Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AL 4445/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2010/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III.
Die 1950 geborene Klägerin war seit 1992 bei der Firma D. Bau GmbH als Stenokontoristin versicherungspflichtig beschäftigt. Am 19. Februar 2008 wurde ihr zum 31. August 2008 betriebsbedingt gekündigt. Im letzten Jahr ihrer Beschäftigung von September 2007 bis August 2008 bezog die Klägerin insgesamt ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 17.762,78 EUR. Ihr Ehemann bezog ein nicht rentenversicherungspflichtiges Einkommen in Höhe von monatlich 4.368,00 EUR brutto. Zum 1. März 2008 wechselte die Klägerin von der Lohnsteuerklasse V in die Lohnsteuerklasse III.
Am 12. Juni 2008 meldete sie sich bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. September 2008 arbeitslos. Mit Bescheid vom 9. September 2008 bewilligte die Beklagte Alg für die Zeit vom 1. September 2008 bis 30. August 2010 mit einem täglichen Leistungssatz von 15,51 EUR unter Zugrundelegung der Steuerklasse V. Mit weiterem Bescheid vom 15. September 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, trotz des Lohnsteuerklassenwechsels zum 1. März 2008 verbleibe es für die Berechnung der Höhe des Leistungsanspruches bei der Zuordnung zu Lohnsteuerklasse V, da die neuen Lohnsteuerklassen nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprächen.
Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, Anlass des Lohnsteuerklassenwechsels sei die geplante Deputatsreduzierung ihres Ehemannes auf 25% der bisherigen Tätigkeit gewesen. Im engen zeitigen Zusammenhang mit dieser Planung sei die betriebsbedingte Kündigung erfolgt und es sei auch zu weiteren privaten Anlässen gekommen, die diese Planungen aus finanziellen Gründen undurchführbar werden ließen. Die zum 1. März 2008 neu eingetragenen Lohnsteuerklassen hätten den geplanten Arbeitsentgelten entsprochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und wies erneut darauf hin, die geänderte Steuerklassenkombination entspreche nicht dem Verhältnis der Arbeitslöhne zueinander, weshalb die neue Steuerklasse nicht maßgeblich sei. Zweckmäßig sei vielmehr die Steuerklassenkombination V für die Klägerin sowie III für ihren Ehemann.
Mit ihrer am 14. Oktober 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, im Rahmen der Berechnung der Leistungen sei die Steuerklasse zu berücksichtigen, die entsprechend der vorgenommenen Planung zweckmäßig sei. Auf die tatsächlichen Verhältnisse komme es demgegenüber nicht an.
Mit Urteil vom 11. Februar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 133 Abs. 2 Satz 1 SGB III richte sich die Feststellung der Lohnsteuerklasse nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen gewesen sei. Hätten Ehegatten die Lohnsteuerklasse gewechselt, werde die neu eingetragene Lohnsteuerklasse gemäß § 133 Abs. 3 SGB III von dem Tage an berücksichtigt, an dem sie wirksam werde, wenn entweder die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprächen oder sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Arbeitslosengeld ergebe, das geringer sei als das Alg, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe. Vorliegend sei zu Jahresbeginn die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen. Die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des am 1. März 2008 erfolgten Lohnsteuerklassenwechsels lägen nicht vor. Weder führe dieser zu einem geringeren Alg bei der Klägerin, noch entspreche er dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte der beiden Ehegatten, denn der Ehemann der Klägerin habe mit einem Einkommen von monatlich 4.368,00 EUR brutto erheblich mehr verdient als die Klägerin. Soweit diese meine, der Steuerklassenwechsel sei deshalb zu berücksichtigen, weil ihr Ehemann eine Deputatsreduzierung auf 25 % beabsichtigt habe, zu der es lediglich aufgrund ihrer Kündigung nicht gekommen sei, folge dem die Kammer nicht. Es komme allein auf die tatsächlich erzielten Einkommen an. Der vorgetragene hypothetische Kausalverlauf einer Deputatsreduzierung sei demgegenüber bis zu seiner Realisierung trotz entsprechender Planung ohne Belang.
