Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 3563/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4165/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 31. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und dabei insbesondere der etwaige Eintritt der Erwerbsminderung sowie das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen streitig.
Der 1951 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Maschinenschlossers und war bis April 1971 in seinem Lehrberuf tätig. Nach Ableistung des Pflichtwehrdienstes arbeitete er zunächst wieder in seinem Lehrberuf und von August 1974 bis 1976 besuchte er die Technikerschule, die er als Maschinenbautechniker abschloss. Danach arbeitete er zeitweise als Maschinenschlosser und in ähnlichen Berufen. Von April 1982 bis Dezember 1998 war er als Technischer Angestellter in der Qualitätssicherung (Kontrolleur) bei der Firma M. versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Kläger aus gesundheitlichen Gründen beendet. Seither ist der Kläger arbeitslos. Er bezog mit Ausnahme der Monate April und Mai 1999 bis Dezember 2000 Arbeitslosengeld und ab dem 2. Oktober 2007 Arbeitslosengeld II.
Vom 3. April bis 1. Mai 2001 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in I. teil. Chefarzt Dr. G. gab im Entlassungsbericht vom 2. Mai 2001 an, der Kläger sei arbeitsfähig entlassen worden. Er sei noch in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten (Diagnosen: somatoforme Störungen, Lumboischialgie, Tinnitus aurium rezidivierend und Adipositas). Vom 27. August bis 17. September 2002 wurde er in den Kliniken H. stationär behandelt. Facharzt für Orthopädie Dr. V. gab im Entlassungsbericht vom 27. September 2002 an, der Kläger sei voraussichtlich sechs Stunden und mehr einsetzbar für leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen.
Am 28. April 2003 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte dies nach Einholung der Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. S. vom 28. Mai 2003 (Diagnosen: HWS-, BWS-, LWS-Syndrom, myotendopathische Verspannungen, mäßige Funktionsstörung, teilweise projizierte Arm- und Beinbeschwerden, subakute Periarthritis humero scapularis links mit geringer Funktionseinschränkung und Carpaltunnelsyndrom beidseits; Leistungsfähigkeit: letzte berufliche Tätigkeit sechs Stunden und mehr) und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. vom 27. August 2003 (Diagnosen: Cervicalsyndrom bei spinaler Stenose ohne Nachweis radikulärer Beteiligung, Lumbalsyndrom ohne radikuläre Beteiligung und narzistische Persönlichkeitsstruktur; Leistungsfähigkeit: letzte berufliche Tätigkeit sechs Stunden und mehr) ab (Bescheid vom 13. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2003). Die hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) eingelegte Klage (Az: S 8 RA 3110/03) blieb erfolglos, nachdem das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen (Auskünfte des Allgemeinarztes Dr. L. vom 1. Februar 2004 und des Allgemeinarztes Dr. M. vom 19. Februar 2004) und das Gutachten des Internisten und Rheumatologen Dr. M. vom 25. März 2004 eingeholt hatte (Urteil vom 25. Februar 2005). Dr. M. hatte mitgeteilt, der Kläger habe bei sich in Selbstdiagnose ein Fibromyalgiesyndrom festgestellt. Dr. M. kam hingegen zu dem Ergebnis, dass die Kriterien für eine klassische Fibromyalgie nicht erfüllt seien. Bei dem Kläger liege eine chronische wirbelsäulenbetonte Schmerzerkrankung vor. Unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sei er aber in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten acht Stunden am Tag zu verrichten.
Die gegen das Urteil eingelegte Berufung zum Landessozialgericht (Az: L 6 R 1883/05) nahm der Kläger am 1. März 2006 zurück, nachdem von Amts wegen das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. vom 4. November 2005 und das Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Facharztes für Orthopädie Dr. L. vom 13. Januar 2006 eingeholt worden war. Prof. Dr. B. gelangte zu der Einschätzung, beim Kläger könne nicht von einer klinisch relevanten psychiatrischen Krankheit jedweder Genese ausgegangen werden. Der Kläger leide an einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulensyndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite, an einem grenzwertigen Carpaltunnelsyndrom rechts ohne darauf beziehbare subjektive Beschwerden und an einer Dysthymie. Eine psychische Krankheit im eigentlichen Sinne liege hingegen nicht vor. Entsprechende Einschränkungen hinsichtlich des allgemeinen Interessensspektrums, der Tagesstrukturierung und der sozialen Interaktionsfähigkeit hätten sich nicht feststellen lassen. Unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, vollschichtig zu arbeiten. Dies gelte auch für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Dr. L. gelangte in seinem Gutachten zu der Einschätzung, der Kläger leide an einem Myalgiesyndrom, das einer weiteren diagnostischen Abklärung bedürfe. Er vermute eine Myopathie unklarer Genese. Daneben bestehe im Bereich der unteren Brust- sowie der gesamten Lendenwirbelsäule eine Spondylosis hyperostotika forestier, die eine erkennbare Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit hervorrufe. Der Kläger habe zwar über subfebrile Temperaturen geklagt. Diese führten aber nur dazu, dass er keine mittelschweren oder schwere körperliche Tätigkeiten mehr verrichten könne. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er hingegen vollschichtig verrichten. Dies gelte auch für eine Tätigkeit als Technischer Angestellter.
