Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 3352/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 389/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. September 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung zu gewähren.
Die 1928 geborene Klägerin ist als Rentnerin bei der Beklagten versichert. Sie leidet an einem Zustand nach osteoklastischer Trepanation und Dura-Erweiterungsplastik (April 2002) bei epiduralem und intracerebralem Abszess sowie Abszess des rechten Oberlides, an einer symptomatischen Epilepsie mit fokalen Anfällen der linken Körperhälfte (seit Juni 2002), an einem hirnorganischen Psychosyndrom bei zunehmender Demenz und intermittierenden Wahnvorstellungen, an primärer chronischer Polyarthritis sowie an einer depressiven Episode. Die Klägerin sitzt im Rollstuhl und ist zunehmend immobil. Sie befindet sich in vollstationärer Pflege und bezieht seit dem 1. April 2005 Leistungen der Pflegestufe III. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie das Merkzeichen "G" anerkannt.
Vom 24. August bis 17. September 2004 befand sich die Klägerin zuletzt in einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Vom 9. bis 21. Mai 2007 wurde die Klägerin stationär behandelt. Arzt für Neurologie Dr. B. gab im Entlassungsbericht vom 12. Juni 2007 an, die Klägerin leide an Vigilanzminderung bei Exsikkose, Hypotonie, Hypokaliämie, an einem Harnwegsinfekt, an Pneumonie rechts, an einer spastischen Hemiparese links bei Zustand nach intracerebralem Abszess im April 2002 und einer fokalen Epilepsie. Es sei vorläufig eine Magensonde appliziert worden. Die Klägerin habe in einem gebesserten Allgemeinzustand entlassen werden können.
Am 6. Juni 2008 verordnete Facharzt für Innere Medizin Dr. D. eine medizinische stationäre Rehabilitation (bei der Beklagten am 11. Juni 2008 eingegangen). Als rehabilitationsrelevante Diagnosen gab er an: Zustand nach osteoklastischer Trepanation und Dura-Erweiterungsplastik (April 2002) bei epiduralem und intracerebralem Abszess sowie Abszess des rechten Oberlides, primäre chronische Polyarthritis und depressive Episode. Die Klägerin sei wegen Schmerzen an den Händen und Füßen, wegen einer Gonalgie beidseits und konsekutiv beginnenden Kontrakturen in den Unterschenkeln rehabilitationsbedürftig. Die Rehabilitationsfähigkeit sei zu bejahen. Als Rehabilitationsziele gab er die Linderung der Schmerzen, Verbesserung der Mobilität und Verbesserung der Teilhabe an. Im Hinblick auf die rehabilitationsbegründende Indikation habe bisher hausärztliche, neurologische und orthopädische Betreuung, medikamentöse Behandlung, Bewegungstherapie und Ergotherapie stattgefunden. Die Beklagte holte daraufhin die Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) vom 18. Juni 2008 ein, der kein Rehapotenzial sah und die Auffassung vertrat, dass die ambulante Therapie ausreichend und zweckmäßig sei. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 24. Juni 2008 ab. Bei den vorhandenen Diagnosen und dem Krankheitsverlauf sowie unter Beachtung der Pflegestufe III bestehe keine positive Rehabilitationsprognose. Auch seien ambulante Therapiemöglichkeiten am Wohnort ausreichend und zweckmäßiger.
Mit Schreiben vom 8. Juli 2008 wandte sich Dr. D. an den MDK und führte aus, er betreue die Klägerin seit dem 16. April 2002. Nach seinem Dafürhalten profitiere die Klägerin von einem stationären Rehabilitationsaufenthalt. Die empfohlene ambulante Behandlung sei in der Vergangenheit in Form von regelmäßiger Ergotherapie und Krankengymnastik erfolgt und weitestgehend erschöpft, so dass nur eine stationäre Behandlung eine Verbesserung verspreche. Er habe deshalb der Klägerin empfohlen, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen.
