Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 1667/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3067/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juni 2010 abgeändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung rückständige Heimentgelte in Höhe von insgesamt EUR 5.925,10 sowie vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2010, längstens jedoch bis zur Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 1. Juli 2010, ungedeckte Heimkosten in Höhe von EUR 626,24 monatlich an das Pflegeheim Haus Geborgenheit, D./E., zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
Die nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die – vorläufige – Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin Hilfe zur Pflege in Höhe der nicht gedeckten Heimkosten zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Abs. 2 Satz 2).
Vorliegend kommt für das Begehren auf Leistungen nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. FEVS 57, 72 und 57, 164). Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen um so niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen – insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen (ständige Senatsrechtssprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 – L 7 SO 1594/05 ER-B – (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479, NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 – L 7 SO 3804/05 ER-B – und vom 16. September 2007 – L 7 AS 4008/07 ER-B – beide (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 2005, 927; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 29a). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. FEVS 57, 72 und 57, 164; Keller, a.a.O. Rdnr. 42).
I.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch ausreichend glaubhaft gemacht. Da der notwendige Lebensunterhalt in der stationären Einrichtung nach § 35 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch das Einkommen der Antragstellerin aus der Altersrente und den Mieteinnahmen in vollem Umfange gedeckt wird, kommt nur ein Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 61 ff. SGB XII) in Frage. Diese umfasst nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII auch die stationäre Pflege. Dass die Antragstellerin einer solchen Pflege bedarf, ist nicht fraglich, insbesondere auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Das Einkommen der Antragstellerin reicht nicht aus, um die Heimkosten vollständig zu decken. Diese belaufen sich ausweislich der bislang gestellten Rechnungen des Pflegeheimes auf EUR 2.609,43 monatlich. Demgegenüber bezieht die Antragstellerin Altersrente aus eigener Versicherung i.H.v. EUR 565,36 netto monatlich. Inwieweit in dieser eine Kindererziehungsleistung enthalten ist, die nach § 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch nicht auf Sozialhilfeleistungen angerechnet werden darf, kann den vorgelegten Unterlagen nicht entnommen werden. Im Rahmen des hier zu entscheidenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes hält es der Senat jedoch für zumutbar, dass bei der Berechnung diese Rente in voller Höhe eingestellt wird. Gegebenenfalls hat im Hauptsacheverfahren eine korrigierte Berechnung zu erfolgen. Nach § 19 Abs. 3 SGB XII ist das Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII zu berücksichtigen. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit nunmehr einer stationären Betreuung bedarf, während ihr Ehemann noch in der bisher gemeinsamen Ehewohnung lebt, führt nicht zum Getrenntleben der Ehegatten i.S. dieser Vorschrift. Zu berücksichtigen sind daher auch die Altersrente des Ehemannes i.H.v. EUR 315,23 monatlich sowie die beiden Ehegatten zustehenden Mieteinnahmen i.H.v. insgesamt monatlich EUR 650.- (Mieten abzüglich monatliches Hausgeld), die jedoch tatsächlich allein dem Ehemann zufließen. Das zu berücksichtigende Einkommen beträgt somit insgesamt monatlich EUR 1.530,59. Des Weiteren erhält die Antragstellerin monatlich EUR 1.279.- aus der sozialen Pflegeversicherung. Dem stehen auf Bedarfsseite bei der Antragstellerin die Heimkosten sowie der Barbetrag gem. § 35 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII i.H.v. mindestens 27% des aktuellen Eckregelsatzes (EUR 359.-; 27% hiervon: EUR 96,93) gegenüber. Beim Bedarf des Ehemannes sind der Regelsatz von EUR 359.- zzgl. des Mehrbedarfs nach §§ 42, 30 Abs. 1 SGB XII von EUR 61,03 zu berücksichtigen. Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 1. Juli 2010 Kosten der Unterkunft i.H.v. EUR 56.- und Kosten der Heizung von EUR 185,35 zugrunde gelegt. Dies beruht auf dem aktuellen Abschlagsplan der Gemeindewerke En. für die Verbrauchsstelle I.-K.-Straße. Da diese nicht nur die Wohnung des Ehemannes erfasst, sondern auch die des Sohnes, ist die vom Antragsgegner vorgenommene Aufteilung der Heizungskosten nach dem Verhältnis der Wohnflächen bzw. der Kosten für Wasser/Abwasser nach Kopfteilen nicht zu beanstanden. Jedenfalls für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestehen keine Bedenken, das diesen Bedarf übersteigende Einkommen in dem in der Anlage zum Bescheid vom 1. Juli 2010 errechneten Umfange nach §§ 85, 87, 88 Abs. 1 Satz 2 SGB XII anzurechnen, zumal auch seitens der Antragstellerin hiergegen keine Einwendungen erfolgt sind. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die genannte Anlage Bezug genommen. Das insgesamt einzusetzende Einkommen beläuft sich somit auf EUR 704,19. Ungedeckt bleiben somit Heimkosten i.H.v. EUR 626,24 monatlich.
