Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AS 3784/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3572/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die nach § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Die Beschwerde der Antragsteller Ziffer 2 und 4 ist an sich bereits unzulässig, weil entgegen § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt wurde. Auf eine solche kann auch bei Ehegatten oder volljährigen Kindern nicht verzichtet werden. Der Mangel kann zwar durch die Vorlage einer Vollmacht geheilt werden, wofür das Gericht auch eine Frist setzen kann. Der Senat hat jedoch im Hinblick auf die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit von der Anforderung einer solchen Vollmacht abgesehen, da die Beschwerde ohnehin in der Sache keinen Erfolg hat.
Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens wird bestimmt durch das erkennbare Begehren der Antragsteller, ohne dass das Gericht an die Fassung der konkreten Anträge gebunden ist (§ 123 SGG). Dieses Begehren begrenzt die Entscheidungsmacht des Gerichts. Das Gericht darf nicht mehr und nichts anderes als das Beantragte zusprechen. Im vorliegenden Verfahren wollen die Antragsteller erreichen, dass die Antragsgegnerin behauptete Zinsansprüche des Kreditinstituts als Leistungen für die Unterkunft seit Antragstellung übernimmt. Das Begehren richtet sich somit nicht auf Tilgungsleistungen irgendeiner Art noch auf die Übernahme des gesamten Darlehensbetrages. Zutreffend ist das Sozialgericht (SG) davon ausgegangen, dass sich der Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 13. Januar 2009 beschränkt und die bereits bestandskräftigen Bewilligungsbescheide dem Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen der bereits gestellten Überprüfungsanträge nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch nicht entgegenstehen.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide (juris)).
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch im Sinne eines materiellen-rechtlichen Leistungsanspruches. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die von der Antragsgegnerin angesetzten Leistungen für die Heizung sowie die von ihr bereits berücksichtigten Kosten der Unterkunft hat der Antragsteller nicht beanstandet. Im Streit steht allein die Berücksichtigung der Zinsverpflichtungen. Diese stellen jedoch auch nach Auffassung des Senats keine Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar. Bereits aus dem gesetzlichen Wortlaut ergibt sich, dass es sich um tatsächliche Aufwendungen "für die Unterkunft" handeln muss. Bewohnt der Hilfesuchende ein Eigenheim, sind Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die er als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 77, 232; Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - und vom 31. August 2006 - L 13 AS 2759/06 ER-B - (beide juris)). Es muss sich also um Kosten handeln, die zwingend mit der Beschaffung oder Erhaltung der Unterkunft verknüpft sind. Die Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II dienen der Sicherstellung der Unterkunft, um den aktuellen Bedarf des Grundbedürfnisses "Wohnen" zu decken. Die Verknüpfung muss dementsprechend im Leistungszeitraum noch bestehen. Gerade hieran fehlt es aber vorliegend bezüglich der geltend gemachten Zinsen. Bereits vor Antragstellung bei der Antragsgegnerin waren die für die Finanzierung des Eigenheims aufgenommenen Darlehen seitens der kreditgebenden Bank mit Schreiben vom 20. November 2007 gekündigt worden. Damit ist die Darlehenssumme sofort zur Zahlung fällig geworden (§ 488 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)). Die ursprünglich vereinbarten monatlichen Raten und die darin jeweils enthaltenen Schuldzinsen sind somit hinfällig; die vertragliche Grundlage für die regelmäßigen Zinsleistungen, deren Übernahme die Antragsteller begehren, ist entfallen. Die Antragsteller schulden nur noch die - sofortige und vollständige - Rückzahlung der Darlehenssumme. Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, stellen die seit der Kündigung anfallenden Zinsen keine Schuldzinsen im Sinne des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB mehr dar, sondern Verzugszinsen im Sinne des § 497 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB. Diese bilden keine vertragliche Gegenleistung für die Überlassung der Darlehenssumme, also die Finanzierung der Unterkunft, sondern sind gesetzliche Folge der Nichtrückzahlung der Darlehenssumme nach Kündigung des Kreditvertrages (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. Mai 2008 - L 2 B 9407 AS ER - (juris)). Dies wird auch daran deutlich, dass allein die Zahlung auf die aktuellen Zinsforderungen nicht den Erhalt der Unterkunft sichert. Vielmehr ist das Kreditinstitut in der Lage, wegen der nicht erfolgten Rückzahlung der Darlehenssumme in das Grundstück zu vollstrecken, auch wenn die Zinsforderung getilgt wird. Desweiteren handelt es sich bei dieser Zinsforderung nicht um jeweils monatlich anfallende, vereinbarte Beträge, sondern um einen aufgelaufenen Betrag, der durch Zins-und Zinseszinswirkungen stetig anwächst. Zwischen den aktuellen Zinsforderungen der Bank und der Unterkunft besteht mithin keine Verknüpfung in dem beschriebenen Sinne mehr. Der Senat nimmt nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Antragsteller - auch nicht aus der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 28. November 1962 in der Fassung vom 14. März 2005 (BGBl. I S. 818, 829). Zwar zählen zu den Unterkunftskosten für selbstgenutzte Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen und als solche in der genannten Verordnungsregelung enthalten sind (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 13 m.w.N.; BVerwG a.a.O.). Zu diesen Ausgaben gehören auch Schuldzinsen (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Halbsatz 2 Nr. 2 der Verordnung). Die derzeit vom Antragsteller geschuldeten Zinsen stellen jedoch, wie bereits ausgeführt, gerade keine Schuldzinsen in diesem Sinne dar, sondern Verzugszinsen. Damit handelt es sich bei den Zinsen nicht um laufende Kosten der Unterkunft; vielmehr sind die bei Antragstellung schon zurückzuzahlende Kreditsumme und die Verzugszinsen grundsicherungsrechtlich als Schulden anzusehen.
