Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
42
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 42 R 713/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Zu den Auswirkungen einer rückwirkenden Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI (Bezug von Leistungen nach dem SGB II)
Bemerkung
Die rückwirkende Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung lässt die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI (Bezug von Leistungen nach dem SGB VI) bis zur Bekanntgabe des Rentenbescheides unbe
I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 359,40 EUR zu zahlen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückerstattung aus ihrer Sicht zu Unrecht erstatteter Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Beklagte bewilligte als Leistungsträger nach dem SGB II Frau S. mit Bescheid vom 27.06.2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.01.2006. Insoweit wurden für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 u.a. auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 78,00 EUR entrichtet.
Mit Bescheid vom 16.12.2005 bewilligte die Klägerin der Versicherten rückwirkend zum 01.07.2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die laufende Rentenzahlung wurde zum 01.02.2006 aufgenommen.
Auf den vom Beklagten mit Schreiben vom 03.01.2006 angemeldeten Erstattungsanspruch wurde durch die Klägerin gemäß § 104 SGB X das gezahlte Arbeitslosengeld II sowie die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 2 SGB III erstattet. Am 30.01.2006 erstattete die Klägerin Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 546,00 EUR.
Für den Zeitraum vom 20.12.2005 bis 31.01.2006 erstattete die Klägerin dem Beklagten 106,60 EUR und forderte den Beklagten mit Schreiben vom 08.08.2006 auf, die gezahlten Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.01.2006 in Höhe von 546,00 EUR zurückzuzahlen. Eine Rückzahlung erfolgte seitens des Beklagten trotz mehrfacher Aufforderung durch die Klägerin, zuletzt mit Schreiben vom 26.11.2007, nicht.
Am 15.05.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie trägt vor, dass die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 zu Unrecht erstattet worden seien, da die Versicherungspflicht frühestens mit dem Zeitpunkt ende, in dem die Mitteilung des Rentenversicherungsträgers über die Rentenbewilligung beim Leistungsträger eingegangen sei. Nur bei der Bewilligung einer Altersvollrente trete rückwirkend Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 SGB VI ein.
Mit am 22.07.2008 bei Gericht eingegangenem Schreiben erkannte der Beklagte den Klageanspruch in Höhe von 184,60 EUR an. Mit Schreiben vom 31.07.2008 nahm die Klägerin das Teilanerkenntnis an und betreibt die Klage im Übrigen weiter.
Die Klägerin beantragt zuletzt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 359,40 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, mit der Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung zum 01.07.2005 sei der Anspruch auf Arbeitslosengeld II rückwirkend entfallen, da die Versicherte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB VI nicht erwerbsfähig gewesen sei. Damit sei auch die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI erloschen. Auf die Kenntnis von der Rentenbewilligung könne es insoweit nicht ankommen, da die Versicherungspflicht in diesem Fall allein von der Bearbeitungsdauer der Rentenanträge abhängig wäre. Eine versicherungsrechtliche Schutzfunktion, bei der die Versicherungspflicht auch bei rückwirkender Leistungsaufhebung und Erstattung bestehen bleibe, sei dem Gesetzeswortlaut des § 3 Satz 1 Nr. 3 a SGB VI nicht zu entnehmen.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid Stellung zu nehmen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit den Schriftsätzen nebst Anlagen sowie den Inhalt der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 SGG entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die zulässige Leistungsklage ist begründet.
Der Beklagte ist zur Rückerstattung der seitens der Klägerin für die Versicherte für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 erstatteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der hier geltend gemachten 359,40 EUR nach § 112 SGB X verpflichtet.
Nach § 112 SGB X ist eine Erstattung, soweit sie zu Unrecht erfolgt ist, zurückzuerstatten. Zu Unrecht ist eine Erstattung erfolgt, wenn sie nicht der objektiven Rechtslage entspricht, also nach dem im Erstattungszeitpunkt maßgebenden Recht vom Erstattungsempfänger nicht beansprucht werden konnte.
Der Beklagte konnte die Erstattung der von ihm geleisteten Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 nicht nach § 26 Abs. 2 SGB IV beanspruchen. Denn die während des Bezugs von Arbeitslosengeld II geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht zu Unrecht entrichtet worden.
Die Beitragspflicht zur Rentenversicherung ergibt sich aus der entsprechenden Versicherungspflicht. Während des Bezuges von Arbeitslosegeld II besteht für die Leistungsempfänger nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die rückwirkende Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.07.2005 hat die Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung nicht aufgehoben.
