Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 21 (13) AS 35/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern zu 2) bis 7) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zustehen.
Der am 00.00.1961 geborene Kläger zu 1), die am 17.07.1962 geborene Klägerin zu 2), der am 00.00.1987 geborene Kläger zu 3), der am 00.00.1988 geborene Kläger zu 4), der am 00.00.1990 geborene Kläger zu 5), der am 00.00.1993 geborene Kläger zu 6) und der am 00.00.1999 geborene Kläger zu 7) beantragten am 05.11.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die Asylverfahren der Kläger zu 2) bis 7) waren nicht abgeschlossen. Die Kläger zu 2) bis 7) besaßen deshalb nur eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und keine Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Mit Bescheid vom 07.12.2004 bewilligte die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.04.2005 Grundsicherungsleistungen in folgender Höhe:
Vom 01.01.2005 bis zum 31.01.2005 394,01 EUR, vom 01.02.2005 bis zum 30.04.2005 394,13 EUR monatlich.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 24.01.2005 Widerspruch mit der Begründung ein, es seien lediglich Leistungen für den Kläger zu 1) ausgezahlt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen haben die Kläger am 25.07.2005 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, soweit die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Kläger zu 2) bis 7) abgelehnt worden sei, seien die angefochtenen Bescheide rechtswidrig.
Der Kläger zu 1) sei unstreitig als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II und beziehe seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Die von der Beklagten für die Leistungsversagung bei den Klägern zu 2) bis 7) herangezogene Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB II gelte seinem Wortlaut nach nur für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger zu 1) unstreitig.
Gemäß § 7 Abs. 2 SGB II erhielten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft lebten.
Bei der Klägerin zu 2) handele es sich um die nicht dauernd getrennt lebende Ehefrau, bei den Klägern zu 3) bis 7) um die gemeinsamen Kinder, die zusammen mit den Eltern in einem Haushalt lebten.
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a beziehungsweise Nr. 4 SGB II gehörten sie eindeutig zur Bedarfsgemeinschaft. Sie hätten daher gemäß § 7 Abs. 2 SGB II Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Die von der Beklagten als anspruchsvernichtend zitierte Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB II habe darauf keinerlei Auswirkung. Dieser beziehe sich lediglich auf den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, also den Hauptleistungsberechtigten. Wäre § 7 Abs. 1 SGB II auch auf andere Personen der Bedarfsgemeinschaft anzuwenden, so könnten aufgrund der dort genannten weiteren Voraussetzungen auch keine Personen unter 15 Jahren Leistungen beziehen, was die folgenden Absätze ad absurdum führen würde.
Einen Leistungsausschluss für zum Personenkreis des § 1 Abs. 1 AsylbLG gehörende Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus § 7 Abs. 1 SGB II ableiten zu wollen, sei willkürlich und nicht nachvollziehbar. Der Gesetzeswortlaut gebe dies nicht her. Wäre dies vom Gesetzgeber so beabsichtigt gewesen, so hätte der Ausschlusstatbestand, wie beispielsweise für Rentner und Auszubildende, an anderer Stelle eingefügt werden können.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 07.12.2004 in Form des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2005 zu verurteilen, den Klägern zu 2) bis 7) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kläger zu 2) bis 7) seien Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG. Ausländer erhielten Leistungen nach dem SGB II, wenn die Voraussetzungen des § 8 SGB II vorlägen. Dies gelte nicht für Leistungsberechtigte nach § 1 des AsylbLG.
Bei dem AsylbLG handele es sich um ein besonderes Sicherungsgesetz, das eigenständige und abschließende Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie zur Annahme und Durchführung von Arbeitsgelegenheiten für einen eng begrenzten Personenkreis von Ausländern enthalte. Im übrigen stelle § 7 SGB II nicht auf eine tatsächliche Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG ab.
Am 27.07.2005, 01.09.2005, 13.09.2005, 26.10.2005 und 15.02.2006 hat die Beklagte weitere Bewilligungsbescheide für die Kläger erlassen, die diese nicht angefochten haben.
Mit Beschluss vom 29.01.2007 hat das Gericht die Stadt Löhne nach § 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Kläger sind durch den Bescheid vom 07.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2005 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.