Gegen das ihr am 15. April 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. April 2010 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, dass zum Zeitpunkt des Wechsels der Lohnsteuerklassen, zu dem die Kündigung des Arbeitgebers noch nicht vorgelegen habe, sich ein zukünftiges Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte von 1.480,00 EUR (Ehefrau) zu 1.092,00 EUR (Ehemann) ergeben hätte. Der Wechsel sei deshalb naheliegend gewesen, er werde von den Finanzbehörden bei diesen Verdienstverhältnissen so empfohlen. Ihres Erachtens sei die Vorschrift des § 133 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB III dahingehend auszulegen, dass das Verhältnis der monatlichen Entgelte der Ehegatten zum Zeitpunkt der begründeten Änderung und nicht nach den danach eingetretenen geänderten Verhältnissen maßgebend sei. Zudem verweist sie auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei einer früheren Änderung zum 1. Januar 2008 wären die nunmehr zum 1. März 2008 eingetragenen Lohnsteuerklassen zweifellos zu berücksichtigen gewesen. Für einen zwei Monate später eingetretenen Sachverhalt könne daher nichts anderes gelten. Die Einschränkung des § 133 Abs. 3 SGB III solle nur verhindern, dass der Steuerklassenwechsel ausschließlich zu dem Zweck erfolge, höheres Alg zu beziehen. Dies sei nach dem vorgetragenen Sachverhalt hier jedoch nicht der Fall.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 9. September 2008 und des Bescheids vom 15. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2008 zu verurteilen, ihr höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des SG sei in der Sache nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt und zudem Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr im Streit sind (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Alg unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III.
Die Beklagte hat den Alg-Anspruch der Klägerin nach den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zutreffend berechnet. Das Alg beträgt nach § 129 SGB III (1.) für Arbeitslose, die mindestens ein Kind i.S.d. § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind i.S.d. § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67% (erhöhter Leistungssatz), (2.) für die übrigen Arbeitslosen 60% (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Ausgangspunkt für die Berechnung des Leistungssatzes ist daher das Bemessungsentgelt. Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf einen Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das im letzten Jahr vor der Arbeitslosigkeit verdient wurde und bei der Beendigung der Beschäftigung abgerechnet war (§ 131 Abs. 1 Satz 1, § 130 Abs. 1 SGB III). Angesichts des von September 2007 bis einschließlich August 2008 erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts von 17.762,78 EUR ergibt sich ein tägliches Entgelt von 48,53 EUR (bezogen auf 366 Tage). Das Leistungsentgelt wird aus dem Bemessungsentgelt berechnet, wobei eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21%, die nach der Lohnsteuertabelle anfallende Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag abgezogen werden (§ 133 Abs. 1 SGB III). Von dem so ermittelten Leistungsentgelt werden 60% - da vorliegend kein Kind zu berücksichtigen ist - als Alg geleistet.
Die Feststellung der Lohnsteuer richtet sich gemäß § 133 Abs. 2 SGB III nach der Lohnsteuerklasse, die auf der Lohnsteuerkarte zu Beginn des Jahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist. Spätere Änderungen der Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen. Das Gleiche gilt, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen wird. Haben Ehegatten die Lohnsteuerklassen gewechselt, so werden die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen von dem Tag an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn (1.) die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder (2.) sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Alg ergibt, dass geringer ist als das Alg, dass sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe (§ 133 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Der Leistungsanspruch der Klägerin entstand am 1. September 2008, zu Beginn dieses Jahres war auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Die ab März 2008 neu eingetragenen Lohnsteuerklassen sind nicht zu berücksichtigen, da sie weder dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen, noch sich nach der Neueintragung ein gegenüber der bisherigen Eintragung geringeres Alg ergibt. Durch die Regelung in Absatz 3 soll verhindert werden, dass die Ehegatten die Steuerklasse nur zu dem Zweck wechseln, höheres Alg zu erzielen (vgl. BT-Drucks. 13/4941 S. 179).