Unter Beachtung der beitragsrechtlichen Grundsätze ist die rückwirkende Veränderung des Rentenversicherungsverhältnisses einschließlich der Beitragspflicht wegen der nachträglichen Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgeschlossen. Die beitragsrechtlichen Folgen des Zusammentreffens von Arbeitslosengeld II und einer Rente wegen voller Erwerbsminderung sind gesetzlich nicht geregelt. Im Unterschied zur leistungsrechtlichen Rückabwicklung durch Austausch des Rechtsgrundes (§§ 102 ff., 107 SGB X) führt eine beitragsrechtliche Rückabwicklung durch die Entziehung rentenrechtlicher Zeiten typischerweise zu einem versicherungsrechtlichen Nachteil.
Leistungsrechtlich führt die (rückwirkende) Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB II zu einem Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II. So liegt der Fall hier, denn die Rente wegen voller Erwerbsminderungsrente wurde der Versicherten bereits ab dem 01.07.2005 zuerkannt. Vom Beginn der Rente wegen voller Erwerbsminderung an rückt diese Leistung an die Stelle des Arbeitslosengeldes II, ohne dass das Gesetz Vorschriften für die beitragsrechtlichen Folgen in der Rentenversicherung enthält. Soweit in diesem Fall ein Erstattungsanspruch des Leistungsträgers nach dem SGB II gegen den Rentenversicherungsträger (nach §§ 102 ff SGB X) besteht, muss sich der Leistungsberechtigte so behandeln lassen, als hätte er die geschuldete (hier: Rente wegen voller Erwerbsminderung) und nicht die tatsächlich erbrachte Leistung (hier: Arbeitslosengeld II) erhalten (vgl. BSGE 75, 298, 303). Dies ist dem Leistungsberechtigten in leistungsrechtlicher Sicht zumutbar und bezogen auf Leistungen nach dem SGB II im Regelfall auch günstiger. Allerdings zwingt die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X nicht dazu, auch im Beitragsrecht, wo der ursprüngliche Anspruch auf Arbeitslosengeld II zur Sicherstellung des Lebensunterhalts des Versicherten während des Rentenverfahrens weiterhin bedeutsam bleibt, eine nachträgliche Beseitigung des Rechtsgrundes für die Rentenversicherungsbeiträge anzunehmen. Denn der Zweck des Arbeitslosengeldes II wird durch die spätere Rentenbewilligung nicht von vornherein gegenstandslos. Denn selbst in den Fällen in denen von vornherein in Streit steht, ob der Hilfebedürftige erwerbsfähig ist und die gemeinsame Einigungsstelle im Sinne des § 45 SGB II hierüber entscheiden muss, erbringen die Leistungsträger nach dem SGB II das Arbeitslosengeld II im Verhältnis zum Leistungsberechtigten nach § 44a Abs. 1 Satz 3 SGB II in eigener Zuständigkeit endgültig (vgl. BSG, Urteil v. 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Dies muss dann erst Recht in dem Fall gelten, in dem die Erwerbsfähigkeit zunächst als gegeben erachtet wird und sich erst später Anderes herausstellt. Solange damit das Arbeitslosengeld II seinen Zweck, den Lebensunterhalt einschließlich der Beiträge zur Alterssicherung zu sichern, erfüllt, kann der Beklagte der danach zu bemessenden Beitragspflicht den von der Klägerin noch nicht beschiedenen Rentenanspruch nicht wirksam zum Zwecke der Beitragskürzung entgegenhalten (vgl. BSG, Urteil v. 25.01.1995, Az.: 12 RK 51/93).
Hinzutritt, dass die Versicherte rentenrechtliche Zeiten erworben hat, die bei später eintretenden Versicherungsfällen zu berücksichtigen sind. Diese wesentliche rentenversicherungsrechtliche Wirkung tritt unabhängig davon ein, wie hoch der wirtschaftliche Nutzen einzelner Beiträge oder Beitragsanteile sein mag. Der Versicherungsschutz wird nicht gegenstandslos, wenn eine Vergleichsberechnung zeigt, dass die Rentenhöhe aufgrund eines später eingetretenen Versicherungsfalls auch ohne diese Beiträge nicht geringer ausfällt. Sieht man von der konkreten Bewertung im Einzelfall ab, so kann schon im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht vorhergesehen werden, welchen Wert eine Anrechnungszeit bei einem späteren Versicherungsfall tatsächlich aufweisen wird (vgl. BSG, Urteil v. 30.06.1997, Az.: 8 RKn 3/96).
Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II sind zwar gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ebenfalls Anrechnungszeiten; sie gelten jedoch wegen der Beitragspflicht (§ 3 Satz 1 Nr. 3a, § 276 Abs. 1 SGB VI) als beitragsgeminderte Zeiten i.S. von § 54 Abs. 3 SGB VI. Als beitragsgeminderte Zeiten sind sie nach § 71 Abs. 2 SGB VI wie beitragsfreie Zeiten zu bewerten, wenn ihr Wert im Vergleich damit niedriger ist. Anderenfalls bleibt es aber bei ihrer höheren Bewertung als Beitragszeit (vgl. BSGE 75, 298, 304).
Die Beitragspflicht entfällt auch nicht etwa wegen Versicherungsfreiheit. § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI stellt zwar die Bezieher von Vollrente wegen Alters von der Versicherungspflicht frei mit der Folge, dass ihnen bei nachträglicher Rentengewährung die auf diesen Zeitraum entfallenden Pflichtbeiträge zu erstatten sind (vgl. Kasseler Komm-Funk SGB VI § 5 RdNr. 10, 73). Indessen gehört die der Versicherten gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu den Renten wegen Alters, wie sich schon aus der abschließenden Aufzählung in § 33 Abs. 2 SGB VI erschließt.
Die Beitragspflicht entfällt daher erst dann, wenn der Versicherte Kenntnis von der Rentenbewilligung erlangt. Vorliegend gilt der Rentenbescheid nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB als am 20.12.2005 bekanntgegeben, so dass die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI ab 20.12.2005 entfallen ist.
Nach allem erweist sich die Beitragsentrichtung auch nicht wegen der nachträglichen Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung als rechtswidrig. Demzufolge ist die Beitragsrückerstattung für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 zu Unrecht erfolgt. Daraus resultiert ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 439,40 EUR. Insgesamt hat die Klägerin dem Beklagten 652,60 EUR erstattet. Beanspruchen kann der Beklagte jedoch lediglich eine Erstattung für die Zeit vom 20.12.2005 bis 31.12.2005, in Höhe von 28,60 EUR (78,00 EUR/30 Tage x 11 Tage), da er nach eigenem und von der Klägerin nicht widersprochenem Bekunden für Januar 2006 bisher keine Beiträge abgeführt hat. Danach Verbleibt ein Rückerstattungsanspruch von 624,00 EUR. Abzüglich der durch den Beklagten anerkannten 184,60 EUR verbleibt ein Anspruch von 439,40 EUR. Hiervon werden durch die Klägerin lediglich 359,40 EUR klageweise geltend gemacht. In diesem Umfang war der Klage daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückerstattung aus ihrer Sicht zu Unrecht erstatteter Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Beklagte bewilligte als Leistungsträger nach dem SGB II Frau S. mit Bescheid vom 27.06.2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.01.2006. Insoweit wurden für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 u.a. auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 78,00 EUR entrichtet.
Mit Bescheid vom 16.12.2005 bewilligte die Klägerin der Versicherten rückwirkend zum 01.07.2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die laufende Rentenzahlung wurde zum 01.02.2006 aufgenommen.
Auf den vom Beklagten mit Schreiben vom 03.01.2006 angemeldeten Erstattungsanspruch wurde durch die Klägerin gemäß § 104 SGB X das gezahlte Arbeitslosengeld II sowie die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 2 SGB III erstattet. Am 30.01.2006 erstattete die Klägerin Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 546,00 EUR.
Für den Zeitraum vom 20.12.2005 bis 31.01.2006 erstattete die Klägerin dem Beklagten 106,60 EUR und forderte den Beklagten mit Schreiben vom 08.08.2006 auf, die gezahlten Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.01.2006 in Höhe von 546,00 EUR zurückzuzahlen. Eine Rückzahlung erfolgte seitens des Beklagten trotz mehrfacher Aufforderung durch die Klägerin, zuletzt mit Schreiben vom 26.11.2007, nicht.
Am 15.05.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie trägt vor, dass die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 zu Unrecht erstattet worden seien, da die Versicherungspflicht frühestens mit dem Zeitpunkt ende, in dem die Mitteilung des Rentenversicherungsträgers über die Rentenbewilligung beim Leistungsträger eingegangen sei. Nur bei der Bewilligung einer Altersvollrente trete rückwirkend Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 SGB VI ein.
Mit am 22.07.2008 bei Gericht eingegangenem Schreiben erkannte der Beklagte den Klageanspruch in Höhe von 184,60 EUR an. Mit Schreiben vom 31.07.2008 nahm die Klägerin das Teilanerkenntnis an und betreibt die Klage im Übrigen weiter.