Der Ehemann der Klägerin, der über eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht verfügt, wies in seinem Widerspruch vom 14. Juli 2008 für die Klägerin daraufhin, dass er diese jahrelang zu Hause gepflegt habe. Die stationäre Behandlung im Jahr 2007 im Krankenhaus S. E., R., habe zu einem guten Erfolg geführt. Er schlage als geeignete Rehabilitationseinrichtung B. W. vor. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten von Dr. B. vom MDK vom 28. Juli 2008 ein. Nach dessen Einschätzung sei aufgrund der chronischen Erkrankung der Klägerin nicht von einer ausreichenden Belastbarkeit auszugehen, so dass eine Rehabilitationsfähigkeit nicht zu erkennen sei. Ein Telefonat mit Dr. D. habe ergeben, dass die Immobilität und die Kontrakturen zugenommen hätten. Auch habe er einen mittelfristigen Erfolg nicht sehen können. Daher sei eine Verbesserung der Mobilität und auch eine weitere Verbesserung der Teilhabe angesichts des langjährigen Erkrankungsbildes nicht zu erwarten. Aufgrund des Alters der Klägerin sei auch mit einem weiteren Abbau zu rechnen. Eine nachhaltige positive Wirkung durch das begehrte stationäre Heilverfahren könne daher nicht erzielt werden. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2008 zurück. Dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden, da die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme medizinisch nicht sinnvoll sei. Eine ausreichende Schmerztherapie sei mit einer adäquaten medikamentösen Therapie möglich.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. November 2008 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, nach Auffassung des Hausarztes Dr. D. sei ein stationäres Heilverfahren mit orthopädischem und neurologischem Schwerpunkt erforderlich. Die Maßnahme sei zur Linderung der Schmerzsymptomatik der Hände und Füße, der Gonalgie und bei beginnenden Kontrakturen in den Unterschenkeln zur Verbesserung der Mobilität und der Teilhabe unumgänglich.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich befragt.
Dr. D. hat angegeben (Auskunft vom 14. März 2009), er behandle die Klägerin seit April 2002. Bei seinen zahlreichen Hausbesuchen sei die Klägerin zeitweise desorientiert gewesen, was er auf ein hirnorganisches Psychosyndrom zurückführe. Auch sei es zunehmend zu Wahnvorstellungen gekommen, weshalb er die Klägerin habe psychiatrisch untersuchen lassen. Der Neurologe Dr. M. habe jedoch von der Verordnung von Neuroleptika abgeraten. Die Klägerin werde seit 2003 kontinuierlich krankengymnastisch behandelt (Frequenz: zwei Mal pro Woche). Weiterhin finde seit Mai 2004 - ebenfalls zwei Mal pro Woche - Ergotherapie statt. Ob die insbesondere vom Ehemann gewünschte Rehabilitation einen dauerhaften Erfolg bringe, sei angesichts des fortgeschrittenen Krankheitsbildes eher fraglich. Andererseits könne man davon ausgehen, dass sich das Befinden der Klägerin unter der jetzigen Therapie weiterhin kontinuierlich verschlechtern werde. Zu beachten sei, dass die Klägerin zunehmend immobil werde und sich typische Folgeerkrankungen wie Kontrakturen entwickelt hätten. Die ambulanten physiotherapeutischen Maßnahme vor Ort seien jedoch weitgehend erschöpft, eine signifikante Besserung sei in ihrem Heim nicht zu erwarten. Dr. D. fügte seiner Auskunft mehrere Arztbriefe bei. Arzt für Psychiatrie Dr. M. hat in seinem Arztbrief vom 14. Juli 2008 angegeben, die Klägerin sei hochgradig verwirrt und es bestünden kognitive Einschränkungen vom Ausmaß einer mittelschweren bis schweren Demenz. Die Klägerin leide mithin an einer organisch wahnhaften schizophreniformen Störung. Ein Neuroleptikum sei jedoch nicht sinnvoll. Die Klägerin solle immer wieder validierend in Kontakt mit der Umwelt gebracht werden. Ärztin für Innere Medizin Dr. F. hat in ihrem Arztbrief vom 26. August 2008 angegeben, die Klägerin könne nicht mehr stehen oder gehen. Die rheumatoide Arthritis sei weitgehend ausgebrannt, so dass auch im Hinblick auf das Alter der Klägerin keine weitere Basistherapie empfohlen werden könne. In der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Neurologie Dr. S. (Krankenhaus S. E.) vom 13. Mai 2008 hat dieser angegeben, dass es während des stationären Aufenthaltes im Jahr 2007 zu einer Verbesserung der Kommunikation gekommen sei. Es bestünden aus neurologischer Sicht berechtigte Aussichten, durch eine erneute intensive Physiotherapie und unterstützende, vor allem psychothrope medikamentöse Behandlung eine spürbare Verbesserung der Eigenaktivität und Mobilität der Klägerin zu erreichen. Er befürworte daher eine stationäre Rehabilitationsbehandlung.
In seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 07. Juli 2009 hat Dr. S. mitgeteilt, er habe die Klägerin zuletzt im Jahr 2007 während des stationären Aufenthalts gesehen. Er halte eine stationäre Rehabilitation für erforderlich und erfolgsversprechend. Intensive Physiotherapie mit unterstützender medikamentöser Behandlung im ambulanten Rahmen sei aufgrund des aktuellen Zustandes der Klägerin wenig erfolgversprechend, da die begleitenden Probleme mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr, Behandlung interkurrenter Infekte und die anzustrebende Intensität der krankengymnastischen, ergotherapeutischen und logopädischen Therapie im ambulanten Rahmen nicht zu gewährleisten sei. Ihm lägen keine Befunde dahingehend vor, dass seither eine zusätzliche Schädigung des Gehirns eingetreten sei, welche eine neuerliche Verbesserung des Zustandes ausschließe.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage des Pflegegutachtens des MDK, R., vom 23. August 2005 entgegen getreten. Die Gutachterin empfahl hierin eine vollstationäre Pflege sowie die Einstufung in die Pflegestufe III bei 246 Minuten Zeitaufwand für die Grundpflege pro Tag.