Als Anspruchsgrundlage für die Übernahme solcher Schulden kommt allein § 22 Abs. 5 SGB II in Betracht. Danach können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Derzeit ist jedoch nicht erkennbar, dass durch die begehrte Übernahme der Zinsforderungen die Unterkunft tatsächlich gesichert werden könnte. Auch bei Übernahme der bisher aufgelaufenen Verzugszinsen oder monatlich laufender Zahlungen in Höhe der früher geschuldeten Schuldzinsen ist das Kreditinstitut, wie dargestellt, nach wie vor berechtigt, wegen der in erster Linie geschuldeten Rückzahlung der Darlehenssumme in das Hausgrundstück zu vollstrecken. Die Antragsteller haben selbst nicht konkret vorgetragen, dass sich die Bank verbindlich bereit erklärt hätte, bei Zahlung auf die Zinsforderungen von der Vollstreckung abzusehen. Erst recht ist dies nicht glaubhaft gemacht. Auch ein konkreter Betrag wurde insoweit nicht genannt. Vielmehr hat das Kreditinstitut mit Schreiben vom 4. November 2009 ausdrücklich erklärt, eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nur gegen den vollständigen Ausgleich seiner Forderungen i.H.v. damals EUR 358.484,73 zu bewilligen. Soweit die Antragsteller in ihrem an das Amtsgericht gerichteten Antrag auf Vollstreckungsschutz ein Angebot zur Schuldentilgung unterbreitet haben, ist eine Zustimmung der Bank bislang weder erteilt noch in Aussicht gestellt worden. Dabei ist auch zu beachten, dass diesem Angebot die Annahme zugrunde liegt, die Antragsgegnerin werde im sozialgerichtlichen Verfahren zur Übernahme von laufenden Zinsleistungen verpflichtet. Wie jedoch bereits oben dargelegt, kommt eine solche Verpflichtung nicht in Betracht, solange es sich bei diesen Zinsen lediglich um Verzugszinsen handelt. Eine Übernahme laufender Zinsen durch die Antragsgegnerin käme allenfalls in Betracht, wenn zwischen der Bank und den Antragstellern ein neuer Darlehensvertrag zur Finanzierung des Eigenheims geschlossen wird. Dann anfallende Schuldzinsen könnten von der Antragsgegnerin jedoch nur bis zur Grenze der angemessenen Kosten der Unterkunft geleistet werden. Ein solcher neuer Darlehensvertrag wurde jedoch bislang nicht geschlossen, so dass es an der Grundlage für die Übernahme laufender Zinsleistungen fehlt. In der aktuellen Situation würde daher nur die Übernahme der gesamten geschuldeten Darlehenssumme inklusive der angefallenen Zinsen durch die Antragsgegnerin die Unterkunft sicherstellen. Eine solche vollständige Übernahme ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, wird von den Antragstellern nicht begehrt und könnte daher ohnehin nicht gerichtlich zugesprochen werden. Auf die Frage, ob die Unterkunft allein aufgrund der Wohnfläche bereits als nicht angemessen und daher nicht erhaltungswürdig angesehen werden muss, kommt es somit nicht an.
