Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 3954/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 5909/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe im Zeitraum vom 23. Januar 1997 bis 31. Dezember 2004 sowie die Erstattung von 18.367,17 Euro an überzahlten Leistungen der Arbeitslosenhilfe (Alhi) streitig.
Die 1953 geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, bezog seit dem 6. Dezember 1982 - wenn auch immer wieder unterbrochen - Leistungen von der Beklagten. Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld war ab dem 18. April 1995 erschöpft. Anschließend war sie wegen des zu berücksichtigenden Einkommens ihres Ehemannes nicht bedürftig und bezog keine Alhi. Nachdem der Ehemann arbeitslos wurde, bezog die Klägerin ab dem 23. Januar 1997 unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Arbeitsentgelts von 850,00 DM Alhi wie folgt:
Zeitraum Zahlbetrag 23. Januar 1997 - 20. März 1997 1.646,40 DM 21. März 1997 - 3. April 1997 403,20 DM 4. April 1997 - 17. April 1997 403,20 DM 18. April 1997 - 1. Mai 1997 403,20 DM 2. Mai 1997 - 15. Mai 1997 403,20 DM 16. Mai 1997 - 29. Mai 1997 403,20 DM 30. Mai 1997 - 12. Juni 1997 403,20 DM 17. Juni 1997 - 4. Juli 1997 AU 13. Juni 1997 - 26. Juni 1997 403,20 DM 17. Juni 1997 - 17. August 1997 AU 17. Juni 1997 - 18. Juli 1997 AU 27. Juni 1997 - 10. Juli 1997 333,19 DM 17. Juni 1997 - 31. Juli 1997 AU 11. Juli 1997 - 24. Juli 1997 403,20 DM 25. Juli 1997 - 28. Juli 1997 100,80 DM 5. Dezember 1997 - 13. Dezember 1997 268,80 DM
27. April 1998 - 10. Mai 1998 AU 15. April 1998 - 30. April 1998 358,40 DM 27. April 1998 - 24. Mai 1998 AU 1. Mai 1998 - 31. Mai 1998 694,40 DM 27. April 1998 - 8. Juni 1998 AU 1. Juni 1998 - 7. Juni 1998 156,80 DM 15. April 1998 - 7. Juni 1998 208,98 DM 25. September 1998 - 30. September 1998 157,62 DM 1. Oktober 1998 - 11. Oktober 1998 288,97 DM
4. Oktober 1999 - 31. Oktober 1999 600,60 DM 8. November 1999 - 26. November 1999 AU 1. November 1999 - 30. November 1999 643,50 DM 8. November 1999 - 10. Dezember 1999 AU 8. November 1999 - 21. Dezember 1999 AU 1. Dezember 1999 - 19. Dezember 1999 407,55 DM 20. Dezember 1999 21,45 DM
18. Januar 2000 - 22. Januar 2000 109,90 DM 23. Januar 2000 - 31. Januar 2000 193,77 DM 1. Februar 2000 - 29. Februar 2000 624,37 DM 1. März 2000 - 31. März 2000 667,43 DM 1. April 2000 - 30. April 2000 645,90 DM 1. Mai 2000 - 31. Mai 2000 667,43 DM 1. Juni 2000 - 18. Juni 2000 387,54 DM
11. Juni 2001 - 30. Juni 2001 445,80 DM 11. Juni 2001 - 30 Juni 2001 134,00 DM 1. Juli 2001 - 31. Juli 2001 898,69 DM 13. Juli 2001 - 13. September 2001 AU 13. Juli 2001 - 16. Juli 2001 AU 1. August 2001 - 31. August 2001 898,69 DM 1. September 2001 - 30. September 2001 869,70 DM 1. Oktober 2001 - 31. Oktober 2001 898,69 DM 1. November 2001 - 11. November 2001 318,89 DM
28. Oktober 2002 - 31. Oktober 2002 58,84 Euro 1.November 2002- 30. November 2002 441,30 Euro 8. November 2002 - 8. November 2002 AU 8. November 2002 - 16. November 2002 AU 1. Dezember 2002 - 31. Dezember 2002 456,01 Euro
1. Januar 2003 - 22. Januar 2003 320,98 Euro 23. Januar 2003 - 31. Januar 2003 127,71 Euro 1. Februar 2003 - 28. Februar 2003 397,32 Euro 1. März 2003 - 31. März 2003 439,89 Euro 1. April 2003 - 30. April 2003 425,70 Euro 1. Mai 2003 - 31. Mai 2003 439,89 Euro 1. Juni 2003 - 30. Juni 2003 425,70 Euro 1. Juli 2003 - 31. Juli 2003 439,89 Euro 1. August 2003 - 31. August 2003 439,89 Euro 1. September 2003 - 30. September 2003 425,70 Euro 1. Oktober 2003 - 31. Oktober 2003 439,89 Euro 1. November 2003 - 30. November 2003 425,70 Euro 1. Dezember 2003 - 31. Dezember 2003 439,89 Euro
1.Januar 2004 - 22. Januar 2004 317,24 Euro 23. Januar 2004 - 15. August 2004 2.910,78 Euro 6. Dezember 2004 - 31. Dezember 2004 367,38 Euro
Anträge auf die Gewährung von Alhi hat die Klägerin am 18. März 1997 (zum 18. April 1995), 5. Dezember 1997, 15. April 1998, 25. September 1998, 4. Oktober 1998, 18. Januar 2000, 11. Juni 2001, 28. Oktober 2002, 2. Januar 2003, 23. Dezember 2003 und am 6. Dezember 2004 gestellt und sich zugleich arbeitslos gemeldet. In keinem der Anträge hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie bzw. ihr Ehemann über Geldvermögen verfügt. Lediglich wurden im Zusammenhang mit dem Antrag vom 18. März 1997 Schulden in Höhe von 30.000 DM (Stand 30. Dezember 1995) sowie ein Bausparvertrag mit 11.956,48 DM (Stand 30. Dezember 1995; Stand Januar 1997: 15.239,46 Euro) mitgeteilt. Im Zusammenhang mit dem Antrag vom 11. Juni 2001 legte die Klägerin eine Verpfändungserklärung wegen eines an ihren Ehemann gewährten Darlehens in Höhe von 110.000,00 DM sowie eine Vermögensaufstellung, bestehend aus Aktien und Bankkonten im Wert von (4.104,90 DM + 8.476,65 DM) 12.581,55 DM, vor. Mit dem Antrag vom 28. Oktober 2002 wurde ein Kontenstand von 1.769,00 DM sowie eine Schuldsumme von 166.000,00 DM mitgeteilt. Zum Antrag vom 6. Dezember 2004 wurde eine Kopie eines Sparbuchs mit einem Guthaben von 16,22 Euro mitgeteilt. Weitere Vermögenswerte wurden jeweils verneint. Dabei verfügte die Klägerin bzw. ihr Ehemann am 23. Januar 1997 über ein bei der TCMB in Form von Konten bzw. Sparbriefen angelegtes Vermögen in Höhe von 50.000,00 DM sowie weiteren 26.310,50 DM, die aus vor dem 23. Januar 1997 gutgeschriebenen und nicht abgehobenen Zinseinnahmen auf Konten der TCMB. Am 11. März 1997 zahlten die Klägerin und ihr Ehemann weitere 40.000 DM auf ein Konto bei der TCMB ein und hoben am 5. Januar 1999 10.000 DM ab.
Durch eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wurde die Beklagte am 20. November 2006 darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Klägerin, ihr Ehemann bzw. beide zusammen in der Türkei über Geldvermögen verfügt hatten. Die Klägerin und ihr Ehemann, so die Staatsanwaltschaft hätten am 11. März 1996 50.000 DM und am 11. März 1997 40.000 DM, der Ehemann alleine am 9. Februar 1994 35.000,00 DM und am 15. Mai 1995 50.000,00 DM bei der TCMB auf Konten eingezahlt.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2007 hörte die Beklagte die Klägerin zur Aufhebung der Bewilligung von Alhi an. Diese teilte anwaltlich vertreten mit, das Vermögen sei vollständig aufgebraucht. Am 6. April 1999 sowie am 13. Dezember 1999 seien zugunsten der Kinder der Klägerin jeweils 30.000,00 DM als Zuschuss zu einem Hausbau gezahlt worden. Im Jahr 1995 seien 30.000,00 DM für die Hochzeit der Tochter und 1996 50.000 DM für die Hochzeit des Sohnes ausgegeben worden. Der Rest sei verbraucht worden. Sie sei seit 1995 deutsche Staatsangehörige, danach habe keine Möglichkeit mehr bestanden für eine Kontoeröffnung.
