Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
180
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 180 SF 1443/09 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts vom 18. März 2009 (Az. S 78 SO./06) wird der Betrag der vom Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten auf insgesamt 703,25 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Der Erinnerungsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsführers zu 15 Prozent zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer beantragte, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte als gesetzliche Betreuerin, beim Erinnerungsgegner die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Erinnerungsgegner lehnte die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ab, da beim Erinnerungsführer keine dauerhafte volle Erwerbsminderung vorliege (Bescheid vom 16.01.2006 und Widerspruchsbescheid vom 28.04.2006). Dagegen erhob der Erinnerungsführer, wiederum vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte/Betreuerin, Widerspruch und anschließend Klage. Nach Durchführung medizinischer Ermittlungen im Klageverfahren erließ der Erinnerungsgegner einen Bewilligungsbescheid über Leistungen der Grundsicherung, woraufhin der Rechtsstreit durch die Bevollmächtigte für erledigt erklärt wurde.
Am 18. Juli 2008 beantragte der Erinnerungsführer nach Abschluss des Klageverfahrens in der Hauptsache die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 1.076,95 Euro. Die Prozessbevollmächtigte berechnete dabei wie folgt:
Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG 280,00 EUR Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG 200,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1006 VV RVG 190,00 EUR Kopierauslagen (30 Kopien) 15,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 171,95 EUR Gesamtbetrag 1.076,95 EUR.
Mit Beschluss vom 18. März 2009 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 644,35 EUR fest. Dabei legte sie folgende Berechnung zugrunde: Vorverfahren Geschäftsgebühr nach Nr. 2501 VV RVG 120,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (16 %) 22,40 EUR Summe 162,40 EUR.
Klageverfahren Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Dokumentationspauschale, Nr. 7000 VV RVG 15,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (19 %) 76,95 EUR Summe 481,95 EUR Gesamtbetrag 644,35 EUR.
Zur Begründung führte die Urkundsbeamtin u. a. aus, dass die Geschäftsgebühr sich nach Nr. 2501 VV RVG a. F. richte, da eine Tätigkeit der Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren vorausgegangen sei. In diesem Fall habe der Rechtsanwalt von seiner Tätigkeit im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren profitiert. Gründe für die Überschreitung der Schwellengebühr nach Nr. 2501 VV RVG a. F. und der Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG seien nicht ersichtlich. Allein die Dauer des Verfahrens rechtfertige keine Erhöhung der Verfahrensgebühr. Die Terminsgebühr sei unstreitig und daher antragsgemäß festzusetzen. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da keine Tätigkeit vorliege, die auf den besondern Erfolg einer Erledigung der Sache ohne förmliche Entscheidung gerichtet sei. Die Annahme eines Anerkenntnisses des Beklagten sei keine solche besondere Mitwirkung der Bevollmächtigten.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die Erinnerung vom 27. April 2009, die hier am selben Tag eingegangen ist. Der Erinnerungsführer meint, der Tatbestand der Nr. 2501 VV RVG a. F. sei nicht einschlägig. Die Bevollmächtigte sei im Verwaltungsverfahren lediglich in ihrer Eigenschaft als Betreuerin beteiligt gewesen. Dies sei zu unterscheiden von einer Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigte im vorherigen Verwaltungsverfahren. Die Vermutung, die Prozessbevollmächtigte habe von ihrer Tätigkeit im Ausgangsverfahren profitiert, sei vor dem Hintergrund, dass sie die Post als dessen Betreuerin entgegengenommen habe, nicht haltbar. Die beantragte Verfahrensgebühr sei gerechtfertigt, da neben der Dauer des Verfahrens der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit überdurchschnittlich gewesen sei. Die Bevollmächtigte habe den Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) nebst den erforderlichen Unterlagen zweimal einreichen müssen. Die Erledigungsgebühr sei gerechtfertigt, da die Bevollmächtigte auf eine Untersuchung des Gesundheitszustands des Erinnerungsführers hingewirkt und dies letztlich zur Erledigung des Rechtsstreits geführt habe.
Der Erinnerungsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss. Er meint, bezüglich der Geschäftsgebühr sei es unerheblich, dass die Vorbefassung nur in der Eigenschaft als Betreuerin erfolgt sei. Das Wissen und die Kenntnis des Sachverhalts hätten nicht neu erworben werden müssen. Eine Erleichterung der Tätigkeit könne daher als gegeben angesehen werden. Dass der PKH-Antrag zweimal gestellt worden sei, führe zu keinem überdurchschnittlichen Verfahren. Die Anregung zur Einholung ärztlicher Berichte im Schriftsatz vom 28.07.2006 könne nicht als eine über den normalen Umfang der Verfahrensführung hinausgehende Mitwirkung angesehen werden.
II.
