L 7 SO 4834/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 2000/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4834/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht Reutlingen (SG) hat im angefochtenen Beschluss zutreffend den vom Antragsteller (sinngemäß) gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Mai 2009 gerichteten, am 29. Mai 2009 beim SG erhobenen Klage (S 2 SO 2001/09) abgelehnt.

Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt u.a. nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder überwiegendem Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Bei dem hier gestellten Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnrn. 12 und 12e bis 12g, jeweils m.w.N.). Dabei sind im Rahmen einer summarischen Prüfung die öffentlichen und privaten Interessen und die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen.

Gemessen an diesen Maßstäben konnte der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beim SG erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2009 keinen Erfolg haben. Sowohl die vom Antragsgegner angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheides vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2009 als auch das an den Antragsteller gerichtete, auf § 117 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gestützte Auskunftsbegehren erweisen sich als rechtmäßig und sind daher nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss Bezug und schließt sich diesen nach eigener Prüfung in vollem Umfang an (§ 153 Abs. 2 SGG analog).

Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, aufgrund des Todes seines Schwiegervaters am 2. Oktober 2009 sei die Dringlichkeit für einen Sofortvollzug des Bescheides des Antragsgegners vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2009 entfallen, vermag an der Richtigkeit der vom SG getroffenen Entscheidung nichts zu ändern. Das SG hat zutreffend zum öffentlichen Interesse an dem sofortigen Vollzug des Bescheides vom 16. April 2009 ausgeführt, dass es im Interesse der Allgemeinheit der Steuerzahler liege, so schnell wie möglich die auf den Antragsgegner evtl. übergegangenen Unterhaltsansprüche festzustellen und geltend zu machen. Ebenfalls zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass ein Abwarten des Ausgangs des Klageverfahrens dieses Ziel konterkarieren und seine Erreichung möglicherweise aufgrund von Vermögensverschiebungen sogar unmöglich machen würde. Hieran vermag das Vorbringen des Antragstellers nichts zu ändern, da auch trotz des Todes des Schwiegervaters des Antragstellers es nach wie vor im Interesse der Allgemeinheit der Steuerzahler liegt, so schnell wie möglich möglicherweise auf den Antragsgegner übergegangene Unterhaltsansprüche festzustellen und geltend zu machen. Weiterhin ist nach wie vor zu berücksichtigen, dass sich das an den Antragsteller gerichtete Auskunftsbegehren nach § 117 SGB XII als rechtmäßig erweist. Noch immer liegen dem Antragsgegner unvollständige Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragstellers vor. Zwar weist er zutreffend darauf hin, dass seine Ehefrau dem Antragsgegner sowohl seinen Rentenbescheid vom 9. Dezember 2008 als auch Unterlagen zur Belastung seines in seinem Eigentum stehenden Hausgrundstücks vorgelegt hat. Allerdings fehlen Angaben des Antragstellers zu etwaigen Einkünften sowie zu Guthaben auf Spar- und Girokonten und zu etwaigem sonstigen Vermögen (z.B. Aktien oder Beteiligungen). Soweit der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren darauf hinweist, er sei seinem (verstorbenen) Schwiegervater gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet, seine Ehefrau nicht leistungsfähig und nach § 1605 des Bürgerlichen Gesetzbuches nur der Unterhaltsverpflichtete, nicht aber auch der Ehegatte zur Auskunftserteilung verpflichtet, wiederholt er insoweit sein Vorbringen im Antragsverfahren beim SG, das im dortigen Beschluss vom 26. Juni 2009 bereits ausreichend Berücksichtigung gefunden hat. Sein Vorbringen, aufgrund der trotz seines Antrages nicht erfolgten Verbindung der beiden beim SG anhängigen Verfahren S 2 SO 2000/09 ER und S 2 SO 1805/09 ER handele es sich um eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 des Gerichtskostengesetzes (GKG), betrifft allein die Frage, ob und in welchem Umfang der Antragsteller für diese Verfahren Kosten zu tragen hat, ist also ohne Relevanz für sein Begehren, die aufschiebende Wirkung der von ihm erhobenen Klage anzuordnen. Zudem übersieht der Antragsteller, dass die Auferlegung von Kosten für mehrere Verfahren darauf beruht, dass er sowohl beim SG als auch beim Sozialgericht Düsseldorf jeweils Klage gegen den Bescheid vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchs vom 4. Mai 2009, jeweils zusammen mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klagen, erhoben hat. Damit hat der Antragsteller mehrere nach § 197a SGG gerichtskostenpflichtige Verfahren in Gang gesetzt, für die jeweils Kosten entstehen. Diese Kosten werden nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG bereits mit der Einreichung der Klage- oder Antragsschrift fällig, so dass selbst eine spätere Verbindung dieser Verfahren nach § 113 Abs. 1 SGG an der Kostenpflichtigkeit für jedes Verfahren nichts mehr zu ändern vermag. Zudem erfolgt die im Ermessen des Gerichts stehende (vgl. Keller, a.a.O., § 113 Rdnr. 3) Verbindung nach § 113 SGG ausweislich des Wortlauts nur zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mehrerer Rechtsstreitigkeiten. Trotz Verbindung handelt es sich somit weiterhin um mehrere Klagen oder Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Der Beschluss des SG vom 26. Juni 2009 ist somit nicht zu beanstanden, die hiergegen gerichtete Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Antragsteller gehört nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis, sodass hier Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben werden.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a SGG i.V.m. §§ 47, 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 u. 2 GKG. Maßgeblich für die Festsetzung des Streitwertes ist die Bedeutung der Sache für den Antragsteller, wie sie sich aus seinem Antrag ergibt; bei der Festsetzung hat das Gericht ein Ermessen (§ 52 Abs. 1 GKG). Nur wenn keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung der Bedeutung der Sache vorliegen, kann auf den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000.- EUR nach § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG zurückgegriffen werden. Die sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebende Bedeutung der Sache bestimmt sich nach dem objektiven Interesse an der angestrebten Entscheidung. Nicht ausschlaggebend ist die subjektive Bedeutung, die der Antragsteller der Sache beimisst (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 52 GKG Rdnr. 8).