Am 7. Mai 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er leide seit 1994 an Schwindel, Erschöpfungszuständen und Fieber, sodass er keine Kraft mehr habe. Zur weiteren Begründung legte er zahlreiche Arztbriefe vor sowie die Bescheinigung des Dr. M. vom 30. April 2008, wonach sich der Kläger seit 2002 wegen rezidivierenden Fieberschüben, Schwindel, Belastungsinsuffizienz und Antriebslosigkeit in Behandlung befinde. Beim Kläger bestehe der Verdacht auf ein CFS-Syndrom. Mit Bescheid vom 1. Juli 2008 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, im maßgebenden Zeitraum vom 7. Mai 2003 bis 6. Mai 2008 seien nur acht Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei auch nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt sei. Auch seien nicht alle Kalendermonate vor Eintritt der Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 1984 mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, da nach dem Versicherungskonto eine Lücke vom 18. Mai 2001 bis 1. Oktober 2007 bestehe. Etwaige Verlängerungstatbestände könnten daher vorliegend nicht greifen.
Mit seinem am 8. Juli 2008 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, seine Krankheit bestehe seit 1994. Das Verhalten der Beklagten sei kriminell. Seine aktuelle Gehstrecke betrage nur 50 Meter. Nach Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. K. vom 25. Juli 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers unter Wiederholung der bisherigen Argumente zurück (Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2008).
Hiergegen hat der Kläger am 10. Oktober 2008 beim SG Klage erhoben und geltend gemacht, bislang sei in keinster Weise auf sein in der Zwischenzeit permanent auftretendes Fieber, das mit Schwindel und Schwäche einhergehe, eingegangen worden. Sämtliche Gutachter hätten an der Sache vorbeidiagnostiziert. Das Fieber sei auch mit Aspirin bzw Paracetamol nicht wegzubekommen. Zwar betrage das Fieber nicht täglich 39 Grad, aber auch bei unter 38 Grad habe er Schwindel- und Schwächeanfälle. Auch seien seine Zähne zwischenzeitlich defekt, da er nicht mehr zum Zahnarzt komme.
Das SG hat Dr. M. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat mitgeteilt (Auskunft vom 20. Januar 2009), der Kläger befinde sich seit 2002 in seiner ambulanten Behandlung, wobei der Kläger über belastungsabhängigen Schwindel, paroxysmalen Erschöpfungszustand und Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule geklagt habe. Zuletzt sei der Kläger wegen Oberbauchbeschwerden im Sinne einer Gastritis behandelt worden. Nach eigenen Angaben könne der Kläger Arbeiten mit einer körperlichen Belastung höchstens ein bis zwei Stunden am Tag verrichten. Eine Ursache für die von dem Kläger geklagten Beschwerden sei jedoch nicht feststellbar. Gleiches gelte für eine etwaige Einschränkung der Gehstrecke. In den von Dr. M. beigefügten Arztbriefen schildert Neurologe Dr. R. in seinem Schreiben vom 4. April 2008, hinsichtlich des cervicobrachialen Syndroms bestünden keine Hinweise für eine operationswürdige Wurzelläsion, ebenso wenig bestünden ausgedehnte Muskelatrophien; eine Somatisierung sei denkbar. Die radiologisch-nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis G. hat unter dem 4. März 2008 eine grenzwertige relative Spinalkanalstenose, einen Bandscheibenvorfall im Segment C5/6 sowie eine Protrusion der Bandscheibe C3/4 diagnostiziert. Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. K. hat in seinem Arztbrief vom 31. Juli 2007 angegeben, sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten seien äußerlich unauffällig und ohne Rötung, Schwellung, Überwärmung oder intraartikulärem Erguss gewesen. Auch seien sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten schmerzfrei und beweglich gewesen. Neurologe Prof. Dr. S. hat in seinem Arztbrief vom 30. März 2007 ausgeführt, die subjektiv geschilderten Beschwerden ließen sich nicht durch eine irgendwie geartete neurologische Erkrankung erklären. Nervenärztin Dr. M.-D. hat in ihrem Arztbrief vom 12. März 2007 geschildert, beim Kläger lägen keine groben Merkfähigkeits-, Konzentrations- oder Gesundheitsstörungen vor. Es müsse eine Myopathie/Myasthenie abgeklärt werden, weshalb der Kläger zu Prof. Dr. S. überwiesen worden sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat den Versicherungsverlauf vom 27. November 2008 vorgelegt. Hierin sind ua Pflichtbeitragszeiten für die Zeiträume vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1998, vom 9. bis 28. März 1999 und vom 1. Juni 1999 bis 17. Mai 2001 vermerkt. Für den Zeitraum danach sind bis zum 1. Oktober 2007 keine Beitragszeiten aufgeführt. Für die Zeit vom 2. Oktober 2007 bis 31. Mai 2008 ist eine Beitragszeit wegen Erhalts von Arbeitslosengeld II vermerkt.
Mit Urteil vom 4. August 2009 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, bei einem Leistungsfall bei Rentenantragstellung oder zu einem Zeitpunkt zwischen dem 1. Januar 2008 und dem Zeitpunkt der Antragstellung habe der Kläger zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, er könne jedoch die erforderlichen Pflichtbeitragszeiten von drei Jahren nicht aufweisen. Dies ergebe sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf. Es liege auch kein Fall vor, in dem nach § 241 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich seien. Denn es fehle beim Kläger an der Belegung jedes Kalendermonats mit einer Anwartschaftserhaltungszeit zwischen dem 1. Januar 1984 und einem Zeitpunkt im Jahr 2008, sodass die Voraussetzungen des § 241 Abs 2 SGB VI nicht erfüllt seien. Gehe man von einem Leistungsfall im Jahr 1994 aus, so fehle es an der Anspruchsvoraussetzung der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung. Dies folge aus dem Bericht von Dr. M. in Verbindung mit den ärztlichen Berichten und medizinischen Gutachten aus dem vergangenen Rentenverfahren und dem darauf folgenden Rechtsstreit zwischen den Beteiligten. Alle behandelnden und begutachtenden Ärzte seien sich darin einig gewesen, dass der Kläger sowohl in orthopädischer als auch in rheumatologischer und neurologisch-psychiatrischer Hinsicht leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und damit auch die Tätigkeit eines Technischen Angestellten mindestens sechs Stunden, wenngleich unter bestimmten qualitativen Einschränkungen, täglich ausüben könne. Weitere medizinische Ermittlungen seien im Hinblick auf einen Leistungsfall im Jahr 1994 auch im Hinblick auf die jetzige Auskunft des Dr. M. nicht anzustellen.