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführer waren die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 703,25 EUR laut nachstehender Berechnung festzusetzen:
Vorverfahren Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 VV RVG 140,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (16 %) 25,60 EUR Summe 185,60 EUR.
Klageverfahren Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG 200,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Dokumentationspauschale, Nr. 7000 VV RVG 15,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (19 %) 82,65 EUR Summe 517,65 EUR Gesamtbetrag 703,25 EUR.
Die Erinnerung vom 27.04.2009 ist zulässig. Insbesondere ist die Monatsfrist für die Erhebung der Erinnerung nach § 197 Abs. 2 SGG gewahrt. Denn der Beschluss ist der Bevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis erst am 27.03.2009 zugestellt worden. Die Erinnerung ist am 27.04.2009 und somit noch fristgerecht eingegangen.
Bezüglich der Geschäftsgebühr ist der Gebührentatbestand Nr. 2500 VV RVG a. F. (jetzt: Nr. 2400 VV RVG) einschlägig und nicht Nr. 2501 VV RVG a. F. (jetzt: Nr. 2401 VV RVG). Es ist vorliegend keine Tätigkeit der Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren i. S. d. Nr. 2501 VV RVG a. F. vorausgegangen. Insoweit kann die Kammer dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht folgen.
Nach der Gesetzesbegründung soll mit dem geringeren Gebührenrahmen in Nr. 2501 VV RVG a. F. berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit im Verwaltungsverfahren die Tätigkeit im weiteren Verwaltungsverfahren durchaus erleichtert (BT-Drs. 15/1971, S. 208). Danach soll der "durch die vorangegangene Tätigkeit ersparte Aufwand" ausschließlich durch den gegenüber Nr. 2500 VV RVG a. F. geringeren Rahmen berücksichtigt werden. Wörtlich heißt es eingangs der Gesetzesbegründung, dass der niedrigere Rahmen für den Fall vorgeschlagen wird, dass "der Rechtsanwalt bereits im Verwaltungsverfahren tätig geworden ist" (BT-Drs. 15/1971, S. 208). Schon der Wortlaut der Gesetzesbegründung deutet also darauf hin, dass der niedrigere Rahmen nur für den Fall gelten soll, dass der Bevollmächtigte bereits zuvor in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig gewesen ist. Wirkt der Rechtsanwalt dagegen in einer anderen Eigenschaft, wie hier als Betreuer, in dem Verwaltungsverfahren mit, kann danach der niedrigere Gebührenrahmen nicht angesetzt werden.
Dieses Ergebnis wird auch gestützt durch den Sinn und Zweck der Regelung, der in der Berücksichtigung von Arbeitserleichterungen bzw. Synergieeffekten besteht (vgl. BSG, Urteil v. 25.02.2010, B 11 AL 24/08 R, zitiert nach juris). Zwar kann vordergründig ein solcher Synergieeffekt auch bei einer vorausgegangenen Tätigkeit als Betreuer gesehen werden, worauf der Erinnerungsgegner hier hinweist. Allerdings kann diese Ansicht nicht überzeugen. Denn bei näherer Betrachtung sind die in der Eigenschaft als reiner Betreuer vorgenommenen Tätigkeiten nicht solche, die eine Vorbefassung i. S. d. Nr. 2501 VV RVG a. F. begründen. Bei einer reinen Mitwirkung als Betreuer in einem Verwaltungsverfahren fehlt regelmäßig jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtslage, wie sie ein im Verwaltungsverfahren beauftragter Rechtsanwalt zu leisten hat. Der Betreuer nimmt hier vielmehr Handlungen vor, die jeder andere unvertretene Beteiligte vornehmen kann. Es handelt sich also um keine spezifisch anwaltlichen Tätigkeiten, wie hier das Ausfüllen und Übersenden eines Antragsvordrucks. Zudem kann nicht ohne weiteres angenommen werden, der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei dem Betreuer bereits durch die Tätigkeit im Verwaltungsverfahren bekannt. Denn grundsätzlich kann der maßgebliche Sachverhalt erst dann bestimmt und erfasst werden, wenn eine vorhergehende Beschäftigung mit der Rechtslage stattgefunden hat. Eine solche Vorbefassung in rechtlicher Hinsicht kann auch ein Betreuer, der Rechtsanwalt ist, häufig selbst dann nicht leisten, wenn er mit der einschlägigen Rechtsmaterie vertraut ist. Eine bloße Mitwirkung als Betreuer in einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren vermittelt also nicht annähernd so viele Kenntnisse der Sach- und Rechtslage wie das bei einem zuvor beauftragten Rechtsanwalt regelmäßig der Fall ist. Diese je nach Fall geringen oder gänzlich fehlenden Synergieeffekte können daher nicht die Anwendung des geringeren Gebührenrahmens rechtfertigen.