Mit Urteil vom 29. September 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs auf stationäre Rehabilitation zur Zeit der Antragstellung vorgelegen hätten. Aufgrund der Auskunft des Dr. D. vom 14. März 2009 stehe nunmehr fest, dass die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien. Es fehle an der Rehabilitationsfähigkeit. Der Zustand der Klägerin habe sich insbesondere im Hinblick auf Mobilität und Psyche derart verschlechtert, dass keine realistische Aussicht mehr bestehe, dass die in § 11 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) genannten Ziele mit Hilfe der stationären Rehabilitation noch erreicht werden könnten. Dies folge insbesondere aufgrund des geistig-seelischen Zustandes der Klägerin, die an Desorientierung, intermittierenden Wahnvorstellungen und zunehmender Demenz leide. Die Beurteilung des Dr. S. könne der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, da der letzte persönliche Kontakt im Jahr 2007 bestanden habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 23. Januar 2010, vertreten durch ihren Ehemann, Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, sämtliche Ärzte hielten die Kur für unbedingt erforderlich. Es sei traurig, dass diesen Ärzten nicht geglaubt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. September 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2008 zu verurteilen, ihr stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Mit Schreiben vom 1. April 2010 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer stationären medizinischen Rehabilitationsbehandlung entsprechend der Verordnung des Dr. D. vom 6. Juni 2008.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Behandlung einer Krankheit. Nach § 11 Abs. 2 SGB V haben Versicherte auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltsichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu vermindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist. Nach § 40 Abs. 1 SGB V, der hier in der ab 01. April 2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378, anzuwenden ist, gilt für die ambulante Rehabilitation: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, durch wohnortnahe Einrichtungen. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) zu erbringen. Reicht eine Leistung der ambulanten Rehabilitation wiederum nicht aus, erbringt die Krankenkasse nach § 40 Abs. 3 SGB V stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a SGB IX zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, mit der kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen (Satz 1 und 2 der Vorschrift). Die Krankenkasse bestimmt nach § 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V nach den medizinischen Erfordernissen im Einzelfall Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Abs. 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Leistungen nach Abs. 1 (ambulante Rehabilitation) sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Abs. 2 (stationäre Rehabilitation) für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich (Satz 2 der Vorschrift).
Der Anspruch auf stationäre Rehabilitation setzt insoweit Behandlungsbedürftigkeit, Rehabilitationsfähigkeit und eine Rehabilitationsprognose voraus. Dies wird durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-Richtlinien (Reha-RL)) vom 16. März 2004 (BAnz Nr. 63, S. 6769) idF des Beschlusses vom 20. Dezember 2007 (BAnz Nr. 66, S. 1000) konkretisiert. Danach besteht Rehabilitationsbedürftigkeit, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Schädigung voraussichtlich nicht nur vorübergehende alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Aktivität vorliegen, durch die in absehbarer Zeit eine Beeinträchtigung der Teilhabe droht oder Beeinträchtigungen der Teilhabe bereits bestehen oder über die kurative Versorgung hinaus der mehrdimensionale und interdisziplinäre Ansatz der medizinischen Rehabilitation erforderlich ist (§ 8 Satz 1 Reha-RL). Rehabilitationsfähig ist nach § 9 a.a.O. ein Versicherter, wenn er aufgrund seiner somatischen und psychischen Verfassung die für die Durchführung und Mitwirkung bei der Leistung zur medizinischen Rehabilitation notwendige Belastbarkeit und Motivation oder Motivierbarkeit besitzt. Die notwendige Rehabilitationsprognose ist nach § 10 a.a.O. eine medizinisch begründete Wahrscheinlichkeitsaussage für den Erfolg der Leistung der medizinischen Rehabilitation auf der Basis der Erkrankung oder Behinderung, des bisherigen Verlaufs, des Kompensationspotentials und der Rückbildungsfähigkeit unter Beachtung und Förderung individueller positiver Kontextfaktoren sowie über die Erreichbarkeit eines festgelegten Rehabilitationsziels durch eine geeignete Leistung zur medizinischen Rehabilitation in einem notwendigen Zeitraum.