Hiergegen richtet sich die am 31. August 2009 beim SG zum LSG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, seine Beschwerden hätten sich in den letzten zwei Jahren verschlechtert. Er könne nicht mal mehr zum Hausarzt gehen. Die Beschwerden seien jedoch bereits 1994 aufgetreten. Im genannten Jahr sei es zu einem Kreislaufkollaps bei Dr. L. gekommen. Auch während seines Aufenthaltes in I. habe er Kreislaufprobleme gehabt. Schließlich sei sein Gehvermögen stark eingeschränkt. Er glaube den Gutachtern, dass bei ihm keine Fibromyalgie vorliege. Allerdings sei er bei jedem Gutachter mit Fieber gewesen. Auch gehe Dr. M. davon aus, dass er an einem CFS-Syndrom leide. Seit zwei Jahren beziehe er nun Arbeitslosengeld II, sodass er auch aus finanziellen Gründen sein Auto nicht mehr nutzen könne. Zur weiteren Begründung hat der Kläger den Arztbrief des Orthopäden Dr. B. vom 20. Mai 1998 vorgelegt, wonach die Schultergelenksbeweglichkeit frei gewesen sei und sich ein völlig unauffälliger altersentsprechender knöcherner Befund gezeigt habe. Auch bestünde kein Hinweis für eine Scheuermann’sche Erkrankung. Diesbezüglich hat der Kläger handschriftlich hinzugefügt, dass andere Ärzte sehr wohl von einer Scheuermann’schen Erkrankung ausgingen. Dr. B. sei für Fehldiagnosen bekannt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Mai 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Medizinisch richtungsweisende Aspekte, die einen Leistungsfall im Jahr 1994 belegten, könnten aus dem Vorbringen des Klägers nicht entnommen werden. Das damalige Rentenverfahren habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen sowohl in nervenärztlicher als auch in orthopädischer Hinsicht ergeben. Durch den damals beschriebenen Tagesablauf habe sich ein quantitatives leistungsminderndes Schmerzsyndrom nicht objektivieren lassen. Deshalb habe der Kläger damals auch die Berufung zurückgenommen. Zu einem Neuantrag sei es erst im Mai 2008 gekommen. Da bis zum Jahr 2006 keine quantitative Leistungsminderung vorgelegen habe, sei die Diskussion über einen Leistungsfall im Jahr 1994 müßig. Dies ergebe sich auch aus dem Reha-Bericht aus dem Jahr 2001, wonach der Kläger noch vollschichtig habe arbeiten können und auch als arbeitsfähig entlassen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die beigezogenen Gerichtsakten (Az: S 8 RA 3110/03 und L 6 R 1883/05) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2008 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat für die Zeit ab dem 1. Mai 2008 keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, weil er deren besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen nicht erfüllt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2; sog Drei-Fünftel-Belegung) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit setzt nach § 240 SGB VI für Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, Berufsunfähigkeit und ebenfalls die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung voraus.
Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger eine Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) nicht zu, weil er zum 7. Mai 2008, dem Tag der Antragstellung, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2 SGBVI nicht mehr erfüllt und nicht nachgewiesen ist, dass eine Erwerbsminderung vorher eingetreten ist.
Der Senat geht mit der Beklagten davon aus, dass für den Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 7. Mai 2008 keine Anhaltspunkte bestehen. Dies ergibt sich für den Senat aus den schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. S. vom 28. Mai 2003, des Dr. J. vom 27. August 2003, des Dr. M. vom 25. März 2004, des Prof. Dr. B. vom 4. November 2005 und des Dr. L. vom 13. Januar 2006 sowie aus den Entlassungsberichten des Dr. G. vom 2. Mai 2001 und des Dr. V. vom 27. September 2002, die alle im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten. Danach steht zwar fest, dass der Kläger an einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulensyndrom, an einem grenzwertigen Carpaltunnelsyndrom rechts, an einer Dysthymie, an einem Myalgie-Syndrom unklarer Genese sowie an einer Spondylosis hyperostotika forestier leidet. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Prof. Dr. B. und des Dr. L ... Dennoch gelangten sämtliche Gutachter und die benannten Ärzte zu der Einschätzung, dass der Kläger noch in der Lage ist, sowohl seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbautechniker als auch sämtliche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Zu vermeiden sind danach Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe, Temperaturschwankungen und Tätigkeiten, die mit Heben und Tragen schwerer Gegenstände verbunden sind. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. L ... Diese qualitativen Leistungseinschränkungen hat Dr. L. auch im Hinblick auf die vom Kläger angegebenen Fieberschübe nachvollziehbar begründet. Zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führen die Erkrankungen aber nicht. Soweit der Kläger weiterhin geltend macht, dass er an einem chronischen Fiebersyndrom leide und der Verdacht des Bestehens eines CFS-Syndroms vorliege, weist der Senat darauf hin, dass Dr. M. in seiner Auskunft vom 20. Januar 2009 Fieberbeschwerden oder das Vorliegen eines CFS-Syndroms nicht genannt hat. Der Verdacht des Bestehens eines CFS-Syndroms, den Dr. M. in seiner Bescheinigung vom 30. April 2008 noch geäußert hatte, hat sich demnach nicht bestätigt. Aus seiner Auskunft vom 20. Januar 2009 ergibt sich vielmehr, dass der Kläger wegen belastungsabhängigem Schwindel, paroxysmalem Erschöpfungszustand, wegen Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und zuletzt wegen einer Gastritis behandelt worden ist. Eine Behandlung des Fiebers hat offensichtlich nicht stattgefunden. Auch hat Dr. M. keine Scheuermann’sche Erkrankung diagnostiziert. Schließlich ergibt sich aus der genannten Auskunft des Dr. M. auch keine quantitative Leistungsminderung. Er hat lediglich angegeben, dass der Kläger nach seiner eigenen Einschätzung nicht mehr in der Lage sieht, mehr als ein bis zwei Stunden am Tag zu arbeiten. Diesbezüglich hat Dr. M. jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er Ursachen für die vom Kläger genannten Beschwerden nicht feststellen konnte.