Mit Bescheid vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007 nahm die Beklagte die Entscheidungen über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004 zurück und verlangte die Erstattung von 18.367,17 Euro an zu Unrecht gezahlter Alhi sowie weiterer 5.643,79 Euro an hierfür gezahlten Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten über ein Barvermögen von 175.000,00 DM verfügt. Unter Berücksichtigung der von diesen für die Hochzeit der Kinder aufgewendeten 80.000,00 DM und den Freibeträgen in Höhe von 16.000,00 DM verbliebe ein zu berücksichtigendes Vermögen von 79.000 DM. Geteilt durch das maßgebliche Arbeitsentgelt von 850,00 DM ergebe sich ein Ruhenszeitraum von 92 Wochen von 23. Januar 1997 bis zum 28. Oktober 1998. Nach Ablauf des Ruhenszeitraumes sei die Vorfrist des § 192 SGB III nicht mehr erfüllt, sodass über den Ruhenszeitraum hinaus kein Anspruch auf Alhi bestehe.
Am 9. August 2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Sie und ihr Ehemann hätten sich während des größten Teils des streitigen Zeitraumes in der Türkei aufgehalten und keine Leistungen bezogen. In der Zeit vom 29. Juli 1997 bis zum 1. Oktober 1997, vom 14. Dezember 1997 bis zum 14. April 1998, vom 12. Oktober 1998 bis zum 3. Oktober 1999, vom 19. Juni 2000 bis 10. Juni 2001 und vom 12. Januar 2001 bis zum 27. Oktober 2002 habe sich die Klägerin ohne Leistungen in der Türkei aufgehalten und vom Geld aus den Sparbriefen gelebt. Das Konto bei der TCMB sei im Jahr 1999 aufgelöst worden
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 4. September 2008 wurde die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 5.643,79 Euro abgetrennt und wird seither - ruhend - unter dem Aktenzeichen S 2 AL 3901/08 geführt.
Mit Urteil vom 4. September 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die Bewilligungsentscheidung über Arbeitslosenhilfe im o.g. Zeitraum aufgehoben und die gezahlte Arbeitslosenhilfe zurückgefordert. Zum 23. Januar 1997 seien als Vermögenswerte auf den Namen des Ehemannes der Klägerin insgesamt 22.352,64 DM und auf den Namen der Eheleute gemeinsam: 50.000,00 DM vorhanden gewesen. Am 11. März 1997 sei auf ein neues Konto beider Ehegatten von der D. Bank 40.000,00 DM eingezahlt worden. Vom jeweiligen Einzelvermögen sei der einzelne Freibetrag abzuziehen, sodass das zu berücksichtigende Gesamtvermögen zum 23. Januar 1997 insgesamt 56.352,64 DM betragen habe. Am 11. März 1997 habe das zu berücksichtigende Gesamtvermögen 90.766,64 DM betragen. Die Nichtbedürftigkeit der Klägerin habe damit am 23. März 1999 geendet; die Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum 23. Januar 1997 bis 28. Juli 1997, 5. Dezember 1997 bis 15. Dezember 1997, 15. April 1998 bis 7. Juni 1998, 25. September 1998 bis 11. Oktober 1998 seien aufgrund vorhandenen Vermögens und damit fehlender Bedürftigkeit rechtswidrig. Die Klägerin genieße auch keinen Vertrauensschutz, da die Bewilligungsentscheidungen auf Angaben beruhten, die sie grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. In den jeweiligen Antragsformularen habe die Klägerin nie das vorhandene erhebliche Vermögen in der Türkei angegeben. Dass sie sich beim Ausfüllen des Antrages auf ihren Ehemann verlassen habe, könne ihr nicht zu Gute gehalten werden. Auch wenn sie der deutschen Sprache zu den damaligen Zeitpunkten nicht hinreichend mächtig gewesen sei bzw. auf Anweisung ihres Ehemannes habe handeln müssen, habe sie sich als Antragstellerin entsprechend rückversichern müssen, ob die Angaben im Formular stimmten. Schließlich sei für die Kammer auch nicht nachvollziehbar, dass im Antragsformular beispielsweise der Bausparvertrag angegeben, das Vermögen in der Türkei jedoch verschwiegen worden sei. Die diesbezügliche Erklärung des Ehemannes der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - ihm sei nicht bekannt gewesen, dass auch Vermögen in der Türkei anzugeben sei - verfange nicht. Im Antragsformular werde ohne geographische Einschränkung nach sämtlichen Vermögenswerten gefragt. Sofern beim Ausfüllen des Formulars Bedenken aufkämen, ob hiermit auch Vermögen im Ausland gemeint sei, hätte bei der Beklagten entsprechend nachgefragt werden müssen. Die dahingehende Sorglosigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes sei als Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders schwerem Maße und damit als grobe Fahrlässigkeit zu werten. Auch die weiteren Bewilligungsentscheidungen für die späteren Zeiträume ab dem 4. Oktober 1999 seien rechtswidrig, da die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe nicht gegeben seien. Der ursprüngliche "Anspruch" auf Arbeitslosenhilfe sei erloschen, denn dieser erlösche gemäß § 196 Satz 1 Nr. 2 SGB III, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Arbeitslosenhilfe ein Jahr vergangen sei. Zwar habe die Klägerin ein Jahr vor dem 4. Oktober 1999 tatsächlich Arbeitslosenhilfe bezogen, allerdings zu Unrecht.
Gegen das ihr am 8. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Dezember 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Ihr könne weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Auch die Staatsanwaltschaft habe ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Es könne ihr nicht zur Last gelegt werden, sich auf ihren Ehemann verlassen zu haben. Das SG verkenne, aus welchem Kulturkreis sie stamme und wie sie erzogen worden sei. Das einzige Verhalten, das auf eine Fahrlässigkeit hindeuten könne, sei, dass dem Ehemann nicht bekannt gewesen sei, dass auch Vermögen in der Türkei anzugeben gewesen sei. Wie solle das ein aus der Türkei stammender Mitbürger, auch wenn er später deutscher Staatsangehöriger geworden sei, wissen, da sich doch sonst in der Bundesrepublik alles territorial abspiele. Von einer groben Fahrlässigkeit könne hier ernsthaft keine Rede sein. Der Klägerin sei - unterstützt durch den für sie stets handelnden Ehemann - völlig klar gewesen, dass Auslandsvermögen nicht gemeint sei. Jedenfalls sei das Alleinvermögen des Ehemannes insofern nicht zu berücksichtigen, als die Klägerin hinsichtlich dieser Vermögenswerte keine Kenntnis gehabt habe und insofern nicht von grober Fahrlässigkeit auszugehen sei. Im Übrigen habe das SG verkannt, dass das Vermögen um die Auszahlungen an die Kinder geschmälert sei. Jedenfalls zum 13. Dezember 1999 und dem 6. April 1999 sei das Vermögen jeweils um 30.000,00 Euro geschmälert worden. Damit liege das Vermögen spätestens ab dem 13. Dezember 1999 unter den Freibeträgen. Ein Auszug der TCMB von 1999 bestätige die Auflösung der Konten, sodass das Urteil für die Zeiträume ab 1999 bis ins Jahr 2004 keinen Bestand haben könne. Auch verstießen die Rücknahme- und Erstattungsbescheide gegen § 33 SGB X, denn der angefochtene Bescheid hätte ausweisen müssen, für welchen konkreten Zeitraum welcher Betrag an Alhi zu Unrecht gezahlt worden sei. Weder aus dem Ausgangsbescheid noch dem Widerspruchsbescheid sei ersichtlich, in welchem Umfang sich der Bescheid auf den jeweiligen Bewilligungszeitraum beziehe und weshalb gerade für diesen Zeitraum konkret welcher Betrag zurückgefordert werde und welches Vermögen zum Stichtag anzurechnen sei. Auch sei die Einhaltung der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X fraglich.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Karlsruhe vom 4. September 2008 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Einstellung des Strafverfahrens wegen Betrugs führe nicht zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Der Klägerin sei auf jeden Fall grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Sie habe in allen Anträgen auf Alhi das Vermögen bei der TCMB trotz eindeutiger Fragestellung verneint bzw. nicht angegeben; dabei sei die Abfrage nicht auf Vermögen im Inland beschränkt. Es sei der Klägerin auch trotz des soziokulturellen Hintergrundes durchaus zumutbar gewesen, ihren Mann nach seinen Vermögensverhältnissen zu befragen. Auch würden die behaupteten Schenkungen an die Kinder bei Bedürftigkeit der Klägerin zu Rückforderungsansprüchen gem. § 528 BGB führen, die ebenfalls Vermögenswerte darstellten. Da die Klägerin in allen Anträgen auf Alhi das Vermögen bei der TCMB trotz eindeutiger Fragestellung verneint bzw. nicht angegeben habe, habe sie eine Prüfung zeitnah vereitelt, sodass es nach der Rechtsprechung des BSG zur Beweislastumkehr komme. Die Klägerin könne jedoch nicht nachweisen, dass die streitigen Vermögenswerte in der streitigen Zeit nicht mehr vorhanden gewesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG, (S 2 AL 3954/07) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Alhi in der Zeit vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004. Die Beklagte hat die Bewilligung der Alhi für den genannten Zeitraum zu Recht aufgehoben und die Erstattung der zu Unrecht geleisteten Alhi geltend gemacht.
