L 16 (5) KR 178/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 181/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 (5) KR 178/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 7/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Auf Rev. d.Kl. wird Urteil des LSG geändert und festgestellt, dass der Ablehnungsbescheid d.Bekl. vom 01.02.2006 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2066 rechtswidrig gewesen ist. Im Übrigen wird Rev. zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.09.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Versorgung mit einem sog. Rollstuhlbike (syn.: Speedy-Bike, Hand-Bike) hat. Bei diesem Gerät handelt es sich um ein an einen Rollstuhl ankuppelbares Zuggerät, das mit einer in Brusthöhe des Rollstuhlfahrers angebrachten Handkurbel ausgestattet ist und die Kraft mittels einer Kette auf das dazugehörige Vorderrad überträgt.

Die 1987 geborene und bei der Beklagten bis 30.06.2010 krankenversicherte Klägerin leidet an einer Spina bifida in Höhe L5 mit einer darauf zurückzuführenden Paraparese der Beine mit Geh- und Stehunfähigkeit. Sie ist u.a. mit einem Aktivrollstuhl versorgt.

Im Januar 2006 beantragte die Klägerin die Versorgung mit einem Speedy-Bike unter Überreichung einer befürwortenden Bescheinigung des Orthopäden Dr. C und eines Angebotes des Sanitätshauses E über Gesamtkosten in Höhe von 3.323,83 Euro. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 01.02.2006 ab. Auf den Widerspruch der Klägerin veranlasste sie eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), die am 24.03.2006 nach Aktenlage erfolgte und keine Empfehlung zur Kostenübernahme erbrachte, weil die Mobilität der Klägerin mit einem handbetriebenen Aktivrollstuhl ausreichend gewährleistet sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei für den Nahbereich ausreichend versorgt. Das Zurücklegen längerer Wegstrecken gehöre bei Erwachsenen nicht zu den elementaren Grundbedürfnissen, für deren Sicherstellung die gesetzliche Krankenversicherung einzustehen habe.

Mit der am 08.08.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie benötige das Speedy-Bike, um Wegstrecken, die ein Gesunder ansonsten zu Fuß zurücklege (insbesondere zu den in Wohnungsnähe gelegenen Geschäften und für Behördengänge, Arztbesuche etc.), bewältigen zu können. Das beantragte Hilfsmittel diene daher lediglich zur Befriedigung des Grundbedürfnisses auf Mobilität. Gegenüber einem Greifradrollstuhl werde der für die Fortbewegung erforderliche Kraftaufwand um 80 % reduziert. Sie könne das Speedy-Bike selbständig benutzen und benötige auch für die Ankopplung an den Rollstuhl keine fremde Hilfe.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. T. In dem Gutachten vom 14.06.2007 wird ausgeführt, bei der Klägerin sei keine verwertbare Funktion der unteren Extremitäten vorhanden. Im Bereich der oberen Extremitäten bestünden Beschwerden in den Schultergelenken und Armen, die auf eine Überlastung der oberen Extremität bei Benutzung des vorhandenen Rollstuhls zurückzuführen seien. Aus orthopädischer Sicht sei deshalb die Versorgung der Klägerin mit dem Speedy-Bike zu befürworten, weil hierdurch einer Überlastung der oberen Extremität weitgehend vorgebeugt werde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen das Gutachten eingewandt, es enthalte keine tragfähige medizinische Begründung für die Erforderlichkeit des Hilfsmittels. Der vorhandene Rollstuhl sei ausreichend, um damit die auch von einem Gesunden üblicherweise zu Fuß zurückgelegten Wegstrecken im Nahbereich zu bewältigen. Der mit einem Rollstuhl-Bike erschließbare weitere räumliche Bereich unterfalle nicht dem elementaren Grundbedürfnis auf Mobilität. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 27.08.2007 hat der Sachverständige an seiner Beurteilung festgehalten, wobei er darauf hingewiesen hat, es sei eine rechtliche Bewertung, ob der weitere Bereich den Grundbedürfnissen zuzurechnen sei.