Die Kläger zu 2) bis 7) sind nicht leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), denn das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verdrängt als Spezialgesetz das SGB II, ohne das hierin ein Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht zu sehen ist.
Nach § 7 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.07.2004, gültig ab 01.01.2005 bis 31.03.2006, zählen die Kläger nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis, denn sie können Leistungen nach dem AsylbLG erhalten.
Die Vorschrift lautet auszugsweise:
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die 1.das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2.erwerbsfähig sind, 3.hilfebedürftig sind und 4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Ausländer haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und erhalten Leistungen nach diesem Buch, wenn die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 vorliegen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt. (2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben ...
Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger ist der Wortlaut des § 7 Abs. 1 SGB II eindeutig dahin zu interpretieren, dass nicht nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige, sondern auch alle übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 1 SGB II von Leistungen nach diesem Gesetz ausgeschlossen sein sollten, denn der Gesetzgeber hat dies in den Gesetzesmaterialien (BT Drucks. 5/1516, S. 52) klar zum Ausdruck gebracht. Zur Begründung des Leistungsausschlusses für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt heißt es dort: "Asylbewerber und ausreisepflichtige, geduldete Personen erhalten als Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bei dem Asylbewerberleistungsgesetz handelt es sich um ein besonderes Sicherungssystem, das aus dem Asylkompromiss heraus entstanden ist und eigenständige und abschließende Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie zur Annahme und Durchführung von Arbeitsgelegenheiten für einen eng begrenzten Personenkreis von Ausländern enthält."
Die Kläger zu 2) bis 7) fallen unter die in der Gesetzesbegründung genannten Kriterien, denn bei ihnen handelte es sich im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum um Asylbewerber, weil ihre Asylverfahren damals noch nicht abgeschlossen waren und sie noch kein dauerndes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland hatten.
Nach Ansicht der Kammer verstößt der in § 7 Abs. 1 S. 2 alte Fassung SGB II normierte Leistungsausschluss nicht gegen höherrangiges Verfassungsrecht.
Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vor. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt, dass für die (un-)gleiche Behandlung von Sachverhalten und die Auswahl der Anknüpfungskriterien - bezogen auf die Eigenarten des in Rede stehenden Sachbereichs und unter besonderer Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betreffenden Regelung - vernünftige, einleuchtende Gründe bestehen (vgl. BVerfGE 79, 224 (236) m.w.N.). Das Grundrecht ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2004, Az.: 1 BVR 2515/95). Durch die von den Klägern angegriffene Regelung werden sie zwar ebenso wie alle anderen Berechtigten nach § 1 des AsylbLG anders behandelt als die übrigen nach dem SGB II berechtigten arbeitslosen Erwerbsfähigen, die sich auf unabsehbare Zeit in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Diese letztlich nach dem zu Grunde liegenden Aufenthaltstitel differenzierende Abgrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten der verschiedenen Systeme staatlicher Sozialleistungen ist aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Landessozialgericht Baden Württemberg, Urteil vom 09.03.2007, Az.: L 3 AS 3784/06 m. w. N.; Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage 2005 § 7 Rz. 2 und 15 Hauck/Haines-Valgolio, § 7 SGB II Rz. 31).
Der dem Gesetzgeber eingeräumte weite Gestaltungsspielraum bei der Zuordnung von Sozialleistungen durch die hier entscheidungserhebliche Abgrenzung nach der Art des Aufenthaltstitels ist nach Ansicht der Kammer nicht als überschritten anzusehen.
Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber den Personenkreis, der von § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erfasst wird, weiterhin nicht dem Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem SGB II zurechnet, denn es ist insoweit in Rechnung zu stellen, dass schon die Regelung des § 25 Abs. 5 AufenthG eine lediglich ausländerrechtliche aber nicht eine leistungsrechtliche Besserstellung dieses Personenkreises erreichen sollte (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg a. a. O. Rz 23 m. w. N.). Die grundsätzliche Pflicht der Betroffenen Personen zur Ausreise besteht weiter fort. Es wird lediglich aus besonderen, insbesondere humanitären Gründen von der Vollziehung dieser Verpflichtung abgesehen. Vor diesem Hintergrund bleibt eine "normativ schwächere Bindung" an das Bundesgebiet bestehen, die auch die aus dem Sozialstaatsgebot folgende Einstandspflicht des Gesetzgebers für die auf seinem Gebiet lebenden Ausländer beeinflusst (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg a. a. O. m. w. N.). Allein der Umstand, dass die Ausreisehindernisse voraussichtlich noch längere Zeit vorliegen, ändert daran nichts.
