L 18 AS 1308/10 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 26 AS 15515/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1308/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Über die Beschwerde war durch den Vorsitzenden in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.

Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 SGG) ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt, den Antragsgegner im Wege einer gerichtlichen Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 12. Mai 2010 (Antragseingang bei dem Sozialgericht – SG -) bis zum 30. Oktober 2010 als Darlehen monatlich einen weiteren Zuschuss zu den Aufwendungen der privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung iHv 159,93 EUR zu gewähren, ist jedenfalls nicht begründet. Ob die Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG wegen des für den geltend gemachten Zeitraum maßgeblichen Beschwerdewerts von nicht mehr als 750,- EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) entgegen der Auffassung des SG bereits ausgeschlossen war, kann daher dahinstehen. Denn der Antragstellerin entstehen daraus, dass das Gericht die Zulässigkeit der Beschwerde nicht abschließend geprüft hat, keine Nachteile (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 6/06 R = SozR 4-4100 § 128 Nr 8).

Es fehlt jedenfalls an einem Anordnungsgrund für die begehrte gerichtliche Regelung iS eines unaufschiebbar eiligen Regelungsbedürfnisses. Denn der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz der Antragstellerin ist gewährleistet. Der Antragstellerin können ungeachtet der hier nicht zu klärenden Frage, ob nicht bereits Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, keine wesentlichen Nachteile dadurch entstehen, dass die Beitragszuschüsse des Antragsgegners gemäß § 26 SGB Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) deutlich unterhalb des jeweiligen halben Basistarifs liegen. Insofern ist zunächst auf § 206 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) hinzuweisen, wonach ua jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, die eine Pflicht nach § 193 Abs 3 Satz 1 VVG erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen ist. Der Antragsteller hat auch nicht zu befürchten, dass sein Leistungsanspruch gegen den Versicherer gemäß § 193 Abs 6 Satz 1 bis 3 VVG aufgrund eines Beitragsrückstandes in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate zum Ruhen kommt. Denn gemäß § 193 Abs 6 Satz 5 VVG endet das Ruhen ua dann, wenn der Versicherungsnehmer hilfebedürftig iSd SGB II wird. Nach ihrem Sinn und Zweck, den Ausschluss Hilfebedürftiger vom Versicherungsschutz zu vermeiden, ist diese Vorschrift so auszulegen, dass ein Ruhen gar nicht erst eintritt, wenn der Versicherungsnehmer – wie hier die Antragstellerin – bereits Leistungen nach dem SGB II bezieht (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Juni 2010 – L 10 AS 817/10 B ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. März 2010 – L 13 AS 919/10 ER-B - juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03. Dezember 2009 – L 15 AS 1048/09 B ER - juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Oktober 2009 – L 20 B 56/09 SO ER - juris; LSG Hamburg, Beschluss vom 22. Februar 2010 – L 5 AS 34/10 B ER – juris). Die Krankenversicherung der Antragstellerin hat demgemäß am 4. Juni 2010 bestätigt, dass der Leistungsanspruch der Antragstellerin nicht (mehr) ruht. Im Übrigen bestimmt § 193 Abs 6 Satz 6 VVG, dass das private Krankenversicherungsunternehmen auch während einer eventuellen Ruhenszeit für Aufwendungen haftet, die ua zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind. Durch diese Regelung, die hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen den Regelungen in § 4 Abs 1 und 2 Asylbewerberleistungsgesetz und § 16 Abs 3a Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) entspricht, ist sichergestellt, dass der Versicherungsnehmer in Notfällen die erforderliche Krankenversorgung erhält (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Juni 2010 – L 10 AS 817/10 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2010 – L 25 AS 43/10 B ER – juris; SG Bremen, Urteil vom 20. April 2010 – S 21 AS 1521/09 – www.sozialgerichtsbarkeit.de). Mangelnde Finanzierbarkeit der Beiträge (ggf auch der Prämienzuschläge wegen verspäteten Vertragschlusses gemäß § 193 Abs 4 VVG) steht damit weder einem Anspruch auf den Vertrag noch einem Anspruch aus dem Vertrag entgegen (vgl LSG Baden-Württemberg aaO). Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht des Gerichts ein nach Vertragsabschluss auf Schließung der beschriebenen Deckungslücke zwischen dem Beitragszuschuss nach § 26 SGB II und dem halben Basistarif gerichteter Eilantrag gegen den SGB II-Leistungsträger mangels Anordnungsgrundes zurückzuweisen (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Juni 2010 – L10 AS 817/10 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2010 – L 25 AS 43/10 B ER – ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Oktober 2009 – L 7 B 197/09 AS ER - juris; LSG Hamburg aaO; aA LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2010 – L 34 AS 2001/09 B ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen aaO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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