Mit Urteil vom 10.09.2008 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die Klägerin mit einem Speedy-Bike gemäß dem von ihr vorgelegten Kostenvoranschlag zu versorgen. Die Klägerin habe gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf das beantragte Hilfsmittel, weil es zum Ausgleich einer behinderungsbedingten Bewegungseinschränkung erforderlich sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. T benötige die Klägerin das Hand-Bike aus medizinischen Gründen, weil es bei der Verwendung des Greifreifenrollstuhls zu einer Überlastung der oberen Extremität komme. Die Verbesserung der Mobilität der Klägerin komme als weiterer Vorteil hinzu.

Gegen das ihr am 23.09.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.10.2008 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung macht sie geltend, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe die Klägerin keinen Anspruch auf das begehrte Hand-Bike. Zum Erreichen von Zielen im näheren Wohnumfeld sei die Klägerin mit dem vorhandenen Greifradrollstuhl ausreichend und zweckmäßig versorgt. Kürzere Wegstrecken, wie sie auch von Gesunden regelmäßig zu Fuß zurückgelegt würden, könne die Klägerin auch ohne Rollstuhl-Bike bewältigen. Nach dem Ergebnis des Gutachtens lägen bei ihr keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten vor, so dass kein Grund ersichtlich sei, weshalb nicht kürzere Wege im Nahbereich mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl zurückgelegt werden könnten. Es sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, der Klägerin das selbständige Zurücklegen von darüber hinausgehenden weiteren Strecken zu ermöglichen, denn nach § 33 SGB V werde in Bezug auf das als menschliches Grundbedürfnis anerkannte Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums lediglich ein Basisausgleich geschuldet. Dazu gehöre nicht die Ermöglichung eines vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht Behinderten. Die vom Sachverständigen genannten therapeutischen Vorteile des Speedy-Bikes führten zu keinem anderen Ergebnis, denn diese ließen sich auch mit anderen Mitteln - beispielsweise durch Krankengymnastik - erzielen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, sie benötige das Speedy-Bike aufgrund der von den oberen Extremitäten ausgehenden Beschwerden bereits für Wege, die von einem Gesunden üblicherweise zu Fuß bewältigt würden. Somit solle das Rollstuhl-Bike für Fahrten im Nahbereich eingesetzt werden.

Der Senat hat ein weiteres fachorthopädisches Gutachten von Dr. T eingeholt. Bei der am 03.04.2009 erfolgten ärztlichen Untersuchung hat die Klägerin angegeben, die von ihr bei der letzten Begutachtung geklagten Beschwerden am Schultergürtel und der Halswirbelsäule hätten sich zwischenzeitlich verschlechtert. Bei Verwendung des vorhandenen Rollstuhls verspüre sie nach etwa 10 Minuten zunehmende Schmerzen, mache dann eine 2- bis 3-minütige Pause, und könne sodann wieder einen entsprechenden Weg zurücklegen. Sie befinde sich in regelmäßiger orthopädischer Therapie, Krankengymnastik werde ihr weiterhin verordnet. Der Sachverständige hat eine Verschlechterung der Funktion der Schultergelenke gegenüber der Situation bei der Vorbegutachtung beschrieben und ist zu dem Ergebnis gelangt, die Untersuchung habe die Angaben der Klägerin zu den ihr möglichen Wegstrecken bei Benutzung des Greifreifenrollstuhls untermauert. Es sei damit zu rechnen, dass die degenerativen Veränderungen bei Verwendung eines Rollstuhl-Bikes in erheblich geringerem Maße fortschreiten würden als bei der Benutzung eines konventionellen Rollstuhls. Bei Fortschreiten der schon jetzt festgestellten und seit 2006 deutlich verstärkten Funktionsstörungen sei davon auszugehen, dass die Verordnung eines Elektrorollstuhls erforderlich werde.