An diesem Ergebnis ändern auch die von Dr. M. vorgelegten Arztbriefe des Dr. R., der radiologisch-nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis G., des Prof. Dr. K., des Prof. Dr. S. und der Dr. M.-D. nichts. Denn aus den genannten Arztbriefen lassen sich keine weitergehenden Funktionsbeeinträchtigungen entnehmen. Allein das Vorhandensein einer relativen Spinalkanalstenose, eines Bandscheibenvorfalls im Segment C5/C6 und einer Protrusion der Bandscheibe C3/4 führen nicht zu quantitativen Leistungseinschränkungen. Den genannten Erkrankungen wird durch die qualitative Leistungseinschränkung, wonach der Kläger keine schweren Lasten mehr heben und tragen darf, hinreichend Rechnung getragen. Schließlich ergibt sich auch aus dem Arztbrief des Prof. Dr. K., dass sowohl die oberen als auch die unteren Extremitäten frei beweglich und unauffällig waren. Prof. Dr. S. konnte darüber hinaus eine neurologische Erkrankung, die die vom Kläger geschilderten Beschwerden erklären könnte, ausschließen. Vor diesem Hintergrund haben sich weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen nicht aufgedrängt.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass gegen eine Herabsetzung des zeitlichen Leistungsvermögens bereits im Jahr 1994 der Umstand spricht, dass der Kläger auch in der Zeit danach noch als Maschinenbautechniker bei der Firma M. gearbeitet hat.
Ein vom Kläger behaupteter Versicherungsfall im Dezember 1994 - zu diesem Zeitpunkt waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt, weil 36 Monate Pflichtbeiträge in den vorhergehenden fünf Jahren (Dezember 1989 bis Dezember 1994) entrichtet sind - lässt sich mithin nicht feststellen. Zwar wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch noch bei einem Versicherungsfall im Februar 2003 erfüllt, da 36 Monate Pflichtbeiträge im vorhergehenden Fünfjahreszeitraum (bis Februar 1998) entrichtet sind (vgl Versicherungsverlauf vom 27. November 2008, Bl 9 der SG-Akte). Allerdings fehlen jegliche Anhaltspunkte für einen Eintritt der Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt. Dies ergibt sich - wie bereits dargelegt - aus den genannten Gutachten und Entlassungsberichten. Denn weder bei den Untersuchungen in den Jahren 2003/04 (Gutachten Dr. S., Dr. J. und Dr. M.) noch in den Jahren 2005/06 (Gutachten Prof. Dr. B. und Dr. L.) konnte eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers festgestellt werden.
Der Senat geht mithin davon aus, dass eine etwaige Erwerbsminderung nicht vor dem 7. Mai 2008, dem Tag, an dem der Kläger durch seine Rentenantragstellung nochmals nach außen hin dokumentiert hat, dass er von einer Leistungsminderung ausgeht, eingetreten ist.
Zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung hat der Kläger im Fünfjahreszeitraum vom 7. Mai 2003 bis 6. Mai 2008 aber nur acht Monate mit Pflichtbeiträgen belegt (2. Oktober 2007 bis 31. Mai 2008). Dies ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf der Beklagten vom 27. November 2008 (Bl 9 der SG-Akte).
In der Zeit vom 18. Mai 2001 bis 1. Oktober 2007 hat der Kläger keine Beiträge entrichtet, wobei Unvollständigkeit oder Unrichtigkeiten im Versicherungsverlauf weder dargetan noch ersichtlich sind. Aus diesem Grund verlängert sich auch der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der etwaigen Erwerbsminderung vorliegend nicht. Denn die Voraussetzungen des § 43 Abs 4 SGB VI für eine Verlängerung liegen nicht vor. Danach verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Auch liegen die Voraussetzungen der vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs 5 iVm § 53 SGB VI) nicht vor.
Im Übrigen hat der Kläger auch nicht die Zeit ab 1. Januar 1984 durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt (§ 241 Abs 2 SGB VI). Nach § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI wäre zwar für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Der Kläger war im Zeitpunkt der Antragstellung am 7. Mai 2008 aber nicht mehr berechtigt, Beiträge nachzuentrichten (§ 197 SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein solcher Anspruch besteht nach §§ 240 Abs 1, 43 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB VI für Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen und berufsunfähig sind. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wären in der Person des Klägers jedoch nur dann erfüllt, wenn er seit Februar 2003 ununterbrochen berufsunfähig wäre. Hiervon konnte sich jedoch der Senat nicht überzeugen. Nach den insoweit überzeugenden Gutachten des Dr. S., des Dr. J., des Dr. M., des Prof. Dr. B. und des Dr. L. ist davon auszugehen, dass der Kläger noch in der Lage war, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbautechniker vollschichtig unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Der Kläger war mithin zu diesem Zeitpunkt nicht berufsunfähig.