Der niedrigere Gebührenrahmen von Nr. 2501 VV RVG a. F. rechtfertigt sich ferner auch dadurch, dass der Rechtsanwalt bezüglich seiner vorangegangen Tätigkeit bereits eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 VV RVG a. F. verdient und diese gegenüber seinem Mandanten in Rechnung stellen kann (vgl. zu diesem Gedanken auch: BSG, Urteil v. 25.02.2010, B 11 AL 24/08 R Rn. 29; Teubel in: Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., Nr. 2301 Rn. 6). In dem Fall, in dem der Rechtsanwalt ausschließlich als Betreuer im Verwaltungsverfahren auftritt und Tätigkeiten vornimmt, die jeder geeignete Betreuer erledigen könnte, ist jedoch eine solche Vergütung der im Rahmen der Vorbefassung bereits erbrachten Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 RVG nicht möglich. Es ist daher sachgerecht, in diesem Fall die Tätigkeit des im Vorverfahren tätigen Betreuers nach Nr. 2500 VV RVG a. F. zu vergüten.
Sollte im Einzelfall der Betreuer bereits im Verwaltungsverfahren sich umfangreich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht mit der Angelegenheit beschäftigt haben, kann dies auch bei der Bestimmung des Gebührenrahmens nach Nr. 2500 VV RVG a. F. angemessen berücksichtigt werden. Aufgrund der eingehenden Vorbefassung dürfte in solchen Fällen die Tätigkeit im Vorverfahren regelmäßig deutlich unterdurchschnittlich sein, was innerhalb des Gebührenrahmens von Nr. 2500 VV RVG a. F./2400 VV RVG n. F. gebührenmindernd zu berücksichtigen ist. Eines systemwidrigen Rückgriffs auf Nr. 2501 VV RVG a. F. bedarf es daher nicht.
Unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG kommt die Kammer auch unter Zugrundelegung des Gebührenrahmens aus Nr. 2500 VV RVG a. F. zu dem Ergebnis, dass die beantragte Geschäftsgebühr von 280,00 EUR unbillig hoch ist. Es ist hier eine Gebühr in Höhe von 140,00 EUR, also der hälftigen Mittelgebühr, als billig anzusehen. Insoweit hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass der Umfang und die Schwierigkeit der entfalteten Tätigkeit der Bevollmächtigten weit unterdurchschnittlich waren. Die Bevollmächtigte hat hier nur fristgerecht Widerspruch eingelegt und im Widerspruchsschreiben um die Übersendung eines Gutachtens des Rentenversicherungsträgers gebeten. Eine Widerspruchsbegründung erfolgte nicht, auch eine sonstige weitere Tätigkeit im Widerspruchsverfahren ist nicht ersichtlich. Zudem ist Akteneinsicht erst im Klageverfahren genommen worden.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Klägers ist ebenfalls von deutlich unterdurchschnittlichen Verhältnissen auszugehen, da er offenbar schon seit Jahren von Leistungen der Sozialhilfe lebte. Lediglich die Bedeutung der Angelegenheit für den Erinnerungsführer kann als noch durchschnittlich eingestuft werden, da es immerhin um die Gewährung existenzsichernder Leistungen ging. Allerdings ist hierbei zu bedenken, dass hier letztlich nur streitig war, welcher Sozialleistungsträger dem Erinnerungsführer Grundsicherungsleistungen zu gewähren hat, nämlich ob der SGB II- oder der SGB XII-Träger. So sind dem Erinnerungsführer offenbar spätestens seit Februar 2007 SGB II-Leistungen vom zuständigen JobCenter gewährt worden. Aus diesem Grunde kann nicht von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Erinnerungsführer ausgegangen werden. Auch ein besonderes Haftungsrisiko der Bevollmächtigten ist nicht ersichtlich.
Insgesamt kann vor diesem Hintergrund für die Geschäftsgebühr nur die hälftige Mittelgebühr in Höhe von 140,00 EUR festgesetzt werden.
Die Berechnung der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG für die Kosten des Widerspruchsverfahrens erfolgt auf der Grundlage des alten Steuersatzes von 16 %, da dieses Verfahren bereits im Jahr 2006 abgeschlossen war. Die Fälligkeit (§ 8 Abs. 1 RVG) der Gebühr trat somit noch zur Zeit der Geltung des früheren Umsatzsteuersatzes ein (vgl. Müller-Raabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 7008 Rn. 30).