Gegenstand der Anfechtungsklage ist der die Gewährung von Alhi aufhebende und die Erstattung von 18. 367,17 Euro an überzahlter Alhi festsetzende Bescheid der Beklagten vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007. Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 335 SGB III. Dieser Streitgegenstand wurde vom SG abgetrennt und einem eigenen Klageverfahren zugeführt (S 2 AL 3901/08).
Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheids der Beklagten vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007 ist § 45 SGB X in Verbindung mit § 330 Absatz 2 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 45 Absatz 2 Satz 3 SGB X vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Satz 3 Nr. 2), oder wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Satz 3 Nr. 3). Von der Regelung des § 45 SGB X werden nur die Verwaltungsakte erfasst, die - und soweit diese - zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach dem für die Leistung im streitgegenständlichen Rücknahmezeitraum maßgeblich materiellen Recht.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheid ist nicht unbestimmt, denn aus ihm ist hinreichend deutlich ersichtlich, dass die Bewilligung von Alhi für den gesamten Leistungszeitraum, also vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004, aufgehoben und sämtliche in dieser Zeit gezahlten Leistungen der Alhi in voller Höhe erstattet verlangt werden. Daher führen die Leistungsunterbrechungen wegen Auslandsaufenthalten nicht dazu, dass der den gesamten Zeitraum aufhebende und die gesamten Leistungen in voller Höhe zurückfordernde Bescheid unbestimmt wäre. Die Klägerin konnte hinreichend deutlich erkennen, welcher Zeitraum, welche Leistungen und welcher Betrag betroffen ist.
Nach dem insoweit maßgeblichen Recht (bis 31. Dezember 1997: §§ 134 ff Arbeitsförderungsgesetzt (AFG); ab 1. Januar 1998: §§ 190 ff SGB III) hatte die Klägerin im streitigen Zeitraum lediglich vom 23. Januar 1997 bis 6. Februar 1999 keinen Anspruch auf Alhi.
Gemäß § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung, hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer bedürftig ist. Die Bedürftigkeit bestimmt sich nach § 137 AFG. Der Arbeitslose ist nach § 137 Abs. 2 AFG nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt ist. Vermögen ist die Gesamtheit der dem Vermögensträger gehörenden Sachen und Rechte in Geld oder Geldeswert (BSG, Urteil vom 11. Februar 1976 - 7 Rar 159/74 - BSGE 41, 187-192 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Nach dieser Vorschrift sind sowohl die Vermögenswerte der Klägerin, wie auch die ihres nicht dauernd getrennt lebenden Ehemannes bedürftigkeitsmindernd zu berücksichtigen. Beide hatten auf ihren Namen und auch gemeinsam bei der türkischen Nationalbank angelegte Sparbriefe. Wie das SG zutreffend festgestellt hat sind Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit, Unwirtschaftlichkeit oder Unbilligkeit der Verwertung dieser Sparbriefe nicht ersichtlich.
Am 23. Januar 1997 verfügten die Klägerin und ihr Ehemann über ein so angelegten und verwertbares Vermögen von 50.000,00 DM. Dieses Vermögen war zwar bereits im Jahr 1996 auf das Konto eingezahlt worden, bestand aber noch in dieser Höhe, denn es wurde ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge erst im Jahr 1999 aufgelöst. Darüber hinaus bestand zugunsten des Ehemannes der Klägerin durch noch nicht abgehobene, jedoch vor dem 23. Januar 1997 gutgeschriebenen Zinseinnahmen auf anderen Konten der TCMB ein Vermögen in Höhe von weiteren (k2320551 = 4.465,00 DM; k3244956 = 4.465,00 DM zuzüglich 4.450,00 DM; k3253472: 893,00 DM; k3450091: 4.027,50 DM; k3828843: 1.780,00DM; k4138746: 6.230,00 DM) 26.310,50 DM. Am 11. März 1997 zahlten die Klägerin und ihr Ehemann weitere 40.000 DM auf ein Konto bei der TCMB ein.
Unter Berücksichtigung der gemeinsamen Freibeträge in Höhe von zusammen 16.000,00 DM ergab sich am 23. Januar 1997 ein verwertbares Vermögen in Höhe von (50.000,00 DM zuzüglich 26.310,50 DM abzüglich 16.000 DM) zusammen 60.310,50 DM. Unter Zugrundelegung des wöchentlichen Arbeitsentgeltes von 850,00 DM war die Klägerin somit nicht bedürftig für (60.310,50 DM./. 850,00 DM/ Woche) 70,95 Wochen.
Da am 11. März 1997 weitere 40.000 DM das Vermögen der Klägerin und ihres Ehemannes vergrößerten, ist auch dieses Vermögen bedürftigkeitsmindernd zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung des "Verbrauchs" von Vermögen während der Zeit ab dem 23. Januar 1997 in Höhe des wöchentlichen Arbeitsentgelts von 850,00 DM ergibt sich bis zum 11. März 1997 (6 Wochen 4 Tage, entspricht einem Verbrauch von 6 x 850,00 DM zuzüglich 486,00 DM, insgesamt 5.586,00 DM) ein restliches Vermögen in Höhe 54.724,50 DM zuzüglich der eingezahlten 40.000 DM, zusammen also 94.724,50 DM. Ein erneuter Freibetrag ist nicht zu berücksichtigen, da dieser bereits zum 23. Januar 1997 in voller Höhe angesetzt war. Ausgehend vom 11. März 1997 war die Klägerin dann für weitere 111,44 Wochen nicht bedürftig.
Durch die Abhebung und den anschließenden Verbrauch von 10.000 DM am 5. Januar 1998 reduzierte sich dieser Zeitraum um 11,76 Wochen auf 99,68 Wochen. Damit war die Klägerin bis zum (99 Wochen = 2. Februar 1999; 0,68 Wochen = 4,76 Tage) 6. Februar 1999 nicht bedürftig; sie hatte keinen Anspruch auf Alhi.
Weitere Abhebungen oder ein sonstiger Verbrauch des vorhandenen Vermögens ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin pauschal vorträgt, die Konten seien 1999 aufgelöst worden, so ist dies schon dadurch widerlegt, dass die Klägerin und ihr Ehemann noch im Jahr 2001 Zinseinnahmen von der TCMB hatten (z.B. Konto k8764123). Auch dass die Finanzverwaltung oder die TCMB davon ausgegangen waren, die Konten seien aufgelöst, bindet den Senat nicht.
Der sonstige von der Klägerin vorgetragene Verbrauch stammt aus der Zeit vor Beginn des streitigen Zeitraums am 23. Januar1997, so die Aufwendungen für die Hochzeit der beiden Kinder im Jahr 1995 bzw. 1996, oder stammt aus einer nach dem 6. Februar 1999 liegenden Zeit, wie die Aufwendungen zur Anschaffung von Häusern durch die Kinder (6. April 1999 bzw. 13. Dezember 1999). Gerade letztere Aufwendungen zeigen, dass im streitigen Zeitraum noch erhebliche einzusetzende Geldmittel vorhanden waren. Jedoch begründet das damals geltende Doppelverwertungsverbot die weitergehende Berücksichtigung bereits vorhandenen Vermögens.
Damit waren die Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum 23. Januar 1997 bis zum 28. Juli 1997, vom 5. Dezember 1997 bis zum 15. Dezember 1997, vom 15. April 1998 bis zum 7. Juni 1998 sowie vom 25. September 1998 bis zum 11. Oktober 1998 (anschließend hat die Klägerin erst wieder ab dem 4. Oktober 1999 Alhi bezogen) anfänglich rechtswidrig.