Die Beklagte ist der Beurteilung von Dr. T unter Überreichung eines sozialmedizinischen Gutachtens des MDK vom 05.06.2009 entgegengetreten, zu der der Sachverständige unter dem 24.11.2009 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben hat. Auf die vorgenannten Unterlagen wird Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten und der die Klägerin betreffende Akte der Pflegekasse verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zu Recht eine Versorgung der Klägerin mit dem beantragten Rollstuhl-Bike abgelehnt.

Dass die Klägerin zum 30.06.2010 ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten gekündigt hat, stand einer Entscheidung des Senats nicht entgegen. Da sich die Klägerin das Rollstuhl-Bike noch nicht selbst beschafft hat, ist ein Sachleistungsanspruch Streitgegenstand. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats war die Klägerin noch bei der Beklagten versichert , so dass der Senat über diesen noch gegen die Beklagte gerichteten Sachleistungsanspruch zu entscheiden hatte.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung eines Hand-Bike, denn ein solches Zuggerät ist zum Ausgleich ihrer Behinderung nicht erforderlich. Die Mobilität der Klägerin ist vielmehr mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl in ausreichendem Maß sichergestellt.

Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

1. Ein Hand-Bike ist nicht zum Gebrauch durch jedermann bestimmt und deshalb kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Vielmehr handelt es sich um eine handbetriebene Zugvorrichtung speziell für Rollstühle, die nur von Kranken und Behinderten benutzt wird. Das Hilfsmittel ist auch nicht durch Rechtsverordnung ausgeschlossen.

2. Es fehlt aber an der Erforderlichkeit der Versorgung mit einem Hand-Bike i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

a) Zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (1. Variante des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V) benötigt die Klägerin das Hand-Bike nicht. Auch wenn die Benutzung eines Hand-Bikes die von Dr. T genannten gesundheitlichen Vorteile bietet, ist eine - von der Klägerin auch in Anspruch genommene - Krankengymnastik ausreichend und sogar besser geeignet, Verbesserungen der körperlichen und seelischen Verfassung eines behinderten Menschen zu erreichen. Die Klägerin macht im Übrigen selbst nicht geltend, sie benötige das Hand-Bike aus therapeutischen Gründen.

b) Entgegen ihrer Auffassung ist aber die Benutzung des Hand-Bikes auch nicht erforderlich, um ihre Behinderung auszugleichen (3. Variante des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

aa) Gegenstand des Behinderungsausgleichs sind neben den Mitteln, die unmittelbar die ausgefallene Funktion ersetzen (unmittelbarer Behinderungsausgleich) auch solche, die nur die Folgen des Funktionsverlustes ausgleichen. Soweit - wie hier - es nicht um den Ausgleich der Behinderung als solche, sondern um den Ausgleich der Folgen der Behinderung geht (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich) ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Hilfsmittel von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur zu gewähren, wenn es die Auswirkung der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen oder geistigen Freiraums (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 3, 7 m.w.N.). bb) Das Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" ist jedoch von der gesetzlichen Krankenversicherung nur i.S. eines Basisausgleichs der Behinderung sicherzustellen und nicht i.S.d. vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden. Das BSG hat insoweit zunächst auf diejenigen Entfernungen abgestellt, "die ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt" (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 7). Später hat es das Grundbedürfnis auf die Fähigkeit konkretisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 31, seither ständige Rechtsprechung). Hierzu zählt es z.B. das Einkaufen, die Erledigung von Post- und Bankgeschäften sowie den Besuch von Apotheken, Ärzten und Therapeuten (s. etwa BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 15). Kann sich ein behinderter Versicherter mit Hilfe eines Selbstfahrerrollstuhls in dem so bezeichneten Nahbereich bewegen, ist dem Grundbedürfnis auf Fortbewegung genüge getan. Nicht zu den Grundbedürfnissen rechnet das BSG das Zurücklegen längerer Wegstrecken wie sie üblicherweise von Radfahrern oder Joggern zurückgelegt werden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 31; BSG, Beschluss vom 22.04.2009 - B 3 KR 54/08 B -). Es hat lediglich für Jugendliche auch Entfernungen berücksichtigt, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt, wobei das Hilfsmittel aber nicht wegen der Erweiterung des Freiraums, sondern nur wegen der dadurch geförderten Einbeziehung eines behinderten Jugendlichen in den Kreis der gleichaltrigen gesunden Jugendlichen zugesprochen worden ist (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 27). Dagegen ist der Anspruch eines Erwachsenen auf Ausrüstung seines Rollstuhls mit einer mechanischen Zugvorrichtung der hier streitigen Art verneint worden ist (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 31; kritisch zur Differenzierung zwischen jugendlichen und erwachsenen Behinderten hinsichtlich des Grundbedürfnisses Radfahren Fastabend/T, Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, 2004, Rdnr. 168 a.E.).