Hinsichtlich dieser restlichen Kosten für die notwendigen Heimkosten ist die Antragstellerin gegenwärtig als hilfebedürftig anzusehen und scheitert ein Anspruch auf Übernahme dieser Aufwendungen durch den Antragsgegner nicht am Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Sich selbst helfen bedeutet, dass der geltend gemachte Bedarf ohne die Leistungen der Sozialhilfe rechtzeitig und in zumutbarer Weise gedeckt werden kann. Die Aufzählung der Mittel zur Selbsthilfe ist nach dem Wortlaut nicht abschließend ("vor allem"), sondern nur beispielhaft (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 7). Dies spricht für ein umfassendes Gebot zur Selbsthilfe bzw. der Inanspruchnahme anderer (Armborst/Brühl in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 2 Rdnr. 6; Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, § 2 Rdnr. 17). Aus der Systematik des SGB XII entnimmt das Bundessozialgericht ((BSG) Urteile vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - und vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 21/08 R - (beide juris)) jedoch, dass es sich bei § 2 Abs. 1 SGB XII nicht um eine isolierte Ausschlussnorm handelt; eine Ausschlusswirkung ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist dennoch denkbar in extremen Ausnahmefällen ("allgemeine Selbsthilfe nach § 2 Abs. 1, 1. Alt SGB XII"), etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind. Der Ausschluss greift jedenfalls nur dann, wenn der Bedarf rechtzeitig gedeckt werden kann. Es kommt mithin nicht auf abstrakte Rechtspositionen an, sondern auf die tatsächliche Möglichkeit der Bedarfsdeckung (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 23, 149). Fehlt es an "bereiten Mitteln", muss die Sozialhilfe eingreifen (BVerwGE 55, 148). Für die Versagung der Sozialhilfe reicht es aber aus, dass in diesem Sinne eine Möglichkeit der Selbsthilfe durch bereite Mittel besteht (Armborst/Brühl, a.a.O., Rdnr. 9; Wahrendorf, a.a.O., § 2 Rdnr. 11). Eine Verknüpfung von Selbst- und Fremdhilfe besteht darin, dass auch derjenige sich selbst helfen kann, der Ansprüche gegen Dritte hat oder Leistungen von Dritten erhalten kann. Es wäre mit dem Nachranggrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn der einzelne sich ohne Rücksicht auf die Möglichkeit, seinen Bedarf von dritter Seite zu befriedigen, an den Träger der Sozialhilfe mit der Bitte um Hilfe wenden könnte, um diesem auch dann die Durchsetzung seiner Ansprüche - etwa nach §§ 93, 94 SGB XII - zu überlassen, wenn er selbst bei rechtzeitigem Tätigwerden eine Deckung seines Bedarfs hätte erreichen können (so schon zur Vorgängerregelung § 2 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes BVerwGE 67, 163; Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg FEVS 46, 386; vgl. aber BSG, Urteil vom 2. Februar 2010, a.a.O., das offenlässt, ob ein Schenkungsrückforderungsanspruch überhaupt als Vermögen i.S.d § 90 Abs. 1 SGB XII zu verstehen ist, oder ob nicht erst bei Zufluss entsprechender Leistungen diese als Einkommen zu berücksichtigen wären). Der Hilfesuchende hat nicht die Wahl zwischen der Inanspruchnahme Dritter und der der Sozialhilfe. Auf einen Mangel an "bereiten Mitteln" kann sich daher nicht berufen, wer einen ihm zustehenden, realisierbaren Anspruch, dessen Erfüllung die Notlage zu beheben geeignet ist, nicht durchsetzt (BVerwGE 67, 163; Armborst/Brühl, a.a.O., Rdnr. 14; Wahrendorf, a.a.O., Rdnr. 12). Insoweit ist - wie der Antragsgegner im Grundsatz zu Recht annimmt - die Realisierung von Leistungsverpflichtungen Dritter eine Möglichkeit der Selbsthilfe, deren Einsatz vom Sozialhilfeträger gefordert werden kann, bevor ein Anspruch auf Sozialhilfe entsteht (OVG Hamburg, a.a.O.). Zu derartigen Leistungsverpflichtungen Dritter zählt grundsätzlich auch der Rückforderungsanspruch des Schenkers wegen Verarmung gemäß § 528 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ein Rechtsanspruch auf Hilfe durch einen Dritten steht einem Sozialhilfeanspruch jedoch nur dann entgegen, wenn der Anspruch rechtzeitig durchzusetzen ist, d.h. wenn seine Verwirklichung umgehend möglich scheint und es sich deshalb um ein bereites Mittel der Selbsthilfe handelt (vgl. BVerwG FEVS 44, 225; OVG Hamburg, a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist, dass der Anspruch geeignet ist, die Notlage zu beheben, sowie tatsächlich und rechtzeitig durchsetzbar ist. Letzteres ist nur gewahrt, wenn die Realisierung im Bedarfszeitraum möglich ist (Armborst/Brühl, a.a.O., Rdnr. 17; Wahrendorf, a.a.O., Rdnr. 13; Luthe, a.a.O., Rdnr. 17).
Der Senat kann offen lassen, ob der Antragstellerin tatsächlich ein solcher Anspruch nach § 528 BGB gegen ihren Sohn zusteht, wie der Antragsgegner meint. Solche Ansprüche unterstellt, wären diese jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine bereiten Mittel im genannten Sinne. Es spricht nach Aktenlage sehr viel dafür, dass die Antragstellerin aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes und möglicherweise auch ihres Alters nicht in der Lage ist, ihre geschäftlichen Angelegenheiten selbst zu regeln. So tritt sie selbst weder gegenüber dem Heim noch dem Antragsgegner oder dem Gericht auf. Die Behördenangelegenheiten werden von ihrem Sohn als Bevollmächtigtem erledigt. Sie bedarf mittlerweile Hilfeleistungen im Umfange der Pflegestufe II in stationärem Rahmen. Dies wird darüber hinaus durch den in der Verwaltungsakte befindlichen Pflegebericht zum unverbindlichen Heimvertrag vom 22. Januar 2010 (Bl. 9 der Verwaltungsakte) bestätigt, in dem als pflegerelevante Diagnosen eine Alzheimer-Krankheit und eine Demenz angegeben werden.