Bezüglich der Verfahrensgebühr folgt die Kammer dem Antrag der Bevollmächtigten. Umfang und Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit sind als etwas überdurchschnittlich zu bewerten. Die Bevollmächtigte hat die Klage ordnungsgemäß begründet und sich dabei mit den damals vorliegenden medizinischen Unterlagen beschäftigt. Anschließend hatte sie sich im Laufe des Klageverfahrens auch mit den eingeholten Befundberichten und dem umfangreichen psychiatrischen Sachverständigengutachten (23 Seiten) zu befassen. Allein aus der doppelten Übersendung der Unterlagen für den PKH-Antrag kann die Kammer jedoch, entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers, einen überdurchschnittlichen Umfang der Anwaltstätigkeit nicht ableiten. Auch ist es nicht von Bedeutung, wie lange das Klageverfahren gedauert hat, da Bezugspunkt lediglich die anwaltliche Tätigkeit ist (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil v. 01.07.2009, B 4 AS 21/09, zitiert nach juris Rn. 29). Hinsichtlich der übrigen Bemessenskriterien wird auf die obigen Ausführungen zur Geschäftsgebühr Bezug genommen, die hier ebenso zur Geltung kommen. Danach erscheint für die Kammer insbesondere angesichts der etwas überdurchschnittlichen Anforderungen an die Anwaltstätigkeit eine Verfahrensgebühr von 200,00 EUR nicht unbillig. Insoweit ist zu bedenken, dass aufgrund einer regelmäßig anzusetzenden Toleranzgrenze von bis zu 20 % auch bei Zugrundelegung einer billigen Gebühr von 170,00 EUR die Gebührenbestimmung der Bevollmächtigten nicht als unbillig angesehen werden kann (vgl. SG Berlin, Beschluss v. 23.02.2009, S 165 SF 65/09 E, zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de und juris).
Ferner ist im angefochtenen Beschluss zu Recht die geltend gemachte Erledigungsgebühr gem. Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG abgesetzt worden. Die Erledigung des Verfahrens ist hier durch Annahme eines vollständigen Anerkenntnisses durch Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 01.10.2008 eingetreten. Zuvor hatte der Erinnerungsgegner dem Erinnerungsführer die beantragten Leistungen der Grundsicherung gewährt. Damit fand das Verfahren in der Hauptsache seine Erledigung also dadurch, dass dem Antragsbegehren in vollem Umfang entsprochen wurde und anschließend die Annahme dieses Anerkenntnisses erklärt wurde. Im Fall eines vollen Anerkenntnisses besteht aber kein Raum für die Geltendmachung einer Erledigungsgebühr, da kein besonderes Bemühen des Bevollmächtigten um eine unstreitige Erledigung festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 7.11.2006, B 1 KR 13/06 R; Müller-Raabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., 2010, Nr. 1002 Rn. 43).
Die Tätigkeit der Bevollmächtigten beschränkt sich hier auf die Einreichung und Begründung des erhobenen Rechtsbehelfs, was zur Entstehung der Erledigungsgebühr jedoch nicht genügt. Es fehlt an einer qualifizierten, erledigungsgerichteten Mitwirkungshandlung. Eine solche Mitwirkungshandlung stellt auch nicht die schriftsätzlich erfolgte Anregung dar, ärztliche Berichte der behandelnden Ärztin und eine Entbindung von der Schweigepflicht beim Kläger einzuholen. Das BSG hat eine besondere Mitwirkungshandlung u. a. angenommen, wenn der Rechtsanwalt seinen Mandanten veranlasst, neue Befundberichte vorzulegen und diese dann zur Erledigung der Rechtssache führen (BSG, Urteil v. 02.10.2008, B 9/9a SB 5/07 R, zitiert nach juris und sozialgerichtsbarkeit.de). In dieser Entscheidung wird darauf abgestellt, dass der Rechtsanwalt mit der Vorlage von selbst beschafften Urkunden den Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkung überschritten hat. Eine solche Überschreitung der gesetzlichen Mitwirkungspflichten liegt indes nicht vor, wenn die Einholung von ärztlichen Befundberichten und der Schweigepflichtentbindung lediglich angeregt wird. Damit hat die Bevollmächtigte lediglich deutlich gemacht, dass sie Ermittlungsbedarf sieht und wie diese Ermittlungen aussehen sollten. Mit der Benennung seiner behandelnden Ärzte und der Schweigepflichtentbindung ist der Erinnerungsführer nur seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten im Rahmen des Klageverfahrens nachgekommen. Damit kann eine solche Tätigkeit der Bevollmächtigten nicht als eine besondere, überobligatorische Handlung bewertet werden. Der Tatbestand einer Erledigungsgebühr ist daher nicht erfüllt.
Die Erinnerung war somit bezüglich der Erledigungsgebühr zurückzuweisen.
Der Erinnerung war nach alledem zum Teil zu entsprechen, im Übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen. Die Erinnerung hatte daher nur zum Teil Erfolg.
Die Kostenentscheidung für das Verfahren beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Die Kammer hält im Einklang mit der Rechtsprechung der 164. Kammer und 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin eine eigenständige Kostenentscheidung auch im Erinnerungsverfahren für notwendig, und zwar aus den (z.B.) in den Beschlüssen der der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 164 SF 118/09 E vom 6. März 2009 - und der 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 165 SF 11/09 E vom 2. Februar 2009 - grundsätzlich dargelegten Gründen.
Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).
Der Erinnerungsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsführers zu 15 Prozent zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer beantragte, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte als gesetzliche Betreuerin, beim Erinnerungsgegner die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Erinnerungsgegner lehnte die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ab, da beim Erinnerungsführer keine dauerhafte volle Erwerbsminderung vorliege (Bescheid vom 16.01.2006 und Widerspruchsbescheid vom 28.04.2006). Dagegen erhob der Erinnerungsführer, wiederum vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte/Betreuerin, Widerspruch und anschließend Klage. Nach Durchführung medizinischer Ermittlungen im Klageverfahren erließ der Erinnerungsgegner einen Bewilligungsbescheid über Leistungen der Grundsicherung, woraufhin der Rechtsstreit durch die Bevollmächtigte für erledigt erklärt wurde.
Am 18. Juli 2008 beantragte der Erinnerungsführer nach Abschluss des Klageverfahrens in der Hauptsache die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 1.076,95 Euro. Die Prozessbevollmächtigte berechnete dabei wie folgt:
Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG 280,00 EUR Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG 200,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1006 VV RVG 190,00 EUR Kopierauslagen (30 Kopien) 15,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 171,95 EUR Gesamtbetrag 1.076,95 EUR.
Mit Beschluss vom 18. März 2009 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 644,35 EUR fest. Dabei legte sie folgende Berechnung zugrunde: Vorverfahren Geschäftsgebühr nach Nr. 2501 VV RVG 120,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (16 %) 22,40 EUR Summe 162,40 EUR.
Klageverfahren Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Dokumentationspauschale, Nr. 7000 VV RVG 15,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (19 %) 76,95 EUR Summe 481,95 EUR Gesamtbetrag 644,35 EUR.
Zur Begründung führte die Urkundsbeamtin u. a. aus, dass die Geschäftsgebühr sich nach Nr. 2501 VV RVG a. F. richte, da eine Tätigkeit der Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren vorausgegangen sei. In diesem Fall habe der Rechtsanwalt von seiner Tätigkeit im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren profitiert. Gründe für die Überschreitung der Schwellengebühr nach Nr. 2501 VV RVG a. F. und der Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG seien nicht ersichtlich. Allein die Dauer des Verfahrens rechtfertige keine Erhöhung der Verfahrensgebühr. Die Terminsgebühr sei unstreitig und daher antragsgemäß festzusetzen. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da keine Tätigkeit vorliege, die auf den besondern Erfolg einer Erledigung der Sache ohne förmliche Entscheidung gerichtet sei. Die Annahme eines Anerkenntnisses des Beklagten sei keine solche besondere Mitwirkung der Bevollmächtigten.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die Erinnerung vom 27. April 2009, die hier am selben Tag eingegangen ist. Der Erinnerungsführer meint, der Tatbestand der Nr. 2501 VV RVG a. F. sei nicht einschlägig. Die Bevollmächtigte sei im Verwaltungsverfahren lediglich in ihrer Eigenschaft als Betreuerin beteiligt gewesen. Dies sei zu unterscheiden von einer Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigte im vorherigen Verwaltungsverfahren. Die Vermutung, die Prozessbevollmächtigte habe von ihrer Tätigkeit im Ausgangsverfahren profitiert, sei vor dem Hintergrund, dass sie die Post als dessen Betreuerin entgegengenommen habe, nicht haltbar. Die beantragte Verfahrensgebühr sei gerechtfertigt, da neben der Dauer des Verfahrens der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit überdurchschnittlich gewesen sei. Die Bevollmächtigte habe den Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) nebst den erforderlichen Unterlagen zweimal einreichen müssen. Die Erledigungsgebühr sei gerechtfertigt, da die Bevollmächtigte auf eine Untersuchung des Gesundheitszustands des Erinnerungsführers hingewirkt und dies letztlich zur Erledigung des Rechtsstreits geführt habe.
Der Erinnerungsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss. Er meint, bezüglich der Geschäftsgebühr sei es unerheblich, dass die Vorbefassung nur in der Eigenschaft als Betreuerin erfolgt sei. Das Wissen und die Kenntnis des Sachverhalts hätten nicht neu erworben werden müssen. Eine Erleichterung der Tätigkeit könne daher als gegeben angesehen werden. Dass der PKH-Antrag zweimal gestellt worden sei, führe zu keinem überdurchschnittlichen Verfahren. Die Anregung zur Einholung ärztlicher Berichte im Schriftsatz vom 28.07.2006 könne nicht als eine über den normalen Umfang der Verfahrensführung hinausgehende Mitwirkung angesehen werden.
II.
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführer waren die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 703,25 EUR laut nachstehender Berechnung festzusetzen:
Vorverfahren Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 VV RVG 140,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (16 %) 25,60 EUR Summe 185,60 EUR.
