Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 2162/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1406/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen Entscheidungen über ihm gewährte Leistungen der Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der am 9. April 1942 geborene Kläger bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, ab 1. Juli 2003 i.H.v. EUR 179,24 monatlich. Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf vorgezogene Altersrente oder Rente wegen Erwerbsminderung bestanden nicht. Der Kläger trägt keine Kosten der Unterkunft und Heizung. Es bestand eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nachdem ein Gutachten der Agentur für Arbeit vom 25. Oktober 2005 ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden täglich für einen Zeitraum über sechs Monate hinaus bescheinigt hatte, stellte der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Leistungsgewährung ab dem 1. Oktober 2005 mit Bescheid vom 21. November 2005 ein.
Seinem beim Beklagten am 21. November 2005 gestellten Leistungsantrag legte der Kläger ein Attest der Allgemeinmedizinerin O.-R. vom 22. November 2005 bei, wonach bei bestehendem Diabetes mellitus Typ IIa (Alterszuckerkrankheit bei nicht übergewichtigen Patienten) eine Diabeteskost notwendig sei. Der Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 22. Dezember 2005, ausgehändigt am 28. Dezember 2005, Sozialhilfe in Form der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Dritten Kapitel SGB XII "ab dem 01.12.2005 für den Monat 12/05: 352,40 EURO". Die Beträge für die Folgemonate würden jeweils monatlich im Voraus überwiesen, solange die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlägen. Als Anlage waren beigefügt je ein Berechnungsbogen für Dezember 2005 und Januar 2006. Auf Bedarfsseite berücksichtigte der Beklagte neben dem Regelsatz von EUR 345.- einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung i.H.v. EUR 51,13 sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. EUR 135,51 (Gesamtbedarf i.H.v. EUR 531,64). Hiervon wurde das Renteneinkommen des Klägers in Abzug gebracht. Die Versicherungsbeiträge wurden unmittelbar an die Krankenkasse überwiesen, der Restbetrag für Dezember 2005 im Rahmen einer Erstattung an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ab Januar 2006 und in den folgenden Monaten bis Mai 2006 erhielt der Kläger ohne neue Bescheiderteilung den Restbetrag i.H.v. EUR 216,89 ausgezahlt, während die Versicherungsbeträge weiterhin überwiesen wurden.
Zur Begründung des gegen den Bewilligungsbescheid eingelegten Widerspruches verwies der Kläger auf Entscheidungen des Sozialamtes aus dem Jahr 1969 und des Jugendamtes von 1970 sowie weitere Handlungen des Beklagten in den Folgejahren, wodurch ihm, seiner Schwester und seiner Familie zu Unrecht Kinder und Grundstückseigentum entzogen worden seien. Des Weiteren habe der Beklagte dem früheren Schwager des Klägers und dessen zweiter Ehefrau beim "Unterhaltsbetrug" geholfen. Auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides ging der Kläger nicht ein.
Nachdem der Beklagte im Februar 2006 von der Erhöhung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf EUR 137,70 für Dezember 2005 und EUR 139,70 ab Januar 2006 erfahren hatte, erließ er unter dem 27. April 2006 einen Bescheid über die Änderung der laufenden Leistungen und bewilligte für Dezember 2005 EUR 354,59 und für Januar 2006 EUR 356,59. Der an den Kläger auszuzahlende Betrag blieb unverändert. Für die Monate Dezember 2005 bis Mai 2006 überwies der Beklagte den aufgelaufenen Differenzbetrag hinsichtlich der Versicherungsbeiträge direkt an die Krankenkasse.
Unter dem 28. April 2006 erstattete die Ärztin Fi., Fachbereich Gesundheit beim Beklagten, nach Untersuchung des Klägers eine amtsärztliche Stellungnahme, wonach bei diesem neben einem medikamentös behandelten Bluthochdruck bei einem Körpergewicht von 89 kg und einer Größe von 1,68m (BMI 31,53) ein Diabetes mellitus Typ II vorliege; die Behandlung erfolge mit Insulin in Kombination mit Tabletten. Die Erhebung der Ernährungsgewohnheiten ergebe keinen Anhalt, dass der Kläger eine Diabetesdiät zu sich nehme. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und der "Kleineren Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge" (Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 2. Aufl. 1997 (Empfehlungen)) komme für diesen Diabetestyp kein Mehrbedarf in Betracht; es genüge ein festes Mahlzeitenschema mit auf die Insulindosis abgestimmter Kohlehydratmenge; eine Gewichtsreduktion werde empfohlen.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 bewilligte der Beklagte nach Neuberechnung unter Berücksichtigung der "geänderten wirtschaftlichen bzw. persönlichen Verhältnisse" unter Wegfall des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung Sozialhilfe für Juni 2006 i.H.v. EUR 305,46. Der an den Kläger auszuzahlende Betrag vermindere sich auf EUR 165,76. In dieser Höhe wurde die Leistung an den Kläger ohne weitere Bescheiderteilung in den Folgemonaten tatsächlich ausgezahlt.
Hiergegen hat der Kläger am 26. Mai 2006 Widerspruch eingelegt, dessen Begründung im Wesentlichen der im vorangegangenen entsprach und keinen Bezug zum Inhalt der Regelung aufwies.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 2006 bewilligte der Beklagte für August 2006 wegen einer Absenkung des Krankenversicherungsbeitrags Sozialhilfe i.H.v. EUR 299,71, ohne dass sich eine Änderung des an den Kläger auszuzahlenden Betrages ergeben hätte. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Wegen einer Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages im Januar, fällig im Februar 2007 erhöhte der Beklagte mit Bescheid vom 22. Januar 2007 die Sozialhilfe für Februar 2007 auf EUR 304,77 und zahlte in den Folgemonaten entsprechend aus. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches verwies der Kläger auf seine zwei vorausgegangenen Widersprüche.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid "vom 28. Dezember 2005" als unbegründet zurück. Die vorgebrachte Widerspruchsbegründung stehe in keinem Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid. Dieser sei rechtmäßig.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 27. März 2007 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 8. Mai 2006 und 22. Januar 2007 als unbegründet zurück.
Gegen diese ihm am 17. und 29. März 2007 zugestellten Widerspruchsbescheide erhob der Kläger am 11. April 2007 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG).
Mit Bescheid vom 9. Mai 2007 stellte der Beklagte die bisher gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. April 2007 ein; der Kläger habe, da er im April 2007 das 65. Lebensjahr vollendet habe, ab dem 1. April 2007 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Diese wurden ihm mit weiterem Bescheid vom 9. Mai 2007 für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008 bewilligt. Der Einstellungsbescheid war Gegenstand eines weiteren - erfolglos gebliebenen - Widerspruchs- und Klageverfahren (Widerspruchsbescheid vom 8. August 2007; Urteil vom 14. Dezember 2007 - S 2 SO 3272/07 -). Das dagegen angestrengte Berufungsverfahren (L 7 SO 1407/10) wurde durch übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten beendet.