Für die Antragstellerin handeln könnte zunächst nur ihr Bevollmächtigter, nämlich ihr Sohn, aufgrund der notariell beurkundeten General- und Vorsorgevollmacht vom 13. März 2006. Diese räumt jedoch zunächst nur eine entsprechende rechtliche Befugnis ein, für die Antragstellerin zu handeln, keine dahingehende Verpflichtung. Es ist offen, ob der Vollmachtserteilung ein Rechtsgeschäft zugrunde lag, aus dem sich eine entsprechende Verpflichtung ergäbe. Darüber hinaus ist der Bevollmächtigte nach Nr. 2 der notariellen Vollmachtsurkunde in Vermögensangelegenheiten von den Beschränkungen des § 181 BGB ausdrücklich nicht befreit. Er könnte mithin vermögensrechtliche Ansprüche der Antragstellerin wie den Schenkungsrückforderungsanspruch nicht in deren Namen gegen sich selbst geltend machen. Rein tatsächlich ist der Sohn auch bislang in dieser Richtung nicht tätig geworden,. zumal er selbst die vom Antragsgegner angenommene Schenkung verneint und vielmehr von einer entgeltlichen Übertragung der Grundstücke an ihn ausgeht. Die einzige Möglichkeit für die Antragstellerin, diese Ansprüche geltend zu machen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen, bestünde in der Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB, als dessen Aufgabenkreis auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden kann (sog. Vollmachtsbetreuung, § 1896 Abs. 3 BGB). Erst mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Juni 2010 wurde die Bestellung eines "Ergänzungspflegers" beantragt, zumindest nach dem Inhalt des Antragsschreibens allerdings beschränkt auf die Ablösung der Wohnungsrechte; die Geltendmachung von Schenkungsrückforderungsansprüchen ist nicht vorgesehen. Der Antragsgegner hat zwar die Möglichkeit, dies beim Vormundschaftsgericht zumindest anzuregen, hat dies jedoch bislang nicht getan. Schon im Hinblick auf die Dauer des hierfür notwendigen Verfahrens kann allerdings in der Geltendmachung der - unterstellten - Ansprüche kein bereites Mittel gesehen werden (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 21. Januar 2009 - L 7 SO 5989/08 ER-B -; ebenso zur Bestellung eines Betreuers OVG Hamburg, a.a.O.). Auf die vom Antragsgegner angeführten Selbsthilfemöglichkeiten "der Familie" kommt es insoweit nicht an. Entscheidend ist allein die Selbsthilfemöglichkeit der Antragstellerin, um deren individuellen Hilfeanspruch es ausschließlich geht. Auch § 2 SGB XII sieht keine Selbsthilfe der Familie als Einheit vor. Kooperieren die übrigen Familienmitglieder, hier der Sohn, nicht, fehlt es an Mitteln, die zur Abwendung gerade der nun aktuellen Notlage eingesetzt werden könnten. Daher kann es auch keine Bedeutung erlangen, dass vorliegend unzweifelhaft hohe Vermögenswerte "in der Familie" vorhanden sind.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Hilfebedürftigkeit stehen die - unterstellten - Ansprüche nach § 528 BGB einem Sozialhilfeanspruch der Antragstellerin nicht entgegen. Einzusetzen ist nach § 90 Abs. 1 SGB XII das gesamte verwertbare Vermögen. Vermögen sind alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte (vgl. nur BSG, Urteile vom 18. März 2008 - B 8/9b SO 9/06 R - und vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 46/06 R - jeweils (juris); Wahrendorf, a.a.O., § 90 SGB XII Rdnrn. 5f und 10), mithin auch Ansprüche nach § 528 BGB. Ob diese Ansprüche im Sinne der gesetzlichen Regelung verwertbar sind, beurteilt sich nach rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten; der Vermögensinhaber muss über das Vermögen verfügen dürfen, aber auch verfügen können. Beide Aspekte verlangen darüber hinaus eine Berücksichtigung des zeitlichen Moments; der Inhaber der Ansprüche muss diese in angemessener Zeit realisieren können (BSG a.a.O.). Maßgeblich ist auch hier, ob die Antragstellerin rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen wäre, diesen Betrag innerhalb angemessener Zeit tatsächlich zu verwerten, ohne dass ihr deshalb nur ein Darlehen gemäß § 91 SGB XII gewährt werden dürfte (BSG, Urteil vom 18. März 2008, a.a.O.).
Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob die für den oben geschilderten Weg einer Betreuerbestellung erforderliche Zeit damit die Verwertbarkeit tatsächlich ausschließt, so dass die Ansprüche bereits kein Vermögen darstellten, oder ob von Vermögen bei nur vorübergehend fehlender Verfügbarkeit auszugehen wäre (zur Abgrenzung im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, a.a.O.; für das SGB XII offen gelassen BSG, Urteil vom 18. März 2008, a.a.O.). Denn im letzteren Fall wäre zumindest der Anwendungsbereich des § 91 Satz 1 SGB XII eröffnet. Danach soll, soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist, die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Schon im Hinblick auf die bereits erfolgte oder jedenfalls drohende Kündigung des Heimvertrages (dazu unten) sind nach summarischer Prüfung keine Gründe ersichtlich, die den Antragsgegner berechtigten, von diesem gesetzlich intendierten Ermessen in anderer Weise als i.S.e. Leistung Gebrauch zu machen. Mehr als eine vorläufige Gewährung mit gegebenenfalls bestehender Rückzahlungspflicht kann im einstweiligen Rechtsschutz ohnehin nicht erreicht werden.
Grundlage für die Übernahme der rückständigen Entgelte in voller Höhe, somit auch über den oben errechneten, vom Antragsgegner zu tragenden Betrag hinaus, ist § 34 Abs. 1 SGB XII. Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Die Kündigung des Heimvertrages gefährdet nicht nur die Unterkunft, sondern darüber hinaus auch die Sicherstellung ausreichender Pflegeleistungen (dazu unten). An einer Rechtfertigung fehlt es nicht deshalb, weil das Verhalten des Bevollmächtigten der Antragstellerin dieser "zuzurechnen" wäre. Denn dieser steht in einem Interessenkonflikt, indem seine eigenen gerade mit denen der Antragstellerin in Widerstreit stehen. Des Weiteren beruht die monatliche Zahlung der Antragstellerin von (lediglich) EUR 318,51 auf die Heimkosten auf dem vom Antragsgegner im Anhörungsschreiben vom 22. März 2010 errechneten Kostenbeitrag, bei dem die Mieteinnahmen nicht berücksichtigt waren. Aufgrund der existenziellen Betroffenheit der Antragstellerin durch eine Kündigung des Heimvertrages sind nach summarischer Prüfung keine Gründe ersichtlich, die eine Ausübung des Ermessens in anderer Weise als durch Übernahme der Schulden erlaubten.
II.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG reicht es aus, wenn die einstweilige Anordnung zur Abwendung "wesentlicher Nachteile" nötig erscheint; schwere und unzumutbare Nachteile werden nicht vorausgesetzt. Einstweiliger Rechtsschutz ist im Falle des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren, wenn dem Antragsteller ein Aufrechterhalten des bisherigen Zustandes – hier die Nichterbringung der Sozialhilfeleistung – bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Dabei sind die Interessen des Antragstellers einerseits und die öffentlichen Interessen andererseits zu berücksichtigen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stellen dabei ein bewegliches System dar. Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen SGb 2004, 44).