Der Kläger hat somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Rente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und dabei insbesondere der etwaige Eintritt der Erwerbsminderung sowie das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen streitig.
Der 1951 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Maschinenschlossers und war bis April 1971 in seinem Lehrberuf tätig. Nach Ableistung des Pflichtwehrdienstes arbeitete er zunächst wieder in seinem Lehrberuf und von August 1974 bis 1976 besuchte er die Technikerschule, die er als Maschinenbautechniker abschloss. Danach arbeitete er zeitweise als Maschinenschlosser und in ähnlichen Berufen. Von April 1982 bis Dezember 1998 war er als Technischer Angestellter in der Qualitätssicherung (Kontrolleur) bei der Firma M. versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Kläger aus gesundheitlichen Gründen beendet. Seither ist der Kläger arbeitslos. Er bezog mit Ausnahme der Monate April und Mai 1999 bis Dezember 2000 Arbeitslosengeld und ab dem 2. Oktober 2007 Arbeitslosengeld II.
Vom 3. April bis 1. Mai 2001 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in I. teil. Chefarzt Dr. G. gab im Entlassungsbericht vom 2. Mai 2001 an, der Kläger sei arbeitsfähig entlassen worden. Er sei noch in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten (Diagnosen: somatoforme Störungen, Lumboischialgie, Tinnitus aurium rezidivierend und Adipositas). Vom 27. August bis 17. September 2002 wurde er in den Kliniken H. stationär behandelt. Facharzt für Orthopädie Dr. V. gab im Entlassungsbericht vom 27. September 2002 an, der Kläger sei voraussichtlich sechs Stunden und mehr einsetzbar für leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen.
Am 28. April 2003 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte dies nach Einholung der Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. S. vom 28. Mai 2003 (Diagnosen: HWS-, BWS-, LWS-Syndrom, myotendopathische Verspannungen, mäßige Funktionsstörung, teilweise projizierte Arm- und Beinbeschwerden, subakute Periarthritis humero scapularis links mit geringer Funktionseinschränkung und Carpaltunnelsyndrom beidseits; Leistungsfähigkeit: letzte berufliche Tätigkeit sechs Stunden und mehr) und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. vom 27. August 2003 (Diagnosen: Cervicalsyndrom bei spinaler Stenose ohne Nachweis radikulärer Beteiligung, Lumbalsyndrom ohne radikuläre Beteiligung und narzistische Persönlichkeitsstruktur; Leistungsfähigkeit: letzte berufliche Tätigkeit sechs Stunden und mehr) ab (Bescheid vom 13. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2003). Die hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) eingelegte Klage (Az: S 8 RA 3110/03) blieb erfolglos, nachdem das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen (Auskünfte des Allgemeinarztes Dr. L. vom 1. Februar 2004 und des Allgemeinarztes Dr. M. vom 19. Februar 2004) und das Gutachten des Internisten und Rheumatologen Dr. M. vom 25. März 2004 eingeholt hatte (Urteil vom 25. Februar 2005). Dr. M. hatte mitgeteilt, der Kläger habe bei sich in Selbstdiagnose ein Fibromyalgiesyndrom festgestellt. Dr. M. kam hingegen zu dem Ergebnis, dass die Kriterien für eine klassische Fibromyalgie nicht erfüllt seien. Bei dem Kläger liege eine chronische wirbelsäulenbetonte Schmerzerkrankung vor. Unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sei er aber in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten acht Stunden am Tag zu verrichten.
Die gegen das Urteil eingelegte Berufung zum Landessozialgericht (Az: L 6 R 1883/05) nahm der Kläger am 1. März 2006 zurück, nachdem von Amts wegen das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. vom 4. November 2005 und das Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Facharztes für Orthopädie Dr. L. vom 13. Januar 2006 eingeholt worden war. Prof. Dr. B. gelangte zu der Einschätzung, beim Kläger könne nicht von einer klinisch relevanten psychiatrischen Krankheit jedweder Genese ausgegangen werden. Der Kläger leide an einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulensyndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite, an einem grenzwertigen Carpaltunnelsyndrom rechts ohne darauf beziehbare subjektive Beschwerden und an einer Dysthymie. Eine psychische Krankheit im eigentlichen Sinne liege hingegen nicht vor. Entsprechende Einschränkungen hinsichtlich des allgemeinen Interessensspektrums, der Tagesstrukturierung und der sozialen Interaktionsfähigkeit hätten sich nicht feststellen lassen. Unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, vollschichtig zu arbeiten. Dies gelte auch für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Dr. L. gelangte in seinem Gutachten zu der Einschätzung, der Kläger leide an einem Myalgiesyndrom, das einer weiteren diagnostischen Abklärung bedürfe. Er vermute eine Myopathie unklarer Genese. Daneben bestehe im Bereich der unteren Brust- sowie der gesamten Lendenwirbelsäule eine Spondylosis hyperostotika forestier, die eine erkennbare Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit hervorrufe. Der Kläger habe zwar über subfebrile Temperaturen geklagt. Diese führten aber nur dazu, dass er keine mittelschweren oder schwere körperliche Tätigkeiten mehr verrichten könne. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er hingegen vollschichtig verrichten. Dies gelte auch für eine Tätigkeit als Technischer Angestellter.