Die Klägerin genießt keinen Vertrauensschutz denn die Bewilligungsentscheidungen der Beklagten beruhen auf Angaben, die die Klägerin zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Die Klägerin hatte in den jeweiligen Antragsformularen das vorhandene erhebliche Vermögen in der Türkei nie angegeben. Zwar mag sie sich beim Ausfüllen der Anträge auf ihren Ehemann verlassen haben, doch ist sie dann für dessen unrichtige Angaben verantwortlich und muss sich dessen unrichtige Angaben, die sie mit ihrer Unterschrift als zutreffen bestätigt hat, zurechnen lassen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass ein Großteil des Vermögens im Rahmen gemeinsamer Anlagen auch der Klägerin selbst gehört hatte. Es mag zwar im Ergebnis wohl so sein, dass aus soziokulturellen Gründen die Klägerin Schwierigkeiten gehabt haben könnte, ihren Mann nach den Vermögensverhältnissen zu fragen und dessen Auskünfte kritisch zu überprüfen. Bei der Obliegenheitspflicht, richtige und vollständige Angaben bei der Beantragung einer Sozialleistung zu machen, kann dies jedoch nicht berücksichtigt werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2008 - L 12 AL 4809/07 - veröffentlich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die Obliegenheit gilt für jeden Leistungsempfänger in gleichem Umfang, deshalb ist auch eine Verletzung dieser Obliegenheit für jeden Leistungsempfänger gleich zu beurteilen. Es kann die Klägerin nicht entlasten, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - sich nicht in der Lage gesehen hatte, richtige und vollständige Angaben zu den Vermögensverhältnissen zu machen (LSG a.a.O.).
Die Klägerin handelte zumindest grob fahrlässig; auch der Hinweis auf das soziokulturelle Herkommen der Klägerin und ihres Ehemannes lässt grobe Fahrlässigkeit nicht entfallen. Denn grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), also wenn die in der Personengruppe herrschende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist. Das ist der Fall, wenn außer Acht gelassen worden ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Auch der aus der Türkei stammenden Familie der Klägerin und auch dieser selbst hätte einleuchten müssen, dass vermögens- und einkommensabhängige Sozialleistungen, insbesondere dann, wenn diese Sozialleistungen wie die Alhi sozialhilfegleichen Charakter haben, auch von einem im Ausland befindlichen Vermögen beeinflusst werden. Im Antragsformular wird insoweit auch ohne geographische Einschränkung nach sämtlichen Vermögenswerten gefragt, sodass es jedem eingeleuchtet hätte, auch ausländisches Vermögen anzugeben. Dieser jedem einleuchtenden Einsicht und dem sich jedem aufdrängenden entsprechenden Verhalten haben sich die Klägerin und ihr Ehemann verschlossen. Die dahingehende Sorglosigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders schwerem Maße dar und begründet grobe Fahrlässigkeit.
Damit waren die jeweiligen Bewilligungsbescheide mit Wirkung vom 23. Januar 1997 bis zum 6. Februar 1999 zurückzunehmen (§ 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III); Ermessen war nicht auszuüben.
Die Rücknahme erfolgte binnen der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Die Beklagte hat die Bewilligungsentscheidungen binnen Jahresfrist nach Kenntnis der maßgeblichen Umstände zurückgenommen. Unabhängig davon, ob Kenntnis der Beklagten bereits am 20. November 2006, also nach Eingang der Information seitens der Staatsanwaltschaft, anzunehmen wäre oder - so auch die Rechtsprechung - Kenntnis erst nach Vorliegen des Ergebnisses der Anhörung der Klägerin, mithin am 23. Februar 2007, vorgelegen hatte, hat die Beklagte mit dem Aufhebungsbescheid vom 13. März 2007 die Jahresfrist gewahrt.
Soweit die Beklagte die Bewilligung von Alhi auch für die Zeit nach dem 6. Februar 1999 aufgehoben hatte ist dies ebenfalls rechtmäßig; der Klägerin stand auch in der Zeit nach dem 6. Februar 1999 ein Anspruch auf Alhi nicht zu. Vom 12. Oktober 1998 bis zum 3. Oktober 1999 befand sich die Klägerin in der Türkei, sodass schon alleine deswegen kein Alhi-Anspruch bestand. Nach Ihrer Rückkehr aus der Türkei, also ab dem 4. Oktober 1999, stand der Klägerin ebenfalls kein Anspruch auf Alhi zu. In dieser Zeit war die Klägerin zwar arbeitslos und bedürftig, jedoch war kein Stammrecht entstanden.
Gemäß § 190 Abs. 1 SGB III in der ab 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Reformgesetz) vom 24. März 1997 (BGBl. I 1997, Seite 594) haben Arbeitnehmer, die (1.) arbeitslos sind, (2.) sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, (3.) einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, (4.) die besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt haben und (5.) bedürftig sind, Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Nach § 191 SGB III hat ein Arbeitnehmer die besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, der in der Vorfrist (1.) Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, (2.) mindestens fünf Monate, sofern der letzte Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, danach mindestens acht Monate in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können. Die Vorfrist beträgt nach § 192 Satz 1 SGB III ein Jahr und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Sie verlängert sich gemäß § 192 Satz 2 SGB III um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erfüllt sind, (1.) nur deshalb einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht hatte, weil er nicht bedürftig war, oder (2.) nach dem Erwerb des Anspruchs auf Arbeitslosengeld eine nicht geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, (3.) Unterhaltsgeld nach diesem Buch bezogen oder nur wegen des Vorrangs anderer Leistungen nicht bezogen hat oder (4.) von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen oder nur deshalb nicht bezogen hat, weil er die hierfür erforderliche Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllt hat oder in einer Einrichtung für Behinderte, insbesondere in einem Berufsbildungswerk, an einer Maßnahme teilgenommen hat, die ihm eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen soll, längstens jedoch um zwei Jahre. Für die Vorfrist gilt § 124 Abs. 2 entsprechend; für die erweiterte Vorfrist (§ 191 Abs. 4 Nr. 2) gilt § 124 Abs. 2 nicht (§ 192 Satz 3 SGB III).
Da die Klägerin bis zum 6. Februar 1999 mangels Bedürftigkeit keinen Alhi-Anspruch hatte, verlängert sich die einjährige Vorfrist des § 192 Satz 1 SGB III nach § 192 Satz 2 Nr. 1 SGB III, jedoch um längstens zwei Jahre, sodass die Vorfrist vom 3. Oktober 1999 zurück reichte bis zum 4. Oktober 1996. In dieser Vorfrist hat die Klägerin die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 191 SGB III nicht erfüllt. Insbesondere hat sie in dieser Zeit weder Arbeitslosengeld bezogen, noch hat sie innerhalb dieses Zeitraums mindestens fünf Monate in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurück gelegt, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit des § 123 SGB III dienen könnte. Die Klägerin hatte damit ab dem 4. Oktober 1999 keinen Anspruch mehr auf Alhi; einen solchen hat sie auch in der Zeit bis zum 31. Dezember 2004 nicht mehr erworben. Hat die Klägerin kein Stammrecht auf Alhi, ist § 196 SGB III, der gerade an das Bestehen eines - hier zuvor nicht entstandenen - Stammrechts anknüpft, nicht einschlägig.
Damit waren die Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe für Zeiträume ab dem 4. Oktober 1999 anfänglich rechtswidrig. Die jeweiligen Bewilligungsbescheide beruhten auf Angaben, die die Klägerin als Begünstigte grob fahrlässig (dazu siehe oben) in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hat. Denn die Bescheide beruhten darauf, dass die Beklagte in Folge der falschen Angaben der Klägerin zu ihrem Vermögen von einem bestehenden Anspruch auf Alhi ausgehen musste und tatsächlich auch davon ausgegangen war. Die Leistungsbewilligungen für die Zeiträume nach dem 4. Oktober 1999 waren daher gemäß § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB X, ohne dass Ermessen auszuüben gewesen wäre, zurückzunehmen. Die Rücknahme erfolgte - wie oben dargelegt - auch binnen der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X.
Die Klägerin hat der Beklagten daher die im Zeitraum vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004 überzahlten Alhi-Leistungen in voller Höhe (18.367,17 Euro) zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Beklagte hat entsprechend den der Klägerin tatsächlich gezahlten Leistungen den Erstattungsbetrag über 18.367,17 Euro zutreffend errechnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; dabei wurde berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren in beiden Rechtszügen keinen Erfolg hatte.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe im Zeitraum vom 23. Januar 1997 bis 31. Dezember 2004 sowie die Erstattung von 18.367,17 Euro an überzahlten Leistungen der Arbeitslosenhilfe (Alhi) streitig.