Es ist zwar nicht zu verkennen, dass auf Grund des prognostisch gesehen längeren im Zweifel sogar dauerhaften Aufenthaltes des Personenkreises des § 25 Abs. 5 AufenthG in der Bundesrepublik ein offenkundiger Integrationsbedarf besteht (vgl. dazu Geiger, Info also 2005 Seite 147 ff. Blatt 49). Dem Gesetzgeber ist aber ein weiter Gestaltungspielraum zuzubilligen, wenn es um die Entscheidung der Frage geht, in welchem Umfang bzw. auf welche Art und Weise er diesem Bedarf Rechnung trägt (zum Ganzen: Sozialgericht Duisburg, AZ: S 7 (32) AS 74/05).
Es liegt kein Verstoß gegen Artikel 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem auf Artikel 20 Abs. 1 GG beruhenden Sozialstaatsprinzip vor, denn die Leistungen nach dem AsylbLG erlaubten den Klägern zu 2) bis 7) ein Leben unter menschenwürdigen Umständen. Zwar mussten sie bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in einer Gemeinschaftsunterkunft mit anderen Asylbewerbern leben, zu berücksichtigen ist aber, dass ihr endgültiges Bleiberecht erst mit dem Abschluss ihres Asylverfahrens anerkannt wurde. Nach Ansicht der Kammer überschreitet deshalb der Gesetzgeber das ihm eingeräumte Ermessen nicht, wenn er bei dem Umfang der von der Allgemeinheit zu tragenden Sozialleistungen zwischen Personen, die sich dauernd rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und solchen, bei denen diese Frage noch nicht abschließend geklärt ist, unterscheidet.
Die Klage war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern zu 2) bis 7) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zustehen.
Der am 00.00.1961 geborene Kläger zu 1), die am 17.07.1962 geborene Klägerin zu 2), der am 00.00.1987 geborene Kläger zu 3), der am 00.00.1988 geborene Kläger zu 4), der am 00.00.1990 geborene Kläger zu 5), der am 00.00.1993 geborene Kläger zu 6) und der am 00.00.1999 geborene Kläger zu 7) beantragten am 05.11.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die Asylverfahren der Kläger zu 2) bis 7) waren nicht abgeschlossen. Die Kläger zu 2) bis 7) besaßen deshalb nur eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und keine Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Mit Bescheid vom 07.12.2004 bewilligte die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.04.2005 Grundsicherungsleistungen in folgender Höhe:
Vom 01.01.2005 bis zum 31.01.2005 394,01 EUR, vom 01.02.2005 bis zum 30.04.2005 394,13 EUR monatlich.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 24.01.2005 Widerspruch mit der Begründung ein, es seien lediglich Leistungen für den Kläger zu 1) ausgezahlt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen haben die Kläger am 25.07.2005 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, soweit die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Kläger zu 2) bis 7) abgelehnt worden sei, seien die angefochtenen Bescheide rechtswidrig.
Der Kläger zu 1) sei unstreitig als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II und beziehe seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Die von der Beklagten für die Leistungsversagung bei den Klägern zu 2) bis 7) herangezogene Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB II gelte seinem Wortlaut nach nur für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger zu 1) unstreitig.
Gemäß § 7 Abs. 2 SGB II erhielten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft lebten.
Bei der Klägerin zu 2) handele es sich um die nicht dauernd getrennt lebende Ehefrau, bei den Klägern zu 3) bis 7) um die gemeinsamen Kinder, die zusammen mit den Eltern in einem Haushalt lebten.