Grundsätzlich hat der Steuerklassenwechsel den Veränderungen der Verhältnisse zu entsprechen, das heißt, er muss nach den objektiven Gegebenheiten geboten sein (Bundessozialgericht (BSG) info-also 2003, 77). Die von den Ehegatten gewählte neue Steuerklassenkombination ist nur dann zu berücksichtigen, wenn diese dem Verhältnis ihrer Arbeitslöhne zueinander entspricht und die bisherige Steuerklassenkombination unzweckmäßig war, weil sie zu einem zu hohen Lohnsteuerabzug führte (vgl. BSG SozR 3-4100 § 113 Nr. 1). Zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit dienen die Tabellen zur Steuerklassenwahl, die jährlich herausgegeben werden. Der Tunlichkeitsprüfung zu Grunde zu legen sind die Arbeitslöhne der Ehegatten an dem Tag, an dem der Steuerklassenwechsel wirksam wird (vgl. Rolfs in Gagel, SGB III, § 133 Rdnr. 60). Die Klägerin hatte im März 2008 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 1.319,72 EUR erzielt, ihr Ehemann hatte ein Bruttoarbeitsentgelt von 4.368,00 EUR. Da der Ehemann der Klägerin rentenversicherungsfrei war, ist die Tabelle II zu Grunde zu legen. Danach ist die Steuerklasse V für die Klägerin angesichts des monatlichen Arbeitslohnes des Ehemannes von bis zu 4.400,00 EUR bis zu einem Einkommen von 3.700,00 EUR noch zweckmäßig, so also auch bei dem tatsächlichen Einkommen von 1.319,72 EUR. Erst bei einem höheren Einkommen der Klägerin ab 3.700 EUR wäre eine Einstufung in die Lohnsteuerklassen IV/IV geboten. Eine Einstufung der Klägerin in Lohnsteuerklasse III und ihres Ehemannes in Lohnsteuerklasse V wäre nach der insoweit anzuwendenden Tabelle I angesichts eines Einkommens der Klägerin von bis zu 1.350,00 EUR nur dann sinnvoll, wenn ihr Ehemann weniger als 629,00 EUR verdient hätte. Damit steht eindeutig fest, dass die gewählten Steuerklassen nicht zweckmäßig waren und daher der Steuerklassenwechsel zum März 2008 für die Berechnung des Alg nicht berücksichtigt werden kann.
Nichts anderes kann aus der geplanten Deputatsreduzierung des Ehemannes auf 25 % hergeleitet werden. Unabhängig davon, ob diese Planungen zum Zeitpunkt des Lohnsteuerklassenwechsels tatsächlich noch aktuell waren, nachdem die Klägerin bereits mit Schreiben vom 19. Februar 2008 die Kündigung erhalten hatte, kommt es auf eine erwartete oder geplante Entwicklung der Einkommen der Ehegatten in der Weise, dass die eingetragenen Steuerklassen später ihrem Verhältnis entsprechen, nicht an (vgl. Rolfs in Gagel, a.a.O., § 133 Rdnr. 60). Ihren Zweck, Manipulationen zu verhindern, kann die Vorschrift des § 133 Abs. 3 SGB III nur dann erreichen, wenn auf die ohne weiteres feststellbaren tatsächlichen Verhältnisse zum maßgebenden Zeitpunkt des Lohnsteuerklassenwechsels abgestellt wird. Irgendwie geartete hypothetische Kausalverläufe können insoweit keine Berücksichtigung finden.
Auch der von der Klägerin herangezogene allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz führt zu keiner anderen Beurteilung. Das BSG hat zwar verfassungsrechtliche Bedenken gegen die insoweit übereinstimmende Vorgängervorschrift des § 137 Abs. 4 SGB III geäußert, die Vorschrift jedoch nicht für verfassungswidrig gehalten, da den Bedenken durch einen verfassungskonformen Normvollzug begegnet werden könne (vgl. BSG SozR 4-4300 § 137 Nrn. 1 und 2). Die Bedenken des BSG beziehen sich indes insbesondere auf die leistungsrechtlichen Gefahren, die aus einem Lohnsteuerklassenwechsel resultieren können und die eine gesonderte und gehobene Beratungspflicht der Bundesagentur begründen. Die Verletzung dieser Beratungspflicht kann einen sozialrechtlicher Herstellungsanspruch auf die Zahlung von Alg nach Maßgabe derjenigen Lohnsteuerklasse begründen, die ohne den Wechsel maßgeblich gewesen wäre (vgl. BSG SozR 4-4300 § 137 Nr. 1). Für die hier vorliegende Konstellation, dass die Eheleute die nach den tatsächlichen Einkommensverhältnissen günstigste Kombination der Lohnsteuerklassen gewählt hatten und durch den danach erfolgten Wechsel nicht ein eigentlich bestehender höherer Anspruch auf Alg vermindert worden wäre (etwa durch den Wechsel von IV/IV zu III/V wegen des Eintritts von Arbeitslosigkeit), sondern im Gegenteil ein höherer Anspruch begründet würde, gelten die genannten Bedenken nicht.