Der Träger des Pflegeheimes hat den Heimvertrag (HV) mittlerweile in Reaktion auf den Ablehnungsbescheid des Antragsgegners mit Schreiben vom 8. Juli zum 31. Juli 2010 gekündigt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d) HV kann die Einrichtung den HV kündigen, wenn der Bewohner für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, der das Entgelt für einen Monat übersteigt, im Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung des Entgelts in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist, der das Entgelt für zwei Monate erreicht. In einem solchen Fall ist die fristlose Kündigung möglich (§ 10 Abs. 4 HV). Dies entspricht der gesetzlichen Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 4 des ab 1. Oktober 2009 geltenden Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2319). Nach der der Kündigung beigefügten Übersicht des Pflegeheimes summieren sich die offenen Heimentgelte seit Februar 2010 bis zum 30. Juni 2010 auf EUR 4.913,18. Bis zum 30. Juni 2010 war somit noch kein Betrag offen, der das Entgelt für zwei Monate erreicht hätte. Auch erscheint fraglich, ob die andere Alternative des § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d) HV zum Zeitpunkt der Kündigung erfüllt war. Denn die Antragstellerin befand sich in zwei aufeinanderfolgenden Terminen nie mit einem Betrag des Entgelts in Verzug, der das Entgelt für einen Monat überschritten hatte. Da das Entgelt jedoch nach § 5 Abs. 1 HV bis zum dritten Werktag eines Monats zu entrichten ist, ist mit dem Entgelt für Juli 2010 in der oben genannten ungedeckten Höhe ein offener Betrag i.H. des Entgelts für zwei Monate erreicht; nach der vorgelegten Aufstellung des Heimträgers über die offenen Beträge belaufen sich die Rückstände nunmehr auf EUR 5.925,10. Die Kündigung ist zumindest nun möglich. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine abstrakte Möglichkeit, sondern einen konkret drohenden Nachteil. Denn die Einrichtung hat durch die Kündigung vom 8. Juli 2010 bereits unter Beweis gestellt, dass sie vom Kündigungsrecht Gebrauch machen wird. Damit sind die Annahmen des Antragsgegners, wegen der vielen offenen Heimplätze im Kreis sei nicht zu erwarten, dass eine Kündigung tatsächlich erfolge, widerlegt. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Sozialgerichts (SG), dass die drohende Kündigung noch keinen wesentlichen Nachteil für die Antragstellerin darstellt. Das Drohen oder gar die Erhebung einer Räumungsklage kann zumindest im vorliegenden Fall der Antragstellerin nicht zugemutet werden. Anders als bei einem normalen Mietvertrag wird mit der Kündigung des Heimvertrages nicht nur die Unterkunft, sondern die gesamte Sicherstellung der im Heim erbrachten Leistungen für den Lebensunterhalt und die Pflege in Frage gestellt. Bei einer fristlosen Kündigung des Heimvertrages nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d) HV besteht keine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung der Einrichtung, der Antragstellerin eine anderweitige Unterbringung nachzuweisen. Ein Anspruch auf Erneuerung des Vertrages mit der bisherigen Einrichtung bei Begleichung der Schulden besteht nicht.
Unter Einbeziehung des geschilderten Zustandes der Antragstellerin stellt somit bereits die konkret drohende Kündigung des Heimvertrages für diese einen erheblichen Nachteil dar. Wird die Kündigung ausgesprochen, wird diese nach § 12 Abs. 3 Satz 3 WBVG nur dann unwirksam, wenn bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich des fälligen Entgelts der Träger befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet. Voraussetzung hierfür ist jedoch die vollständige Begleichung der fälligen Rückstände, eine Raten- oder Teilzahlung genügt nicht (vgl. zur Vorgängervorschrift Richter in Krahmer/Richter, Heimgesetz, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 14a unter Verweis auf Bundesgerichtshof ZMR 1971, 27). Erfolgt dies nicht, bleibt die Kündigung wirksam und die Antragstellerin zum Auszug verpflichtet. Im Hinblick auf den Zustand der 77jährigen Antragstellerin, die an Morbus Alzheimer erkrankt ist und bei der offenbar bereits eine Demenz besteht, würde jedoch selbst bei gesicherter Unterkunftsalternative ein Umzug einen erheblichen Nachteil darstellen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 21. Januar 2009 - L 7 SO 5989/08 ER-B). Der Senat setzt sich auch nicht in Widerspruch zu seiner vom SG zitierten Entscheidung (Beschluss vom 15. Juni 2005 – L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris)), da aus den genannten Gründen eine Eilbedürftigkeit objektiv vorliegt, nicht nur nach der subjektiven Einschätzung der Antragstellerin. Aus den weiteren vom SG zitierten Entscheidungen, wonach eine Eilbedürftigkeit erst bestehe, wenn bereits eine Kündigung oder gar eine Räumungsklage vorliege, ergibt sich für den vorliegenden Fall nicht anderes. Die Frage, wann wesentliche Nachteile vorliegen, ist anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, wobei auch das Wechselspiel zwischen Anordnungsanspruch und -grund zu berücksichtigen ist.
Das öffentliche Interesse besteht in der Wahrung des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe. Bestehen die vom Antragsgegner angenommenen Ansprüche aus § 528 BGB tatsächlich, wäre die Antragstellerin verpflichtet, diese zur Sicherstellung der Heimkosten einzusetzen, so dass Sozialhilfeleistungen entbehrlich wären. Die Verpflichtung zur Leistung bedeutet für den Antragsgegner zunächst nur die Pflicht, in Vorleistung zu treten. Eine Rückabwicklung gegebenenfalls zu Unrecht erbrachter Leistungen ist nicht unmöglich. Bestehen die Schenkungsrückgewähransprüche tatsächlich, ist der Leistungsrückgewähranspruch des Antragsgegners über diese sichergestellt; der Antragsgegner muss nicht befürchten, mit seinen Leistungserstattungsansprüchen auszufallen. Darüber hinaus besteht für den Antragsteller über § 93 SGB XII die Möglichkeit, die Schenkungsrückgewähransprüche nach Überleitung selbst geltend zu machen. Hierin liegt keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Hauptsache in diesem Sinne ist nicht der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe, auch nicht die Frage der Verpflichtung der Antragstellerin, ihre Ansprüche gegen Dritte selbst und vorrangig geltend zu machen, sondern deren Leistungsanspruch. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bezieht sich lediglich auf Entscheidungen, deren Folgen bei abweichender Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden können (zum Ganzen Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 306ff. ; Keller, a.a.O., § 86b Rdnr. 31; Hk-SGG, 3. Aufl., § 86b Rdnrn. 46 ff.). Dies kommt z.B. bei Geldleistungen in Betracht, bei denen die Rückforderung ausgeschlossen ist, was hier bei Bestehen der Ansprüche gerade nicht der Fall ist. Des Weiteren zeigt die Möglichkeit der Überleitung nach § 93 SGB XII, dass der Nachrang der Sozialhilfe auch nach gesetzgeberischer Wertung nachträglich verwirklicht werden kann.
Die zeitliche Dauer der einstweiligen Anordnung war jedoch auf die Zeit bis 31. Dezember 2010 zu begrenzen. Dieser Zeitraum gibt dem Antragsgegner Gelegenheit, die Bestellung eines Vollmachtbetreuers in die Wege zu leiten oder bei endgültiger Leistungsgewährung die Überleitung der Schenkungsrückforderungsansprüche zu veranlassen. Die auf unbefristete Verpflichtung des Antragsgegners gerichtete Beschwerde ist daher nicht begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG, wobei auch zu berücksichtigen war, dass die Eilbedürftigkeit erst im Beschwerdeverfahren ausreichend glaubhaft gemacht worden ist.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung rückständige Heimentgelte in Höhe von insgesamt EUR 5.925,10 sowie vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2010, längstens jedoch bis zur Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 1. Juli 2010, ungedeckte Heimkosten in Höhe von EUR 626,24 monatlich an das Pflegeheim Haus Geborgenheit, D./E., zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
Die nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die – vorläufige – Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin Hilfe zur Pflege in Höhe der nicht gedeckten Heimkosten zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Abs. 2 Satz 2).