Für den geltend gemachten Anspruch fehlt es darüber hinaus an einem Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit. Wie bereits dargelegt, kann die Unterkunft durch die begehrte Übernahme der Zinsverpflichtungen durch die Antragsgegnerin nicht den Erhalt der Unterkunft sicherstellen. Da also durch diese Übernahme die Zwangsvollstreckung in das Hausgrundstück nicht abgewendet werden kann, ergibt sich aus der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung somit keine Eilbedürftigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf eine entsprechende Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die nach § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Die Beschwerde der Antragsteller Ziffer 2 und 4 ist an sich bereits unzulässig, weil entgegen § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt wurde. Auf eine solche kann auch bei Ehegatten oder volljährigen Kindern nicht verzichtet werden. Der Mangel kann zwar durch die Vorlage einer Vollmacht geheilt werden, wofür das Gericht auch eine Frist setzen kann. Der Senat hat jedoch im Hinblick auf die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit von der Anforderung einer solchen Vollmacht abgesehen, da die Beschwerde ohnehin in der Sache keinen Erfolg hat.
Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens wird bestimmt durch das erkennbare Begehren der Antragsteller, ohne dass das Gericht an die Fassung der konkreten Anträge gebunden ist (§ 123 SGG). Dieses Begehren begrenzt die Entscheidungsmacht des Gerichts. Das Gericht darf nicht mehr und nichts anderes als das Beantragte zusprechen. Im vorliegenden Verfahren wollen die Antragsteller erreichen, dass die Antragsgegnerin behauptete Zinsansprüche des Kreditinstituts als Leistungen für die Unterkunft seit Antragstellung übernimmt. Das Begehren richtet sich somit nicht auf Tilgungsleistungen irgendeiner Art noch auf die Übernahme des gesamten Darlehensbetrages. Zutreffend ist das Sozialgericht (SG) davon ausgegangen, dass sich der Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 13. Januar 2009 beschränkt und die bereits bestandskräftigen Bewilligungsbescheide dem Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen der bereits gestellten Überprüfungsanträge nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch nicht entgegenstehen.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide (juris)).
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch im Sinne eines materiellen-rechtlichen Leistungsanspruches. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die von der Antragsgegnerin angesetzten Leistungen für die Heizung sowie die von ihr bereits berücksichtigten Kosten der Unterkunft hat der Antragsteller nicht beanstandet. Im Streit steht allein die Berücksichtigung der Zinsverpflichtungen. Diese stellen jedoch auch nach Auffassung des Senats keine Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar. Bereits aus dem gesetzlichen Wortlaut ergibt sich, dass es sich um tatsächliche Aufwendungen "für die Unterkunft" handeln muss. Bewohnt der Hilfesuchende ein Eigenheim, sind Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die er als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 77, 232; Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - und vom 31. August 2006 - L 13 AS 2759/06 ER-B - (beide juris)). Es muss sich also um Kosten handeln, die zwingend mit der Beschaffung oder Erhaltung der Unterkunft verknüpft sind. Die Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II dienen der Sicherstellung der Unterkunft, um den aktuellen Bedarf des Grundbedürfnisses "Wohnen" zu decken. Die Verknüpfung muss dementsprechend im Leistungszeitraum noch bestehen. Gerade hieran fehlt es aber vorliegend bezüglich der geltend gemachten Zinsen. Bereits vor Antragstellung bei der Antragsgegnerin waren die für die Finanzierung des Eigenheims aufgenommenen Darlehen seitens der kreditgebenden Bank mit Schreiben vom 20. November 2007 gekündigt worden. Damit ist die Darlehenssumme sofort zur Zahlung fällig geworden (§ 488 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)). Die ursprünglich vereinbarten monatlichen Raten und die darin jeweils enthaltenen Schuldzinsen sind somit hinfällig; die vertragliche Grundlage für die regelmäßigen Zinsleistungen, deren Übernahme die Antragsteller begehren, ist entfallen. Die Antragsteller schulden nur noch die - sofortige und vollständige - Rückzahlung der Darlehenssumme. Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, stellen die seit der Kündigung anfallenden Zinsen keine Schuldzinsen im Sinne des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB mehr dar, sondern Verzugszinsen im Sinne des § 497 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB. Diese bilden keine vertragliche Gegenleistung für die Überlassung der Darlehenssumme, also die Finanzierung der Unterkunft, sondern sind gesetzliche Folge der Nichtrückzahlung der Darlehenssumme nach Kündigung des Kreditvertrages (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. Mai 2008 - L 2 B 9407 AS ER - (juris)). Dies wird auch daran deutlich, dass allein die Zahlung auf die aktuellen Zinsforderungen nicht den Erhalt der Unterkunft sichert. Vielmehr ist das Kreditinstitut in der Lage, wegen der nicht erfolgten Rückzahlung der Darlehenssumme in das Grundstück zu vollstrecken, auch wenn die Zinsforderung getilgt wird. Desweiteren handelt es sich bei dieser Zinsforderung nicht um jeweils monatlich anfallende, vereinbarte Beträge, sondern um einen aufgelaufenen Betrag, der durch Zins-und Zinseszinswirkungen stetig anwächst. Zwischen den aktuellen Zinsforderungen der Bank und der Unterkunft besteht mithin keine Verknüpfung in dem beschriebenen Sinne mehr. Der Senat nimmt nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Antragsteller - auch nicht aus der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 28. November 1962 in der Fassung vom 14. März 2005 (BGBl. I S. 818, 829). Zwar zählen zu den Unterkunftskosten für selbstgenutzte Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen und als solche in der genannten Verordnungsregelung enthalten sind (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 13 m.w.N.; BVerwG a.a.O.). Zu diesen Ausgaben gehören auch Schuldzinsen (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Halbsatz 2 Nr. 2 der Verordnung). Die derzeit vom Antragsteller geschuldeten Zinsen stellen jedoch, wie bereits ausgeführt, gerade keine Schuldzinsen in diesem Sinne dar, sondern Verzugszinsen. Damit handelt es sich bei den Zinsen nicht um laufende Kosten der Unterkunft; vielmehr sind die bei Antragstellung schon zurückzuzahlende Kreditsumme und die Verzugszinsen grundsicherungsrechtlich als Schulden anzusehen.