Am 7. Mai 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er leide seit 1994 an Schwindel, Erschöpfungszuständen und Fieber, sodass er keine Kraft mehr habe. Zur weiteren Begründung legte er zahlreiche Arztbriefe vor sowie die Bescheinigung des Dr. M. vom 30. April 2008, wonach sich der Kläger seit 2002 wegen rezidivierenden Fieberschüben, Schwindel, Belastungsinsuffizienz und Antriebslosigkeit in Behandlung befinde. Beim Kläger bestehe der Verdacht auf ein CFS-Syndrom. Mit Bescheid vom 1. Juli 2008 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, im maßgebenden Zeitraum vom 7. Mai 2003 bis 6. Mai 2008 seien nur acht Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei auch nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt sei. Auch seien nicht alle Kalendermonate vor Eintritt der Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 1984 mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, da nach dem Versicherungskonto eine Lücke vom 18. Mai 2001 bis 1. Oktober 2007 bestehe. Etwaige Verlängerungstatbestände könnten daher vorliegend nicht greifen.
Mit seinem am 8. Juli 2008 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, seine Krankheit bestehe seit 1994. Das Verhalten der Beklagten sei kriminell. Seine aktuelle Gehstrecke betrage nur 50 Meter. Nach Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. K. vom 25. Juli 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers unter Wiederholung der bisherigen Argumente zurück (Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2008).
Hiergegen hat der Kläger am 10. Oktober 2008 beim SG Klage erhoben und geltend gemacht, bislang sei in keinster Weise auf sein in der Zwischenzeit permanent auftretendes Fieber, das mit Schwindel und Schwäche einhergehe, eingegangen worden. Sämtliche Gutachter hätten an der Sache vorbeidiagnostiziert. Das Fieber sei auch mit Aspirin bzw Paracetamol nicht wegzubekommen. Zwar betrage das Fieber nicht täglich 39 Grad, aber auch bei unter 38 Grad habe er Schwindel- und Schwächeanfälle. Auch seien seine Zähne zwischenzeitlich defekt, da er nicht mehr zum Zahnarzt komme.
Das SG hat Dr. M. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat mitgeteilt (Auskunft vom 20. Januar 2009), der Kläger befinde sich seit 2002 in seiner ambulanten Behandlung, wobei der Kläger über belastungsabhängigen Schwindel, paroxysmalen Erschöpfungszustand und Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule geklagt habe. Zuletzt sei der Kläger wegen Oberbauchbeschwerden im Sinne einer Gastritis behandelt worden. Nach eigenen Angaben könne der Kläger Arbeiten mit einer körperlichen Belastung höchstens ein bis zwei Stunden am Tag verrichten. Eine Ursache für die von dem Kläger geklagten Beschwerden sei jedoch nicht feststellbar. Gleiches gelte für eine etwaige Einschränkung der Gehstrecke. In den von Dr. M. beigefügten Arztbriefen schildert Neurologe Dr. R. in seinem Schreiben vom 4. April 2008, hinsichtlich des cervicobrachialen Syndroms bestünden keine Hinweise für eine operationswürdige Wurzelläsion, ebenso wenig bestünden ausgedehnte Muskelatrophien; eine Somatisierung sei denkbar. Die radiologisch-nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis G. hat unter dem 4. März 2008 eine grenzwertige relative Spinalkanalstenose, einen Bandscheibenvorfall im Segment C5/6 sowie eine Protrusion der Bandscheibe C3/4 diagnostiziert. Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. K. hat in seinem Arztbrief vom 31. Juli 2007 angegeben, sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten seien äußerlich unauffällig und ohne Rötung, Schwellung, Überwärmung oder intraartikulärem Erguss gewesen. Auch seien sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten schmerzfrei und beweglich gewesen. Neurologe Prof. Dr. S. hat in seinem Arztbrief vom 30. März 2007 ausgeführt, die subjektiv geschilderten Beschwerden ließen sich nicht durch eine irgendwie geartete neurologische Erkrankung erklären. Nervenärztin Dr. M.-D. hat in ihrem Arztbrief vom 12. März 2007 geschildert, beim Kläger lägen keine groben Merkfähigkeits-, Konzentrations- oder Gesundheitsstörungen vor. Es müsse eine Myopathie/Myasthenie abgeklärt werden, weshalb der Kläger zu Prof. Dr. S. überwiesen worden sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat den Versicherungsverlauf vom 27. November 2008 vorgelegt. Hierin sind ua Pflichtbeitragszeiten für die Zeiträume vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1998, vom 9. bis 28. März 1999 und vom 1. Juni 1999 bis 17. Mai 2001 vermerkt. Für den Zeitraum danach sind bis zum 1. Oktober 2007 keine Beitragszeiten aufgeführt. Für die Zeit vom 2. Oktober 2007 bis 31. Mai 2008 ist eine Beitragszeit wegen Erhalts von Arbeitslosengeld II vermerkt.
Mit Urteil vom 4. August 2009 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, bei einem Leistungsfall bei Rentenantragstellung oder zu einem Zeitpunkt zwischen dem 1. Januar 2008 und dem Zeitpunkt der Antragstellung habe der Kläger zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, er könne jedoch die erforderlichen Pflichtbeitragszeiten von drei Jahren nicht aufweisen. Dies ergebe sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf. Es liege auch kein Fall vor, in dem nach § 241 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich seien. Denn es fehle beim Kläger an der Belegung jedes Kalendermonats mit einer Anwartschaftserhaltungszeit zwischen dem 1. Januar 1984 und einem Zeitpunkt im Jahr 2008, sodass die Voraussetzungen des § 241 Abs 2 SGB VI nicht erfüllt seien. Gehe man von einem Leistungsfall im Jahr 1994 aus, so fehle es an der Anspruchsvoraussetzung der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung. Dies folge aus dem Bericht von Dr. M. in Verbindung mit den ärztlichen Berichten und medizinischen Gutachten aus dem vergangenen Rentenverfahren und dem darauf folgenden Rechtsstreit zwischen den Beteiligten. Alle behandelnden und begutachtenden Ärzte seien sich darin einig gewesen, dass der Kläger sowohl in orthopädischer als auch in rheumatologischer und neurologisch-psychiatrischer Hinsicht leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und damit auch die Tätigkeit eines Technischen Angestellten mindestens sechs Stunden, wenngleich unter bestimmten qualitativen Einschränkungen, täglich ausüben könne. Weitere medizinische Ermittlungen seien im Hinblick auf einen Leistungsfall im Jahr 1994 auch im Hinblick auf die jetzige Auskunft des Dr. M. nicht anzustellen.
