L 10 R 2877/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3671/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2877/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.03.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begeht höhere Altersrente.

Der am 1939 geborene Kläger absolvierte von April 1954 bis Oktober 1957 eine Ausbildung zum Mechaniker und war danach bis Dezember 1977 als KfZ-Mechaniker versicherungspflichtig beschäftig. Bis Februar 1978 war er in einer Rehabilitationsmaßnahme, danach war er bis März 1978 arbeitslos und bis Mai 1978 arbeitsunfähig. In der Zeit danach bis zum Eintritt von Erwerbsunfähigkeit am 18.03.1980 war der Kläger erneut arbeitslos, teils mit, teils ohne Leistungsbezug, wobei für die Zeiten mit Leistungsbezug Pflichtbeiträge entrichtet wurden. Ab dem 17.09.1980 bezog er Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 11.10.1982), die unter Berücksichtigung auch der Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne die Entrichtung von Pflichtbeiträgen als Ausfallzeiten berechnet wurde; hinsichtlich der damaligen Rentenberechnung wird auf den Neufeststellungsbescheid vom 18.05.1983 verwiesen. Zur Feststellung der rentenrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den Versicherungsverlauf zu dem in den Senatsakten enthaltenen Bescheid vom 10.11.2004 (vgl. Bl. 29 ff.) Bezug genommen. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens und des Versorgungsausgleichs wurden auf die Ehefrau des Klägers Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 358,20 DM übertragen (Urteil des Amtsgerichts Wangen vom 15.11.1985, 1 F 136/85). Seit dem 01.11.1998 bezieht die frühere Ehefrau des Klägers Altersrente unter Berücksichtigung dieser übertragenen Anwartschaften; dem entsprechend reduzierte sich der Anspruch des Klägers auf die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf zuletzt (Bescheid 29.07.2004) brutto 654,48 EUR (Zahlbetrag 594,59 EUR).

Antragsgemäß bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 10.11.2004 an Stelle der bisherigen Rente ab dem 01.01.2005 Regelaltersrente in gleicher Höhe. Im Rahmen der Berechnung der Altersrente ermittelte die Beklagte insgesamt 23,2888 Entgeltpunkte, legte dann aber - weil dem Kläger günstiger - die sich aus der zuvor bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente ergebenden Entgeltpunkte (25,0470) zu Grunde. Hinsichtlich der Berechnung der Altersrente im Einzelnen wird auf den Bescheid vom 10.11.2004 verwiesen. In seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid machte der Kläger geltend, es seien in der Zeit von 1978 bis zur Erwerbsunfähigkeitsrente zu wenig Anrechnungszeiten anerkannt worden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2006 und der Begründung zurückgewiesen, in der Zeit vom 01.01.1978 bis 17.03.1980 seien durchgehend Zeiten mit Pflichtbeiträgen bzw. Anrechnungszeiten berücksichtigt worden.

Das hiergegen am 27.12.2006 angerufene Sozialgericht Konstanz hat die Klage mit Urteil vom 27.03.2007 abgewiesen und ausgeführt, eine Rückübertragung der im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften sei nicht möglich. Für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit seien entsprechende Pflichtbeiträge oder Anrechnungszeiten berücksichtigt worden. Eine Berücksichtigung von fiktiven Beitragszeiten bei der Berechnung der Altersrente sehe das Gesetz nicht vor. Lediglich über die nach § 59 Abs. 1 i.V.m. § 253a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) berücksichtigte Zurechnungszeit bis zum vollendeten 55. Lebensjahr werde die Unvollständigkeit der Erwerbsbiographie partiell und unentgeltlich kompensiert. Darüber hinaus finde kein Ausgleich statt.

Gegen das ihm am 24.4.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.5.2007 Berufung eingelegt. Er vertritt u.a. die Auffassung, die Anrechnungszeiten wegen des Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente müssten mit einem pflichtversicherten Beschäftigten gleichgestellt werden, der Beiträge zur Rentenversicherung habe erbringen können; dafür, dass er erkrankt und erwerbsunfähig geworden sei, könne er nichts. Auch müssten weitere 60 Monate bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres berücksichtigt werden. Andernfalls werde er in seinen Grundrechten der Eigentumsgarantie und der Gleichbehandlung verletzt.

Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 22.5.2007, sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.03.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2006 zur Gewährung höherer Rente unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.01.1978 bis zum 17.03.1980 als Anrechnungszeit und der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.2004 als Versicherungszeit unter Berücksichtigung des Monatsdurchschnittseinkommens aus allen vollwertigen Pflichtbeiträgen zu gewähren und die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers auf höhere Altersrente sind die Regelungen der §§ 63 ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) über die Rentenhöhe. Danach richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Denn gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des - vom Alter des Versicherten bei Rentenbeginn abhängigen (vgl. § 77 SGB VI) - Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen die von der Beklagten vorgenommenen Rentenberechnung im angefochtenen Bescheid nicht zu beanstanden ist und aus welchen Gründen dem Kläger keine höhere Altersrente zusteht. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 3 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten. Jene Monate im Zeitraum vom 01.01.1978 bis zum 17.03.1980, in denen der Kläger Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz erhielt und entsprechend Pflichtbeiträge gezahlt wurden, wurden von der Beklagten bei der Berechnung der Altersrente bereits als Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt. Die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit im Zeitraum von März 1978 bis Juni 1978 wurde von der Beklagten im angefochtenen Bescheid als Anrechnungszeit in die Rentenberechnung eingestellt (s. Anlage 4 Seite 5: mit 0,2360 Entgeltpunkten). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen zu der Frage, aus welchen Gründen die übrigen Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug (Dezember 1978 bis März 1979 und September 1979 bis Januar 1980 = neun Monate) nicht als Anrechnungszeiten in die Rentenberechnung des Bescheides vom 10.11.2004 Eingang fanden. Denn selbst wenn diese neun Monate als Anrechnungszeiten berücksichtigt würden, ergäbe sich kein höherer Rentenanspruch. Nach den insoweit nicht zu beanstandenden Berechnungen der Beklagten sind Anrechnungszeiten mit 0,0737 Entgeltpunkten zu bewerten (Anlage 4 Seite 4 des angefochtenen Bescheides). Neun Monate Anrechnungszeiten würden damit 0,6633 Entgeltpunkte ergeben, sodass sich die von der Beklagten für die Altersrente ermittelte Summe der Entgeltpunkte (23,2888) durch Berücksichtigung dieser neun Monate Anrechnungszeiten um diesen Betrag auf 23,9521 erhöhen würde. Tatsächlich aber legte die Beklagte der Berechnung der Altersrente eine noch höhere Summe an Entgeltpunkten (25,0470) zu Grunde, nämlich jene aus der Berechnung der zuvor bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Bei deren Berechnung wurden die in Rede stehenden Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug als Ausfallzeiten berücksichtigt (s. die Rentenberechnung im Bescheid vom 18.05.1983). Im Ergebnis sind somit die Zeiten der Arbeitslosigkeit auch ohne Leistungsbezug - wie der Kläger im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 19.03.2007 an das Sozialgericht sogar eingeräumt hat und wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausführte - bei der Berechnung der Regelaltersrente berücksichtigt.

Ohne Bedeutung ist auch die Behauptung des Klägers, mit der Bewilligung der Regelaltersrente sei eine Kürzung des Gesamtleistungswertes für die Anrechnungszeiten eingetreten. Wie sich aus dem Vergleich der Rentenhöhe im Bescheid vom 29.07.2004 einerseits und im angefochtenen Bescheid vom 10.11.2004 andererseits ergibt, ist die Rentenhöhe gleich und die behauptete Kürzung somit ohne Auswirkung geblieben.