cc) Der vorliegenden Rechtsprechung des BSG lässt sich weder zuverlässig entnehmen, dass die Versorgung eines Erwachsenen mit einem Speedy-Bike grundsätzlich ausgeschlossen ist (zu 1), noch welche Wegstrecken ein Versicherter mit einem handbetriebenen Rollstuhl zurücklegen können muss, damit sein Grundbedürfnis auf Fortbewegung i.S.d. oben zitierten Rechtsprechung sichergestellt ist (zu 2).

(1) Das BSG hat allerdings im Urteil vom 16.09.1999 (B 3 KR 2/99 R), einer unveröffentlichten Parallelentscheidung zu dem in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31 veröffentlichten Urteil vom gleichen Tag, ausgeführt, ein Hand-Bike diene nicht dem Ausgleich der fehlenden Gehfähigkeit, sondern dem Ersatz des Radfahrens. Es hat damit das Vorbringen des dortigen Klägers, er könne wegen Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich mit dem Greifrollstuhl lediglich Strecken von ca. 1000 m zurücklegen, als unerheblich bezeichnet, weil sich bei Schmerzzuständen als Folge des Rollstuhlfahrens allenfalls die Frage stelle, ob eine Versorgung mit einem Elektrorollstuhl geboten sei. Da das Rollstuhl-Bike für Erwachsene kein Hilfsmittel sei, stelle sich die Frage eines Wahlrechts bzw. der Wirtschaftlichkeit gegenüber einem Elektrorollstuhl nicht, da sie voraussetze, dass zwei gleichgeeignete Hilfsmittel zur Wahl stünden.

Es kann dahinstehen, ob es überzeugend ist, die Hilfsmitteleigenschaft eines Hand-Bikes bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu bejahen, dagegen bei Erwachsenen zu verneinen; zutreffender dürfte es vielmehr sein, dass es sich zwar um ein Hilfsmittel handelt, jedoch die Erforderlichkeit im Einzelfall anders zu beurteilen ist. Das BSG hat jedenfalls in der weiteren Rechtsprechung an seiner apodiktischen Aussage, dass ein Hand-Bike (nur) auf den Ausgleich der Behinderung außerhalb des Rahmens eines allgemeinen Grundbedürfnisses abziele, nicht festgehalten (ohne allerdings die vorgenannte Rechtsprechung ausdrücklich aufzugeben). Im Urteil vom 28.05.2003 (B 3 KR 33/02 R) hat es den auf die Gewährung eines Hand-Bikes gerichteten Rechtsstreit wegen eines Verfahrensmangels zurückverwiesen und insoweit dem Berufungsgericht eine Klärung des Sachverhalts zu dem Vortrag des dortigen Klägers aufgegeben, er sei aus gesundheitlichen Gründen gehindert, sich mit dem Greifrollstuhl fortzubewegen und die Benutzung eines Elektrorollstuhls sei gegenüber dem von ihm beanspruchten Hand-Bike kostengünstiger. Es ist also in diesem Urteil nicht mehr davon ausgegangen, dass ein Hand-Bike grundsätzlich als Fortbewegungsmittel nicht in Betracht komme. Schließlich hat es im Urteil vom 24.05.2006 (SozR 4-2500 § 33 Nr. 6) einen Anspruch auf die behindertengerechte Zusatzausrüstung für ein Liegedreirad bejaht, weil das Liegedreirad zur Erschließung eines über 200 m hinausgehenden Freiraums erforderlich sei. Dabei hat das BSG zum einen betont, es sei nicht ausgeschlossen, einem Versicherten ein Hilfsmittel, das eine dem Radfahren vergleichbare Art der Mobilität ermögliche, zu gewähren, wenn damit zugleich ein Grundbedürfnis, hier: Erschließen des Freiraums anstelle eines sonst erforderlichen Elektrorollstuhls, erfüllt werde. Zum anderen hat es die gewünschte Versorgung mit einem Liegedreirad gegenüber dem angebotenen Elektrorollstuhl für angemessen und berechtigt erklärt, weil das Liegedreirad objektiv gesundheitliche Vorteile biete.