Hiergegen richtet sich die am 31. August 2009 beim SG zum LSG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, seine Beschwerden hätten sich in den letzten zwei Jahren verschlechtert. Er könne nicht mal mehr zum Hausarzt gehen. Die Beschwerden seien jedoch bereits 1994 aufgetreten. Im genannten Jahr sei es zu einem Kreislaufkollaps bei Dr. L. gekommen. Auch während seines Aufenthaltes in I. habe er Kreislaufprobleme gehabt. Schließlich sei sein Gehvermögen stark eingeschränkt. Er glaube den Gutachtern, dass bei ihm keine Fibromyalgie vorliege. Allerdings sei er bei jedem Gutachter mit Fieber gewesen. Auch gehe Dr. M. davon aus, dass er an einem CFS-Syndrom leide. Seit zwei Jahren beziehe er nun Arbeitslosengeld II, sodass er auch aus finanziellen Gründen sein Auto nicht mehr nutzen könne. Zur weiteren Begründung hat der Kläger den Arztbrief des Orthopäden Dr. B. vom 20. Mai 1998 vorgelegt, wonach die Schultergelenksbeweglichkeit frei gewesen sei und sich ein völlig unauffälliger altersentsprechender knöcherner Befund gezeigt habe. Auch bestünde kein Hinweis für eine Scheuermann’sche Erkrankung. Diesbezüglich hat der Kläger handschriftlich hinzugefügt, dass andere Ärzte sehr wohl von einer Scheuermann’schen Erkrankung ausgingen. Dr. B. sei für Fehldiagnosen bekannt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Mai 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Medizinisch richtungsweisende Aspekte, die einen Leistungsfall im Jahr 1994 belegten, könnten aus dem Vorbringen des Klägers nicht entnommen werden. Das damalige Rentenverfahren habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen sowohl in nervenärztlicher als auch in orthopädischer Hinsicht ergeben. Durch den damals beschriebenen Tagesablauf habe sich ein quantitatives leistungsminderndes Schmerzsyndrom nicht objektivieren lassen. Deshalb habe der Kläger damals auch die Berufung zurückgenommen. Zu einem Neuantrag sei es erst im Mai 2008 gekommen. Da bis zum Jahr 2006 keine quantitative Leistungsminderung vorgelegen habe, sei die Diskussion über einen Leistungsfall im Jahr 1994 müßig. Dies ergebe sich auch aus dem Reha-Bericht aus dem Jahr 2001, wonach der Kläger noch vollschichtig habe arbeiten können und auch als arbeitsfähig entlassen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die beigezogenen Gerichtsakten (Az: S 8 RA 3110/03 und L 6 R 1883/05) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2008 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat für die Zeit ab dem 1. Mai 2008 keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, weil er deren besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen nicht erfüllt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2; sog Drei-Fünftel-Belegung) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit setzt nach § 240 SGB VI für Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, Berufsunfähigkeit und ebenfalls die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung voraus.
Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger eine Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) nicht zu, weil er zum 7. Mai 2008, dem Tag der Antragstellung, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2 SGBVI nicht mehr erfüllt und nicht nachgewiesen ist, dass eine Erwerbsminderung vorher eingetreten ist.
Der Senat geht mit der Beklagten davon aus, dass für den Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 7. Mai 2008 keine Anhaltspunkte bestehen. Dies ergibt sich für den Senat aus den schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. S. vom 28. Mai 2003, des Dr. J. vom 27. August 2003, des Dr. M. vom 25. März 2004, des Prof. Dr. B. vom 4. November 2005 und des Dr. L. vom 13. Januar 2006 sowie aus den Entlassungsberichten des Dr. G. vom 2. Mai 2001 und des Dr. V. vom 27. September 2002, die alle im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten. Danach steht zwar fest, dass der Kläger an einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulensyndrom, an einem grenzwertigen Carpaltunnelsyndrom rechts, an einer Dysthymie, an einem Myalgie-Syndrom unklarer Genese sowie an einer Spondylosis hyperostotika forestier leidet. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Prof. Dr. B. und des Dr. L ... Dennoch gelangten sämtliche Gutachter und die benannten Ärzte zu der Einschätzung, dass der Kläger noch in der Lage ist, sowohl seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbautechniker als auch sämtliche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Zu vermeiden sind danach Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe, Temperaturschwankungen und Tätigkeiten, die mit Heben und Tragen schwerer Gegenstände verbunden sind. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. L ... Diese qualitativen Leistungseinschränkungen hat Dr. L. auch im Hinblick auf die vom Kläger angegebenen Fieberschübe nachvollziehbar begründet. Zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führen die Erkrankungen aber nicht. Soweit der Kläger weiterhin geltend macht, dass er an einem chronischen Fiebersyndrom leide und der Verdacht des Bestehens eines CFS-Syndroms vorliege, weist der Senat darauf hin, dass Dr. M. in seiner Auskunft vom 20. Januar 2009 Fieberbeschwerden oder das Vorliegen eines CFS-Syndroms nicht genannt hat. Der Verdacht des Bestehens eines CFS-Syndroms, den Dr. M. in seiner Bescheinigung vom 30. April 2008 noch geäußert hatte, hat sich demnach nicht bestätigt. Aus seiner Auskunft vom 20. Januar 2009 ergibt sich vielmehr, dass der Kläger wegen belastungsabhängigem Schwindel, paroxysmalem Erschöpfungszustand, wegen Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und zuletzt wegen einer Gastritis behandelt worden ist. Eine Behandlung des Fiebers hat offensichtlich nicht stattgefunden. Auch hat Dr. M. keine Scheuermann’sche Erkrankung diagnostiziert. Schließlich ergibt sich aus der genannten Auskunft des Dr. M. auch keine quantitative Leistungsminderung. Er hat lediglich angegeben, dass der Kläger nach seiner eigenen Einschätzung nicht mehr in der Lage sieht, mehr als ein bis zwei Stunden am Tag zu arbeiten. Diesbezüglich hat Dr. M. jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er Ursachen für die vom Kläger genannten Beschwerden nicht feststellen konnte.
