundlage hierfür ist § 45 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen von § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Die Bewilligungsentscheidungen über Arbeitslosenhilfe waren von Anfang an teilweise rechtswidrig. Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosenhilfe war nach § 190 Abs. 1 Nr. 5, § 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB III in der im Bewilligungszeitraum geltenden Fassung die Bedürftigkeit. Danach haben Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitnehmer, die bedürftig sind. Bedürftig ist ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht. Zu berücksichtigendes Einkommen ist das Einkommen des Arbeitslosen, soweit es nicht als Nebeneinkommen anzurechnen ist; mit letzterem ist allein auf Nebenerwerbseinkommen im Sinne des § 141 SGB III Bezug genommen (Brandts, in: Niesel, SGB III, 2. Aufl. 2002, § 194 Rn. 11). Einkommen im Sinne der Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden können.

Die Klägerin bezog mit dem Ruhegeld von der Freien und Hansestadt Hamburg ein Einkommen. Dieses war auch zu berücksichtigen; eine Ausnahme nach § 194 Abs. 3 SGB III oder § 11 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 1974) greift vorliegend nicht. Insbesondere passt nicht § 11 Satz 1 Nr. 4 AlhiV 1974, weil das Ruhegeld schon keine kompensatorische Einnahme ist, mit der unabwendbare Aufwendungen für Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Gesundheit bestritten werden. Im Übrigen waren die geltend gemachten Aufwendungen teilweise ersichtlich schon nicht unabwendbar (bessere Hörgeräte) oder dienten sie auch teilweise schon nicht für Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Gesundheit, sondern der Verbesserung des Lebensumfelds (Faxgerät).

Die Beklagte hat vom Ruhegeld die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgesetzt; weitere Absetzbeträge nach § 194 Abs. 2 Satz 2 SGB III kommen nicht in Betracht. Insbesondere die geltend gemachten Aufwendungen können nicht abgesetzt werden. Zum Teil wurden sie bereits bei der Anrechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit berücksichtigt, zum Teil ist durch das Sozialgericht Hamburg über sie bereits entschieden (vgl. S 6 AL 1757/98). Arzt- und Hilfsmittelrechnungen werden schon von vornherein von § 194 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht erfasst. Die Klägerin war danach in dem Umfang, in dem ihr das zu berücksichtigende, um die Absetzbeträge bereinigte Ruhegeld zufloss, nicht bedürftig. In diesem Umfang auch war die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe rechtswidrig.

Nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X muss die Behörde die Aufhebungsentscheidung innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen treffen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Von dem Bezug des Ruhegeldes hatte die Beklagte ausweislich ihrer Aktenlage erstmals Kenntnis durch die Mitteilung der Klägerin im Rahmen einer Vorsprache am 6. Februar 2001. Der Aufhebungsbescheid datiert vom 28. Juni 2001. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist daher eingehalten. Sie ist es auch dann, wenn für die Kenntnis auf einen etwas früheren Zeitpunkt im Januar 2001 abgestellt wird. Denn am 19. Januar 2001 übersandte das Sozialgericht Hamburg im Klagverfahren S 6 AL 1757/98 der Beklagten von der Klägerin am 16. Januar 2001 zur Gerichtsakte gereichte Unterlagen, zu denen auch eine Versorgungsmitteilung Ruhegeld gehörte.

Auch § 45 Abs. 3 Satz 1 und 3 SGB X sperren die Aufhebungsentscheidung nicht, weil – siehe sogleich – die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 SGB X gegeben sind.

Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).

Hier waren die ursprünglich gemachten Angaben der Klägerin in wesentlicher Beziehung unvollständig. Denn den Bezug von Ruhegeld hatte sie – anders als den Bezug der Rente wegen Berufsunfähigkeit – in ihren Leistungsanträgen nicht angegeben. Ihre Angaben in diesen aktenkundigen Anträgen hat die Klägerin auch zumindest grob fahrlässig unvollständig gemacht, denn es lag auf der Hand, dass nicht nur die Rente wegen Berufsunfähigkeit, sondern auch das Ruhegeld Leistungsrelevanz zumindest haben konnte. Soweit danach jeweils Arbeitslosenhilfe von der Beklagten bewilligt worden war, obwohl insoweit keine Bedürftigkeit vorlag, beruhten die Bewilligungsentscheidungen auch auf den unvollständigen Angaben der Klägerin. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X greift daher vorliegend.

Auch § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X greift vorliegend. Die Klägerin hätte schon aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen im Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidungen erkennen können, dass das Ruhegeld leistungsrelevant ist und noch keine Berücksichtigung in den Bewilligungsentscheidungen der Beklagten gefunden hat.

Die Klägerin genießt mithin keinen Vertrauensschutz, weil sie den Ruhegeldbezug in ihren Anträgen nicht angegeben und später erkannt hat, dass die Bewilligungsentscheidungen teilweise rechtswidrig waren. Denn sie hat die Beklagte auf den Ruhegeldbezug hingewiesen, als sie bemerkte, dass das Ruhegeld bei der Leistungsbewilligung nicht berücksichtigt worden war.

Die Erstattungsforderung der Beklagten ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X und gibt zu rechtlichen Bedenken keinen Anlass. Insbesondere begegnet sie Zweifeln nicht wegen des Streits der Klägerin mit der Freien und Hansestadt Hamburg um die Höhe ihrer Versorgung. Denn berücksichtigt hat die Beklagte allein die ihr vom Personalamt der Freien und Hansestadt Hamburg gemeldeten tatsächlichen Zahlbeträge an die Klägerin in den jeweiligen Zahlungszeiträumen.

Dass die Klägerin immer wieder eine fehlende Anhörung gerügt hat, ist im Übrigen unerheblich; diese ist aktenkundig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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