Bezogen auf die von der Klägerin beanspruchte stationäre medizinische Rehabilitation vermag der Senat im Einklang mit dem SG weder eine Rehabilitationsfähigkeit noch eine positive Rehabilitationsprognose festzustellen. Insoweit schließt sich der Senat den überzeugenden und schlüssigen Beurteilungen des Dr. H. vom 18. Juni 2008 und des Dr. B. vom 28. Juli 2008 an. Aufgrund der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Klageverfahren steht fest, dass die Klägerin an einem Zustand nach osteoplastischer Trepanation und Dura-Erweiterungsplastik (April 2002) bei epiduralem und intracerebralen Abszess sowie Abszess des rechten Oberlides, an einer symptomatischen Epilepsie mit fokalen Anfällen der linken Körperhälfte seit Juni 2002, an einer ausgebrannten primären chronischen Polyarthritis, an einer depressiven Episode und an einem hirnorganischen Psychosyndrom bei zunehmender Demenz leidet. Dies ergibt sich aus der ärztlichen Verordnung des Dr. D. vom 6. Juni 2008 und aus dessen Auskunft vom 14. März 2009. Dr. M. hat in seinem Arztbrief vom 14. Juli 2008 darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Klägerin an einer organisch wahnhaften schizophreniformen Störung mit zeitweiliger hochgradiger Verwirrtheit leidet. Zudem hat er beschrieben, dass kognitive Einschränkungen vom Ausmaß einer mittelschweren bis schweren Demenz vorliegen. Im Übrigen hat Dr. D. in seiner Auskunft von intermittierenden Wahnvorstellungen berichtet.
Die Klägerin ist aufgrund dieser Erkrankungen - wie von Dr. D. in einer Auskunft beschrieben - zunehmend immobil und es haben sich typische Folgeerkrankungen wie Kontrakturen entwickelt. Aufgrund der Polymorbidität besteht keine Veranlassung für eine weitere Basistherapie der rheumatoiden Arthritis. Dies entnimmt der Senat dem Arztbrief der Dr. F. vom 26. August 2008, die zugleich angegeben hat, dass die Klägerin nicht mehr stehen oder gehen kann. Aufgrund der Auskunft von Dr. D. geht der Senat davon aus, dass es mittlerweile zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin gekommen ist. Er hat in diesem Zusammenhang auch zum Ausdruck gebracht, dass er nunmehr davon ausgeht, dass die von der Klägerin gewünschte Rehabilitation im Hinblick auf einen dauerhaften Erfolg "eher fraglich" ist. Damit ist Dr. D. jedoch von seiner früheren Einschätzung, die seiner Verordnung von medizinischer Rehabilitation im Juni 2008 zugrunde gelegen hat, abgerückt. Dies ist für den Senat auch nachvollziehbar, da die Klägerin bereits seit Juli 2008 zunehmend an Wahnvorstellungen leidet, wie sich aus der Auskunft des Dr. D. vom 14. März 2009 ergibt. Darüber hinaus hat - wie bereits dargelegt - Dr. M. im Juli 2008 festgestellt, dass die Klägerin bisweilen hochgradig verwirrt ist und kognitive Einschränkungen vom Ausmaß einer mittelschweren bis schweren Demenz bestehen. Aufgrund der bereits zum Zeitpunkt der ärztlichen Verordnung im Juni 2008 bestehenden Polymorbidität der Klägerin - wobei die Immobilität und die kognitive Erkrankung im Vordergrund stehen - geht der Senat mit Dr. B. davon aus, dass bei der Klägerin eine notwendige Belastbarkeit (Rehabilitationsfähigkeit) für die Durchführung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme nicht vorliegt.
Der Senat vermag auch keine positive Rehabilitationsprognose zu stellen. Dabei ist zu berücksichtigten, dass der behandelnde Arzt Dr. D. seine eigene Einschätzung in seiner Auskunft vom 14. März 2009 revidiert hat. Soweit Dr. S. in seiner ärztlichen Bescheinigung vom 13. Mai 2008 und in seiner Auskunft vom 7. Juli 2009 die Auffassung vertrat, eine Verbesserung des gesundheitlichen Zustandes sei durch eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu erreichen, ändert dies an dem Ergebnis nicht. Denn nach den eigenen Angaben von Dr. S. hat er die Klägerin zuletzt während des stationären Aufenthaltes im Jahr 2007 persönlich gesehen. Zwischenzeitlich ist es jedoch zu einer massiven Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin gekommen, so dass dessen (positive) Einschätzung nicht mehr überzeugt. Vor diesem Hintergrund besteht keine Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der begehrten Leistung, so dass auch eine positive Rehabilitationsprognose nicht hergeleitet werden kann.
Nach der Befragung der behandelnden Ärzte während des Klageverfahrens waren weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen nicht notwendig. Insbesondere war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung zu gewähren.