Die Klägerin beantragt zuletzt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 359,40 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, mit der Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung zum 01.07.2005 sei der Anspruch auf Arbeitslosengeld II rückwirkend entfallen, da die Versicherte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB VI nicht erwerbsfähig gewesen sei. Damit sei auch die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI erloschen. Auf die Kenntnis von der Rentenbewilligung könne es insoweit nicht ankommen, da die Versicherungspflicht in diesem Fall allein von der Bearbeitungsdauer der Rentenanträge abhängig wäre. Eine versicherungsrechtliche Schutzfunktion, bei der die Versicherungspflicht auch bei rückwirkender Leistungsaufhebung und Erstattung bestehen bleibe, sei dem Gesetzeswortlaut des § 3 Satz 1 Nr. 3 a SGB VI nicht zu entnehmen.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid Stellung zu nehmen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit den Schriftsätzen nebst Anlagen sowie den Inhalt der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 SGG entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die zulässige Leistungsklage ist begründet.
Der Beklagte ist zur Rückerstattung der seitens der Klägerin für die Versicherte für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 erstatteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der hier geltend gemachten 359,40 EUR nach § 112 SGB X verpflichtet.
Nach § 112 SGB X ist eine Erstattung, soweit sie zu Unrecht erfolgt ist, zurückzuerstatten. Zu Unrecht ist eine Erstattung erfolgt, wenn sie nicht der objektiven Rechtslage entspricht, also nach dem im Erstattungszeitpunkt maßgebenden Recht vom Erstattungsempfänger nicht beansprucht werden konnte.
Der Beklagte konnte die Erstattung der von ihm geleisteten Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 nicht nach § 26 Abs. 2 SGB IV beanspruchen. Denn die während des Bezugs von Arbeitslosengeld II geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht zu Unrecht entrichtet worden.
Die Beitragspflicht zur Rentenversicherung ergibt sich aus der entsprechenden Versicherungspflicht. Während des Bezuges von Arbeitslosegeld II besteht für die Leistungsempfänger nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die rückwirkende Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.07.2005 hat die Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung nicht aufgehoben.
Unter Beachtung der beitragsrechtlichen Grundsätze ist die rückwirkende Veränderung des Rentenversicherungsverhältnisses einschließlich der Beitragspflicht wegen der nachträglichen Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgeschlossen. Die beitragsrechtlichen Folgen des Zusammentreffens von Arbeitslosengeld II und einer Rente wegen voller Erwerbsminderung sind gesetzlich nicht geregelt. Im Unterschied zur leistungsrechtlichen Rückabwicklung durch Austausch des Rechtsgrundes (§§ 102 ff., 107 SGB X) führt eine beitragsrechtliche Rückabwicklung durch die Entziehung rentenrechtlicher Zeiten typischerweise zu einem versicherungsrechtlichen Nachteil.
Leistungsrechtlich führt die (rückwirkende) Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB II zu einem Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II. So liegt der Fall hier, denn die Rente wegen voller Erwerbsminderungsrente wurde der Versicherten bereits ab dem 01.07.2005 zuerkannt. Vom Beginn der Rente wegen voller Erwerbsminderung an rückt diese Leistung an die Stelle des Arbeitslosengeldes II, ohne dass das Gesetz Vorschriften für die beitragsrechtlichen Folgen in der Rentenversicherung enthält. Soweit in diesem Fall ein Erstattungsanspruch des Leistungsträgers nach dem SGB II gegen den Rentenversicherungsträger (nach §§ 102 ff SGB X) besteht, muss sich der Leistungsberechtigte so behandeln lassen, als hätte er die geschuldete (hier: Rente wegen voller Erwerbsminderung) und nicht die tatsächlich erbrachte Leistung (hier: Arbeitslosengeld II) erhalten (vgl. BSGE 75, 298, 303). Dies ist dem Leistungsberechtigten in leistungsrechtlicher Sicht zumutbar und bezogen auf Leistungen nach dem SGB II im Regelfall auch günstiger. Allerdings zwingt die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X nicht dazu, auch im Beitragsrecht, wo der ursprüngliche Anspruch auf Arbeitslosengeld II zur Sicherstellung des Lebensunterhalts des Versicherten während des Rentenverfahrens weiterhin bedeutsam bleibt, eine nachträgliche Beseitigung des Rechtsgrundes für die Rentenversicherungsbeiträge anzunehmen. Denn der Zweck des Arbeitslosengeldes II wird durch die spätere Rentenbewilligung nicht von vornherein gegenstandslos. Denn selbst in den Fällen in denen von vornherein in Streit steht, ob der Hilfebedürftige erwerbsfähig ist und die gemeinsame Einigungsstelle im Sinne des § 45 SGB II hierüber entscheiden muss, erbringen die Leistungsträger nach dem SGB II das Arbeitslosengeld II im Verhältnis zum Leistungsberechtigten nach § 44a Abs. 1 Satz 3 SGB II in eigener Zuständigkeit endgültig (vgl. BSG, Urteil v. 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Dies muss dann erst Recht in dem Fall gelten, in dem die Erwerbsfähigkeit zunächst als gegeben erachtet wird und sich erst später Anderes herausstellt. Solange damit das Arbeitslosengeld II seinen Zweck, den Lebensunterhalt einschließlich der Beiträge zur Alterssicherung zu sichern, erfüllt, kann der Beklagte der danach zu bemessenden Beitragspflicht den von der Klägerin noch nicht beschiedenen Rentenanspruch nicht wirksam zum Zwecke der Beitragskürzung entgegenhalten (vgl. BSG, Urteil v. 25.01.1995, Az.: 12 RK 51/93).