Gleiches gilt, soweit der Kläger eine Beitragsminderung der während der Ausbildung entrichteten Beiträge rügt. Im Übrigen nimmt der Kläger selbst Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 27.02.2007, 1 BvL 10/00 (in SozR 4-2600 § 58 Nr. 7), wonach die vom Gesetzgeber eingeführte rentenrechtliche Neubewertung der ersten Berufsjahre verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Auch dem Ansinnen des Klägers, ihm müsse eine längere Zurechnungszeit - bis zum 60. Lebensjahr - zugebilligt werden, kann nicht gefolgt werden. Anrechnungszeiten sind u.a. Zeiten, in denen Versicherte eine Rente bezogen haben, soweit diese Zeiten auch als Zurechnungszeit in der Rente berücksichtigt waren, und die vor dem Beginn dieser Rente liegende Zurechnungszeit (§ 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI). Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend auf die für die Zurechnungszeit im Falle einer Erwerbsunfähigkeitsrente einschlägigen Rechtsgrundlagen (§ 59 i.V.m. 253a SGB VI) verwiesen, wonach dem Kläger bei der Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente eine Zurechnungszeit bis zum 55. Lebensjahr, also bis zum 31.12.1994 zusteht. Auch hierauf nimmt der Senat Bezug. Eine solche Zurechnungszeit wurde von der Beklagte bei der Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente eingestellt und dem entsprechend eine Anrechnungszeit des Bezuges der Erwerbsunfähigkeitsrente bei der hier streitigen Altersrente. Der Kläger rügt auch nicht eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsvorschriften über die Rentenberechnung, sondern begehrt eine Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr. Eine Rechtsgrundlage hierfür ist nicht erkennbar, auch der Kläger behauptet eine diesbezügliche Regelung nicht.

Soweit der Kläger die Anrechnungszeit des Bezuges der Erwerbsunfähigkeitsrente höher, insbesondere in Form einer fiktiven Beitragsentrichtung bewertet haben möchte, mangelt es auch insoweit an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Wie der zitierten Regelung des § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI zu entnehmen ist, kommt die Berücksichtigung der Zeit des Rentenbezuges nur als Anrechnungszeit in Betracht und so wurde dieser Zeitraum bei der Berechnung der Altersrente von der Beklagten auch eingestellt.

Nichts anderes gilt für das Begehren des Klägers, den Zeitraum vom 01.01.1995 (Ende der Zurechnungszeit) bis 31.12.2004 (Ende des Bezuges der Erwerbsunfähigkeitsrente) mit fiktiven Beiträgen bewertet zu erhalten. Selbst der Kläger vermag keine rechtliche Grundlage hierfür anzugeben.

Soweit der Kläger auf Grund der allgemeinen Erwägung, er habe krankheitsbedingt keine höheren Rentenanwartschaften aufbauen können, meint, ihm müsse höhere Altersrente zuerkannt werden, folgt ihm der Senat nicht. Inwieweit im Rahmen der Rentenberechnung Zeiten zu berücksichtigen sind, obliegt der Entscheidung des Gesetzgebers. Die vom Gesetzgeber dementsprechend aufgestellten Vorgaben für die Rentenberechnung hat die Beklagte im angefochtenen Rentenbescheid zutreffend umgesetzt. Auch insoweit erhebt der Kläger keine Einwände. Die vom Kläger in den Vordergrund gestellte Erwägung, er könne für seine Erkrankung nichts, trifft als solches zwar zu. Indessen ändert dies nichts daran, dass Zeiten der Erkrankung bzw. Erwerbsunfähigkeit und darauf beruhendem Rentenbezug (Anrechnungszeit) nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und nicht nach den Vorstellungen des Klägers in die Rentenberechnung einfließen können.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung darin sieht, dass er als Kranker nicht mit gesunden Beitragszahlern gleichgestellt wird, legt er im Grunde selbst den sachlichen Differenzierungsgrund im Sinne des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) für eine Ungleichbehandlung dar. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie nach Artikel 14 GG rügt, vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen. Denn die vom Kläger tatsächlichen entrichteten Pflichtbeiträge fließen in vollem Umfang in die Rentenberechnung ein, sodass er in den vollen Genuss seiner durch Beiträge erdienten Rentenanwartschaft kommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Dies gilt auch in Bezug auf die vom Kläger erwähnte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.05.2006 (B 4 RA 22/05 R in SozR 4-2600 § 77 Nr. 3). Denn insoweit ist zwischenzeitlich durch die spätere Entscheidung des BSG vom 14.08.2008 (B 5 R 32/07 R in SozR 4-2600 § 77 Nr. 5) geklärt, dass eine Absenkung des Zugangsfaktor hinzunehmen und nicht verfassungswidrig ist. Im Übrigen ist die Relevanz dieser Frage für den Fall des Klägers nicht ersichtlich. Denn seiner Altersrente wurde von der Beklagten im angefochtenen Bescheid der maximale Zugangsfaktor 1,0 zu Grunde gelegt.
Rechtskraft
Aus
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