Vorliegend kommt für das Begehren auf Leistungen nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. FEVS 57, 72 und 57, 164). Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen um so niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen – insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen (ständige Senatsrechtssprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 – L 7 SO 1594/05 ER-B – (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479, NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 – L 7 SO 3804/05 ER-B – und vom 16. September 2007 – L 7 AS 4008/07 ER-B – beide (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 2005, 927; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 29a). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. FEVS 57, 72 und 57, 164; Keller, a.a.O. Rdnr. 42).
I.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch ausreichend glaubhaft gemacht. Da der notwendige Lebensunterhalt in der stationären Einrichtung nach § 35 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch das Einkommen der Antragstellerin aus der Altersrente und den Mieteinnahmen in vollem Umfange gedeckt wird, kommt nur ein Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 61 ff. SGB XII) in Frage. Diese umfasst nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII auch die stationäre Pflege. Dass die Antragstellerin einer solchen Pflege bedarf, ist nicht fraglich, insbesondere auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Das Einkommen der Antragstellerin reicht nicht aus, um die Heimkosten vollständig zu decken. Diese belaufen sich ausweislich der bislang gestellten Rechnungen des Pflegeheimes auf EUR 2.609,43 monatlich. Demgegenüber bezieht die Antragstellerin Altersrente aus eigener Versicherung i.H.v. EUR 565,36 netto monatlich. Inwieweit in dieser eine Kindererziehungsleistung enthalten ist, die nach § 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch nicht auf Sozialhilfeleistungen angerechnet werden darf, kann den vorgelegten Unterlagen nicht entnommen werden. Im Rahmen des hier zu entscheidenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes hält es der Senat jedoch für zumutbar, dass bei der Berechnung diese Rente in voller Höhe eingestellt wird. Gegebenenfalls hat im Hauptsacheverfahren eine korrigierte Berechnung zu erfolgen. Nach § 19 Abs. 3 SGB XII ist das Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII zu berücksichtigen. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit nunmehr einer stationären Betreuung bedarf, während ihr Ehemann noch in der bisher gemeinsamen Ehewohnung lebt, führt nicht zum Getrenntleben der Ehegatten i.S. dieser Vorschrift. Zu berücksichtigen sind daher auch die Altersrente des Ehemannes i.H.v. EUR 315,23 monatlich sowie die beiden Ehegatten zustehenden Mieteinnahmen i.H.v. insgesamt monatlich EUR 650.- (Mieten abzüglich monatliches Hausgeld), die jedoch tatsächlich allein dem Ehemann zufließen. Das zu berücksichtigende Einkommen beträgt somit insgesamt monatlich EUR 1.530,59. Des Weiteren erhält die Antragstellerin monatlich EUR 1.279.- aus der sozialen Pflegeversicherung. Dem stehen auf Bedarfsseite bei der Antragstellerin die Heimkosten sowie der Barbetrag gem. § 35 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII i.H.v. mindestens 27% des aktuellen Eckregelsatzes (EUR 359.-; 27% hiervon: EUR 96,93) gegenüber. Beim Bedarf des Ehemannes sind der Regelsatz von EUR 359.- zzgl. des Mehrbedarfs nach §§ 42, 30 Abs. 1 SGB XII von EUR 61,03 zu berücksichtigen. Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 1. Juli 2010 Kosten der Unterkunft i.H.v. EUR 56.- und Kosten der Heizung von EUR 185,35 zugrunde gelegt. Dies beruht auf dem aktuellen Abschlagsplan der Gemeindewerke En. für die Verbrauchsstelle I.-K.-Straße. Da diese nicht nur die Wohnung des Ehemannes erfasst, sondern auch die des Sohnes, ist die vom Antragsgegner vorgenommene Aufteilung der Heizungskosten nach dem Verhältnis der Wohnflächen bzw. der Kosten für Wasser/Abwasser nach Kopfteilen nicht zu beanstanden. Jedenfalls für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestehen keine Bedenken, das diesen Bedarf übersteigende Einkommen in dem in der Anlage zum Bescheid vom 1. Juli 2010 errechneten Umfange nach §§ 85, 87, 88 Abs. 1 Satz 2 SGB XII anzurechnen, zumal auch seitens der Antragstellerin hiergegen keine Einwendungen erfolgt sind. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die genannte Anlage Bezug genommen. Das insgesamt einzusetzende Einkommen beläuft sich somit auf EUR 704,19. Ungedeckt bleiben somit Heimkosten i.H.v. EUR 626,24 monatlich.