In einem vom SG zur Frage der Prozessfähigkeit veranlassten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 3. April 2008 kam Dr. W. zum Ergebnis, der Kläger sei für alle Tätigkeiten und Angelegenheiten, die nicht mittelbar oder unmittelbar mit den Ereignissen von 1969/1979 zusammenhingen, als uneingeschränkt geschäftsfähig und damit auch als prozessfähig anzusehen. Im Hinblick auf die Ereignisse im Zusammenhang mit den Erlebnissen 1969/1970 sei der Kläger aufgrund einer anhaltenden wahnhaften Störung nicht mehr in der Lage, einen ausreichenden Realitätssinn zu entfalten und insbesondere auch entsprechend seiner Einsicht zu handeln. Für diesen Bereich bestehe daher partielle Geschäfts- und damit Prozessunfähigkeit.
Der Beschluss des SG vom 16. Juni 2008 über die Bestellung eines besonderen Vertreters für den Kläger im vorliegenden Verfahren ist durch Beschluss des Senats vom 11. Februar 2009 (L 7 SO 5496/08 B) aufgehoben worden. Der vorliegende Rechtsstreit betreffe nur Leistungsbescheide nach dem SGB XII. Auch wenn der Kläger in seinen Schreiben ständig wiederholend auf Vorgänge aus den Jahren 1969/1970 eingehe, stehe sein Begehren in keinem mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Ereignissen.
Zur Begründung der Klage hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und weitere Ausführungen zu angeblichem Fehlverhalten des Beklagten ohne Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden gemacht. Es gehe ihm um die Richtigstellung der Vorgänge ab dem Jahr 1969. Es sei Pflicht des Beklagten, die damaligen Vorgänge richtig zu stellen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat er beantragt, den Bescheid vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2007 aufzuheben.
Mit Urteil vom 14. Dezember 2009 hat das SG die Klage mangels Zulässigkeit abgewiesen. Der Kläger verfolge kein Rechtsschutzinteresse gegen die von ihm angefochtenen Bescheide. Es gehe ihm lediglich darum, ihm und seiner Schwester vor rund 40 Jahren von Behörden und Gerichten vermeintlich zugefügtes Unrecht wiedergutzumachen. Die Anfechtung der Bescheide diene nur als Vorwand. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Der Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden nur die erforderlichen Neuanpassungen vorgenommen. Bei dem beschriebenen Diabetes mellitus Typ IIa bestehe nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins in der aktuellen dritten Auflage von August 2008 kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.
Gegen dieses ihm am 24. Februar 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. März 2010 "Berufung - Beschwerde" eingelegt und unter Verweis auf seine Begründung im Verfahren L 7 SO 939/10 NZB vorgebracht, diese habe besondere Bedeutung, weil alle Richter und Verwaltungsbeamten nicht auf die Rechtssache und die Verfassungsverletzungen eingingen. Wegen des Versuches des erstinstanzlichen Gerichts, ihm die "Geschäftsfähigkeit" zu entziehen, verweise er auf die Entscheidungen des Senats L 7 SO 5479/08 und 5496/07. Der Beklagte habe ihn, seine Mutter, seine Schwester und deren Kinder durch eine rechtswidrige Vormundschaft in den Jahren 1969/1970 verfassungswidrig geschädigt und verhindere nun, dass er mit diesen in einer Bedarfsgemeinschaft leben könne. 1979 habe der Beklagte seinem früheren Schwager und dessen zweiter Ehefrau beim "Unterhaltsbetrug" geholfen. Die fehlende sachliche Klärung der zentralen Rechtsfragen würde immer wieder Rechtsstreite aufwerfen, da das Handeln des Beklagten fortgesetzte rechtswidrige Amtshandlungen und Rechtsbeugungen darstelle. Ergänzend hat er allgemein "Amtspflichtverletzungen" und "Rechtsbeugungen" im Zusammenhang mit Vormundschaftsentscheidungen und Eigentumsverhältnissen an Haus und Grundstück seiner Familie geltend gemacht. Im Erörterungstermin vom 28. April 2010 hat der Kläger gegenüber dem Berichterstatter klargestellt, dass er bis zur Klärung der Vorgänge 1969/1970 "alles haben wolle, was der Gesetzgeber für ihn vorsehe".
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2007 sowie der Bescheide vom 8. Mai 2006 und 22. Januar 2007 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. März 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. März 2007 höhere Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die wiederholten Ausführungen des Klägers zu den Vorgängen seit 1969 stünden in keinerlei Zusammenhang mit den angefochtenen Leistungsbewilligungen. Diese seien korrekt erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats, die Senatsakten im Verfahren L 7 SO 1407/10 sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 14. Dezember 2009 ist zulässig.
Sie ist insbesondere auch statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Danach bedarf es für die Statthaftigkeit unabhängig vom Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht der Zulassung der Berufung, wenn diese wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Für die Bestimmung des zur Entscheidung gestellten Rechtsschutzbegehrens ist das vom Kläger tatsächlich Gewollte zu ermitteln, ohne dass das Gericht an die Fassung der Anträge gebunden wäre (§ 123 SGG). Völlig ohne Bedeutung ist der gestellte Antrag jedoch nicht, wie sich bereits aus der Vorschrift des § 92 Abs. 1 Satz 3 SGG ergibt, wonach bereits die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten soll. Nach Satz 4 dieser Regelung sollen außerdem die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid beigefügt werden. Demnach misst auch das Gesetz der Bezeichnung der angefochtenen Bescheide maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des Klagebegehrens bei. Aus deren Regelung ist grundsätzlich zu entnehmen, um was es dem Kläger im Rechtsstreit geht. Ausgangspunkt ist danach der vom Kläger bereits bei Klageerhebung gestellte Antrag, mit dem er sich gegen die Bewilligungsbescheide vom 22. Dezember 2005, 8. Mai 2006 und 22. Januar 2007 in der Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides wendet. Insoweit bezieht sich die Klage auf Geldleistungen regelnde Verwaltungsakte. Aus dem weiteren Inhalt der Klagebegründung ergibt sich nichts anderes. Die vom Kläger angeführten und weit zurückreichenden Vorgänge stehen zwar objektiv mit den angefochtenen Verwaltungsakten nicht in Verbindung. Dies macht sie aber nicht zu einem isolierten oder abweichenden Klagebegehren. Vielmehr dienen sie aus der subjektiven Sicht des Klägers der Begründung seines Begehrens, da sie die Rechtswidrigkeit auch des aktuellen Handelns des Beklagten bedingten. Auch das SG ist in der angefochtenen Entscheidung nicht von einem auf die zurückliegenden Vorgänge bezogenen Feststellungsbegehren oder einem Geltendmachen eines Amtshaftungsanspruches ausgegangen, sondern hat die bezeichneten Bescheide als Klagegegenstand angesehen. Dies ergibt sich aus der stillschweigenden Bejahung des Sozialrechtswegs, der nur durch den Inhalt der angefochtenen Bescheide als eröffnet angesehen werden.