Die 1928 geborene Klägerin ist als Rentnerin bei der Beklagten versichert. Sie leidet an einem Zustand nach osteoklastischer Trepanation und Dura-Erweiterungsplastik (April 2002) bei epiduralem und intracerebralem Abszess sowie Abszess des rechten Oberlides, an einer symptomatischen Epilepsie mit fokalen Anfällen der linken Körperhälfte (seit Juni 2002), an einem hirnorganischen Psychosyndrom bei zunehmender Demenz und intermittierenden Wahnvorstellungen, an primärer chronischer Polyarthritis sowie an einer depressiven Episode. Die Klägerin sitzt im Rollstuhl und ist zunehmend immobil. Sie befindet sich in vollstationärer Pflege und bezieht seit dem 1. April 2005 Leistungen der Pflegestufe III. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie das Merkzeichen "G" anerkannt.
Vom 24. August bis 17. September 2004 befand sich die Klägerin zuletzt in einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Vom 9. bis 21. Mai 2007 wurde die Klägerin stationär behandelt. Arzt für Neurologie Dr. B. gab im Entlassungsbericht vom 12. Juni 2007 an, die Klägerin leide an Vigilanzminderung bei Exsikkose, Hypotonie, Hypokaliämie, an einem Harnwegsinfekt, an Pneumonie rechts, an einer spastischen Hemiparese links bei Zustand nach intracerebralem Abszess im April 2002 und einer fokalen Epilepsie. Es sei vorläufig eine Magensonde appliziert worden. Die Klägerin habe in einem gebesserten Allgemeinzustand entlassen werden können.
Am 6. Juni 2008 verordnete Facharzt für Innere Medizin Dr. D. eine medizinische stationäre Rehabilitation (bei der Beklagten am 11. Juni 2008 eingegangen). Als rehabilitationsrelevante Diagnosen gab er an: Zustand nach osteoklastischer Trepanation und Dura-Erweiterungsplastik (April 2002) bei epiduralem und intracerebralem Abszess sowie Abszess des rechten Oberlides, primäre chronische Polyarthritis und depressive Episode. Die Klägerin sei wegen Schmerzen an den Händen und Füßen, wegen einer Gonalgie beidseits und konsekutiv beginnenden Kontrakturen in den Unterschenkeln rehabilitationsbedürftig. Die Rehabilitationsfähigkeit sei zu bejahen. Als Rehabilitationsziele gab er die Linderung der Schmerzen, Verbesserung der Mobilität und Verbesserung der Teilhabe an. Im Hinblick auf die rehabilitationsbegründende Indikation habe bisher hausärztliche, neurologische und orthopädische Betreuung, medikamentöse Behandlung, Bewegungstherapie und Ergotherapie stattgefunden. Die Beklagte holte daraufhin die Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) vom 18. Juni 2008 ein, der kein Rehapotenzial sah und die Auffassung vertrat, dass die ambulante Therapie ausreichend und zweckmäßig sei. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 24. Juni 2008 ab. Bei den vorhandenen Diagnosen und dem Krankheitsverlauf sowie unter Beachtung der Pflegestufe III bestehe keine positive Rehabilitationsprognose. Auch seien ambulante Therapiemöglichkeiten am Wohnort ausreichend und zweckmäßiger.
Mit Schreiben vom 8. Juli 2008 wandte sich Dr. D. an den MDK und führte aus, er betreue die Klägerin seit dem 16. April 2002. Nach seinem Dafürhalten profitiere die Klägerin von einem stationären Rehabilitationsaufenthalt. Die empfohlene ambulante Behandlung sei in der Vergangenheit in Form von regelmäßiger Ergotherapie und Krankengymnastik erfolgt und weitestgehend erschöpft, so dass nur eine stationäre Behandlung eine Verbesserung verspreche. Er habe deshalb der Klägerin empfohlen, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen.