Der Rechtsprechung des BSG kann also nicht entnommen werden, dass ungeachtet des Umstandes, dass ein Hand-Bike (auch) eine deutlich über den - wie auch immer umschriebenen - Nahbereich hinausgehende Mobilität ermöglicht, als Hilfsmittel für Erwachsene nicht in Betracht kommt, wenn mit dem Greifrollstuhl die Bewegungsfreiheit nicht in ausreichendem Maße sichergestellt ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zwar zusammen mit der Antriebseinheit die Wendigkeit eines Rollstuhls eingeschränkt ist, so dass Geschäfte, Arztpraxen etc. kaum mit der gesamten Einheit aufgesucht werden können. Das von der Klägerin begehrte System ermöglicht jedoch ein einfaches An- und Abkuppeln der Antriebseinheit, die auch von dem Rollstuhlfahrer selbst vorgenommen werden kann (s. http://www.speedy-reha-technik.de/handbikes/handbikes/ speedy-bike). Es ist also möglich, mit Hilfe der Zugvorrichtung aus eigener Körperkraft die Wegstrecke zum Erreichen der für die Erledigung von Alltagsgeschäften aufzusuchenden Stellen zurückzulegen und am Zielort nach Abkuppeln des Hand-Bikes sich "normal" mit dem Rollstuhl fortzubewegen. Somit kann grundsätzlich ein Hand-Bike als Alternative zu einem Elektrorollstuhl in Betracht kommen, falls mittels eines Greifreifenrollstuhls die Mobilität nicht in ausreichendem Maße sichergestellt ist. Die Klägerin hat auch glaubhaft vorgetragen, sie könne ein Speedy-Bike selbständig benutzen.

(2) Wie oben dargelegt, hat das BSG das Grundbedürfnis auf Bewegungsfreiheit dahingehend umschrieben, es betreffe die Fähigkeit, außerhalb der Wohnung bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft" zu kommen oder die - üblicherweise im Nahbereich liegen - den Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen seien. Es hat zuletzt im Urteil vom 12.09.2009 (B 3 KR 8/08 R) verlangt, der Versicherte müsse im Stande sein, den Nahbereich der Wohnung mit dem handbetriebenen Rollstuhl ohne übermäßige Anstrengung, schmerzfrei und aus eigener Kraft in normalem Rollstuhltempo zu bewältigen.