Die 1953 geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, bezog seit dem 6. Dezember 1982 - wenn auch immer wieder unterbrochen - Leistungen von der Beklagten. Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld war ab dem 18. April 1995 erschöpft. Anschließend war sie wegen des zu berücksichtigenden Einkommens ihres Ehemannes nicht bedürftig und bezog keine Alhi. Nachdem der Ehemann arbeitslos wurde, bezog die Klägerin ab dem 23. Januar 1997 unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Arbeitsentgelts von 850,00 DM Alhi wie folgt:
Zeitraum Zahlbetrag 23. Januar 1997 - 20. März 1997 1.646,40 DM 21. März 1997 - 3. April 1997 403,20 DM 4. April 1997 - 17. April 1997 403,20 DM 18. April 1997 - 1. Mai 1997 403,20 DM 2. Mai 1997 - 15. Mai 1997 403,20 DM 16. Mai 1997 - 29. Mai 1997 403,20 DM 30. Mai 1997 - 12. Juni 1997 403,20 DM 17. Juni 1997 - 4. Juli 1997 AU 13. Juni 1997 - 26. Juni 1997 403,20 DM 17. Juni 1997 - 17. August 1997 AU 17. Juni 1997 - 18. Juli 1997 AU 27. Juni 1997 - 10. Juli 1997 333,19 DM 17. Juni 1997 - 31. Juli 1997 AU 11. Juli 1997 - 24. Juli 1997 403,20 DM 25. Juli 1997 - 28. Juli 1997 100,80 DM 5. Dezember 1997 - 13. Dezember 1997 268,80 DM
27. April 1998 - 10. Mai 1998 AU 15. April 1998 - 30. April 1998 358,40 DM 27. April 1998 - 24. Mai 1998 AU 1. Mai 1998 - 31. Mai 1998 694,40 DM 27. April 1998 - 8. Juni 1998 AU 1. Juni 1998 - 7. Juni 1998 156,80 DM 15. April 1998 - 7. Juni 1998 208,98 DM 25. September 1998 - 30. September 1998 157,62 DM 1. Oktober 1998 - 11. Oktober 1998 288,97 DM
4. Oktober 1999 - 31. Oktober 1999 600,60 DM 8. November 1999 - 26. November 1999 AU 1. November 1999 - 30. November 1999 643,50 DM 8. November 1999 - 10. Dezember 1999 AU 8. November 1999 - 21. Dezember 1999 AU 1. Dezember 1999 - 19. Dezember 1999 407,55 DM 20. Dezember 1999 21,45 DM
18. Januar 2000 - 22. Januar 2000 109,90 DM 23. Januar 2000 - 31. Januar 2000 193,77 DM 1. Februar 2000 - 29. Februar 2000 624,37 DM 1. März 2000 - 31. März 2000 667,43 DM 1. April 2000 - 30. April 2000 645,90 DM 1. Mai 2000 - 31. Mai 2000 667,43 DM 1. Juni 2000 - 18. Juni 2000 387,54 DM
11. Juni 2001 - 30. Juni 2001 445,80 DM 11. Juni 2001 - 30 Juni 2001 134,00 DM 1. Juli 2001 - 31. Juli 2001 898,69 DM 13. Juli 2001 - 13. September 2001 AU 13. Juli 2001 - 16. Juli 2001 AU 1. August 2001 - 31. August 2001 898,69 DM 1. September 2001 - 30. September 2001 869,70 DM 1. Oktober 2001 - 31. Oktober 2001 898,69 DM 1. November 2001 - 11. November 2001 318,89 DM
28. Oktober 2002 - 31. Oktober 2002 58,84 Euro 1.November 2002- 30. November 2002 441,30 Euro 8. November 2002 - 8. November 2002 AU 8. November 2002 - 16. November 2002 AU 1. Dezember 2002 - 31. Dezember 2002 456,01 Euro
1. Januar 2003 - 22. Januar 2003 320,98 Euro 23. Januar 2003 - 31. Januar 2003 127,71 Euro 1. Februar 2003 - 28. Februar 2003 397,32 Euro 1. März 2003 - 31. März 2003 439,89 Euro 1. April 2003 - 30. April 2003 425,70 Euro 1. Mai 2003 - 31. Mai 2003 439,89 Euro 1. Juni 2003 - 30. Juni 2003 425,70 Euro 1. Juli 2003 - 31. Juli 2003 439,89 Euro 1. August 2003 - 31. August 2003 439,89 Euro 1. September 2003 - 30. September 2003 425,70 Euro 1. Oktober 2003 - 31. Oktober 2003 439,89 Euro 1. November 2003 - 30. November 2003 425,70 Euro 1. Dezember 2003 - 31. Dezember 2003 439,89 Euro
1.Januar 2004 - 22. Januar 2004 317,24 Euro 23. Januar 2004 - 15. August 2004 2.910,78 Euro 6. Dezember 2004 - 31. Dezember 2004 367,38 Euro
Anträge auf die Gewährung von Alhi hat die Klägerin am 18. März 1997 (zum 18. April 1995), 5. Dezember 1997, 15. April 1998, 25. September 1998, 4. Oktober 1998, 18. Januar 2000, 11. Juni 2001, 28. Oktober 2002, 2. Januar 2003, 23. Dezember 2003 und am 6. Dezember 2004 gestellt und sich zugleich arbeitslos gemeldet. In keinem der Anträge hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie bzw. ihr Ehemann über Geldvermögen verfügt. Lediglich wurden im Zusammenhang mit dem Antrag vom 18. März 1997 Schulden in Höhe von 30.000 DM (Stand 30. Dezember 1995) sowie ein Bausparvertrag mit 11.956,48 DM (Stand 30. Dezember 1995; Stand Januar 1997: 15.239,46 Euro) mitgeteilt. Im Zusammenhang mit dem Antrag vom 11. Juni 2001 legte die Klägerin eine Verpfändungserklärung wegen eines an ihren Ehemann gewährten Darlehens in Höhe von 110.000,00 DM sowie eine Vermögensaufstellung, bestehend aus Aktien und Bankkonten im Wert von (4.104,90 DM + 8.476,65 DM) 12.581,55 DM, vor. Mit dem Antrag vom 28. Oktober 2002 wurde ein Kontenstand von 1.769,00 DM sowie eine Schuldsumme von 166.000,00 DM mitgeteilt. Zum Antrag vom 6. Dezember 2004 wurde eine Kopie eines Sparbuchs mit einem Guthaben von 16,22 Euro mitgeteilt. Weitere Vermögenswerte wurden jeweils verneint. Dabei verfügte die Klägerin bzw. ihr Ehemann am 23. Januar 1997 über ein bei der TCMB in Form von Konten bzw. Sparbriefen angelegtes Vermögen in Höhe von 50.000,00 DM sowie weiteren 26.310,50 DM, die aus vor dem 23. Januar 1997 gutgeschriebenen und nicht abgehobenen Zinseinnahmen auf Konten der TCMB. Am 11. März 1997 zahlten die Klägerin und ihr Ehemann weitere 40.000 DM auf ein Konto bei der TCMB ein und hoben am 5. Januar 1999 10.000 DM ab.
Durch eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wurde die Beklagte am 20. November 2006 darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Klägerin, ihr Ehemann bzw. beide zusammen in der Türkei über Geldvermögen verfügt hatten. Die Klägerin und ihr Ehemann, so die Staatsanwaltschaft hätten am 11. März 1996 50.000 DM und am 11. März 1997 40.000 DM, der Ehemann alleine am 9. Februar 1994 35.000,00 DM und am 15. Mai 1995 50.000,00 DM bei der TCMB auf Konten eingezahlt.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2007 hörte die Beklagte die Klägerin zur Aufhebung der Bewilligung von Alhi an. Diese teilte anwaltlich vertreten mit, das Vermögen sei vollständig aufgebraucht. Am 6. April 1999 sowie am 13. Dezember 1999 seien zugunsten der Kinder der Klägerin jeweils 30.000,00 DM als Zuschuss zu einem Hausbau gezahlt worden. Im Jahr 1995 seien 30.000,00 DM für die Hochzeit der Tochter und 1996 50.000 DM für die Hochzeit des Sohnes ausgegeben worden. Der Rest sei verbraucht worden. Sie sei seit 1995 deutsche Staatsangehörige, danach habe keine Möglichkeit mehr bestanden für eine Kontoeröffnung.