Als Anspruchsgrundlage für die Übernahme solcher Schulden kommt allein § 22 Abs. 5 SGB II in Betracht. Danach können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Derzeit ist jedoch nicht erkennbar, dass durch die begehrte Übernahme der Zinsforderungen die Unterkunft tatsächlich gesichert werden könnte. Auch bei Übernahme der bisher aufgelaufenen Verzugszinsen oder monatlich laufender Zahlungen in Höhe der früher geschuldeten Schuldzinsen ist das Kreditinstitut, wie dargestellt, nach wie vor berechtigt, wegen der in erster Linie geschuldeten Rückzahlung der Darlehenssumme in das Hausgrundstück zu vollstrecken. Die Antragsteller haben selbst nicht konkret vorgetragen, dass sich die Bank verbindlich bereit erklärt hätte, bei Zahlung auf die Zinsforderungen von der Vollstreckung abzusehen. Erst recht ist dies nicht glaubhaft gemacht. Auch ein konkreter Betrag wurde insoweit nicht genannt. Vielmehr hat das Kreditinstitut mit Schreiben vom 4. November 2009 ausdrücklich erklärt, eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nur gegen den vollständigen Ausgleich seiner Forderungen i.H.v. damals EUR 358.484,73 zu bewilligen. Soweit die Antragsteller in ihrem an das Amtsgericht gerichteten Antrag auf Vollstreckungsschutz ein Angebot zur Schuldentilgung unterbreitet haben, ist eine Zustimmung der Bank bislang weder erteilt noch in Aussicht gestellt worden. Dabei ist auch zu beachten, dass diesem Angebot die Annahme zugrunde liegt, die Antragsgegnerin werde im sozialgerichtlichen Verfahren zur Übernahme von laufenden Zinsleistungen verpflichtet. Wie jedoch bereits oben dargelegt, kommt eine solche Verpflichtung nicht in Betracht, solange es sich bei diesen Zinsen lediglich um Verzugszinsen handelt. Eine Übernahme laufender Zinsen durch die Antragsgegnerin käme allenfalls in Betracht, wenn zwischen der Bank und den Antragstellern ein neuer Darlehensvertrag zur Finanzierung des Eigenheims geschlossen wird. Dann anfallende Schuldzinsen könnten von der Antragsgegnerin jedoch nur bis zur Grenze der angemessenen Kosten der Unterkunft geleistet werden. Ein solcher neuer Darlehensvertrag wurde jedoch bislang nicht geschlossen, so dass es an der Grundlage für die Übernahme laufender Zinsleistungen fehlt. In der aktuellen Situation würde daher nur die Übernahme der gesamten geschuldeten Darlehenssumme inklusive der angefallenen Zinsen durch die Antragsgegnerin die Unterkunft sicherstellen. Eine solche vollständige Übernahme ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, wird von den Antragstellern nicht begehrt und könnte daher ohnehin nicht gerichtlich zugesprochen werden. Auf die Frage, ob die Unterkunft allein aufgrund der Wohnfläche bereits als nicht angemessen und daher nicht erhaltungswürdig angesehen werden muss, kommt es somit nicht an.
Für den geltend gemachten Anspruch fehlt es darüber hinaus an einem Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit. Wie bereits dargelegt, kann die Unterkunft durch die begehrte Übernahme der Zinsverpflichtungen durch die Antragsgegnerin nicht den Erhalt der Unterkunft sicherstellen. Da also durch diese Übernahme die Zwangsvollstreckung in das Hausgrundstück nicht abgewendet werden kann, ergibt sich aus der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung somit keine Eilbedürftigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf eine entsprechende Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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