Aus diesen Aussagen lässt sich keine Mindeststrecke ableiten, die dem Behinderten möglich sein muss, zumal die genannten Aktivitäten unterschiedlicher Natur sind. Während es für einen "kurzen Aufenthalt an der frischen Luft" nicht darauf ankommt, welche Wegstrecke ein behinderter Mensch noch zurücklegen kann, gilt dies für die Erledigung von Alltagsgeschäften nicht. Hier stellt sich die Frage, welche Wegstrecke zum Erreichen der - angeblich - üblicherweise im Nahbereich von Wohnungen gelegenen Stellen zurückzulegen sind, die der Versicherte zudem in zumutbarer Zeit bewältigen können muss, damit davon ausgegangen werden kann, er könne die bezeichneten Alltagsgeschäfte erledigen. Aus der Rechtsprechung liegen bisher keine klaren Aussagen zu einer Mindestwegstrecke vor: Das BSG hat lediglich eine Wegstrecke von 200 m nicht für ausreichend gehalten (SozR 4-2500 § 33 Nr. 12 Rz. 15; ebenso LSG NRW, Urteil vom 17.10.2000 - L 5 KR 84/00 -; s.a. Hessisches LSG, Urteil vom 20.09.2006 - L 8/14 KR 376/04 -: 100 m nicht ausreichend). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte sind - ohne diese Größe zu begründen - Wegstrecken von 1000 m (Hessisches LSG, Urteil vom 24.08.2008 - L 8 KR 40/07 -) oder 500 m (Sächsisches LSG, Urteil vom 5.4.2006 - L 1 KR 79/05 - (allerdings unter Berücksichtigung des konkreten Wohnumfeldes); SG Aachen, Urteil vom 17.06.2007 - S 13 (2) KR 26/07 -) für ausreichend gehalten worden. Das LSG Niedersachsen-Bremen (NZS 2005, 255) hat bezweifelt, dass innerhalb eines räumlichen Bereichs von 500 m Alltagsgeschäfte erledigt werden können; im konkreten Fall hat es jedoch darauf abgestellt, dass das zugesprochene Versehrten-Fahrrad zum Transport der eingekauften Lebensmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs erforderlich sei.

Erst recht lässt sich aus der Annahme des BSG, die Stellen, an denen die Alltagsgeschäfte zu erledigen seien, lägen "üblicherweise" im Nahbereich der Wohnung, nichts für die Bestimmung einer Mindestwegstrecke gewinnen. Tatsächliche Feststellungen dazu, welche Entfernungen "üblicherweise" zum Erreichen von Geschäften, Arztpraxen, Apotheken, etc. zurückzulegen sind, hat das BSG nämlich nicht getroffen. Auf die konkreten Verhältnisse des Wohnumfeldes (einschließlich der topographischen Gegebenheiten) soll es auch nicht ankommen, entscheidend soll vielmehr ein "allgemeiner, an durchschnittlichen Lebens- und Wohnverhältnissen orientierter Maßstab" sein (BSG, Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 8/08 R -). Insoweit erscheint zweifelhaft, dass angesichts der Vielfältigkeit der Lebensverhältnisse sich tatsächliche Feststellungen zur Bestimmung "durchschnittlicher" Verhältnisse treffen lassen. Soll es im Übrigen darauf ankommen, dass der Versicherte Alltagsgeschäfte erledigen kann, wäre die Orientierung am "Durchschnitt" (d.h. einem zwischen zwei Extremen liegenden Ergebnis, s. Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 3. Aufl., Duden Band 10, Stichwort "Durchschnitt") nicht zielführend. Mit Blick auf die Betonung des Einzelfalles in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V und die ausdrückliche Forderung nach Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse in § 33 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) würde dem Versorgungsanspruch eines Versicherten, dessen Wohnort nicht diese "durchschnittlichen Verhältnisse" aufweist, kaum Rechnung getragen werden.

dd) Da es andererseits für eine Massenverwaltung völlig unpraktikabel wäre, bei entsprechenden Leistungsanträgen die jeweils konkreten Wohnumfeldverhältnisse zu ermitteln, dürfte es sachgerechter sein, die Formel, der Versicherte müsse die Stellen im Nahbereich, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen seien, aufzugeben und davon unabhängig den räumlichen Bereich zu bestimmen, den sich ein behinderter Versicherter mittels eines Greifrollstuhls noch erschließen können muss.

