L 13 AS 1973/10 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 2953/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1973/10 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 18. März 2010 ist zulässig (vgl. § 145 Abs. 1 SGG), sie ist jedoch nicht begründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor.

Gegenstand des Klageverfahrens S 12 AS 2953/09 war der Bescheid vom 10. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009, mit dem die Beklagte die einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung (§ 21 Abs. 5 SGB II) für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. Januar 2010 versagte. Der Kläger machte in erster Instanz und auch noch in seiner Nichtzulassungsbeschwerde insoweit einen Mehrbedarf von monatlich 51,12 Euro geltend, zusammen also 306,78 Euro. Der gesetzliche Wert des Beschwerdegegenstands von über 750,00 Euro wird damit nicht erreicht.

Da das SG die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen das Urteil des SG und bringt im Wesentlichen vor, dass die Sozialgerichtsbarkeit die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge als antizipiertes Sachverständigengutachten anwende und dabei der Eindruck entstehen könne, dass die Gerichte eine ordentliche Sachaufklärung im Vorfeld einer objektiven Rechtsprechung den Klägern verweigerten. Der Deutsche Verein könne nicht Maßstab der Rechtsprechung sein. Im Übrigen verweist der Kläger darauf, dass ein chronisch kranker Diabetiker mit der Diagnose Hyperlipidämie, Hyperuricämie und Hypertonie tatsächlich eine kostenaufwendige Ernährung brauche, wofür ein finanzieller Mehrbedarf in angemessener Höhe von 51,13 Euro erforderlich sei. Mit dem Einstandspreis von Tabakwaren von 3,86 Euro sei vorliegend nicht zu operieren. Substanziell decke der Regelsatz die elementarste Grundversorgung der betroffenen Hilfesuchenden Menschen nicht.

Mit seinem Vorbringen macht der Kläger (sinngemäß) die (aus seiner Sicht) materielle Unrichtigkeit des Urteils des SG geltend; hierauf kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht (mit Erfolg) gestützt werden. Der Rechtssache kommt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache nicht auf. Das BSG hat es grundsätzlich zugelassen (Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83-94 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 6 = juris Rdnr. 39), die "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II heranzuziehen, gleichzeitig die Gerichte jedoch nicht von ihrer Ermittlungspflicht entbunden. Insoweit ist die vom Kläger aufgeworfene Frage zur Handhabung dieser Empfehlungen nicht mehr klärungsbedürftig. Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) zwar die Unvereinbarkeit der Regelleistungen nach dem SGB II mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG festgestellt, jedoch zugleich auch angeordnet, dass die jeweiligen Vorschriften bis zur Neuregelung, die der Gesetzgeber bis spätestens zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, weiter anwendbar bleiben. Damit kommt auch der vom Kläger im Hinblick auf eine behauptete allgemeine Bedarfsunterdeckung aufgeworfenen Frage keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Darüber hinaus hat der Kläger auch keinen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Ein solcher Verfahrensmangel könnte nach dem Vorbringen des Klägers allenfalls darin gesehen werden, dass das SG den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt haben könnte. Das SG hat jedoch den behandelnden Arzt befragt; weitere Sachverhaltsaufklärung war weder geboten, noch hat der Kläger dargelegt, welche Ermittlungen anzustellen gewesen wären und warum das SG in Folge der Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Das SG hat sich bei seiner Entscheidung auch nicht an die Empfehlungen des Deutschen Vereins gebunden gefühlt. Verfahrensfehler liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Rechtskraft
Aus
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