Hinsichtlich dieser restlichen Kosten für die notwendigen Heimkosten ist die Antragstellerin gegenwärtig als hilfebedürftig anzusehen und scheitert ein Anspruch auf Übernahme dieser Aufwendungen durch den Antragsgegner nicht am Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Sich selbst helfen bedeutet, dass der geltend gemachte Bedarf ohne die Leistungen der Sozialhilfe rechtzeitig und in zumutbarer Weise gedeckt werden kann. Die Aufzählung der Mittel zur Selbsthilfe ist nach dem Wortlaut nicht abschließend ("vor allem"), sondern nur beispielhaft (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 7). Dies spricht für ein umfassendes Gebot zur Selbsthilfe bzw. der Inanspruchnahme anderer (Armborst/Brühl in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 2 Rdnr. 6; Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, § 2 Rdnr. 17). Aus der Systematik des SGB XII entnimmt das Bundessozialgericht ((BSG) Urteile vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - und vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 21/08 R - (beide juris)) jedoch, dass es sich bei § 2 Abs. 1 SGB XII nicht um eine isolierte Ausschlussnorm handelt; eine Ausschlusswirkung ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist dennoch denkbar in extremen Ausnahmefällen ("allgemeine Selbsthilfe nach § 2 Abs. 1, 1. Alt SGB XII"), etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind. Der Ausschluss greift jedenfalls nur dann, wenn der Bedarf rechtzeitig gedeckt werden kann. Es kommt mithin nicht auf abstrakte Rechtspositionen an, sondern auf die tatsächliche Möglichkeit der Bedarfsdeckung (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 23, 149). Fehlt es an "bereiten Mitteln", muss die Sozialhilfe eingreifen (BVerwGE 55, 148). Für die Versagung der Sozialhilfe reicht es aber aus, dass in diesem Sinne eine Möglichkeit der Selbsthilfe durch bereite Mittel besteht (Armborst/Brühl, a.a.O., Rdnr. 9; Wahrendorf, a.a.O., § 2 Rdnr. 11). Eine Verknüpfung von Selbst- und Fremdhilfe besteht darin, dass auch derjenige sich selbst helfen kann, der Ansprüche gegen Dritte hat oder Leistungen von Dritten erhalten kann. Es wäre mit dem Nachranggrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn der einzelne sich ohne Rücksicht auf die Möglichkeit, seinen Bedarf von dritter Seite zu befriedigen, an den Träger der Sozialhilfe mit der Bitte um Hilfe wenden könnte, um diesem auch dann die Durchsetzung seiner Ansprüche - etwa nach §§ 93, 94 SGB XII - zu überlassen, wenn er selbst bei rechtzeitigem Tätigwerden eine Deckung seines Bedarfs hätte erreichen können (so schon zur Vorgängerregelung § 2 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes BVerwGE 67, 163; Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg FEVS 46, 386; vgl. aber BSG, Urteil vom 2. Februar 2010, a.a.O., das offenlässt, ob ein Schenkungsrückforderungsanspruch überhaupt als Vermögen i.S.d § 90 Abs. 1 SGB XII zu verstehen ist, oder ob nicht erst bei Zufluss entsprechender Leistungen diese als Einkommen zu berücksichtigen wären). Der Hilfesuchende hat nicht die Wahl zwischen der Inanspruchnahme Dritter und der der Sozialhilfe. Auf einen Mangel an "bereiten Mitteln" kann sich daher nicht berufen, wer einen ihm zustehenden, realisierbaren Anspruch, dessen Erfüllung die Notlage zu beheben geeignet ist, nicht durchsetzt (BVerwGE 67, 163; Armborst/Brühl, a.a.O., Rdnr. 14; Wahrendorf, a.a.O., Rdnr. 12). Insoweit ist - wie der Antragsgegner im Grundsatz zu Recht annimmt - die Realisierung von Leistungsverpflichtungen Dritter eine Möglichkeit der Selbsthilfe, deren Einsatz vom Sozialhilfeträger gefordert werden kann, bevor ein Anspruch auf Sozialhilfe entsteht (OVG Hamburg, a.a.O.). Zu derartigen Leistungsverpflichtungen Dritter zählt grundsätzlich auch der Rückforderungsanspruch des Schenkers wegen Verarmung gemäß § 528 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ein Rechtsanspruch auf Hilfe durch einen Dritten steht einem Sozialhilfeanspruch jedoch nur dann entgegen, wenn der Anspruch rechtzeitig durchzusetzen ist, d.h. wenn seine Verwirklichung umgehend möglich scheint und es sich deshalb um ein bereites Mittel der Selbsthilfe handelt (vgl. BVerwG FEVS 44, 225; OVG Hamburg, a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist, dass der Anspruch geeignet ist, die Notlage zu beheben, sowie tatsächlich und rechtzeitig durchsetzbar ist. Letzteres ist nur gewahrt, wenn die Realisierung im Bedarfszeitraum möglich ist (Armborst/Brühl, a.a.O., Rdnr. 17; Wahrendorf, a.a.O., Rdnr. 13; Luthe, a.a.O., Rdnr. 17).
Der Senat kann offen lassen, ob der Antragstellerin tatsächlich ein solcher Anspruch nach § 528 BGB gegen ihren Sohn zusteht, wie der Antragsgegner meint. Solche Ansprüche unterstellt, wären diese jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine bereiten Mittel im genannten Sinne. Es spricht nach Aktenlage sehr viel dafür, dass die Antragstellerin aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes und möglicherweise auch ihres Alters nicht in der Lage ist, ihre geschäftlichen Angelegenheiten selbst zu regeln. So tritt sie selbst weder gegenüber dem Heim noch dem Antragsgegner oder dem Gericht auf. Die Behördenangelegenheiten werden von ihrem Sohn als Bevollmächtigtem erledigt. Sie bedarf mittlerweile Hilfeleistungen im Umfange der Pflegestufe II in stationärem Rahmen. Dies wird darüber hinaus durch den in der Verwaltungsakte befindlichen Pflegebericht zum unverbindlichen Heimvertrag vom 22. Januar 2010 (Bl. 9 der Verwaltungsakte) bestätigt, in dem als pflegerelevante Diagnosen eine Alzheimer-Krankheit und eine Demenz angegeben werden.