Mit Bescheid vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007 nahm die Beklagte die Entscheidungen über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004 zurück und verlangte die Erstattung von 18.367,17 Euro an zu Unrecht gezahlter Alhi sowie weiterer 5.643,79 Euro an hierfür gezahlten Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten über ein Barvermögen von 175.000,00 DM verfügt. Unter Berücksichtigung der von diesen für die Hochzeit der Kinder aufgewendeten 80.000,00 DM und den Freibeträgen in Höhe von 16.000,00 DM verbliebe ein zu berücksichtigendes Vermögen von 79.000 DM. Geteilt durch das maßgebliche Arbeitsentgelt von 850,00 DM ergebe sich ein Ruhenszeitraum von 92 Wochen von 23. Januar 1997 bis zum 28. Oktober 1998. Nach Ablauf des Ruhenszeitraumes sei die Vorfrist des § 192 SGB III nicht mehr erfüllt, sodass über den Ruhenszeitraum hinaus kein Anspruch auf Alhi bestehe.
Am 9. August 2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Sie und ihr Ehemann hätten sich während des größten Teils des streitigen Zeitraumes in der Türkei aufgehalten und keine Leistungen bezogen. In der Zeit vom 29. Juli 1997 bis zum 1. Oktober 1997, vom 14. Dezember 1997 bis zum 14. April 1998, vom 12. Oktober 1998 bis zum 3. Oktober 1999, vom 19. Juni 2000 bis 10. Juni 2001 und vom 12. Januar 2001 bis zum 27. Oktober 2002 habe sich die Klägerin ohne Leistungen in der Türkei aufgehalten und vom Geld aus den Sparbriefen gelebt. Das Konto bei der TCMB sei im Jahr 1999 aufgelöst worden
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 4. September 2008 wurde die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 5.643,79 Euro abgetrennt und wird seither - ruhend - unter dem Aktenzeichen S 2 AL 3901/08 geführt.
Mit Urteil vom 4. September 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die Bewilligungsentscheidung über Arbeitslosenhilfe im o.g. Zeitraum aufgehoben und die gezahlte Arbeitslosenhilfe zurückgefordert. Zum 23. Januar 1997 seien als Vermögenswerte auf den Namen des Ehemannes der Klägerin insgesamt 22.352,64 DM und auf den Namen der Eheleute gemeinsam: 50.000,00 DM vorhanden gewesen. Am 11. März 1997 sei auf ein neues Konto beider Ehegatten von der D. Bank 40.000,00 DM eingezahlt worden. Vom jeweiligen Einzelvermögen sei der einzelne Freibetrag abzuziehen, sodass das zu berücksichtigende Gesamtvermögen zum 23. Januar 1997 insgesamt 56.352,64 DM betragen habe. Am 11. März 1997 habe das zu berücksichtigende Gesamtvermögen 90.766,64 DM betragen. Die Nichtbedürftigkeit der Klägerin habe damit am 23. März 1999 geendet; die Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum 23. Januar 1997 bis 28. Juli 1997, 5. Dezember 1997 bis 15. Dezember 1997, 15. April 1998 bis 7. Juni 1998, 25. September 1998 bis 11. Oktober 1998 seien aufgrund vorhandenen Vermögens und damit fehlender Bedürftigkeit rechtswidrig. Die Klägerin genieße auch keinen Vertrauensschutz, da die Bewilligungsentscheidungen auf Angaben beruhten, die sie grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. In den jeweiligen Antragsformularen habe die Klägerin nie das vorhandene erhebliche Vermögen in der Türkei angegeben. Dass sie sich beim Ausfüllen des Antrages auf ihren Ehemann verlassen habe, könne ihr nicht zu Gute gehalten werden. Auch wenn sie der deutschen Sprache zu den damaligen Zeitpunkten nicht hinreichend mächtig gewesen sei bzw. auf Anweisung ihres Ehemannes habe handeln müssen, habe sie sich als Antragstellerin entsprechend rückversichern müssen, ob die Angaben im Formular stimmten. Schließlich sei für die Kammer auch nicht nachvollziehbar, dass im Antragsformular beispielsweise der Bausparvertrag angegeben, das Vermögen in der Türkei jedoch verschwiegen worden sei. Die diesbezügliche Erklärung des Ehemannes der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - ihm sei nicht bekannt gewesen, dass auch Vermögen in der Türkei anzugeben sei - verfange nicht. Im Antragsformular werde ohne geographische Einschränkung nach sämtlichen Vermögenswerten gefragt. Sofern beim Ausfüllen des Formulars Bedenken aufkämen, ob hiermit auch Vermögen im Ausland gemeint sei, hätte bei der Beklagten entsprechend nachgefragt werden müssen. Die dahingehende Sorglosigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes sei als Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders schwerem Maße und damit als grobe Fahrlässigkeit zu werten. Auch die weiteren Bewilligungsentscheidungen für die späteren Zeiträume ab dem 4. Oktober 1999 seien rechtswidrig, da die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe nicht gegeben seien. Der ursprüngliche "Anspruch" auf Arbeitslosenhilfe sei erloschen, denn dieser erlösche gemäß § 196 Satz 1 Nr. 2 SGB III, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Arbeitslosenhilfe ein Jahr vergangen sei. Zwar habe die Klägerin ein Jahr vor dem 4. Oktober 1999 tatsächlich Arbeitslosenhilfe bezogen, allerdings zu Unrecht.
Gegen das ihr am 8. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Dezember 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Ihr könne weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Auch die Staatsanwaltschaft habe ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Es könne ihr nicht zur Last gelegt werden, sich auf ihren Ehemann verlassen zu haben. Das SG verkenne, aus welchem Kulturkreis sie stamme und wie sie erzogen worden sei. Das einzige Verhalten, das auf eine Fahrlässigkeit hindeuten könne, sei, dass dem Ehemann nicht bekannt gewesen sei, dass auch Vermögen in der Türkei anzugeben gewesen sei. Wie solle das ein aus der Türkei stammender Mitbürger, auch wenn er später deutscher Staatsangehöriger geworden sei, wissen, da sich doch sonst in der Bundesrepublik alles territorial abspiele. Von einer groben Fahrlässigkeit könne hier ernsthaft keine Rede sein. Der Klägerin sei - unterstützt durch den für sie stets handelnden Ehemann - völlig klar gewesen, dass Auslandsvermögen nicht gemeint sei. Jedenfalls sei das Alleinvermögen des Ehemannes insofern nicht zu berücksichtigen, als die Klägerin hinsichtlich dieser Vermögenswerte keine Kenntnis gehabt habe und insofern nicht von grober Fahrlässigkeit auszugehen sei. Im Übrigen habe das SG verkannt, dass das Vermögen um die Auszahlungen an die Kinder geschmälert sei. Jedenfalls zum 13. Dezember 1999 und dem 6. April 1999 sei das Vermögen jeweils um 30.000,00 Euro geschmälert worden. Damit liege das Vermögen spätestens ab dem 13. Dezember 1999 unter den Freibeträgen. Ein Auszug der TCMB von 1999 bestätige die Auflösung der Konten, sodass das Urteil für die Zeiträume ab 1999 bis ins Jahr 2004 keinen Bestand haben könne. Auch verstießen die Rücknahme- und Erstattungsbescheide gegen § 33 SGB X, denn der angefochtene Bescheid hätte ausweisen müssen, für welchen konkreten Zeitraum welcher Betrag an Alhi zu Unrecht gezahlt worden sei. Weder aus dem Ausgangsbescheid noch dem Widerspruchsbescheid sei ersichtlich, in welchem Umfang sich der Bescheid auf den jeweiligen Bewilligungszeitraum beziehe und weshalb gerade für diesen Zeitraum konkret welcher Betrag zurückgefordert werde und welches Vermögen zum Stichtag anzurechnen sei. Auch sei die Einhaltung der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X fraglich.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Karlsruhe vom 4. September 2008 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Einstellung des Strafverfahrens wegen Betrugs führe nicht zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Der Klägerin sei auf jeden Fall grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Sie habe in allen Anträgen auf Alhi das Vermögen bei der TCMB trotz eindeutiger Fragestellung verneint bzw. nicht angegeben; dabei sei die Abfrage nicht auf Vermögen im Inland beschränkt. Es sei der Klägerin auch trotz des soziokulturellen Hintergrundes durchaus zumutbar gewesen, ihren Mann nach seinen Vermögensverhältnissen zu befragen. Auch würden die behaupteten Schenkungen an die Kinder bei Bedürftigkeit der Klägerin zu Rückforderungsansprüchen gem. § 528 BGB führen, die ebenfalls Vermögenswerte darstellten. Da die Klägerin in allen Anträgen auf Alhi das Vermögen bei der TCMB trotz eindeutiger Fragestellung verneint bzw. nicht angegeben habe, habe sie eine Prüfung zeitnah vereitelt, sodass es nach der Rechtsprechung des BSG zur Beweislastumkehr komme. Die Klägerin könne jedoch nicht nachweisen, dass die streitigen Vermögenswerte in der streitigen Zeit nicht mehr vorhanden gewesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG, (S 2 AL 3954/07) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Alhi in der Zeit vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004. Die Beklagte hat die Bewilligung der Alhi für den genannten Zeitraum zu Recht aufgehoben und die Erstattung der zu Unrecht geleisteten Alhi geltend gemacht.