Im Erörterungstermin hat der Kläger gegenüber dem Berichterstatter deutlich gemacht, dass es ihm durchaus um eine Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung höherer Sozialhilfeleistungen gehe. Dieses Begehren werde er so lange verfolgen, bis die von ihm angenommenen, auf die Vorgänge in den Jahren 1969/1970 bezogenen Amtspflichtverletzungen des Beklagten geklärt seien. Erfolge diese Klärung, verlören die von ihm auf höhere Sozialhilfe geführten Verfahren für ihn die Bedeutung. Diese früheren Vorgänge sind für den Kläger somit nur Motivation zur Verfahrensführung. Sein Rechtsschutzbegehren richtet sich vorliegend mithin auf die Sozialhilfeleistungen ab dem 1. Dezember 2005, was auch dem angefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 2005 entspricht. Dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der SG im protokollierten Antrag nur den Bescheid vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2007 genannt hatte, stellt keine Begrenzung des Klagebegehrens dar. Das Gericht entscheidet, wie dargelegt, über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Dabei kommt den in einer mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen zwar grundsätzlich größeres Gewicht zu, weil der Vorsitzende darauf hinzuwirken hat, dass sachdienliche Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1 SGG). Dies schließt jedoch nicht aus, dass auch ein solchermaßen zustande gekommener Antrag das Klagebegehren nicht vollständig abdeckt und daher weiterhin aufgrund des erkennbaren Begehrens ausgelegt werden kann und muss. Eine konkludente Klagerücknahme hinsichtlich der im protokollierten Antrag nicht mehr aufgeführten Bescheide scheidet vorliegend aus. Zwar muss eine Rücknahme nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch stillschweigend, insbesondere durch Beschränkung des Antrages gestellt werden; sie muss aber eindeutig sein (Bundessozialgericht (BSG) SozR Nr. 8 zu § 102 SGG). Der Niederschrift des SG vom 14. Dezember 2009 ist an keiner Stelle ein Hinweis zu entnehmen, dass der Kläger sein Begehren teilweise zurücknehmen oder in anderer Art beschränken wollte. Auch das SG hat im angefochtenen Urteil in dem im Tatbestand wiedergegebenen Antrag wiederum alle ursprünglich angefochtenen Bescheide genannt und hierüber auch entschieden. Begrenzt wird das Begehren allerdings durch die Einstellung der Leistungsgewährung nach dem Dritten Kapitel SGB XII zum 31. März 2007. Den gegen den diesbezüglichen Einstellungsbescheid geführten Rechtsstreit hat der Kläger für erledigt erklärt (L 7 SO 1407/10). Ab dem 1. April 2007 erhielt der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII. Dieser einen neuen Zeitraum betreffende Bewilligungsbescheid ist nicht gem. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Auch die Sozialhilfeleistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII stellen zumindest bei durchgehend bestehender Hilfebedürftigkeit wie vorliegend laufende oder wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG dar.
Nach dem Gesamtverlauf des Verfahrens und dem Eindruck, der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen werden konnte, bestehen für den Senat keine Zweifel an dessen Prozessfähigkeit für das vorliegende Verfahren. Insoweit wird auf den Senatsbeschluss vom 11. Februar 2009 Bezug genommen, da sich auch im weiteren Verlauf des Verfahrens keine Umstände ergeben haben, die zu einer abweichenden Beurteilung Anlass geben.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Januar 2007 steht dem Begehren des Klägers bereits die - mangels Anfechtung bestandskräftige - Regelung des Bescheides vom 26. Oktober 2006 entgegen. Dieser ist auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand der zu diesem Zeitpunkt noch laufenden Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide vom 22. Dezember 2005 und 8. Mai 2006 geworden, da er diese weder abändert noch ersetzt. Der Bewilligungsbescheid vom 22. Dezember 2005 bewilligte die Leistungen der Sozialhilfe zwar "ab dem 01.12.2005", jedoch nicht auf unbestimmte Zeit oder "bis auf weiteres", sondern nach dem Verfügungssatz ausdrücklich nur "für den Monat 12/05". Allenfalls kann von einer Bewilligung bis zum 31. Januar 2006 ausgegangen werden, da dem Bescheid vom 22. Dezember 2005 auch noch der Berechnungsbogen für diesen Monat beilag. Die Auslegung unter Berücksichtigung des im Bescheid weiter enthaltenen Hinweises über die Überweisung der Beträge für die Folgemonate, "solange die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlägen", ergibt für einen verständigen Erklärungsempfänger, dass eine verbindliche Bewilligung nur für den ausdrücklich genannten Zeitraum erfolgte, während die Weitergewährung nur bei weiterem Vorliegen der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen vorgenommen würde. In den Folgemonaten erfolgten damit auf den jeweiligen Monat beschränkte konkludente Bewilligungen i.S.d. § 33 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) durch die Auszahlungen bzw. Überweisungen (vgl. BSG SozR 4-3520 § 2 Nr. 2). Diese vom Widerspruch des Klägers erfasste Bewilligung wurde durch den Bescheid vom 27. April 2006 i.S.d. § 86 SGG ersetzt, indem dieser wegen erhöhter Krankenversicherungsbeiträge für Dezember 2005 und Januar 2006 höhere Leistungen bewilligte. Für die Folgemonate bis einschließlich Mai 2006 erfolgte wiederum eine konkludente monatliche Höherbewilligung durch die Überweisung des erhöhten Beitrages unmittelbar an die Krankenkasse. Der Bescheid vom 22. Dezember 2005 ist damit durch den Bescheid vom 27. April 2006 ersetzt worden, so dass ihm keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt. Des Weiteren stellt auch der Bescheid vom 8. Mai 2006 eine Neubewilligung dar, die sich auf den im Verfügungssatz ausdrücklich genannten Zeitraum Juni 2006 beschränkte. Denn der Beklagte hat hierin nicht zu erkennen gegeben, von der bisherigen Bewilligungsweise abrücken zu wollen und eine Regelung über den im Verfügungssatz genannten Zeitraum hinaus zu treffen. Die Bewilligung für den folgenden Monat erfolgte daher wiederum konkludent durch die Überweisung. Der Bescheid vom 26. Oktober 2006, mit dem eine erneute Anpassung an geänderte Krankenversicherungsbeiträge vorgenommen wurde, erstreckte die entsprechende Regelung ausdrücklich bereits auf August 2006. Dieser vom Kläger nicht mit Widerspruch angefochtenen Regelung folgten die konkludenten Weiterbewilligungen für die Folgemonate bis einschließlich Januar 2007. Erst ab dem 1. Februar 2007 hat der Beklagte eine neuerliche Bewilligungsentscheidung getroffen, die vom Kläger auch wieder mit Widerspruch angefochten worden war. Die von den Widersprüchen des Klägers erfassten Bewilligungsentscheidungen beschränken sich daher auf die Zeiträume vom 1. Dezember 2005 bis 31. Juli 2006 sowie vom 1. Februar bis 31. März 2007. Der dazwischen liegende Zeitraum ist mangels Anfechtung des Bescheides vom 26. Oktober 2006 nicht zulässiger Gegenstand der Klage. Einer Einbeziehung in die damals laufenden Widerspruchsverfahren nach § 86 SGG steht entgegen, dass die angefochtenen Bescheide nur eng umgrenzte Zeiträume regelten, denjenigen ab dem 1. August 2006 aber nicht erfassten. Ob der Beklagte mit dem Bescheid vom 26. Oktober 2006 rechtmäßig die konkludenten Bewilligungen ab 1. August 2006 aufgehoben hatte, ist daher nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung im vorliegenden Verfahren.