Klageverfahren Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG 200,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Dokumentationspauschale, Nr. 7000 VV RVG 15,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (19 %) 82,65 EUR Summe 517,65 EUR Gesamtbetrag 703,25 EUR.
Die Erinnerung vom 27.04.2009 ist zulässig. Insbesondere ist die Monatsfrist für die Erhebung der Erinnerung nach § 197 Abs. 2 SGG gewahrt. Denn der Beschluss ist der Bevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis erst am 27.03.2009 zugestellt worden. Die Erinnerung ist am 27.04.2009 und somit noch fristgerecht eingegangen.
Bezüglich der Geschäftsgebühr ist der Gebührentatbestand Nr. 2500 VV RVG a. F. (jetzt: Nr. 2400 VV RVG) einschlägig und nicht Nr. 2501 VV RVG a. F. (jetzt: Nr. 2401 VV RVG). Es ist vorliegend keine Tätigkeit der Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren i. S. d. Nr. 2501 VV RVG a. F. vorausgegangen. Insoweit kann die Kammer dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht folgen.
Nach der Gesetzesbegründung soll mit dem geringeren Gebührenrahmen in Nr. 2501 VV RVG a. F. berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit im Verwaltungsverfahren die Tätigkeit im weiteren Verwaltungsverfahren durchaus erleichtert (BT-Drs. 15/1971, S. 208). Danach soll der "durch die vorangegangene Tätigkeit ersparte Aufwand" ausschließlich durch den gegenüber Nr. 2500 VV RVG a. F. geringeren Rahmen berücksichtigt werden. Wörtlich heißt es eingangs der Gesetzesbegründung, dass der niedrigere Rahmen für den Fall vorgeschlagen wird, dass "der Rechtsanwalt bereits im Verwaltungsverfahren tätig geworden ist" (BT-Drs. 15/1971, S. 208). Schon der Wortlaut der Gesetzesbegründung deutet also darauf hin, dass der niedrigere Rahmen nur für den Fall gelten soll, dass der Bevollmächtigte bereits zuvor in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig gewesen ist. Wirkt der Rechtsanwalt dagegen in einer anderen Eigenschaft, wie hier als Betreuer, in dem Verwaltungsverfahren mit, kann danach der niedrigere Gebührenrahmen nicht angesetzt werden.
Dieses Ergebnis wird auch gestützt durch den Sinn und Zweck der Regelung, der in der Berücksichtigung von Arbeitserleichterungen bzw. Synergieeffekten besteht (vgl. BSG, Urteil v. 25.02.2010, B 11 AL 24/08 R, zitiert nach juris). Zwar kann vordergründig ein solcher Synergieeffekt auch bei einer vorausgegangenen Tätigkeit als Betreuer gesehen werden, worauf der Erinnerungsgegner hier hinweist. Allerdings kann diese Ansicht nicht überzeugen. Denn bei näherer Betrachtung sind die in der Eigenschaft als reiner Betreuer vorgenommenen Tätigkeiten nicht solche, die eine Vorbefassung i. S. d. Nr. 2501 VV RVG a. F. begründen. Bei einer reinen Mitwirkung als Betreuer in einem Verwaltungsverfahren fehlt regelmäßig jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtslage, wie sie ein im Verwaltungsverfahren beauftragter Rechtsanwalt zu leisten hat. Der Betreuer nimmt hier vielmehr Handlungen vor, die jeder andere unvertretene Beteiligte vornehmen kann. Es handelt sich also um keine spezifisch anwaltlichen Tätigkeiten, wie hier das Ausfüllen und Übersenden eines Antragsvordrucks. Zudem kann nicht ohne weiteres angenommen werden, der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei dem Betreuer bereits durch die Tätigkeit im Verwaltungsverfahren bekannt. Denn grundsätzlich kann der maßgebliche Sachverhalt erst dann bestimmt und erfasst werden, wenn eine vorhergehende Beschäftigung mit der Rechtslage stattgefunden hat. Eine solche Vorbefassung in rechtlicher Hinsicht kann auch ein Betreuer, der Rechtsanwalt ist, häufig selbst dann nicht leisten, wenn er mit der einschlägigen Rechtsmaterie vertraut ist. Eine bloße Mitwirkung als Betreuer in einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren vermittelt also nicht annähernd so viele Kenntnisse der Sach- und Rechtslage wie das bei einem zuvor beauftragten Rechtsanwalt regelmäßig der Fall ist. Diese je nach Fall geringen oder gänzlich fehlenden Synergieeffekte können daher nicht die Anwendung des geringeren Gebührenrahmens rechtfertigen.