(1) Das BSG hat zunächst im Urteil vom 08.06.1994 (a.a.O.) auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Diese Formulierung scheint an die für die Erteilung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) bestimmten Voraussetzungen anzuknüpfen. Nach § 146 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor, die nach § 145 Abs. 1 SGB IX zur unentgeltlichen Beförderung im Nahverkehr berechtigt, wenn die behinderten Menschen keine Wegstrecken im Ortsverkehr mehr zurücklegen können, die "üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden". In der Anlage 2 zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung Teil D Nr. 1 wird in lit. b Satz 3 als ortsübliche Wegstrecke eine Strecke von etwa 2 km, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird, definiert. Mit dieser Bestimmung ist die früher von der Rechtsprechung (BSGE 62, 273) zu § 59 Schwerbehindertengesetz festgelegte Wegstrecke übernommen worden.

Auf diese im Schwerbehindertenrecht maßgebliche Wegstrecke dürfte aber für die GKV nicht zurückgegriffen werden können. Zweck der genannten Regelung ist es, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am öffentlichen Personenverkehr wenigstens teilweise zu fördern. Sie erhalten einen erleichterten Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn ihre Behinderung die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr betrifft (Masuch in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 145 Rdnr. 1c). Ihnen wird ein finanzieller Ausgleich dafür gewährt, dass öffentliche Verkehrsmittel auf Strecken benutzt werden müssen, die andere üblicherweise zu Fuß zurücklegen und die der Behinderte ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen selbst noch laufen würde (BSGE 62, 273, 276 f). Bei der Festlegung der ortsüblichen Wegstrecke hat das BSG dementsprechend berücksichtigt, dass nicht behinderte Menschen nicht nur die Wege zu den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, sondern vielfach auch den Weg zwischen zwei Haltestellen zu Fuß zurücklegen, anstatt für diese kurze Strecke öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (BSG a.a.O., S. 280). Somit schließt die "ortsübliche Wegstrecke" i.S.d. Schwerbehindertenrechts auch Entfernungen ein, die (jedenfalls z.T.) mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden und geht somit deutlich über den im Rahmen des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V maßgeblichen Nahbereich hinaus. (2) Der Senat hält dagegen die Orientierung an dem in der gesetzlichen Rentenversicherung zur Anwendung kommenden Grenzwert von 500 m für sachgerecht. Bekanntlich gehört zur Erwerbsfähigkeit eines Versicherten i.S.d. § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Soweit der Versicherte nicht über ein Kfz verfügt und für den Arbeitsweg auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen ist, muss er in der Lage sein, Entfernungen über 500 m zu Fuß in zumutbarer Zeit (maximal 20 Minuten) zurückzulegen. Für die Bestimmung dieser erforderlichen Fußwegstrecke hat das BSG wegen der Notwendigkeit einer von den konkreten Gegebenheiten unabhängigen allgemeingültigen Abgrenzung des Versicherungsrisikos und der Anforderungen einer Massenverwaltung einen generalisierenden Maßstab angesetzt. Es ist aufgrund allgemeiner Erfahrung davon ausgegangen, dass Wegstrecken über 500 m üblicherweise zu Fuß zurückzulegen sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs zu erreichen (zusammenfassend BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, juris Rz. 18 ff.). Wenn somit ein Erwerbstätiger in der Lage sein muss, von seiner Wohnung aus 500 m zu Fuß zu gehen, um dann mit Hilfe öffentlicher Verkehrsmittel einen Arbeitsplatz zu erreichen, dürfte diese Entfernung auch die Grenze markieren, die ein Behinderter mit einem Aktivrollstuhl zurücklegen können muss, um sich den Nahbereich seiner Wohnung zu erschließen. Geht man davon aus, dass öffentliche Nahverkehrsmittel - ebenso wie ein Pkw - typischerweise dazu dienen, den jenseits des Nahbereichs liegenden räumlichen Bereich ("Fernbereich") zu erschließen, zählt (nur) die Strecke für das Erreichen öffentlicher Verkehrsmittel noch zum Nahbereich. Wenn erst jenseits dieser Grenzstrecke typischerweise die Inanspruchnahme eines Autos oder öffentlicher Verkehrsmittel beginnt, kann ein behinderter Mensch einen Elektrorollstuhl bzw. eine gleichwertige Mobilitätshilfe nur von der GKV beanspruchen, wenn er diese Grenzstrecke nicht aus eigener Kraft zurücklegen kann, nicht jedoch für das Zurücklegen weiterer Wegstrecken. Dem Charakter einer Normstrecke entsprechend kommt es dann auf die örtlichen topographischen Verhältnisse und besondere Beschaffenheiten des konkreten Weges nicht an (vgl. BSG a.a.O., juris Rz. 19).