Auch im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen als vom Beklagten bereits bewilligt. Maßgeblich ist im hier streitigen Zeitraum noch § 19 Abs. 1 i.V.m. den Vorschriften des Dritten Kapitels SGB XII. Ein Anspruch auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel ist nicht ersichtlich, da der Kläger die Altersgrenze im streitigen Zeitraum noch nicht erreicht hatte. Eine dauerhafte Erwerbsminderung i.S.d. § 41 SGB XII ist auch aufgrund des Gutachtens der Agentur für Arbeit nicht nachgewiesen, da dieses nur zur Dauer über sechs Monate Stellung nimmt. Der Kläger hat nichts Abweichendes geltend gemacht. Der Beklagte hat den Regelsatz und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in der jeweils maßgeblichen Höhe zutreffend berücksichtigt. Tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat der Kläger nicht vorgetragen oder belegt. Der Kläger hat auch gegen keine Bedarfsposition konkrete Einwände erhoben oder die Nichtberücksichtigung einer solchen gerügt.
Soweit der Beklagte erstmals im Bescheid vom 8. Mai 2006 für Juni 2006 und dies in der Folge übernehmend auch in der Bewilligung vom 22. Januar 2007 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht mehr berücksichtigt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Ein solcher Mehrbedarf setzt somit voraus, dass (1.) eine medizinisch begründete Notwendigkeit einer besonderen Kostform besteht und (2.) sich für den Hilfebedürftigen aus dieser Kostform ein finanzieller Mehraufwand ergibt, der über den Ernährungsanteil im Regelsatz hinausgeht. Die bisherige Praxis und Rechtsprechung zur Vorläuferregelung des Bundessozialhilfegesetzes beruhte hinsichtlich der diagnostizierten Erkrankungen und dadurch notwendigen Kostformen sowie des sich daraus ergebenden finanziellen Mehrbedarfs vor allem auf den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 48, 2. Aufl. 1997). Der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 21 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) gerade auf diese Empfehlungen des Deutschen Vereins zurückgegriffen (BT-Drucks. 15/1516 S. 57). § 21 Abs. 5 SGB II entspricht nach Inhalt und Wesen der hier einschlägigen Vorschrift des § 30 Abs. 5 SGB XII, so dass nach Auffassung des Senats keine abweichende Auslegung in Betracht kommt. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 - (juris)) hat den Empfehlungen besonderes Gewicht beigemessen und ausgeführt, dass ein Abweichen von diesen begründungsbedürftig sei und eine entsprechende Fachkompetenz voraussetze. Die Empfehlungen stellen zwar weder Rechtsnormen noch antizipierte Sachverständigengutachten dar; sie können aber im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs i.S.d. §§ 21 Abs. 5 SGB II, 30 Abs. 5 SGB XII herangezogen werden; die Umstände des Einzelfalles sind allerdings zu beachten (BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/11b AS 3/07 R - (juris)). Mittlerweile liegen diese Empfehlungen in der dritten, neu bearbeiteten Auflage vom 1. Oktober 2008 vor (veröffentlicht unter www.deutscher-verein.de). Bereits nach den Empfehlungen in der 2. Auflage war ein Mehrbedarf nicht für den Diabetes mellitus-Typ IIb vorgesehen, sondern nur für die Typen I und IIa (Alterszuckerkrankheit bei nicht übergewichtigen Patienten) nach damaliger Klassifizierung. Für den Diabetes mellitus-Typ IIb wurde bereits im sog. Rationalisierungsschema 1994 der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin, das den Empfehlungen des Deutschen Vereins zugrunde lag, keine Notwendigkeit einer besonderen Diabeteskost gesehen, sondern lediglich einer Reduktionskost. Gestützt auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins - hier noch in der 2. Auflage - ist der Senat davon überzeugt, dass eine solche Reduktionskost keinen höheren finanziellen Mehrbedarf auslöst (Tabelle auf Seite 36 der Empfehlungen). Dementsprechend wurde eine Empfehlung für die Annahme eines Mehrbedarfes durch den Deutschen Verein nur für den Diabetes mellitus Typ I und Typ IIa, nicht aber Typ IIb abgegeben.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht für den Senat fest, dass beim Kläger weder ein Typ I noch ein Typ IIa Diabetes mellitus (nach alter Klassifikation) vorliegt. In dem bei Antragstellung vorgelegten Attest vom 22. November 2005 hat die Allgemeinmedizinerin O.-R. zwar die Notwendigkeit einer Diabeteskost wegen Diabetes mellitus Typ IIa bescheinigt. Der Senat vermag dem jedoch nicht zu folgen. Die Angaben im Attest beschränken sich auf das Ankreuzen vorgegebener Alternativen, wobei der Diabetes mellitus Typ IIb nicht aufgenommen ist. Die handschriftlich eingetragene Diagnose beschränkt sich auf die Nennung eines "Diabetes mellitus" ohne jede weitere Klassifizierung. Da des Weiteren die im Formular abgefragten Daten zu Körpergröße und -gewicht nicht angegeben worden waren, spricht viel dafür, dass die Ärztin das Formular nicht sorgsam ausgefüllt hat. Insbesondere wären gerade diese Angaben nötig gewesen, um die Zuordnung zum Diabetes mellitus Typ IIa zu belegen. Der Senat folgt daher der Bewertung der Ärztin Fi. in deren amtsärztlicher Stellungnahme vom 28. April 2006. Diese hat die Körpergröße (1,68m) und das Körpergewicht (89 kg) erhoben und damit bei einem Body-Mass-Index von 31,53 schlüssig ein relevantes Übergewicht ermittelt. Überzeugend ordnet sie daher die Diabetes mellitus-Erkrankung dem Typ II zu, der nach den Empfehlungen keinen Mehrbedarf auslöst. Bestätigt wird dies des Weiteren durch die Angabe der Ärztin Fi., dass der Kläger nach seinen Angaben im Rahmen der Erhebung seiner Ernährungsgewohnheiten keine spezielle Diabeteskost zu sich nimmt. Zu weiteren Ermittlungen diesbezüglich sah sich der Senat nicht veranlasst, zumal auch der Kläger keinerlei konkrete Einwendungen gegen diese Bewertung erhoben hat.
Der Beklagte hat damit den beim Kläger bestehenden sozialhilferechtlichen Bedarf vollständig und korrekt erfasst und die Einkommensanrechnung zutreffend vorgenommen.
Einer Rücknahme- oder Aufhebungsentscheidung bedurfte es für die immer mit Wirkung für die Zukunft erfolgten Anpassungen nicht. Wie oben dargelegt, lag keine Bewilligung auf unbestimmte Zeit vor, sondern eine - mit Ausnahme von Dezember 2005 und Januar 2006 - jeweils monatsweise. Die rückwirkende Änderung bereits bewilligter Leistungen im Bescheid vom 27. April 2006 führte zu einer höheren Gewährung und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten.