Hinzutritt, dass die Versicherte rentenrechtliche Zeiten erworben hat, die bei später eintretenden Versicherungsfällen zu berücksichtigen sind. Diese wesentliche rentenversicherungsrechtliche Wirkung tritt unabhängig davon ein, wie hoch der wirtschaftliche Nutzen einzelner Beiträge oder Beitragsanteile sein mag. Der Versicherungsschutz wird nicht gegenstandslos, wenn eine Vergleichsberechnung zeigt, dass die Rentenhöhe aufgrund eines später eingetretenen Versicherungsfalls auch ohne diese Beiträge nicht geringer ausfällt. Sieht man von der konkreten Bewertung im Einzelfall ab, so kann schon im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht vorhergesehen werden, welchen Wert eine Anrechnungszeit bei einem späteren Versicherungsfall tatsächlich aufweisen wird (vgl. BSG, Urteil v. 30.06.1997, Az.: 8 RKn 3/96).
Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II sind zwar gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ebenfalls Anrechnungszeiten; sie gelten jedoch wegen der Beitragspflicht (§ 3 Satz 1 Nr. 3a, § 276 Abs. 1 SGB VI) als beitragsgeminderte Zeiten i.S. von § 54 Abs. 3 SGB VI. Als beitragsgeminderte Zeiten sind sie nach § 71 Abs. 2 SGB VI wie beitragsfreie Zeiten zu bewerten, wenn ihr Wert im Vergleich damit niedriger ist. Anderenfalls bleibt es aber bei ihrer höheren Bewertung als Beitragszeit (vgl. BSGE 75, 298, 304).
Die Beitragspflicht entfällt auch nicht etwa wegen Versicherungsfreiheit. § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI stellt zwar die Bezieher von Vollrente wegen Alters von der Versicherungspflicht frei mit der Folge, dass ihnen bei nachträglicher Rentengewährung die auf diesen Zeitraum entfallenden Pflichtbeiträge zu erstatten sind (vgl. Kasseler Komm-Funk SGB VI § 5 RdNr. 10, 73). Indessen gehört die der Versicherten gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu den Renten wegen Alters, wie sich schon aus der abschließenden Aufzählung in § 33 Abs. 2 SGB VI erschließt.
Die Beitragspflicht entfällt daher erst dann, wenn der Versicherte Kenntnis von der Rentenbewilligung erlangt. Vorliegend gilt der Rentenbescheid nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB als am 20.12.2005 bekanntgegeben, so dass die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI ab 20.12.2005 entfallen ist.
Nach allem erweist sich die Beitragsentrichtung auch nicht wegen der nachträglichen Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung als rechtswidrig. Demzufolge ist die Beitragsrückerstattung für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 19.12.2005 zu Unrecht erfolgt. Daraus resultiert ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 439,40 EUR. Insgesamt hat die Klägerin dem Beklagten 652,60 EUR erstattet. Beanspruchen kann der Beklagte jedoch lediglich eine Erstattung für die Zeit vom 20.12.2005 bis 31.12.2005, in Höhe von 28,60 EUR (78,00 EUR/30 Tage x 11 Tage), da er nach eigenem und von der Klägerin nicht widersprochenem Bekunden für Januar 2006 bisher keine Beiträge abgeführt hat. Danach Verbleibt ein Rückerstattungsanspruch von 624,00 EUR. Abzüglich der durch den Beklagten anerkannten 184,60 EUR verbleibt ein Anspruch von 439,40 EUR. Hiervon werden durch die Klägerin lediglich 359,40 EUR klageweise geltend gemacht. In diesem Umfang war der Klage daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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