Gegenstand der Anfechtungsklage ist der die Gewährung von Alhi aufhebende und die Erstattung von 18. 367,17 Euro an überzahlter Alhi festsetzende Bescheid der Beklagten vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007. Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 335 SGB III. Dieser Streitgegenstand wurde vom SG abgetrennt und einem eigenen Klageverfahren zugeführt (S 2 AL 3901/08).
Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheids der Beklagten vom 13. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2007 ist § 45 SGB X in Verbindung mit § 330 Absatz 2 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 45 Absatz 2 Satz 3 SGB X vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Satz 3 Nr. 2), oder wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Satz 3 Nr. 3). Von der Regelung des § 45 SGB X werden nur die Verwaltungsakte erfasst, die - und soweit diese - zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach dem für die Leistung im streitgegenständlichen Rücknahmezeitraum maßgeblich materiellen Recht.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheid ist nicht unbestimmt, denn aus ihm ist hinreichend deutlich ersichtlich, dass die Bewilligung von Alhi für den gesamten Leistungszeitraum, also vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004, aufgehoben und sämtliche in dieser Zeit gezahlten Leistungen der Alhi in voller Höhe erstattet verlangt werden. Daher führen die Leistungsunterbrechungen wegen Auslandsaufenthalten nicht dazu, dass der den gesamten Zeitraum aufhebende und die gesamten Leistungen in voller Höhe zurückfordernde Bescheid unbestimmt wäre. Die Klägerin konnte hinreichend deutlich erkennen, welcher Zeitraum, welche Leistungen und welcher Betrag betroffen ist.
Nach dem insoweit maßgeblichen Recht (bis 31. Dezember 1997: §§ 134 ff Arbeitsförderungsgesetzt (AFG); ab 1. Januar 1998: §§ 190 ff SGB III) hatte die Klägerin im streitigen Zeitraum lediglich vom 23. Januar 1997 bis 6. Februar 1999 keinen Anspruch auf Alhi.
Gemäß § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung, hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer bedürftig ist. Die Bedürftigkeit bestimmt sich nach § 137 AFG. Der Arbeitslose ist nach § 137 Abs. 2 AFG nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt ist. Vermögen ist die Gesamtheit der dem Vermögensträger gehörenden Sachen und Rechte in Geld oder Geldeswert (BSG, Urteil vom 11. Februar 1976 - 7 Rar 159/74 - BSGE 41, 187-192 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Nach dieser Vorschrift sind sowohl die Vermögenswerte der Klägerin, wie auch die ihres nicht dauernd getrennt lebenden Ehemannes bedürftigkeitsmindernd zu berücksichtigen. Beide hatten auf ihren Namen und auch gemeinsam bei der türkischen Nationalbank angelegte Sparbriefe. Wie das SG zutreffend festgestellt hat sind Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit, Unwirtschaftlichkeit oder Unbilligkeit der Verwertung dieser Sparbriefe nicht ersichtlich.
Am 23. Januar 1997 verfügten die Klägerin und ihr Ehemann über ein so angelegten und verwertbares Vermögen von 50.000,00 DM. Dieses Vermögen war zwar bereits im Jahr 1996 auf das Konto eingezahlt worden, bestand aber noch in dieser Höhe, denn es wurde ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge erst im Jahr 1999 aufgelöst. Darüber hinaus bestand zugunsten des Ehemannes der Klägerin durch noch nicht abgehobene, jedoch vor dem 23. Januar 1997 gutgeschriebenen Zinseinnahmen auf anderen Konten der TCMB ein Vermögen in Höhe von weiteren (k2320551 = 4.465,00 DM; k3244956 = 4.465,00 DM zuzüglich 4.450,00 DM; k3253472: 893,00 DM; k3450091: 4.027,50 DM; k3828843: 1.780,00DM; k4138746: 6.230,00 DM) 26.310,50 DM. Am 11. März 1997 zahlten die Klägerin und ihr Ehemann weitere 40.000 DM auf ein Konto bei der TCMB ein.
Unter Berücksichtigung der gemeinsamen Freibeträge in Höhe von zusammen 16.000,00 DM ergab sich am 23. Januar 1997 ein verwertbares Vermögen in Höhe von (50.000,00 DM zuzüglich 26.310,50 DM abzüglich 16.000 DM) zusammen 60.310,50 DM. Unter Zugrundelegung des wöchentlichen Arbeitsentgeltes von 850,00 DM war die Klägerin somit nicht bedürftig für (60.310,50 DM./. 850,00 DM/ Woche) 70,95 Wochen.
Da am 11. März 1997 weitere 40.000 DM das Vermögen der Klägerin und ihres Ehemannes vergrößerten, ist auch dieses Vermögen bedürftigkeitsmindernd zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung des "Verbrauchs" von Vermögen während der Zeit ab dem 23. Januar 1997 in Höhe des wöchentlichen Arbeitsentgelts von 850,00 DM ergibt sich bis zum 11. März 1997 (6 Wochen 4 Tage, entspricht einem Verbrauch von 6 x 850,00 DM zuzüglich 486,00 DM, insgesamt 5.586,00 DM) ein restliches Vermögen in Höhe 54.724,50 DM zuzüglich der eingezahlten 40.000 DM, zusammen also 94.724,50 DM. Ein erneuter Freibetrag ist nicht zu berücksichtigen, da dieser bereits zum 23. Januar 1997 in voller Höhe angesetzt war. Ausgehend vom 11. März 1997 war die Klägerin dann für weitere 111,44 Wochen nicht bedürftig.
Durch die Abhebung und den anschließenden Verbrauch von 10.000 DM am 5. Januar 1998 reduzierte sich dieser Zeitraum um 11,76 Wochen auf 99,68 Wochen. Damit war die Klägerin bis zum (99 Wochen = 2. Februar 1999; 0,68 Wochen = 4,76 Tage) 6. Februar 1999 nicht bedürftig; sie hatte keinen Anspruch auf Alhi.
Weitere Abhebungen oder ein sonstiger Verbrauch des vorhandenen Vermögens ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin pauschal vorträgt, die Konten seien 1999 aufgelöst worden, so ist dies schon dadurch widerlegt, dass die Klägerin und ihr Ehemann noch im Jahr 2001 Zinseinnahmen von der TCMB hatten (z.B. Konto k8764123). Auch dass die Finanzverwaltung oder die TCMB davon ausgegangen waren, die Konten seien aufgelöst, bindet den Senat nicht.
Der sonstige von der Klägerin vorgetragene Verbrauch stammt aus der Zeit vor Beginn des streitigen Zeitraums am 23. Januar1997, so die Aufwendungen für die Hochzeit der beiden Kinder im Jahr 1995 bzw. 1996, oder stammt aus einer nach dem 6. Februar 1999 liegenden Zeit, wie die Aufwendungen zur Anschaffung von Häusern durch die Kinder (6. April 1999 bzw. 13. Dezember 1999). Gerade letztere Aufwendungen zeigen, dass im streitigen Zeitraum noch erhebliche einzusetzende Geldmittel vorhanden waren. Jedoch begründet das damals geltende Doppelverwertungsverbot die weitergehende Berücksichtigung bereits vorhandenen Vermögens.
Damit waren die Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum 23. Januar 1997 bis zum 28. Juli 1997, vom 5. Dezember 1997 bis zum 15. Dezember 1997, vom 15. April 1998 bis zum 7. Juni 1998 sowie vom 25. September 1998 bis zum 11. Oktober 1998 (anschließend hat die Klägerin erst wieder ab dem 4. Oktober 1999 Alhi bezogen) anfänglich rechtswidrig.