Die vom Kläger wiederholt angeführten Vorgänge aus den Jahren 1969/1970 stehen objektiv in keinerlei Zusammenhang mit den hier streitigen Leistungsbewilligungen und haben daher keinen Einfluss auf deren Rechtmäßigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen Entscheidungen über ihm gewährte Leistungen der Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der am 9. April 1942 geborene Kläger bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, ab 1. Juli 2003 i.H.v. EUR 179,24 monatlich. Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf vorgezogene Altersrente oder Rente wegen Erwerbsminderung bestanden nicht. Der Kläger trägt keine Kosten der Unterkunft und Heizung. Es bestand eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nachdem ein Gutachten der Agentur für Arbeit vom 25. Oktober 2005 ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden täglich für einen Zeitraum über sechs Monate hinaus bescheinigt hatte, stellte der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Leistungsgewährung ab dem 1. Oktober 2005 mit Bescheid vom 21. November 2005 ein.
Seinem beim Beklagten am 21. November 2005 gestellten Leistungsantrag legte der Kläger ein Attest der Allgemeinmedizinerin O.-R. vom 22. November 2005 bei, wonach bei bestehendem Diabetes mellitus Typ IIa (Alterszuckerkrankheit bei nicht übergewichtigen Patienten) eine Diabeteskost notwendig sei. Der Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 22. Dezember 2005, ausgehändigt am 28. Dezember 2005, Sozialhilfe in Form der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Dritten Kapitel SGB XII "ab dem 01.12.2005 für den Monat 12/05: 352,40 EURO". Die Beträge für die Folgemonate würden jeweils monatlich im Voraus überwiesen, solange die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlägen. Als Anlage waren beigefügt je ein Berechnungsbogen für Dezember 2005 und Januar 2006. Auf Bedarfsseite berücksichtigte der Beklagte neben dem Regelsatz von EUR 345.- einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung i.H.v. EUR 51,13 sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. EUR 135,51 (Gesamtbedarf i.H.v. EUR 531,64). Hiervon wurde das Renteneinkommen des Klägers in Abzug gebracht. Die Versicherungsbeiträge wurden unmittelbar an die Krankenkasse überwiesen, der Restbetrag für Dezember 2005 im Rahmen einer Erstattung an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ab Januar 2006 und in den folgenden Monaten bis Mai 2006 erhielt der Kläger ohne neue Bescheiderteilung den Restbetrag i.H.v. EUR 216,89 ausgezahlt, während die Versicherungsbeträge weiterhin überwiesen wurden.
Zur Begründung des gegen den Bewilligungsbescheid eingelegten Widerspruches verwies der Kläger auf Entscheidungen des Sozialamtes aus dem Jahr 1969 und des Jugendamtes von 1970 sowie weitere Handlungen des Beklagten in den Folgejahren, wodurch ihm, seiner Schwester und seiner Familie zu Unrecht Kinder und Grundstückseigentum entzogen worden seien. Des Weiteren habe der Beklagte dem früheren Schwager des Klägers und dessen zweiter Ehefrau beim "Unterhaltsbetrug" geholfen. Auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides ging der Kläger nicht ein.
Nachdem der Beklagte im Februar 2006 von der Erhöhung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf EUR 137,70 für Dezember 2005 und EUR 139,70 ab Januar 2006 erfahren hatte, erließ er unter dem 27. April 2006 einen Bescheid über die Änderung der laufenden Leistungen und bewilligte für Dezember 2005 EUR 354,59 und für Januar 2006 EUR 356,59. Der an den Kläger auszuzahlende Betrag blieb unverändert. Für die Monate Dezember 2005 bis Mai 2006 überwies der Beklagte den aufgelaufenen Differenzbetrag hinsichtlich der Versicherungsbeiträge direkt an die Krankenkasse.
Unter dem 28. April 2006 erstattete die Ärztin Fi., Fachbereich Gesundheit beim Beklagten, nach Untersuchung des Klägers eine amtsärztliche Stellungnahme, wonach bei diesem neben einem medikamentös behandelten Bluthochdruck bei einem Körpergewicht von 89 kg und einer Größe von 1,68m (BMI 31,53) ein Diabetes mellitus Typ II vorliege; die Behandlung erfolge mit Insulin in Kombination mit Tabletten. Die Erhebung der Ernährungsgewohnheiten ergebe keinen Anhalt, dass der Kläger eine Diabetesdiät zu sich nehme. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und der "Kleineren Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge" (Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 2. Aufl. 1997 (Empfehlungen)) komme für diesen Diabetestyp kein Mehrbedarf in Betracht; es genüge ein festes Mahlzeitenschema mit auf die Insulindosis abgestimmter Kohlehydratmenge; eine Gewichtsreduktion werde empfohlen.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 bewilligte der Beklagte nach Neuberechnung unter Berücksichtigung der "geänderten wirtschaftlichen bzw. persönlichen Verhältnisse" unter Wegfall des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung Sozialhilfe für Juni 2006 i.H.v. EUR 305,46. Der an den Kläger auszuzahlende Betrag vermindere sich auf EUR 165,76. In dieser Höhe wurde die Leistung an den Kläger ohne weitere Bescheiderteilung in den Folgemonaten tatsächlich ausgezahlt.
Hiergegen hat der Kläger am 26. Mai 2006 Widerspruch eingelegt, dessen Begründung im Wesentlichen der im vorangegangenen entsprach und keinen Bezug zum Inhalt der Regelung aufwies.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 2006 bewilligte der Beklagte für August 2006 wegen einer Absenkung des Krankenversicherungsbeitrags Sozialhilfe i.H.v. EUR 299,71, ohne dass sich eine Änderung des an den Kläger auszuzahlenden Betrages ergeben hätte. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Wegen einer Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages im Januar, fällig im Februar 2007 erhöhte der Beklagte mit Bescheid vom 22. Januar 2007 die Sozialhilfe für Februar 2007 auf EUR 304,77 und zahlte in den Folgemonaten entsprechend aus. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches verwies der Kläger auf seine zwei vorausgegangenen Widersprüche.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid "vom 28. Dezember 2005" als unbegründet zurück. Die vorgebrachte Widerspruchsbegründung stehe in keinem Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid. Dieser sei rechtmäßig.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 27. März 2007 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 8. Mai 2006 und 22. Januar 2007 als unbegründet zurück.
Gegen diese ihm am 17. und 29. März 2007 zugestellten Widerspruchsbescheide erhob der Kläger am 11. April 2007 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG).
Mit Bescheid vom 9. Mai 2007 stellte der Beklagte die bisher gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. April 2007 ein; der Kläger habe, da er im April 2007 das 65. Lebensjahr vollendet habe, ab dem 1. April 2007 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Diese wurden ihm mit weiterem Bescheid vom 9. Mai 2007 für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008 bewilligt. Der Einstellungsbescheid war Gegenstand eines weiteren - erfolglos gebliebenen - Widerspruchs- und Klageverfahren (Widerspruchsbescheid vom 8. August 2007; Urteil vom 14. Dezember 2007 - S 2 SO 3272/07 -). Das dagegen angestrengte Berufungsverfahren (L 7 SO 1407/10) wurde durch übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten beendet.