Zwar liegt ein Lohnsteuerklassenwechsel i.S.v. § 133 Abs. 3 Satz 1 SGB III dann nicht vor, wenn Eheleute - noch vor Entstehung des Anspruchs auf Alg - für das neue Jahr, in dem der Alg-Anspruch entsteht, eine Änderung der Steuerklasse vorgenommen haben (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 12/06 R - (juris)). Dies stellt jedoch einen anderen Sachverhalt dar, denn insoweit ist die Gefahr von Manipulationen zu Lasten der Arbeitslosenversicherung deutlich geringer. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) liegt somit nicht vor. Bei laufendem Leistungsbezug wird dagegen über § 133 Abs. 3 Satz 3 SGB III die entsprechende Geltung des § 133 Abs. 2 S. 3 SGB III angeordnet. Durch diese Bestimmung gilt die Änderung der Steuerklasse für das neue Kalenderjahr als Steuerklassenwechsel innerhalb des laufenden Jahres und kann somit nur unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 vorgenommen werden (BR-Drucks. 503/92 S. 23). Damit ist auch der Fall erfasst, dass Eheleute für das neue Kalenderjahr geänderte Steuerklassen eintragen lassen, so dass auch dieser Steuerklassenwechsel nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB III leistungsrechtlich berücksichtigt wird (vgl. Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl., § 133 Rdnr. 19; Rolfs in Gagel, a.a.O., § 133 Rdnr. 70). Insoweit wird bei gleicher Manipulationsgefahr der Sachverhalt des Steuerklassenwechsels wiederum gleich behandelt.
Die Beklagte hat nach alledem das Alg in zutreffender Höhe berechnet, insbesondere hat sie zu Recht die Lohnsteuerklasse V zu Grunde gelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III.
Die 1950 geborene Klägerin war seit 1992 bei der Firma D. Bau GmbH als Stenokontoristin versicherungspflichtig beschäftigt. Am 19. Februar 2008 wurde ihr zum 31. August 2008 betriebsbedingt gekündigt. Im letzten Jahr ihrer Beschäftigung von September 2007 bis August 2008 bezog die Klägerin insgesamt ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 17.762,78 EUR. Ihr Ehemann bezog ein nicht rentenversicherungspflichtiges Einkommen in Höhe von monatlich 4.368,00 EUR brutto. Zum 1. März 2008 wechselte die Klägerin von der Lohnsteuerklasse V in die Lohnsteuerklasse III.
Am 12. Juni 2008 meldete sie sich bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. September 2008 arbeitslos. Mit Bescheid vom 9. September 2008 bewilligte die Beklagte Alg für die Zeit vom 1. September 2008 bis 30. August 2010 mit einem täglichen Leistungssatz von 15,51 EUR unter Zugrundelegung der Steuerklasse V. Mit weiterem Bescheid vom 15. September 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, trotz des Lohnsteuerklassenwechsels zum 1. März 2008 verbleibe es für die Berechnung der Höhe des Leistungsanspruches bei der Zuordnung zu Lohnsteuerklasse V, da die neuen Lohnsteuerklassen nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprächen.
Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, Anlass des Lohnsteuerklassenwechsels sei die geplante Deputatsreduzierung ihres Ehemannes auf 25% der bisherigen Tätigkeit gewesen. Im engen zeitigen Zusammenhang mit dieser Planung sei die betriebsbedingte Kündigung erfolgt und es sei auch zu weiteren privaten Anlässen gekommen, die diese Planungen aus finanziellen Gründen undurchführbar werden ließen. Die zum 1. März 2008 neu eingetragenen Lohnsteuerklassen hätten den geplanten Arbeitsentgelten entsprochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und wies erneut darauf hin, die geänderte Steuerklassenkombination entspreche nicht dem Verhältnis der Arbeitslöhne zueinander, weshalb die neue Steuerklasse nicht maßgeblich sei. Zweckmäßig sei vielmehr die Steuerklassenkombination V für die Klägerin sowie III für ihren Ehemann.