Der niedrigere Gebührenrahmen von Nr. 2501 VV RVG a. F. rechtfertigt sich ferner auch dadurch, dass der Rechtsanwalt bezüglich seiner vorangegangen Tätigkeit bereits eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 VV RVG a. F. verdient und diese gegenüber seinem Mandanten in Rechnung stellen kann (vgl. zu diesem Gedanken auch: BSG, Urteil v. 25.02.2010, B 11 AL 24/08 R Rn. 29; Teubel in: Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., Nr. 2301 Rn. 6). In dem Fall, in dem der Rechtsanwalt ausschließlich als Betreuer im Verwaltungsverfahren auftritt und Tätigkeiten vornimmt, die jeder geeignete Betreuer erledigen könnte, ist jedoch eine solche Vergütung der im Rahmen der Vorbefassung bereits erbrachten Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 RVG nicht möglich. Es ist daher sachgerecht, in diesem Fall die Tätigkeit des im Vorverfahren tätigen Betreuers nach Nr. 2500 VV RVG a. F. zu vergüten.
Sollte im Einzelfall der Betreuer bereits im Verwaltungsverfahren sich umfangreich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht mit der Angelegenheit beschäftigt haben, kann dies auch bei der Bestimmung des Gebührenrahmens nach Nr. 2500 VV RVG a. F. angemessen berücksichtigt werden. Aufgrund der eingehenden Vorbefassung dürfte in solchen Fällen die Tätigkeit im Vorverfahren regelmäßig deutlich unterdurchschnittlich sein, was innerhalb des Gebührenrahmens von Nr. 2500 VV RVG a. F./2400 VV RVG n. F. gebührenmindernd zu berücksichtigen ist. Eines systemwidrigen Rückgriffs auf Nr. 2501 VV RVG a. F. bedarf es daher nicht.
Unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG kommt die Kammer auch unter Zugrundelegung des Gebührenrahmens aus Nr. 2500 VV RVG a. F. zu dem Ergebnis, dass die beantragte Geschäftsgebühr von 280,00 EUR unbillig hoch ist. Es ist hier eine Gebühr in Höhe von 140,00 EUR, also der hälftigen Mittelgebühr, als billig anzusehen. Insoweit hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass der Umfang und die Schwierigkeit der entfalteten Tätigkeit der Bevollmächtigten weit unterdurchschnittlich waren. Die Bevollmächtigte hat hier nur fristgerecht Widerspruch eingelegt und im Widerspruchsschreiben um die Übersendung eines Gutachtens des Rentenversicherungsträgers gebeten. Eine Widerspruchsbegründung erfolgte nicht, auch eine sonstige weitere Tätigkeit im Widerspruchsverfahren ist nicht ersichtlich. Zudem ist Akteneinsicht erst im Klageverfahren genommen worden.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Klägers ist ebenfalls von deutlich unterdurchschnittlichen Verhältnissen auszugehen, da er offenbar schon seit Jahren von Leistungen der Sozialhilfe lebte. Lediglich die Bedeutung der Angelegenheit für den Erinnerungsführer kann als noch durchschnittlich eingestuft werden, da es immerhin um die Gewährung existenzsichernder Leistungen ging. Allerdings ist hierbei zu bedenken, dass hier letztlich nur streitig war, welcher Sozialleistungsträger dem Erinnerungsführer Grundsicherungsleistungen zu gewähren hat, nämlich ob der SGB II- oder der SGB XII-Träger. So sind dem Erinnerungsführer offenbar spätestens seit Februar 2007 SGB II-Leistungen vom zuständigen JobCenter gewährt worden. Aus diesem Grunde kann nicht von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Erinnerungsführer ausgegangen werden. Auch ein besonderes Haftungsrisiko der Bevollmächtigten ist nicht ersichtlich.
Insgesamt kann vor diesem Hintergrund für die Geschäftsgebühr nur die hälftige Mittelgebühr in Höhe von 140,00 EUR festgesetzt werden.
Die Berechnung der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG für die Kosten des Widerspruchsverfahrens erfolgt auf der Grundlage des alten Steuersatzes von 16 %, da dieses Verfahren bereits im Jahr 2006 abgeschlossen war. Die Fälligkeit (§ 8 Abs. 1 RVG) der Gebühr trat somit noch zur Zeit der Geltung des früheren Umsatzsteuersatzes ein (vgl. Müller-Raabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 7008 Rn. 30).