In einem vom SG zur Frage der Prozessfähigkeit veranlassten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 3. April 2008 kam Dr. W. zum Ergebnis, der Kläger sei für alle Tätigkeiten und Angelegenheiten, die nicht mittelbar oder unmittelbar mit den Ereignissen von 1969/1979 zusammenhingen, als uneingeschränkt geschäftsfähig und damit auch als prozessfähig anzusehen. Im Hinblick auf die Ereignisse im Zusammenhang mit den Erlebnissen 1969/1970 sei der Kläger aufgrund einer anhaltenden wahnhaften Störung nicht mehr in der Lage, einen ausreichenden Realitätssinn zu entfalten und insbesondere auch entsprechend seiner Einsicht zu handeln. Für diesen Bereich bestehe daher partielle Geschäfts- und damit Prozessunfähigkeit.
Der Beschluss des SG vom 16. Juni 2008 über die Bestellung eines besonderen Vertreters für den Kläger im vorliegenden Verfahren ist durch Beschluss des Senats vom 11. Februar 2009 (L 7 SO 5496/08 B) aufgehoben worden. Der vorliegende Rechtsstreit betreffe nur Leistungsbescheide nach dem SGB XII. Auch wenn der Kläger in seinen Schreiben ständig wiederholend auf Vorgänge aus den Jahren 1969/1970 eingehe, stehe sein Begehren in keinem mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Ereignissen.
Zur Begründung der Klage hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und weitere Ausführungen zu angeblichem Fehlverhalten des Beklagten ohne Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden gemacht. Es gehe ihm um die Richtigstellung der Vorgänge ab dem Jahr 1969. Es sei Pflicht des Beklagten, die damaligen Vorgänge richtig zu stellen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat er beantragt, den Bescheid vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2007 aufzuheben.
Mit Urteil vom 14. Dezember 2009 hat das SG die Klage mangels Zulässigkeit abgewiesen. Der Kläger verfolge kein Rechtsschutzinteresse gegen die von ihm angefochtenen Bescheide. Es gehe ihm lediglich darum, ihm und seiner Schwester vor rund 40 Jahren von Behörden und Gerichten vermeintlich zugefügtes Unrecht wiedergutzumachen. Die Anfechtung der Bescheide diene nur als Vorwand. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Der Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden nur die erforderlichen Neuanpassungen vorgenommen. Bei dem beschriebenen Diabetes mellitus Typ IIa bestehe nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins in der aktuellen dritten Auflage von August 2008 kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.
Gegen dieses ihm am 24. Februar 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. März 2010 "Berufung - Beschwerde" eingelegt und unter Verweis auf seine Begründung im Verfahren L 7 SO 939/10 NZB vorgebracht, diese habe besondere Bedeutung, weil alle Richter und Verwaltungsbeamten nicht auf die Rechtssache und die Verfassungsverletzungen eingingen. Wegen des Versuches des erstinstanzlichen Gerichts, ihm die "Geschäftsfähigkeit" zu entziehen, verweise er auf die Entscheidungen des Senats L 7 SO 5479/08 und 5496/07. Der Beklagte habe ihn, seine Mutter, seine Schwester und deren Kinder durch eine rechtswidrige Vormundschaft in den Jahren 1969/1970 verfassungswidrig geschädigt und verhindere nun, dass er mit diesen in einer Bedarfsgemeinschaft leben könne. 1979 habe der Beklagte seinem früheren Schwager und dessen zweiter Ehefrau beim "Unterhaltsbetrug" geholfen. Die fehlende sachliche Klärung der zentralen Rechtsfragen würde immer wieder Rechtsstreite aufwerfen, da das Handeln des Beklagten fortgesetzte rechtswidrige Amtshandlungen und Rechtsbeugungen darstelle. Ergänzend hat er allgemein "Amtspflichtverletzungen" und "Rechtsbeugungen" im Zusammenhang mit Vormundschaftsentscheidungen und Eigentumsverhältnissen an Haus und Grundstück seiner Familie geltend gemacht. Im Erörterungstermin vom 28. April 2010 hat der Kläger gegenüber dem Berichterstatter klargestellt, dass er bis zur Klärung der Vorgänge 1969/1970 "alles haben wolle, was der Gesetzgeber für ihn vorsehe".
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2007 sowie der Bescheide vom 8. Mai 2006 und 22. Januar 2007 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. März 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. März 2007 höhere Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die wiederholten Ausführungen des Klägers zu den Vorgängen seit 1969 stünden in keinerlei Zusammenhang mit den angefochtenen Leistungsbewilligungen. Diese seien korrekt erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats, die Senatsakten im Verfahren L 7 SO 1407/10 sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 14. Dezember 2009 ist zulässig.
Sie ist insbesondere auch statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Danach bedarf es für die Statthaftigkeit unabhängig vom Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht der Zulassung der Berufung, wenn diese wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Für die Bestimmung des zur Entscheidung gestellten Rechtsschutzbegehrens ist das vom Kläger tatsächlich Gewollte zu ermitteln, ohne dass das Gericht an die Fassung der Anträge gebunden wäre (§ 123 SGG). Völlig ohne Bedeutung ist der gestellte Antrag jedoch nicht, wie sich bereits aus der Vorschrift des § 92 Abs. 1 Satz 3 SGG ergibt, wonach bereits die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten soll. Nach Satz 4 dieser Regelung sollen außerdem die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid beigefügt werden. Demnach misst auch das Gesetz der Bezeichnung der angefochtenen Bescheide maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des Klagebegehrens bei. Aus deren Regelung ist grundsätzlich zu entnehmen, um was es dem Kläger im Rechtsstreit geht. Ausgangspunkt ist danach der vom Kläger bereits bei Klageerhebung gestellte Antrag, mit dem er sich gegen die Bewilligungsbescheide vom 22. Dezember 2005, 8. Mai 2006 und 22. Januar 2007 in der Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides wendet. Insoweit bezieht sich die Klage auf Geldleistungen regelnde Verwaltungsakte. Aus dem weiteren Inhalt der Klagebegründung ergibt sich nichts anderes. Die vom Kläger angeführten und weit zurückreichenden Vorgänge stehen zwar objektiv mit den angefochtenen Verwaltungsakten nicht in Verbindung. Dies macht sie aber nicht zu einem isolierten oder abweichenden Klagebegehren. Vielmehr dienen sie aus der subjektiven Sicht des Klägers der Begründung seines Begehrens, da sie die Rechtswidrigkeit auch des aktuellen Handelns des Beklagten bedingten. Auch das SG ist in der angefochtenen Entscheidung nicht von einem auf die zurückliegenden Vorgänge bezogenen Feststellungsbegehren oder einem Geltendmachen eines Amtshaftungsanspruches ausgegangen, sondern hat die bezeichneten Bescheide als Klagegegenstand angesehen. Dies ergibt sich aus der stillschweigenden Bejahung des Sozialrechtswegs, der nur durch den Inhalt der angefochtenen Bescheide als eröffnet angesehen werden.