Mit seinem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gestellten Antrag wendet sich der Antragsteller gegen die Heranziehung zur Erteilung von Auskünften über sein Einkommen und Vermögen. Der Streitwert ist daher unabhängig von der Höhe der Forderung danach zu bemessen, welches Interesse der Antragsteller daran hat, die Auskunft nicht erteilen zu müssen (Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2007 - L 7 SO 2737/06 - und vom 24. Juli 2008 - L 7 SO 184/08 W-B -; vgl. a. Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung, NJW 1964, 2061; FamRZ 86, 796; NJW-RR 1993, 1026; zuletzt Beschluss vom 29. Januar 2008 - X ZR 136/07 - (juris); Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Juli 1992 - 6 S 1432/92 - (juris); Oberverwaltungsgericht (OVG) Mecklenburg-Vorpommern NVwZ-RR 2001, 279; a.A.: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 9. Juli 1992 - 4 L 57/90: Hälfte des Jahreswertes der Aufwendungen des Sozialhilfeträgers; Bayer. VGH, Beschlüsse vom 14. September 2000 - 12 C 00.2670 - und vom 30. April 2007 - 7 C 06.3283 - beide in (juris): Auffangstreitwert in voller oder hälftiger Höhe; dsgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2007 - L 1 AS 12/06 - (juris)). Dieses Interesse liegt regelmäßig in der Vermeidung des Aufwands an Zeit und Arbeit, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (st. Rspr. des BGH a.a.O.; VGH Baden-Württemberg a.a.O.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens davon aus, dass der Wert der Abwehr des Auskunftsverlangens hier mit 1.000.- EUR festgesetzt werden kann (Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2007 und vom 24. Juli 2008 a.a.O.; BGH, Beschluss vom 29. Januar 2008 a.a.O.). Die im Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit (2009) vorgesehene pauschale Bewertung mit der Hälfte des Auffangwertes erscheint vorliegend angesichts des zu erwartenden Aufwandes für den Antragsteller zu hoch.

Eine Reduzierung des Hauptsachestreitwertes mit Blick darauf, dass es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, erscheint vorliegend nicht veranlasst. Denn der aufgrund der vorliegenden Eilentscheidung zu leistende Aufwand des Antragstellers an Zeit und Arbeit, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert, bleibt gegenüber demjenigen nicht zurück, wie er sich nach (negativem) Abschluss des Hauptsacheverfahrens ergäbe.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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