Für die Antragstellerin handeln könnte zunächst nur ihr Bevollmächtigter, nämlich ihr Sohn, aufgrund der notariell beurkundeten General- und Vorsorgevollmacht vom 13. März 2006. Diese räumt jedoch zunächst nur eine entsprechende rechtliche Befugnis ein, für die Antragstellerin zu handeln, keine dahingehende Verpflichtung. Es ist offen, ob der Vollmachtserteilung ein Rechtsgeschäft zugrunde lag, aus dem sich eine entsprechende Verpflichtung ergäbe. Darüber hinaus ist der Bevollmächtigte nach Nr. 2 der notariellen Vollmachtsurkunde in Vermögensangelegenheiten von den Beschränkungen des § 181 BGB ausdrücklich nicht befreit. Er könnte mithin vermögensrechtliche Ansprüche der Antragstellerin wie den Schenkungsrückforderungsanspruch nicht in deren Namen gegen sich selbst geltend machen. Rein tatsächlich ist der Sohn auch bislang in dieser Richtung nicht tätig geworden,. zumal er selbst die vom Antragsgegner angenommene Schenkung verneint und vielmehr von einer entgeltlichen Übertragung der Grundstücke an ihn ausgeht. Die einzige Möglichkeit für die Antragstellerin, diese Ansprüche geltend zu machen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen, bestünde in der Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB, als dessen Aufgabenkreis auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden kann (sog. Vollmachtsbetreuung, § 1896 Abs. 3 BGB). Erst mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Juni 2010 wurde die Bestellung eines "Ergänzungspflegers" beantragt, zumindest nach dem Inhalt des Antragsschreibens allerdings beschränkt auf die Ablösung der Wohnungsrechte; die Geltendmachung von Schenkungsrückforderungsansprüchen ist nicht vorgesehen. Der Antragsgegner hat zwar die Möglichkeit, dies beim Vormundschaftsgericht zumindest anzuregen, hat dies jedoch bislang nicht getan. Schon im Hinblick auf die Dauer des hierfür notwendigen Verfahrens kann allerdings in der Geltendmachung der - unterstellten - Ansprüche kein bereites Mittel gesehen werden (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 21. Januar 2009 - L 7 SO 5989/08 ER-B -; ebenso zur Bestellung eines Betreuers OVG Hamburg, a.a.O.). Auf die vom Antragsgegner angeführten Selbsthilfemöglichkeiten "der Familie" kommt es insoweit nicht an. Entscheidend ist allein die Selbsthilfemöglichkeit der Antragstellerin, um deren individuellen Hilfeanspruch es ausschließlich geht. Auch § 2 SGB XII sieht keine Selbsthilfe der Familie als Einheit vor. Kooperieren die übrigen Familienmitglieder, hier der Sohn, nicht, fehlt es an Mitteln, die zur Abwendung gerade der nun aktuellen Notlage eingesetzt werden könnten. Daher kann es auch keine Bedeutung erlangen, dass vorliegend unzweifelhaft hohe Vermögenswerte "in der Familie" vorhanden sind.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Hilfebedürftigkeit stehen die - unterstellten - Ansprüche nach § 528 BGB einem Sozialhilfeanspruch der Antragstellerin nicht entgegen. Einzusetzen ist nach § 90 Abs. 1 SGB XII das gesamte verwertbare Vermögen. Vermögen sind alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte (vgl. nur BSG, Urteile vom 18. März 2008 - B 8/9b SO 9/06 R - und vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 46/06 R - jeweils (juris); Wahrendorf, a.a.O., § 90 SGB XII Rdnrn. 5f und 10), mithin auch Ansprüche nach § 528 BGB. Ob diese Ansprüche im Sinne der gesetzlichen Regelung verwertbar sind, beurteilt sich nach rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten; der Vermögensinhaber muss über das Vermögen verfügen dürfen, aber auch verfügen können. Beide Aspekte verlangen darüber hinaus eine Berücksichtigung des zeitlichen Moments; der Inhaber der Ansprüche muss diese in angemessener Zeit realisieren können (BSG a.a.O.). Maßgeblich ist auch hier, ob die Antragstellerin rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen wäre, diesen Betrag innerhalb angemessener Zeit tatsächlich zu verwerten, ohne dass ihr deshalb nur ein Darlehen gemäß § 91 SGB XII gewährt werden dürfte (BSG, Urteil vom 18. März 2008, a.a.O.).
Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob die für den oben geschilderten Weg einer Betreuerbestellung erforderliche Zeit damit die Verwertbarkeit tatsächlich ausschließt, so dass die Ansprüche bereits kein Vermögen darstellten, oder ob von Vermögen bei nur vorübergehend fehlender Verfügbarkeit auszugehen wäre (zur Abgrenzung im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, a.a.O.; für das SGB XII offen gelassen BSG, Urteil vom 18. März 2008, a.a.O.). Denn im letzteren Fall wäre zumindest der Anwendungsbereich des § 91 Satz 1 SGB XII eröffnet. Danach soll, soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist, die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Schon im Hinblick auf die bereits erfolgte oder jedenfalls drohende Kündigung des Heimvertrages (dazu unten) sind nach summarischer Prüfung keine Gründe ersichtlich, die den Antragsgegner berechtigten, von diesem gesetzlich intendierten Ermessen in anderer Weise als i.S.e. Leistung Gebrauch zu machen. Mehr als eine vorläufige Gewährung mit gegebenenfalls bestehender Rückzahlungspflicht kann im einstweiligen Rechtsschutz ohnehin nicht erreicht werden.
Grundlage für die Übernahme der rückständigen Entgelte in voller Höhe, somit auch über den oben errechneten, vom Antragsgegner zu tragenden Betrag hinaus, ist § 34 Abs. 1 SGB XII. Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Die Kündigung des Heimvertrages gefährdet nicht nur die Unterkunft, sondern darüber hinaus auch die Sicherstellung ausreichender Pflegeleistungen (dazu unten). An einer Rechtfertigung fehlt es nicht deshalb, weil das Verhalten des Bevollmächtigten der Antragstellerin dieser "zuzurechnen" wäre. Denn dieser steht in einem Interessenkonflikt, indem seine eigenen gerade mit denen der Antragstellerin in Widerstreit stehen. Des Weiteren beruht die monatliche Zahlung der Antragstellerin von (lediglich) EUR 318,51 auf die Heimkosten auf dem vom Antragsgegner im Anhörungsschreiben vom 22. März 2010 errechneten Kostenbeitrag, bei dem die Mieteinnahmen nicht berücksichtigt waren. Aufgrund der existenziellen Betroffenheit der Antragstellerin durch eine Kündigung des Heimvertrages sind nach summarischer Prüfung keine Gründe ersichtlich, die eine Ausübung des Ermessens in anderer Weise als durch Übernahme der Schulden erlaubten.
II.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG reicht es aus, wenn die einstweilige Anordnung zur Abwendung "wesentlicher Nachteile" nötig erscheint; schwere und unzumutbare Nachteile werden nicht vorausgesetzt. Einstweiliger Rechtsschutz ist im Falle des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren, wenn dem Antragsteller ein Aufrechterhalten des bisherigen Zustandes – hier die Nichterbringung der Sozialhilfeleistung – bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Dabei sind die Interessen des Antragstellers einerseits und die öffentlichen Interessen andererseits zu berücksichtigen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stellen dabei ein bewegliches System dar. Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen SGb 2004, 44).