Im Erörterungstermin hat der Kläger gegenüber dem Berichterstatter deutlich gemacht, dass es ihm durchaus um eine Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung höherer Sozialhilfeleistungen gehe. Dieses Begehren werde er so lange verfolgen, bis die von ihm angenommenen, auf die Vorgänge in den Jahren 1969/1970 bezogenen Amtspflichtverletzungen des Beklagten geklärt seien. Erfolge diese Klärung, verlören die von ihm auf höhere Sozialhilfe geführten Verfahren für ihn die Bedeutung. Diese früheren Vorgänge sind für den Kläger somit nur Motivation zur Verfahrensführung. Sein Rechtsschutzbegehren richtet sich vorliegend mithin auf die Sozialhilfeleistungen ab dem 1. Dezember 2005, was auch dem angefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 2005 entspricht. Dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der SG im protokollierten Antrag nur den Bescheid vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2007 genannt hatte, stellt keine Begrenzung des Klagebegehrens dar. Das Gericht entscheidet, wie dargelegt, über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Dabei kommt den in einer mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen zwar grundsätzlich größeres Gewicht zu, weil der Vorsitzende darauf hinzuwirken hat, dass sachdienliche Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1 SGG). Dies schließt jedoch nicht aus, dass auch ein solchermaßen zustande gekommener Antrag das Klagebegehren nicht vollständig abdeckt und daher weiterhin aufgrund des erkennbaren Begehrens ausgelegt werden kann und muss. Eine konkludente Klagerücknahme hinsichtlich der im protokollierten Antrag nicht mehr aufgeführten Bescheide scheidet vorliegend aus. Zwar muss eine Rücknahme nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch stillschweigend, insbesondere durch Beschränkung des Antrages gestellt werden; sie muss aber eindeutig sein (Bundessozialgericht (BSG) SozR Nr. 8 zu § 102 SGG). Der Niederschrift des SG vom 14. Dezember 2009 ist an keiner Stelle ein Hinweis zu entnehmen, dass der Kläger sein Begehren teilweise zurücknehmen oder in anderer Art beschränken wollte. Auch das SG hat im angefochtenen Urteil in dem im Tatbestand wiedergegebenen Antrag wiederum alle ursprünglich angefochtenen Bescheide genannt und hierüber auch entschieden. Begrenzt wird das Begehren allerdings durch die Einstellung der Leistungsgewährung nach dem Dritten Kapitel SGB XII zum 31. März 2007. Den gegen den diesbezüglichen Einstellungsbescheid geführten Rechtsstreit hat der Kläger für erledigt erklärt (L 7 SO 1407/10). Ab dem 1. April 2007 erhielt der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII. Dieser einen neuen Zeitraum betreffende Bewilligungsbescheid ist nicht gem. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Auch die Sozialhilfeleistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII stellen zumindest bei durchgehend bestehender Hilfebedürftigkeit wie vorliegend laufende oder wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG dar.
Nach dem Gesamtverlauf des Verfahrens und dem Eindruck, der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen werden konnte, bestehen für den Senat keine Zweifel an dessen Prozessfähigkeit für das vorliegende Verfahren. Insoweit wird auf den Senatsbeschluss vom 11. Februar 2009 Bezug genommen, da sich auch im weiteren Verlauf des Verfahrens keine Umstände ergeben haben, die zu einer abweichenden Beurteilung Anlass geben.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Januar 2007 steht dem Begehren des Klägers bereits die - mangels Anfechtung bestandskräftige - Regelung des Bescheides vom 26. Oktober 2006 entgegen. Dieser ist auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand der zu diesem Zeitpunkt noch laufenden Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide vom 22. Dezember 2005 und 8. Mai 2006 geworden, da er diese weder abändert noch ersetzt. Der Bewilligungsbescheid vom 22. Dezember 2005 bewilligte die Leistungen der Sozialhilfe zwar "ab dem 01.12.2005", jedoch nicht auf unbestimmte Zeit oder "bis auf weiteres", sondern nach dem Verfügungssatz ausdrücklich nur "für den Monat 12/05". Allenfalls kann von einer Bewilligung bis zum 31. Januar 2006 ausgegangen werden, da dem Bescheid vom 22. Dezember 2005 auch noch der Berechnungsbogen für diesen Monat beilag. Die Auslegung unter Berücksichtigung des im Bescheid weiter enthaltenen Hinweises über die Überweisung der Beträge für die Folgemonate, "solange die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlägen", ergibt für einen verständigen Erklärungsempfänger, dass eine verbindliche Bewilligung nur für den ausdrücklich genannten Zeitraum erfolgte, während die Weitergewährung nur bei weiterem Vorliegen der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen vorgenommen würde. In den Folgemonaten erfolgten damit auf den jeweiligen Monat beschränkte konkludente Bewilligungen i.S.d. § 33 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) durch die Auszahlungen bzw. Überweisungen (vgl. BSG SozR 4-3520 § 2 Nr. 2). Diese vom Widerspruch des Klägers erfasste Bewilligung wurde durch den Bescheid vom 27. April 2006 i.S.d. § 86 SGG ersetzt, indem dieser wegen erhöhter Krankenversicherungsbeiträge für Dezember 2005 und Januar 2006 höhere Leistungen bewilligte. Für die Folgemonate bis einschließlich Mai 2006 erfolgte wiederum eine konkludente monatliche Höherbewilligung durch die Überweisung des erhöhten Beitrages unmittelbar an die Krankenkasse. Der Bescheid vom 22. Dezember 2005 ist damit durch den Bescheid vom 27. April 2006 ersetzt worden, so dass ihm keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt. Des Weiteren stellt auch der Bescheid vom 8. Mai 2006 eine Neubewilligung dar, die sich auf den im Verfügungssatz ausdrücklich genannten Zeitraum Juni 2006 beschränkte. Denn der Beklagte hat hierin nicht zu erkennen gegeben, von der bisherigen Bewilligungsweise abrücken zu wollen und eine Regelung über den im Verfügungssatz genannten Zeitraum hinaus zu treffen. Die Bewilligung für den folgenden Monat erfolgte daher wiederum konkludent durch die Überweisung. Der Bescheid vom 26. Oktober 2006, mit dem eine erneute Anpassung an geänderte Krankenversicherungsbeiträge vorgenommen wurde, erstreckte die entsprechende Regelung ausdrücklich bereits auf August 2006. Dieser vom Kläger nicht mit Widerspruch angefochtenen Regelung folgten die konkludenten Weiterbewilligungen für die Folgemonate bis einschließlich Januar 2007. Erst ab dem 1. Februar 2007 hat der Beklagte eine neuerliche Bewilligungsentscheidung getroffen, die vom Kläger auch wieder mit Widerspruch angefochten worden war. Die von den Widersprüchen des Klägers erfassten Bewilligungsentscheidungen beschränken sich daher auf die Zeiträume vom 1. Dezember 2005 bis 31. Juli 2006 sowie vom 1. Februar bis 31. März 2007. Der dazwischen liegende Zeitraum ist mangels Anfechtung des Bescheides vom 26. Oktober 2006 nicht zulässiger Gegenstand der Klage. Einer Einbeziehung in die damals laufenden Widerspruchsverfahren nach § 86 SGG steht entgegen, dass die angefochtenen Bescheide nur eng umgrenzte Zeiträume regelten, denjenigen ab dem 1. August 2006 aber nicht erfassten. Ob der Beklagte mit dem Bescheid vom 26. Oktober 2006 rechtmäßig die konkludenten Bewilligungen ab 1. August 2006 aufgehoben hatte, ist daher nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung im vorliegenden Verfahren.