Der Ehemann der Klägerin, der über eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht verfügt, wies in seinem Widerspruch vom 14. Juli 2008 für die Klägerin daraufhin, dass er diese jahrelang zu Hause gepflegt habe. Die stationäre Behandlung im Jahr 2007 im Krankenhaus S. E., R., habe zu einem guten Erfolg geführt. Er schlage als geeignete Rehabilitationseinrichtung B. W. vor. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten von Dr. B. vom MDK vom 28. Juli 2008 ein. Nach dessen Einschätzung sei aufgrund der chronischen Erkrankung der Klägerin nicht von einer ausreichenden Belastbarkeit auszugehen, so dass eine Rehabilitationsfähigkeit nicht zu erkennen sei. Ein Telefonat mit Dr. D. habe ergeben, dass die Immobilität und die Kontrakturen zugenommen hätten. Auch habe er einen mittelfristigen Erfolg nicht sehen können. Daher sei eine Verbesserung der Mobilität und auch eine weitere Verbesserung der Teilhabe angesichts des langjährigen Erkrankungsbildes nicht zu erwarten. Aufgrund des Alters der Klägerin sei auch mit einem weiteren Abbau zu rechnen. Eine nachhaltige positive Wirkung durch das begehrte stationäre Heilverfahren könne daher nicht erzielt werden. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2008 zurück. Dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden, da die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme medizinisch nicht sinnvoll sei. Eine ausreichende Schmerztherapie sei mit einer adäquaten medikamentösen Therapie möglich.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. November 2008 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, nach Auffassung des Hausarztes Dr. D. sei ein stationäres Heilverfahren mit orthopädischem und neurologischem Schwerpunkt erforderlich. Die Maßnahme sei zur Linderung der Schmerzsymptomatik der Hände und Füße, der Gonalgie und bei beginnenden Kontrakturen in den Unterschenkeln zur Verbesserung der Mobilität und der Teilhabe unumgänglich.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich befragt.
Dr. D. hat angegeben (Auskunft vom 14. März 2009), er behandle die Klägerin seit April 2002. Bei seinen zahlreichen Hausbesuchen sei die Klägerin zeitweise desorientiert gewesen, was er auf ein hirnorganisches Psychosyndrom zurückführe. Auch sei es zunehmend zu Wahnvorstellungen gekommen, weshalb er die Klägerin habe psychiatrisch untersuchen lassen. Der Neurologe Dr. M. habe jedoch von der Verordnung von Neuroleptika abgeraten. Die Klägerin werde seit 2003 kontinuierlich krankengymnastisch behandelt (Frequenz: zwei Mal pro Woche). Weiterhin finde seit Mai 2004 - ebenfalls zwei Mal pro Woche - Ergotherapie statt. Ob die insbesondere vom Ehemann gewünschte Rehabilitation einen dauerhaften Erfolg bringe, sei angesichts des fortgeschrittenen Krankheitsbildes eher fraglich. Andererseits könne man davon ausgehen, dass sich das Befinden der Klägerin unter der jetzigen Therapie weiterhin kontinuierlich verschlechtern werde. Zu beachten sei, dass die Klägerin zunehmend immobil werde und sich typische Folgeerkrankungen wie Kontrakturen entwickelt hätten. Die ambulanten physiotherapeutischen Maßnahme vor Ort seien jedoch weitgehend erschöpft, eine signifikante Besserung sei in ihrem Heim nicht zu erwarten. Dr. D. fügte seiner Auskunft mehrere Arztbriefe bei. Arzt für Psychiatrie Dr. M. hat in seinem Arztbrief vom 14. Juli 2008 angegeben, die Klägerin sei hochgradig verwirrt und es bestünden kognitive Einschränkungen vom Ausmaß einer mittelschweren bis schweren Demenz. Die Klägerin leide mithin an einer organisch wahnhaften schizophreniformen Störung. Ein Neuroleptikum sei jedoch nicht sinnvoll. Die Klägerin solle immer wieder validierend in Kontakt mit der Umwelt gebracht werden. Ärztin für Innere Medizin Dr. F. hat in ihrem Arztbrief vom 26. August 2008 angegeben, die Klägerin könne nicht mehr stehen oder gehen. Die rheumatoide Arthritis sei weitgehend ausgebrannt, so dass auch im Hinblick auf das Alter der Klägerin keine weitere Basistherapie empfohlen werden könne. In der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Neurologie Dr. S. (Krankenhaus S. E.) vom 13. Mai 2008 hat dieser angegeben, dass es während des stationären Aufenthaltes im Jahr 2007 zu einer Verbesserung der Kommunikation gekommen sei. Es bestünden aus neurologischer Sicht berechtigte Aussichten, durch eine erneute intensive Physiotherapie und unterstützende, vor allem psychothrope medikamentöse Behandlung eine spürbare Verbesserung der Eigenaktivität und Mobilität der Klägerin zu erreichen. Er befürworte daher eine stationäre Rehabilitationsbehandlung.
In seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 07. Juli 2009 hat Dr. S. mitgeteilt, er habe die Klägerin zuletzt im Jahr 2007 während des stationären Aufenthalts gesehen. Er halte eine stationäre Rehabilitation für erforderlich und erfolgsversprechend. Intensive Physiotherapie mit unterstützender medikamentöser Behandlung im ambulanten Rahmen sei aufgrund des aktuellen Zustandes der Klägerin wenig erfolgversprechend, da die begleitenden Probleme mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr, Behandlung interkurrenter Infekte und die anzustrebende Intensität der krankengymnastischen, ergotherapeutischen und logopädischen Therapie im ambulanten Rahmen nicht zu gewährleisten sei. Ihm lägen keine Befunde dahingehend vor, dass seither eine zusätzliche Schädigung des Gehirns eingetreten sei, welche eine neuerliche Verbesserung des Zustandes ausschließe.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage des Pflegegutachtens des MDK, R., vom 23. August 2005 entgegen getreten. Die Gutachterin empfahl hierin eine vollstationäre Pflege sowie die Einstufung in die Pflegestufe III bei 246 Minuten Zeitaufwand für die Grundpflege pro Tag.
Mit Urteil vom 29. September 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs auf stationäre Rehabilitation zur Zeit der Antragstellung vorgelegen hätten. Aufgrund der Auskunft des Dr. D. vom 14. März 2009 stehe nunmehr fest, dass die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien. Es fehle an der Rehabilitationsfähigkeit. Der Zustand der Klägerin habe sich insbesondere im Hinblick auf Mobilität und Psyche derart verschlechtert, dass keine realistische Aussicht mehr bestehe, dass die in § 11 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) genannten Ziele mit Hilfe der stationären Rehabilitation noch erreicht werden könnten. Dies folge insbesondere aufgrund des geistig-seelischen Zustandes der Klägerin, die an Desorientierung, intermittierenden Wahnvorstellungen und zunehmender Demenz leide. Die Beurteilung des Dr. S. könne der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, da der letzte persönliche Kontakt im Jahr 2007 bestanden habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 23. Januar 2010, vertreten durch ihren Ehemann, Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, sämtliche Ärzte hielten die Kur für unbedingt erforderlich. Es sei traurig, dass diesen Ärzten nicht geglaubt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. September 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2008 zu verurteilen, ihr stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Mit Schreiben vom 1. April 2010 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer stationären medizinischen Rehabilitationsbehandlung entsprechend der Verordnung des Dr. D. vom 6. Juni 2008.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Behandlung einer Krankheit. Nach § 11 Abs. 2 SGB V haben Versicherte auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltsichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu vermindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist. Nach § 40 Abs. 1 SGB V, der hier in der ab 01. April 2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378, anzuwenden ist, gilt für die ambulante Rehabilitation: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, durch wohnortnahe Einrichtungen. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) zu erbringen. Reicht eine Leistung der ambulanten Rehabilitation wiederum nicht aus, erbringt die Krankenkasse nach § 40 Abs. 3 SGB V stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a SGB IX zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, mit der kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen (Satz 1 und 2 der Vorschrift). Die Krankenkasse bestimmt nach § 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V nach den medizinischen Erfordernissen im Einzelfall Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Abs. 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Leistungen nach Abs. 1 (ambulante Rehabilitation) sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Abs. 2 (stationäre Rehabilitation) für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich (Satz 2 der Vorschrift).
Der Anspruch auf stationäre Rehabilitation setzt insoweit Behandlungsbedürftigkeit, Rehabilitationsfähigkeit und eine Rehabilitationsprognose voraus. Dies wird durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-Richtlinien (Reha-RL)) vom 16. März 2004 (BAnz Nr. 63, S. 6769) idF des Beschlusses vom 20. Dezember 2007 (BAnz Nr. 66, S. 1000) konkretisiert. Danach besteht Rehabilitationsbedürftigkeit, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Schädigung voraussichtlich nicht nur vorübergehende alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Aktivität vorliegen, durch die in absehbarer Zeit eine Beeinträchtigung der Teilhabe droht oder Beeinträchtigungen der Teilhabe bereits bestehen oder über die kurative Versorgung hinaus der mehrdimensionale und interdisziplinäre Ansatz der medizinischen Rehabilitation erforderlich ist (§ 8 Satz 1 Reha-RL). Rehabilitationsfähig ist nach § 9 a.a.O. ein Versicherter, wenn er aufgrund seiner somatischen und psychischen Verfassung die für die Durchführung und Mitwirkung bei der Leistung zur medizinischen Rehabilitation notwendige Belastbarkeit und Motivation oder Motivierbarkeit besitzt. Die notwendige Rehabilitationsprognose ist nach § 10 a.a.O. eine medizinisch begründete Wahrscheinlichkeitsaussage für den Erfolg der Leistung der medizinischen Rehabilitation auf der Basis der Erkrankung oder Behinderung, des bisherigen Verlaufs, des Kompensationspotentials und der Rückbildungsfähigkeit unter Beachtung und Förderung individueller positiver Kontextfaktoren sowie über die Erreichbarkeit eines festgelegten Rehabilitationsziels durch eine geeignete Leistung zur medizinischen Rehabilitation in einem notwendigen Zeitraum.