Bezüglich der Verfahrensgebühr folgt die Kammer dem Antrag der Bevollmächtigten. Umfang und Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit sind als etwas überdurchschnittlich zu bewerten. Die Bevollmächtigte hat die Klage ordnungsgemäß begründet und sich dabei mit den damals vorliegenden medizinischen Unterlagen beschäftigt. Anschließend hatte sie sich im Laufe des Klageverfahrens auch mit den eingeholten Befundberichten und dem umfangreichen psychiatrischen Sachverständigengutachten (23 Seiten) zu befassen. Allein aus der doppelten Übersendung der Unterlagen für den PKH-Antrag kann die Kammer jedoch, entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers, einen überdurchschnittlichen Umfang der Anwaltstätigkeit nicht ableiten. Auch ist es nicht von Bedeutung, wie lange das Klageverfahren gedauert hat, da Bezugspunkt lediglich die anwaltliche Tätigkeit ist (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil v. 01.07.2009, B 4 AS 21/09, zitiert nach juris Rn. 29). Hinsichtlich der übrigen Bemessenskriterien wird auf die obigen Ausführungen zur Geschäftsgebühr Bezug genommen, die hier ebenso zur Geltung kommen. Danach erscheint für die Kammer insbesondere angesichts der etwas überdurchschnittlichen Anforderungen an die Anwaltstätigkeit eine Verfahrensgebühr von 200,00 EUR nicht unbillig. Insoweit ist zu bedenken, dass aufgrund einer regelmäßig anzusetzenden Toleranzgrenze von bis zu 20 % auch bei Zugrundelegung einer billigen Gebühr von 170,00 EUR die Gebührenbestimmung der Bevollmächtigten nicht als unbillig angesehen werden kann (vgl. SG Berlin, Beschluss v. 23.02.2009, S 165 SF 65/09 E, zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de und juris).
Ferner ist im angefochtenen Beschluss zu Recht die geltend gemachte Erledigungsgebühr gem. Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG abgesetzt worden. Die Erledigung des Verfahrens ist hier durch Annahme eines vollständigen Anerkenntnisses durch Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 01.10.2008 eingetreten. Zuvor hatte der Erinnerungsgegner dem Erinnerungsführer die beantragten Leistungen der Grundsicherung gewährt. Damit fand das Verfahren in der Hauptsache seine Erledigung also dadurch, dass dem Antragsbegehren in vollem Umfang entsprochen wurde und anschließend die Annahme dieses Anerkenntnisses erklärt wurde. Im Fall eines vollen Anerkenntnisses besteht aber kein Raum für die Geltendmachung einer Erledigungsgebühr, da kein besonderes Bemühen des Bevollmächtigten um eine unstreitige Erledigung festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 7.11.2006, B 1 KR 13/06 R; Müller-Raabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., 2010, Nr. 1002 Rn. 43).
Die Tätigkeit der Bevollmächtigten beschränkt sich hier auf die Einreichung und Begründung des erhobenen Rechtsbehelfs, was zur Entstehung der Erledigungsgebühr jedoch nicht genügt. Es fehlt an einer qualifizierten, erledigungsgerichteten Mitwirkungshandlung. Eine solche Mitwirkungshandlung stellt auch nicht die schriftsätzlich erfolgte Anregung dar, ärztliche Berichte der behandelnden Ärztin und eine Entbindung von der Schweigepflicht beim Kläger einzuholen. Das BSG hat eine besondere Mitwirkungshandlung u. a. angenommen, wenn der Rechtsanwalt seinen Mandanten veranlasst, neue Befundberichte vorzulegen und diese dann zur Erledigung der Rechtssache führen (BSG, Urteil v. 02.10.2008, B 9/9a SB 5/07 R, zitiert nach juris und sozialgerichtsbarkeit.de). In dieser Entscheidung wird darauf abgestellt, dass der Rechtsanwalt mit der Vorlage von selbst beschafften Urkunden den Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkung überschritten hat. Eine solche Überschreitung der gesetzlichen Mitwirkungspflichten liegt indes nicht vor, wenn die Einholung von ärztlichen Befundberichten und der Schweigepflichtentbindung lediglich angeregt wird. Damit hat die Bevollmächtigte lediglich deutlich gemacht, dass sie Ermittlungsbedarf sieht und wie diese Ermittlungen aussehen sollten. Mit der Benennung seiner behandelnden Ärzte und der Schweigepflichtentbindung ist der Erinnerungsführer nur seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten im Rahmen des Klageverfahrens nachgekommen. Damit kann eine solche Tätigkeit der Bevollmächtigten nicht als eine besondere, überobligatorische Handlung bewertet werden. Der Tatbestand einer Erledigungsgebühr ist daher nicht erfüllt.
Die Erinnerung war somit bezüglich der Erledigungsgebühr zurückzuweisen.
Der Erinnerung war nach alledem zum Teil zu entsprechen, im Übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen. Die Erinnerung hatte daher nur zum Teil Erfolg.
Die Kostenentscheidung für das Verfahren beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Die Kammer hält im Einklang mit der Rechtsprechung der 164. Kammer und 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin eine eigenständige Kostenentscheidung auch im Erinnerungsverfahren für notwendig, und zwar aus den (z.B.) in den Beschlüssen der der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 164 SF 118/09 E vom 6. März 2009 - und der 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 165 SF 11/09 E vom 2. Februar 2009 - grundsätzlich dargelegten Gründen.
Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).
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