Die Klägerin genießt keinen Vertrauensschutz denn die Bewilligungsentscheidungen der Beklagten beruhen auf Angaben, die die Klägerin zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Die Klägerin hatte in den jeweiligen Antragsformularen das vorhandene erhebliche Vermögen in der Türkei nie angegeben. Zwar mag sie sich beim Ausfüllen der Anträge auf ihren Ehemann verlassen haben, doch ist sie dann für dessen unrichtige Angaben verantwortlich und muss sich dessen unrichtige Angaben, die sie mit ihrer Unterschrift als zutreffen bestätigt hat, zurechnen lassen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass ein Großteil des Vermögens im Rahmen gemeinsamer Anlagen auch der Klägerin selbst gehört hatte. Es mag zwar im Ergebnis wohl so sein, dass aus soziokulturellen Gründen die Klägerin Schwierigkeiten gehabt haben könnte, ihren Mann nach den Vermögensverhältnissen zu fragen und dessen Auskünfte kritisch zu überprüfen. Bei der Obliegenheitspflicht, richtige und vollständige Angaben bei der Beantragung einer Sozialleistung zu machen, kann dies jedoch nicht berücksichtigt werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2008 - L 12 AL 4809/07 - veröffentlich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die Obliegenheit gilt für jeden Leistungsempfänger in gleichem Umfang, deshalb ist auch eine Verletzung dieser Obliegenheit für jeden Leistungsempfänger gleich zu beurteilen. Es kann die Klägerin nicht entlasten, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - sich nicht in der Lage gesehen hatte, richtige und vollständige Angaben zu den Vermögensverhältnissen zu machen (LSG a.a.O.).
Die Klägerin handelte zumindest grob fahrlässig; auch der Hinweis auf das soziokulturelle Herkommen der Klägerin und ihres Ehemannes lässt grobe Fahrlässigkeit nicht entfallen. Denn grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), also wenn die in der Personengruppe herrschende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist. Das ist der Fall, wenn außer Acht gelassen worden ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Auch der aus der Türkei stammenden Familie der Klägerin und auch dieser selbst hätte einleuchten müssen, dass vermögens- und einkommensabhängige Sozialleistungen, insbesondere dann, wenn diese Sozialleistungen wie die Alhi sozialhilfegleichen Charakter haben, auch von einem im Ausland befindlichen Vermögen beeinflusst werden. Im Antragsformular wird insoweit auch ohne geographische Einschränkung nach sämtlichen Vermögenswerten gefragt, sodass es jedem eingeleuchtet hätte, auch ausländisches Vermögen anzugeben. Dieser jedem einleuchtenden Einsicht und dem sich jedem aufdrängenden entsprechenden Verhalten haben sich die Klägerin und ihr Ehemann verschlossen. Die dahingehende Sorglosigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders schwerem Maße dar und begründet grobe Fahrlässigkeit.
Damit waren die jeweiligen Bewilligungsbescheide mit Wirkung vom 23. Januar 1997 bis zum 6. Februar 1999 zurückzunehmen (§ 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III); Ermessen war nicht auszuüben.
Die Rücknahme erfolgte binnen der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Die Beklagte hat die Bewilligungsentscheidungen binnen Jahresfrist nach Kenntnis der maßgeblichen Umstände zurückgenommen. Unabhängig davon, ob Kenntnis der Beklagten bereits am 20. November 2006, also nach Eingang der Information seitens der Staatsanwaltschaft, anzunehmen wäre oder - so auch die Rechtsprechung - Kenntnis erst nach Vorliegen des Ergebnisses der Anhörung der Klägerin, mithin am 23. Februar 2007, vorgelegen hatte, hat die Beklagte mit dem Aufhebungsbescheid vom 13. März 2007 die Jahresfrist gewahrt.
Soweit die Beklagte die Bewilligung von Alhi auch für die Zeit nach dem 6. Februar 1999 aufgehoben hatte ist dies ebenfalls rechtmäßig; der Klägerin stand auch in der Zeit nach dem 6. Februar 1999 ein Anspruch auf Alhi nicht zu. Vom 12. Oktober 1998 bis zum 3. Oktober 1999 befand sich die Klägerin in der Türkei, sodass schon alleine deswegen kein Alhi-Anspruch bestand. Nach Ihrer Rückkehr aus der Türkei, also ab dem 4. Oktober 1999, stand der Klägerin ebenfalls kein Anspruch auf Alhi zu. In dieser Zeit war die Klägerin zwar arbeitslos und bedürftig, jedoch war kein Stammrecht entstanden.
Gemäß § 190 Abs. 1 SGB III in der ab 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Reformgesetz) vom 24. März 1997 (BGBl. I 1997, Seite 594) haben Arbeitnehmer, die (1.) arbeitslos sind, (2.) sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, (3.) einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, (4.) die besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt haben und (5.) bedürftig sind, Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Nach § 191 SGB III hat ein Arbeitnehmer die besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, der in der Vorfrist (1.) Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, (2.) mindestens fünf Monate, sofern der letzte Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, danach mindestens acht Monate in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können. Die Vorfrist beträgt nach § 192 Satz 1 SGB III ein Jahr und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Sie verlängert sich gemäß § 192 Satz 2 SGB III um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erfüllt sind, (1.) nur deshalb einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht hatte, weil er nicht bedürftig war, oder (2.) nach dem Erwerb des Anspruchs auf Arbeitslosengeld eine nicht geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, (3.) Unterhaltsgeld nach diesem Buch bezogen oder nur wegen des Vorrangs anderer Leistungen nicht bezogen hat oder (4.) von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen oder nur deshalb nicht bezogen hat, weil er die hierfür erforderliche Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllt hat oder in einer Einrichtung für Behinderte, insbesondere in einem Berufsbildungswerk, an einer Maßnahme teilgenommen hat, die ihm eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen soll, längstens jedoch um zwei Jahre. Für die Vorfrist gilt § 124 Abs. 2 entsprechend; für die erweiterte Vorfrist (§ 191 Abs. 4 Nr. 2) gilt § 124 Abs. 2 nicht (§ 192 Satz 3 SGB III).
Da die Klägerin bis zum 6. Februar 1999 mangels Bedürftigkeit keinen Alhi-Anspruch hatte, verlängert sich die einjährige Vorfrist des § 192 Satz 1 SGB III nach § 192 Satz 2 Nr. 1 SGB III, jedoch um längstens zwei Jahre, sodass die Vorfrist vom 3. Oktober 1999 zurück reichte bis zum 4. Oktober 1996. In dieser Vorfrist hat die Klägerin die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 191 SGB III nicht erfüllt. Insbesondere hat sie in dieser Zeit weder Arbeitslosengeld bezogen, noch hat sie innerhalb dieses Zeitraums mindestens fünf Monate in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurück gelegt, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit des § 123 SGB III dienen könnte. Die Klägerin hatte damit ab dem 4. Oktober 1999 keinen Anspruch mehr auf Alhi; einen solchen hat sie auch in der Zeit bis zum 31. Dezember 2004 nicht mehr erworben. Hat die Klägerin kein Stammrecht auf Alhi, ist § 196 SGB III, der gerade an das Bestehen eines - hier zuvor nicht entstandenen - Stammrechts anknüpft, nicht einschlägig.
Damit waren die Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe für Zeiträume ab dem 4. Oktober 1999 anfänglich rechtswidrig. Die jeweiligen Bewilligungsbescheide beruhten auf Angaben, die die Klägerin als Begünstigte grob fahrlässig (dazu siehe oben) in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hat. Denn die Bescheide beruhten darauf, dass die Beklagte in Folge der falschen Angaben der Klägerin zu ihrem Vermögen von einem bestehenden Anspruch auf Alhi ausgehen musste und tatsächlich auch davon ausgegangen war. Die Leistungsbewilligungen für die Zeiträume nach dem 4. Oktober 1999 waren daher gemäß § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB X, ohne dass Ermessen auszuüben gewesen wäre, zurückzunehmen. Die Rücknahme erfolgte - wie oben dargelegt - auch binnen der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X.
Die Klägerin hat der Beklagten daher die im Zeitraum vom 23. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004 überzahlten Alhi-Leistungen in voller Höhe (18.367,17 Euro) zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Beklagte hat entsprechend den der Klägerin tatsächlich gezahlten Leistungen den Erstattungsbetrag über 18.367,17 Euro zutreffend errechnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; dabei wurde berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren in beiden Rechtszügen keinen Erfolg hatte.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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