Bezogen auf die von der Klägerin beanspruchte stationäre medizinische Rehabilitation vermag der Senat im Einklang mit dem SG weder eine Rehabilitationsfähigkeit noch eine positive Rehabilitationsprognose festzustellen. Insoweit schließt sich der Senat den überzeugenden und schlüssigen Beurteilungen des Dr. H. vom 18. Juni 2008 und des Dr. B. vom 28. Juli 2008 an. Aufgrund der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Klageverfahren steht fest, dass die Klägerin an einem Zustand nach osteoplastischer Trepanation und Dura-Erweiterungsplastik (April 2002) bei epiduralem und intracerebralen Abszess sowie Abszess des rechten Oberlides, an einer symptomatischen Epilepsie mit fokalen Anfällen der linken Körperhälfte seit Juni 2002, an einer ausgebrannten primären chronischen Polyarthritis, an einer depressiven Episode und an einem hirnorganischen Psychosyndrom bei zunehmender Demenz leidet. Dies ergibt sich aus der ärztlichen Verordnung des Dr. D. vom 6. Juni 2008 und aus dessen Auskunft vom 14. März 2009. Dr. M. hat in seinem Arztbrief vom 14. Juli 2008 darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Klägerin an einer organisch wahnhaften schizophreniformen Störung mit zeitweiliger hochgradiger Verwirrtheit leidet. Zudem hat er beschrieben, dass kognitive Einschränkungen vom Ausmaß einer mittelschweren bis schweren Demenz vorliegen. Im Übrigen hat Dr. D. in seiner Auskunft von intermittierenden Wahnvorstellungen berichtet.
Die Klägerin ist aufgrund dieser Erkrankungen - wie von Dr. D. in einer Auskunft beschrieben - zunehmend immobil und es haben sich typische Folgeerkrankungen wie Kontrakturen entwickelt. Aufgrund der Polymorbidität besteht keine Veranlassung für eine weitere Basistherapie der rheumatoiden Arthritis. Dies entnimmt der Senat dem Arztbrief der Dr. F. vom 26. August 2008, die zugleich angegeben hat, dass die Klägerin nicht mehr stehen oder gehen kann. Aufgrund der Auskunft von Dr. D. geht der Senat davon aus, dass es mittlerweile zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin gekommen ist. Er hat in diesem Zusammenhang auch zum Ausdruck gebracht, dass er nunmehr davon ausgeht, dass die von der Klägerin gewünschte Rehabilitation im Hinblick auf einen dauerhaften Erfolg "eher fraglich" ist. Damit ist Dr. D. jedoch von seiner früheren Einschätzung, die seiner Verordnung von medizinischer Rehabilitation im Juni 2008 zugrunde gelegen hat, abgerückt. Dies ist für den Senat auch nachvollziehbar, da die Klägerin bereits seit Juli 2008 zunehmend an Wahnvorstellungen leidet, wie sich aus der Auskunft des Dr. D. vom 14. März 2009 ergibt. Darüber hinaus hat - wie bereits dargelegt - Dr. M. im Juli 2008 festgestellt, dass die Klägerin bisweilen hochgradig verwirrt ist und kognitive Einschränkungen vom Ausmaß einer mittelschweren bis schweren Demenz bestehen. Aufgrund der bereits zum Zeitpunkt der ärztlichen Verordnung im Juni 2008 bestehenden Polymorbidität der Klägerin - wobei die Immobilität und die kognitive Erkrankung im Vordergrund stehen - geht der Senat mit Dr. B. davon aus, dass bei der Klägerin eine notwendige Belastbarkeit (Rehabilitationsfähigkeit) für die Durchführung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme nicht vorliegt.
Der Senat vermag auch keine positive Rehabilitationsprognose zu stellen. Dabei ist zu berücksichtigten, dass der behandelnde Arzt Dr. D. seine eigene Einschätzung in seiner Auskunft vom 14. März 2009 revidiert hat. Soweit Dr. S. in seiner ärztlichen Bescheinigung vom 13. Mai 2008 und in seiner Auskunft vom 7. Juli 2009 die Auffassung vertrat, eine Verbesserung des gesundheitlichen Zustandes sei durch eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu erreichen, ändert dies an dem Ergebnis nicht. Denn nach den eigenen Angaben von Dr. S. hat er die Klägerin zuletzt während des stationären Aufenthaltes im Jahr 2007 persönlich gesehen. Zwischenzeitlich ist es jedoch zu einer massiven Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin gekommen, so dass dessen (positive) Einschätzung nicht mehr überzeugt. Vor diesem Hintergrund besteht keine Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der begehrten Leistung, so dass auch eine positive Rehabilitationsprognose nicht hergeleitet werden kann.
Nach der Befragung der behandelnden Ärzte während des Klageverfahrens waren weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen nicht notwendig. Insbesondere war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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