Mit ihrer am 14. Oktober 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, im Rahmen der Berechnung der Leistungen sei die Steuerklasse zu berücksichtigen, die entsprechend der vorgenommenen Planung zweckmäßig sei. Auf die tatsächlichen Verhältnisse komme es demgegenüber nicht an.
Mit Urteil vom 11. Februar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 133 Abs. 2 Satz 1 SGB III richte sich die Feststellung der Lohnsteuerklasse nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen gewesen sei. Hätten Ehegatten die Lohnsteuerklasse gewechselt, werde die neu eingetragene Lohnsteuerklasse gemäß § 133 Abs. 3 SGB III von dem Tage an berücksichtigt, an dem sie wirksam werde, wenn entweder die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprächen oder sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Arbeitslosengeld ergebe, das geringer sei als das Alg, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe. Vorliegend sei zu Jahresbeginn die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen. Die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des am 1. März 2008 erfolgten Lohnsteuerklassenwechsels lägen nicht vor. Weder führe dieser zu einem geringeren Alg bei der Klägerin, noch entspreche er dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte der beiden Ehegatten, denn der Ehemann der Klägerin habe mit einem Einkommen von monatlich 4.368,00 EUR brutto erheblich mehr verdient als die Klägerin. Soweit diese meine, der Steuerklassenwechsel sei deshalb zu berücksichtigen, weil ihr Ehemann eine Deputatsreduzierung auf 25 % beabsichtigt habe, zu der es lediglich aufgrund ihrer Kündigung nicht gekommen sei, folge dem die Kammer nicht. Es komme allein auf die tatsächlich erzielten Einkommen an. Der vorgetragene hypothetische Kausalverlauf einer Deputatsreduzierung sei demgegenüber bis zu seiner Realisierung trotz entsprechender Planung ohne Belang.
Gegen das ihr am 15. April 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. April 2010 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, dass zum Zeitpunkt des Wechsels der Lohnsteuerklassen, zu dem die Kündigung des Arbeitgebers noch nicht vorgelegen habe, sich ein zukünftiges Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte von 1.480,00 EUR (Ehefrau) zu 1.092,00 EUR (Ehemann) ergeben hätte. Der Wechsel sei deshalb naheliegend gewesen, er werde von den Finanzbehörden bei diesen Verdienstverhältnissen so empfohlen. Ihres Erachtens sei die Vorschrift des § 133 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB III dahingehend auszulegen, dass das Verhältnis der monatlichen Entgelte der Ehegatten zum Zeitpunkt der begründeten Änderung und nicht nach den danach eingetretenen geänderten Verhältnissen maßgebend sei. Zudem verweist sie auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei einer früheren Änderung zum 1. Januar 2008 wären die nunmehr zum 1. März 2008 eingetragenen Lohnsteuerklassen zweifellos zu berücksichtigen gewesen. Für einen zwei Monate später eingetretenen Sachverhalt könne daher nichts anderes gelten. Die Einschränkung des § 133 Abs. 3 SGB III solle nur verhindern, dass der Steuerklassenwechsel ausschließlich zu dem Zweck erfolge, höheres Alg zu beziehen. Dies sei nach dem vorgetragenen Sachverhalt hier jedoch nicht der Fall.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 9. September 2008 und des Bescheids vom 15. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2008 zu verurteilen, ihr höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des SG sei in der Sache nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt und zudem Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr im Streit sind (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Alg unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III.
Die Beklagte hat den Alg-Anspruch der Klägerin nach den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zutreffend berechnet. Das Alg beträgt nach § 129 SGB III (1.) für Arbeitslose, die mindestens ein Kind i.S.d. § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind i.S.d. § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67% (erhöhter Leistungssatz), (2.) für die übrigen Arbeitslosen 60% (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Ausgangspunkt für die Berechnung des Leistungssatzes ist daher das Bemessungsentgelt. Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf einen Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das im letzten Jahr vor der Arbeitslosigkeit verdient wurde und bei der Beendigung der Beschäftigung abgerechnet war (§ 131 Abs. 1 Satz 1, § 130 Abs. 1 SGB III). Angesichts des von September 2007 bis einschließlich August 2008 erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts von 17.762,78 EUR ergibt sich ein tägliches Entgelt von 48,53 EUR (bezogen auf 366 Tage). Das Leistungsentgelt wird aus dem Bemessungsentgelt berechnet, wobei eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21%, die nach der Lohnsteuertabelle anfallende Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag abgezogen werden (§ 133 Abs. 1 SGB III). Von dem so ermittelten Leistungsentgelt werden 60% - da vorliegend kein Kind zu berücksichtigen ist - als Alg geleistet.