Auch im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen als vom Beklagten bereits bewilligt. Maßgeblich ist im hier streitigen Zeitraum noch § 19 Abs. 1 i.V.m. den Vorschriften des Dritten Kapitels SGB XII. Ein Anspruch auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel ist nicht ersichtlich, da der Kläger die Altersgrenze im streitigen Zeitraum noch nicht erreicht hatte. Eine dauerhafte Erwerbsminderung i.S.d. § 41 SGB XII ist auch aufgrund des Gutachtens der Agentur für Arbeit nicht nachgewiesen, da dieses nur zur Dauer über sechs Monate Stellung nimmt. Der Kläger hat nichts Abweichendes geltend gemacht. Der Beklagte hat den Regelsatz und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in der jeweils maßgeblichen Höhe zutreffend berücksichtigt. Tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat der Kläger nicht vorgetragen oder belegt. Der Kläger hat auch gegen keine Bedarfsposition konkrete Einwände erhoben oder die Nichtberücksichtigung einer solchen gerügt.
Soweit der Beklagte erstmals im Bescheid vom 8. Mai 2006 für Juni 2006 und dies in der Folge übernehmend auch in der Bewilligung vom 22. Januar 2007 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht mehr berücksichtigt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Ein solcher Mehrbedarf setzt somit voraus, dass (1.) eine medizinisch begründete Notwendigkeit einer besonderen Kostform besteht und (2.) sich für den Hilfebedürftigen aus dieser Kostform ein finanzieller Mehraufwand ergibt, der über den Ernährungsanteil im Regelsatz hinausgeht. Die bisherige Praxis und Rechtsprechung zur Vorläuferregelung des Bundessozialhilfegesetzes beruhte hinsichtlich der diagnostizierten Erkrankungen und dadurch notwendigen Kostformen sowie des sich daraus ergebenden finanziellen Mehrbedarfs vor allem auf den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 48, 2. Aufl. 1997). Der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 21 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) gerade auf diese Empfehlungen des Deutschen Vereins zurückgegriffen (BT-Drucks. 15/1516 S. 57). § 21 Abs. 5 SGB II entspricht nach Inhalt und Wesen der hier einschlägigen Vorschrift des § 30 Abs. 5 SGB XII, so dass nach Auffassung des Senats keine abweichende Auslegung in Betracht kommt. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 - (juris)) hat den Empfehlungen besonderes Gewicht beigemessen und ausgeführt, dass ein Abweichen von diesen begründungsbedürftig sei und eine entsprechende Fachkompetenz voraussetze. Die Empfehlungen stellen zwar weder Rechtsnormen noch antizipierte Sachverständigengutachten dar; sie können aber im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs i.S.d. §§ 21 Abs. 5 SGB II, 30 Abs. 5 SGB XII herangezogen werden; die Umstände des Einzelfalles sind allerdings zu beachten (BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/11b AS 3/07 R - (juris)). Mittlerweile liegen diese Empfehlungen in der dritten, neu bearbeiteten Auflage vom 1. Oktober 2008 vor (veröffentlicht unter www.deutscher-verein.de). Bereits nach den Empfehlungen in der 2. Auflage war ein Mehrbedarf nicht für den Diabetes mellitus-Typ IIb vorgesehen, sondern nur für die Typen I und IIa (Alterszuckerkrankheit bei nicht übergewichtigen Patienten) nach damaliger Klassifizierung. Für den Diabetes mellitus-Typ IIb wurde bereits im sog. Rationalisierungsschema 1994 der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin, das den Empfehlungen des Deutschen Vereins zugrunde lag, keine Notwendigkeit einer besonderen Diabeteskost gesehen, sondern lediglich einer Reduktionskost. Gestützt auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins - hier noch in der 2. Auflage - ist der Senat davon überzeugt, dass eine solche Reduktionskost keinen höheren finanziellen Mehrbedarf auslöst (Tabelle auf Seite 36 der Empfehlungen). Dementsprechend wurde eine Empfehlung für die Annahme eines Mehrbedarfes durch den Deutschen Verein nur für den Diabetes mellitus Typ I und Typ IIa, nicht aber Typ IIb abgegeben.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht für den Senat fest, dass beim Kläger weder ein Typ I noch ein Typ IIa Diabetes mellitus (nach alter Klassifikation) vorliegt. In dem bei Antragstellung vorgelegten Attest vom 22. November 2005 hat die Allgemeinmedizinerin O.-R. zwar die Notwendigkeit einer Diabeteskost wegen Diabetes mellitus Typ IIa bescheinigt. Der Senat vermag dem jedoch nicht zu folgen. Die Angaben im Attest beschränken sich auf das Ankreuzen vorgegebener Alternativen, wobei der Diabetes mellitus Typ IIb nicht aufgenommen ist. Die handschriftlich eingetragene Diagnose beschränkt sich auf die Nennung eines "Diabetes mellitus" ohne jede weitere Klassifizierung. Da des Weiteren die im Formular abgefragten Daten zu Körpergröße und -gewicht nicht angegeben worden waren, spricht viel dafür, dass die Ärztin das Formular nicht sorgsam ausgefüllt hat. Insbesondere wären gerade diese Angaben nötig gewesen, um die Zuordnung zum Diabetes mellitus Typ IIa zu belegen. Der Senat folgt daher der Bewertung der Ärztin Fi. in deren amtsärztlicher Stellungnahme vom 28. April 2006. Diese hat die Körpergröße (1,68m) und das Körpergewicht (89 kg) erhoben und damit bei einem Body-Mass-Index von 31,53 schlüssig ein relevantes Übergewicht ermittelt. Überzeugend ordnet sie daher die Diabetes mellitus-Erkrankung dem Typ II zu, der nach den Empfehlungen keinen Mehrbedarf auslöst. Bestätigt wird dies des Weiteren durch die Angabe der Ärztin Fi., dass der Kläger nach seinen Angaben im Rahmen der Erhebung seiner Ernährungsgewohnheiten keine spezielle Diabeteskost zu sich nimmt. Zu weiteren Ermittlungen diesbezüglich sah sich der Senat nicht veranlasst, zumal auch der Kläger keinerlei konkrete Einwendungen gegen diese Bewertung erhoben hat.
Der Beklagte hat damit den beim Kläger bestehenden sozialhilferechtlichen Bedarf vollständig und korrekt erfasst und die Einkommensanrechnung zutreffend vorgenommen.
Einer Rücknahme- oder Aufhebungsentscheidung bedurfte es für die immer mit Wirkung für die Zukunft erfolgten Anpassungen nicht. Wie oben dargelegt, lag keine Bewilligung auf unbestimmte Zeit vor, sondern eine - mit Ausnahme von Dezember 2005 und Januar 2006 - jeweils monatsweise. Die rückwirkende Änderung bereits bewilligter Leistungen im Bescheid vom 27. April 2006 führte zu einer höheren Gewährung und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten.
Die vom Kläger wiederholt angeführten Vorgänge aus den Jahren 1969/1970 stehen objektiv in keinerlei Zusammenhang mit den hier streitigen Leistungsbewilligungen und haben daher keinen Einfluss auf deren Rechtmäßigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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