An diesem Ergebnis ändern auch die von Dr. M. vorgelegten Arztbriefe des Dr. R., der radiologisch-nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis G., des Prof. Dr. K., des Prof. Dr. S. und der Dr. M.-D. nichts. Denn aus den genannten Arztbriefen lassen sich keine weitergehenden Funktionsbeeinträchtigungen entnehmen. Allein das Vorhandensein einer relativen Spinalkanalstenose, eines Bandscheibenvorfalls im Segment C5/C6 und einer Protrusion der Bandscheibe C3/4 führen nicht zu quantitativen Leistungseinschränkungen. Den genannten Erkrankungen wird durch die qualitative Leistungseinschränkung, wonach der Kläger keine schweren Lasten mehr heben und tragen darf, hinreichend Rechnung getragen. Schließlich ergibt sich auch aus dem Arztbrief des Prof. Dr. K., dass sowohl die oberen als auch die unteren Extremitäten frei beweglich und unauffällig waren. Prof. Dr. S. konnte darüber hinaus eine neurologische Erkrankung, die die vom Kläger geschilderten Beschwerden erklären könnte, ausschließen. Vor diesem Hintergrund haben sich weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen nicht aufgedrängt.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass gegen eine Herabsetzung des zeitlichen Leistungsvermögens bereits im Jahr 1994 der Umstand spricht, dass der Kläger auch in der Zeit danach noch als Maschinenbautechniker bei der Firma M. gearbeitet hat.
Ein vom Kläger behaupteter Versicherungsfall im Dezember 1994 - zu diesem Zeitpunkt waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt, weil 36 Monate Pflichtbeiträge in den vorhergehenden fünf Jahren (Dezember 1989 bis Dezember 1994) entrichtet sind - lässt sich mithin nicht feststellen. Zwar wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch noch bei einem Versicherungsfall im Februar 2003 erfüllt, da 36 Monate Pflichtbeiträge im vorhergehenden Fünfjahreszeitraum (bis Februar 1998) entrichtet sind (vgl Versicherungsverlauf vom 27. November 2008, Bl 9 der SG-Akte). Allerdings fehlen jegliche Anhaltspunkte für einen Eintritt der Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt. Dies ergibt sich - wie bereits dargelegt - aus den genannten Gutachten und Entlassungsberichten. Denn weder bei den Untersuchungen in den Jahren 2003/04 (Gutachten Dr. S., Dr. J. und Dr. M.) noch in den Jahren 2005/06 (Gutachten Prof. Dr. B. und Dr. L.) konnte eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers festgestellt werden.
Der Senat geht mithin davon aus, dass eine etwaige Erwerbsminderung nicht vor dem 7. Mai 2008, dem Tag, an dem der Kläger durch seine Rentenantragstellung nochmals nach außen hin dokumentiert hat, dass er von einer Leistungsminderung ausgeht, eingetreten ist.
Zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung hat der Kläger im Fünfjahreszeitraum vom 7. Mai 2003 bis 6. Mai 2008 aber nur acht Monate mit Pflichtbeiträgen belegt (2. Oktober 2007 bis 31. Mai 2008). Dies ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf der Beklagten vom 27. November 2008 (Bl 9 der SG-Akte).
In der Zeit vom 18. Mai 2001 bis 1. Oktober 2007 hat der Kläger keine Beiträge entrichtet, wobei Unvollständigkeit oder Unrichtigkeiten im Versicherungsverlauf weder dargetan noch ersichtlich sind. Aus diesem Grund verlängert sich auch der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der etwaigen Erwerbsminderung vorliegend nicht. Denn die Voraussetzungen des § 43 Abs 4 SGB VI für eine Verlängerung liegen nicht vor. Danach verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Auch liegen die Voraussetzungen der vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs 5 iVm § 53 SGB VI) nicht vor.
Im Übrigen hat der Kläger auch nicht die Zeit ab 1. Januar 1984 durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt (§ 241 Abs 2 SGB VI). Nach § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI wäre zwar für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Der Kläger war im Zeitpunkt der Antragstellung am 7. Mai 2008 aber nicht mehr berechtigt, Beiträge nachzuentrichten (§ 197 SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein solcher Anspruch besteht nach §§ 240 Abs 1, 43 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB VI für Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen und berufsunfähig sind. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wären in der Person des Klägers jedoch nur dann erfüllt, wenn er seit Februar 2003 ununterbrochen berufsunfähig wäre. Hiervon konnte sich jedoch der Senat nicht überzeugen. Nach den insoweit überzeugenden Gutachten des Dr. S., des Dr. J., des Dr. M., des Prof. Dr. B. und des Dr. L. ist davon auszugehen, dass der Kläger noch in der Lage war, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbautechniker vollschichtig unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Der Kläger war mithin zu diesem Zeitpunkt nicht berufsunfähig.
Der Kläger hat somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Rente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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