Die Feststellung der Lohnsteuer richtet sich gemäß § 133 Abs. 2 SGB III nach der Lohnsteuerklasse, die auf der Lohnsteuerkarte zu Beginn des Jahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist. Spätere Änderungen der Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen. Das Gleiche gilt, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen wird. Haben Ehegatten die Lohnsteuerklassen gewechselt, so werden die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen von dem Tag an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn (1.) die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder (2.) sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Alg ergibt, dass geringer ist als das Alg, dass sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe (§ 133 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Der Leistungsanspruch der Klägerin entstand am 1. September 2008, zu Beginn dieses Jahres war auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Die ab März 2008 neu eingetragenen Lohnsteuerklassen sind nicht zu berücksichtigen, da sie weder dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen, noch sich nach der Neueintragung ein gegenüber der bisherigen Eintragung geringeres Alg ergibt. Durch die Regelung in Absatz 3 soll verhindert werden, dass die Ehegatten die Steuerklasse nur zu dem Zweck wechseln, höheres Alg zu erzielen (vgl. BT-Drucks. 13/4941 S. 179).
Grundsätzlich hat der Steuerklassenwechsel den Veränderungen der Verhältnisse zu entsprechen, das heißt, er muss nach den objektiven Gegebenheiten geboten sein (Bundessozialgericht (BSG) info-also 2003, 77). Die von den Ehegatten gewählte neue Steuerklassenkombination ist nur dann zu berücksichtigen, wenn diese dem Verhältnis ihrer Arbeitslöhne zueinander entspricht und die bisherige Steuerklassenkombination unzweckmäßig war, weil sie zu einem zu hohen Lohnsteuerabzug führte (vgl. BSG SozR 3-4100 § 113 Nr. 1). Zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit dienen die Tabellen zur Steuerklassenwahl, die jährlich herausgegeben werden. Der Tunlichkeitsprüfung zu Grunde zu legen sind die Arbeitslöhne der Ehegatten an dem Tag, an dem der Steuerklassenwechsel wirksam wird (vgl. Rolfs in Gagel, SGB III, § 133 Rdnr. 60). Die Klägerin hatte im März 2008 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 1.319,72 EUR erzielt, ihr Ehemann hatte ein Bruttoarbeitsentgelt von 4.368,00 EUR. Da der Ehemann der Klägerin rentenversicherungsfrei war, ist die Tabelle II zu Grunde zu legen. Danach ist die Steuerklasse V für die Klägerin angesichts des monatlichen Arbeitslohnes des Ehemannes von bis zu 4.400,00 EUR bis zu einem Einkommen von 3.700,00 EUR noch zweckmäßig, so also auch bei dem tatsächlichen Einkommen von 1.319,72 EUR. Erst bei einem höheren Einkommen der Klägerin ab 3.700 EUR wäre eine Einstufung in die Lohnsteuerklassen IV/IV geboten. Eine Einstufung der Klägerin in Lohnsteuerklasse III und ihres Ehemannes in Lohnsteuerklasse V wäre nach der insoweit anzuwendenden Tabelle I angesichts eines Einkommens der Klägerin von bis zu 1.350,00 EUR nur dann sinnvoll, wenn ihr Ehemann weniger als 629,00 EUR verdient hätte. Damit steht eindeutig fest, dass die gewählten Steuerklassen nicht zweckmäßig waren und daher der Steuerklassenwechsel zum März 2008 für die Berechnung des Alg nicht berücksichtigt werden kann.