Der Träger des Pflegeheimes hat den Heimvertrag (HV) mittlerweile in Reaktion auf den Ablehnungsbescheid des Antragsgegners mit Schreiben vom 8. Juli zum 31. Juli 2010 gekündigt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d) HV kann die Einrichtung den HV kündigen, wenn der Bewohner für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, der das Entgelt für einen Monat übersteigt, im Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung des Entgelts in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist, der das Entgelt für zwei Monate erreicht. In einem solchen Fall ist die fristlose Kündigung möglich (§ 10 Abs. 4 HV). Dies entspricht der gesetzlichen Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 4 des ab 1. Oktober 2009 geltenden Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2319). Nach der der Kündigung beigefügten Übersicht des Pflegeheimes summieren sich die offenen Heimentgelte seit Februar 2010 bis zum 30. Juni 2010 auf EUR 4.913,18. Bis zum 30. Juni 2010 war somit noch kein Betrag offen, der das Entgelt für zwei Monate erreicht hätte. Auch erscheint fraglich, ob die andere Alternative des § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d) HV zum Zeitpunkt der Kündigung erfüllt war. Denn die Antragstellerin befand sich in zwei aufeinanderfolgenden Terminen nie mit einem Betrag des Entgelts in Verzug, der das Entgelt für einen Monat überschritten hatte. Da das Entgelt jedoch nach § 5 Abs. 1 HV bis zum dritten Werktag eines Monats zu entrichten ist, ist mit dem Entgelt für Juli 2010 in der oben genannten ungedeckten Höhe ein offener Betrag i.H. des Entgelts für zwei Monate erreicht; nach der vorgelegten Aufstellung des Heimträgers über die offenen Beträge belaufen sich die Rückstände nunmehr auf EUR 5.925,10. Die Kündigung ist zumindest nun möglich. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine abstrakte Möglichkeit, sondern einen konkret drohenden Nachteil. Denn die Einrichtung hat durch die Kündigung vom 8. Juli 2010 bereits unter Beweis gestellt, dass sie vom Kündigungsrecht Gebrauch machen wird. Damit sind die Annahmen des Antragsgegners, wegen der vielen offenen Heimplätze im Kreis sei nicht zu erwarten, dass eine Kündigung tatsächlich erfolge, widerlegt. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Sozialgerichts (SG), dass die drohende Kündigung noch keinen wesentlichen Nachteil für die Antragstellerin darstellt. Das Drohen oder gar die Erhebung einer Räumungsklage kann zumindest im vorliegenden Fall der Antragstellerin nicht zugemutet werden. Anders als bei einem normalen Mietvertrag wird mit der Kündigung des Heimvertrages nicht nur die Unterkunft, sondern die gesamte Sicherstellung der im Heim erbrachten Leistungen für den Lebensunterhalt und die Pflege in Frage gestellt. Bei einer fristlosen Kündigung des Heimvertrages nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d) HV besteht keine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung der Einrichtung, der Antragstellerin eine anderweitige Unterbringung nachzuweisen. Ein Anspruch auf Erneuerung des Vertrages mit der bisherigen Einrichtung bei Begleichung der Schulden besteht nicht.
Unter Einbeziehung des geschilderten Zustandes der Antragstellerin stellt somit bereits die konkret drohende Kündigung des Heimvertrages für diese einen erheblichen Nachteil dar. Wird die Kündigung ausgesprochen, wird diese nach § 12 Abs. 3 Satz 3 WBVG nur dann unwirksam, wenn bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich des fälligen Entgelts der Träger befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet. Voraussetzung hierfür ist jedoch die vollständige Begleichung der fälligen Rückstände, eine Raten- oder Teilzahlung genügt nicht (vgl. zur Vorgängervorschrift Richter in Krahmer/Richter, Heimgesetz, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 14a unter Verweis auf Bundesgerichtshof ZMR 1971, 27). Erfolgt dies nicht, bleibt die Kündigung wirksam und die Antragstellerin zum Auszug verpflichtet. Im Hinblick auf den Zustand der 77jährigen Antragstellerin, die an Morbus Alzheimer erkrankt ist und bei der offenbar bereits eine Demenz besteht, würde jedoch selbst bei gesicherter Unterkunftsalternative ein Umzug einen erheblichen Nachteil darstellen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 21. Januar 2009 - L 7 SO 5989/08 ER-B). Der Senat setzt sich auch nicht in Widerspruch zu seiner vom SG zitierten Entscheidung (Beschluss vom 15. Juni 2005 – L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris)), da aus den genannten Gründen eine Eilbedürftigkeit objektiv vorliegt, nicht nur nach der subjektiven Einschätzung der Antragstellerin. Aus den weiteren vom SG zitierten Entscheidungen, wonach eine Eilbedürftigkeit erst bestehe, wenn bereits eine Kündigung oder gar eine Räumungsklage vorliege, ergibt sich für den vorliegenden Fall nicht anderes. Die Frage, wann wesentliche Nachteile vorliegen, ist anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, wobei auch das Wechselspiel zwischen Anordnungsanspruch und -grund zu berücksichtigen ist.
Das öffentliche Interesse besteht in der Wahrung des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe. Bestehen die vom Antragsgegner angenommenen Ansprüche aus § 528 BGB tatsächlich, wäre die Antragstellerin verpflichtet, diese zur Sicherstellung der Heimkosten einzusetzen, so dass Sozialhilfeleistungen entbehrlich wären. Die Verpflichtung zur Leistung bedeutet für den Antragsgegner zunächst nur die Pflicht, in Vorleistung zu treten. Eine Rückabwicklung gegebenenfalls zu Unrecht erbrachter Leistungen ist nicht unmöglich. Bestehen die Schenkungsrückgewähransprüche tatsächlich, ist der Leistungsrückgewähranspruch des Antragsgegners über diese sichergestellt; der Antragsgegner muss nicht befürchten, mit seinen Leistungserstattungsansprüchen auszufallen. Darüber hinaus besteht für den Antragsteller über § 93 SGB XII die Möglichkeit, die Schenkungsrückgewähransprüche nach Überleitung selbst geltend zu machen. Hierin liegt keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Hauptsache in diesem Sinne ist nicht der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe, auch nicht die Frage der Verpflichtung der Antragstellerin, ihre Ansprüche gegen Dritte selbst und vorrangig geltend zu machen, sondern deren Leistungsanspruch. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bezieht sich lediglich auf Entscheidungen, deren Folgen bei abweichender Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden können (zum Ganzen Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 306ff. ; Keller, a.a.O., § 86b Rdnr. 31; Hk-SGG, 3. Aufl., § 86b Rdnrn. 46 ff.). Dies kommt z.B. bei Geldleistungen in Betracht, bei denen die Rückforderung ausgeschlossen ist, was hier bei Bestehen der Ansprüche gerade nicht der Fall ist. Des Weiteren zeigt die Möglichkeit der Überleitung nach § 93 SGB XII, dass der Nachrang der Sozialhilfe auch nach gesetzgeberischer Wertung nachträglich verwirklicht werden kann.
Die zeitliche Dauer der einstweiligen Anordnung war jedoch auf die Zeit bis 31. Dezember 2010 zu begrenzen. Dieser Zeitraum gibt dem Antragsgegner Gelegenheit, die Bestellung eines Vollmachtbetreuers in die Wege zu leiten oder bei endgültiger Leistungsgewährung die Überleitung der Schenkungsrückforderungsansprüche zu veranlassen. Die auf unbefristete Verpflichtung des Antragsgegners gerichtete Beschwerde ist daher nicht begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG, wobei auch zu berücksichtigen war, dass die Eilbedürftigkeit erst im Beschwerdeverfahren ausreichend glaubhaft gemacht worden ist.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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