dd) Erforderlich i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist somit ein Elektrorollstuhl bzw. ein gleich geeignetes Zuggerät für einen Rollstuhl erst, wenn ein behinderter Mensch mittels eines Aktivrollstuhls eine Strecke von (geringfügig) mehr als 500 m nicht in zumutbarer Zeit zurücklegen kann. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Sie kann nach ihrer Angabe anlässlich der Untersuchung durch Dr. T am 03.04.2009 etwa 10 Minuten mit dem Aktivrollstuhl fahren, bevor sie schmerzbedingt eine zwei- bis dreiminütige Pause einlegen muss, um sodann wieder einen entsprechenden Weg zurücklegen zu können. Dr. T hat diese Angaben der Klägerin nach dem Ergebnis seiner Untersuchung bestätigt. Auch mit diesem eingeschränkten Leistungsvermögen ist dem elementaren Grundbedürfnis auf Fortbewegung genüge getan. Da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Klägerin mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl nur noch ein sehr langsames Fortkommen möglich ist (dagegen spricht schon, dass die Klägerin bei der ersten Begutachtung im Juni 2007 angegeben hatte, sie spiele in einer Behindertensportgruppe Basketball und bei der zweiten Untersuchung lediglich angegeben hat, sie könne aus Zeitgründen nicht mehr am Sport teilnehmen), kann davon ausgegangen werden, dass sie bei einer zehnminütigen Fortbewegung jedenfalls im Durchschnitt langsames Fußgängertempo (ca. 3 km pro Stunde) erreicht. Damit wäre sie in der Lage, innerhalb von 10 Minuten eine Strecke von 500 m zurückzulegen. Nach einer durchaus zumutbaren kurzen Erholungspause von zwei bis drei Minuten ist sie sodann zu einer entsprechenden Weiterfahrt in der Lage. Damit kann sie innerhalb eines zeitlichen Rahmens von 20 Minuten Wegstrecken von deutlich über 500 m zurücklegen. Somit ist mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl ihr Grundbedürfnis auf Mobilität sichergestellt; sie hat damit entgegen der Ansicht des Sozialgerichts keinen Anspruch auf eine weitergehende Versorgung gegen die Beklagte. Es konnte deshalb offen bleiben, ob die für die Wegefähigkeit im Sinne des Erwerbsminderungsrentenrechts entwickelte Zeitgrenze von etwa 20 Minuten auf den hier fraglichen krankenversicherungsrechtlichen Behinderungsausgleich durch Hilfsmittel zu übertragen ist. Daran bestehen allerdings schon deshalb erhebliche Zweifel, weil Arbeitswege zweimal täglich und im Allgemeinen häufiger sowie teilweise unter widrigen Witterungsverhältnissen und auch unter mehr Zeitdruck zurückzulegen sind und dem Versicherten neben der reinen Arbeitszeit keine zu langen Zeiten für den Arbeitsweg zugemutet werden können. Demgegenüber kann einem behinderten Menschen für das Zurücklegen der in der Regel selteneren Wegstrecken im Rahmen des Grundbedürfnisses auf Mobilität auch eine längere Zeitspanne zugemutet werden.

Das Urteil des Sozialgerichts konnte damit keinen Bestand haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Senat hat die Revision zugelasssen, weil er der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch eines gehbehinderten Versicherten auf eine über einen Aktivrollstuhl hinausgehende Mobilitätshilfe besteht, grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), da in einer Vielzahl von Fällen die Bestimmung des maßgeblichen Nahbereichs umstritten ist und einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.
Rechtskraft
Aus
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