Nichts anderes kann aus der geplanten Deputatsreduzierung des Ehemannes auf 25 % hergeleitet werden. Unabhängig davon, ob diese Planungen zum Zeitpunkt des Lohnsteuerklassenwechsels tatsächlich noch aktuell waren, nachdem die Klägerin bereits mit Schreiben vom 19. Februar 2008 die Kündigung erhalten hatte, kommt es auf eine erwartete oder geplante Entwicklung der Einkommen der Ehegatten in der Weise, dass die eingetragenen Steuerklassen später ihrem Verhältnis entsprechen, nicht an (vgl. Rolfs in Gagel, a.a.O., § 133 Rdnr. 60). Ihren Zweck, Manipulationen zu verhindern, kann die Vorschrift des § 133 Abs. 3 SGB III nur dann erreichen, wenn auf die ohne weiteres feststellbaren tatsächlichen Verhältnisse zum maßgebenden Zeitpunkt des Lohnsteuerklassenwechsels abgestellt wird. Irgendwie geartete hypothetische Kausalverläufe können insoweit keine Berücksichtigung finden.
Auch der von der Klägerin herangezogene allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz führt zu keiner anderen Beurteilung. Das BSG hat zwar verfassungsrechtliche Bedenken gegen die insoweit übereinstimmende Vorgängervorschrift des § 137 Abs. 4 SGB III geäußert, die Vorschrift jedoch nicht für verfassungswidrig gehalten, da den Bedenken durch einen verfassungskonformen Normvollzug begegnet werden könne (vgl. BSG SozR 4-4300 § 137 Nrn. 1 und 2). Die Bedenken des BSG beziehen sich indes insbesondere auf die leistungsrechtlichen Gefahren, die aus einem Lohnsteuerklassenwechsel resultieren können und die eine gesonderte und gehobene Beratungspflicht der Bundesagentur begründen. Die Verletzung dieser Beratungspflicht kann einen sozialrechtlicher Herstellungsanspruch auf die Zahlung von Alg nach Maßgabe derjenigen Lohnsteuerklasse begründen, die ohne den Wechsel maßgeblich gewesen wäre (vgl. BSG SozR 4-4300 § 137 Nr. 1). Für die hier vorliegende Konstellation, dass die Eheleute die nach den tatsächlichen Einkommensverhältnissen günstigste Kombination der Lohnsteuerklassen gewählt hatten und durch den danach erfolgten Wechsel nicht ein eigentlich bestehender höherer Anspruch auf Alg vermindert worden wäre (etwa durch den Wechsel von IV/IV zu III/V wegen des Eintritts von Arbeitslosigkeit), sondern im Gegenteil ein höherer Anspruch begründet würde, gelten die genannten Bedenken nicht.
Zwar liegt ein Lohnsteuerklassenwechsel i.S.v. § 133 Abs. 3 Satz 1 SGB III dann nicht vor, wenn Eheleute - noch vor Entstehung des Anspruchs auf Alg - für das neue Jahr, in dem der Alg-Anspruch entsteht, eine Änderung der Steuerklasse vorgenommen haben (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 12/06 R - (juris)). Dies stellt jedoch einen anderen Sachverhalt dar, denn insoweit ist die Gefahr von Manipulationen zu Lasten der Arbeitslosenversicherung deutlich geringer. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) liegt somit nicht vor. Bei laufendem Leistungsbezug wird dagegen über § 133 Abs. 3 Satz 3 SGB III die entsprechende Geltung des § 133 Abs. 2 S. 3 SGB III angeordnet. Durch diese Bestimmung gilt die Änderung der Steuerklasse für das neue Kalenderjahr als Steuerklassenwechsel innerhalb des laufenden Jahres und kann somit nur unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 vorgenommen werden (BR-Drucks. 503/92 S. 23). Damit ist auch der Fall erfasst, dass Eheleute für das neue Kalenderjahr geänderte Steuerklassen eintragen lassen, so dass auch dieser Steuerklassenwechsel nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB III leistungsrechtlich berücksichtigt wird (vgl. Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl., § 133 Rdnr. 19; Rolfs in Gagel, a.a.O., § 133 Rdnr. 70). Insoweit wird bei gleicher Manipulationsgefahr der Sachverhalt des Steuerklassenwechsels wiederum gleich behandelt.
Die Beklagte hat nach alledem das Alg in zutreffender Höhe berechnet, insbesondere hat sie zu Recht die Lohnsteuerklasse V zu Grunde gelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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