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a beziehungsweise Nr. 4 SGB II gehörten sie eindeutig zur Bedarfsgemeinschaft. Sie hätten daher gemäß § 7 Abs. 2 SGB II Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Die von der Beklagten als anspruchsvernichtend zitierte Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB II habe darauf keinerlei Auswirkung. Dieser beziehe sich lediglich auf den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, also den Hauptleistungsberechtigten. Wäre § 7 Abs. 1 SGB II auch auf andere Personen der Bedarfsgemeinschaft anzuwenden, so könnten aufgrund der dort genannten weiteren Voraussetzungen auch keine Personen unter 15 Jahren Leistungen beziehen, was die folgenden Absätze ad absurdum führen würde.
Einen Leistungsausschluss für zum Personenkreis des § 1 Abs. 1 AsylbLG gehörende Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus § 7 Abs. 1 SGB II ableiten zu wollen, sei willkürlich und nicht nachvollziehbar. Der Gesetzeswortlaut gebe dies nicht her. Wäre dies vom Gesetzgeber so beabsichtigt gewesen, so hätte der Ausschlusstatbestand, wie beispielsweise für Rentner und Auszubildende, an anderer Stelle eingefügt werden können.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 07.12.2004 in Form des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2005 zu verurteilen, den Klägern zu 2) bis 7) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kläger zu 2) bis 7) seien Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG. Ausländer erhielten Leistungen nach dem SGB II, wenn die Voraussetzungen des § 8 SGB II vorlägen. Dies gelte nicht für Leistungsberechtigte nach § 1 des AsylbLG.
Bei dem AsylbLG handele es sich um ein besonderes Sicherungsgesetz, das eigenständige und abschließende Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie zur Annahme und Durchführung von Arbeitsgelegenheiten für einen eng begrenzten Personenkreis von Ausländern enthalte. Im übrigen stelle § 7 SGB II nicht auf eine tatsächliche Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG ab.
Am 27.07.2005, 01.09.2005, 13.09.2005, 26.10.2005 und 15.02.2006 hat die Beklagte weitere Bewilligungsbescheide für die Kläger erlassen, die diese nicht angefochten haben.
Mit Beschluss vom 29.01.2007 hat das Gericht die Stadt Löhne nach § 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Kläger sind durch den Bescheid vom 07.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2005 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.
Die Kläger zu 2) bis 7) sind nicht leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), denn das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verdrängt als Spezialgesetz das SGB II, ohne das hierin ein Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht zu sehen ist.
Nach § 7 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.07.2004, gültig ab 01.01.2005 bis 31.03.2006, zählen die Kläger nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis, denn sie können Leistungen nach dem AsylbLG erhalten.
Die Vorschrift lautet auszugsweise:
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die 1.das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2.erwerbsfähig sind, 3.hilfebedürftig sind und 4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Ausländer haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und erhalten Leistungen nach diesem Buch, wenn die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 vorliegen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt. (2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben ...
Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger ist der Wortlaut des § 7 Abs. 1 SGB II eindeutig dahin zu interpretieren, dass nicht nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige, sondern auch alle übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 1 SGB II von Leistungen nach diesem Gesetz ausgeschlossen sein sollten, denn der Gesetzgeber hat dies in den Gesetzesmaterialien (BT Drucks. 5/1516, S. 52) klar zum Ausdruck gebracht. Zur Begründung des Leistungsausschlusses für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt heißt es dort: "Asylbewerber und ausreisepflichtige, geduldete Personen erhalten als Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bei dem Asylbewerberleistungsgesetz handelt es sich um ein besonderes Sicherungssystem, das aus dem Asylkompromiss heraus entstanden ist und eigenständige und abschließende Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie zur Annahme und Durchführung von Arbeitsgelegenheiten für einen eng begrenzten Personenkreis von Ausländern enthält."
Die Kläger zu 2) bis 7) fallen unter die in der Gesetzesbegründung genannten Kriterien, denn bei ihnen handelte es sich im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum um Asylbewerber, weil ihre Asylverfahren damals noch nicht abgeschlossen waren und sie noch kein dauerndes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland hatten.
Nach Ansicht der Kammer verstößt der in § 7 Abs. 1 S. 2 alte Fassung SGB II normierte Leistungsausschluss nicht gegen höherrangiges Verfassungsrecht.
Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vor. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt, dass für die (un-)gleiche Behandlung von Sachverhalten und die Auswahl der Anknüpfungskriterien - bezogen auf die Eigenarten des in Rede stehenden Sachbereichs und unter besonderer Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betreffenden Regelung - vernünftige, einleuchtende Gründe bestehen (vgl. BVerfGE 79, 224 (236) m.w.N.). Das Grundrecht ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2004, Az.: 1 BVR 2515/95). Durch die von den Klägern angegriffene Regelung werden sie zwar ebenso wie alle anderen Berechtigten nach § 1 des AsylbLG anders behandelt als die übrigen nach dem SGB II berechtigten arbeitslosen Erwerbsfähigen, die sich auf unabsehbare Zeit in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Diese letztlich nach dem zu Grunde liegenden Aufenthaltstitel differenzierende Abgrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten der verschiedenen Systeme staatlicher Sozialleistungen ist aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Landessozialgericht Baden Württemberg, Urteil vom 09.03.2007, Az.: L 3 AS 3784/06 m. w. N.; Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage 2005 § 7 Rz. 2 und 15 Hauck/Haines-Valgolio, § 7 SGB II Rz. 31).
Der dem Gesetzgeber eingeräumte weite Gestaltungsspielraum bei der Zuordnung von Sozialleistungen durch die hier entscheidungserhebliche Abgrenzung nach der Art des Aufenthaltstitels ist nach Ansicht der Kammer nicht als überschritten anzusehen.
Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber den Personenkreis, der von § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erfasst wird, weiterhin nicht dem Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem SGB II zurechnet, denn es ist insoweit in Rechnung zu stellen, dass schon die Regelung des § 25 Abs. 5 AufenthG eine lediglich ausländerrechtliche aber nicht eine leistungsrechtliche Besserstellung dieses Personenkreises erreichen sollte (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg a. a. O. Rz 23 m. w. N.). Die grundsätzliche Pflicht der Betroffenen Personen zur Ausreise besteht weiter fort. Es wird lediglich aus besonderen, insbesondere humanitären Gründen von der Vollziehung dieser Verpflichtung abgesehen. Vor diesem Hintergrund bleibt eine "normativ schwächere Bindung" an das Bundesgebiet bestehen, die auch die aus dem Sozialstaatsgebot folgende Einstandspflicht des Gesetzgebers für die auf seinem Gebiet lebenden Ausländer beeinflusst (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg a. a. O. m. w. N.). Allein der Umstand, dass die Ausreisehindernisse voraussichtlich noch längere Zeit vorliegen, ändert daran nichts.
Es ist zwar nicht zu verkennen, dass auf Grund des prognostisch gesehen längeren im Zweifel sogar dauerhaften Aufenthaltes des Personenkreises des § 25 Abs. 5 AufenthG in der Bundesrepublik ein offenkundiger Integrationsbedarf besteht (vgl. dazu Geiger, Info also 2005 Seite 147 ff. Blatt 49). Dem Gesetzgeber ist aber ein weiter Gestaltungspielraum zuzubilligen, wenn es um die Entscheidung der Frage geht, in welchem Umfang bzw. auf welche Art und Weise er diesem Bedarf Rechnung trägt (zum Ganzen: Sozialgericht Duisburg, AZ: S 7 (32) AS 74/05).
Es liegt kein Verstoß gegen Artikel 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem auf Artikel 20 Abs. 1 GG beruhenden Sozialstaatsprinzip vor, denn die Leistungen nach dem AsylbLG erlaubten den Klägern zu 2) bis 7) ein Leben unter menschenwürdigen Umständen. Zwar mussten sie bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in einer Gemeinschaftsunterkunft mit anderen Asylbewerbern leben, zu berücksichtigen ist aber, dass ihr endgültiges Bleiberecht erst mit dem Abschluss ihres Asylverfahrens anerkannt wurde. Nach Ansicht der Kammer überschreitet deshalb der Gesetzgeber das ihm eingeräumte Ermessen nicht, wenn er bei dem Umfang der von der Allgemeinheit zu tragenden Sozialleistungen zwischen Personen, die sich dauernd rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und solchen, bei denen diese Frage noch nicht abschließend geklärt ist, unterscheidet.
Die Klage war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved