Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 98/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 SF 98/10 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch gegen die Direktorin des Sozialgerichts Rönninger wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Kläger führen ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht gegen die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht bei der Beklagten. Die Klage ist am 8. Dezember 2009 beim Sozialgericht eingegangen; zuständig für die Bearbeitung ist die Direktorin des Sozialgerichts Rönninger. Die nach Eingang der Klage angeforderte Klageerwiderung der Beklagten und die Verwaltungsakte sind am 22. Dezember 2009 beim Sozialgericht eingegangen. Mit Eingangsdatum vom 18. Januar 2010 ergänzte der Kläger zu 1.) das Klägervorbringen mit einem 46-seitigen Schriftsatz. Darin forderte er unter anderem, "der verdeckt tätige Richter" solle "sich als Vertreter des SG Dessau-Roßlau mit seinem Namen zu erkennen geben". Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 25. Januar 2010 auf den Schriftsatz. Zu einem weiteren 10-seitigen Schriftsatz der Kläger nahm die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 16. März 2010 Stellung, den die Kläger zur Kenntnis erhielten.
Mit einem am 5. Mai 2010 beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz machte der Kläger zu 1.) geltend, das Verfahren sei nun seit dem "8.10.09" beim Sozialgericht anhängig und der Richter dieses Gerichts habe sich bisher trotz Forderung nicht zu erkennen gegeben. Dabei stehe er gem. §§ 87 ff., 103, 106 SGG in der Pflicht, den Inhalt der Klage mit den Parteien abzuklären. Da der Richter dies nicht tue, lehne er ihn wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
Die für das Verfahren zuständige Richterin hat das Ablehnungsgesuch dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt und sich dienstlich geäußert, sie habe wegen der Vielzahl von Klagen bei dem Sozialgericht noch keinen Erörterungstermin anberaumen können.
Die Beklagte hält Befangenheitsgründe nicht für gegeben.
Bei der Entscheidung haben die Streitakten des Sozialgerichts und die Verwaltungsakte der Beklagten – Az. 501 000 GK 2098 0508 – vorgelegen.
II. Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.
Die Verfahrensbearbeitung der abgelehnten Richterin gibt im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) keinen Grund, der objektiv Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit rechtfertigen könnte. Weder die unterbliebene namentliche Benennung noch das Unterbleiben einer Abklärung des Inhalts der Klage mit den Parteien sind zur Rechtfertigung solchen Misstrauens geeignet.
Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin kann die unterbliebene na-mentliche Benennung allein nicht rechtfertigen. Unaufgefordert hatte sie dazu keinen Anlass, weil § 21e Abs. 9 des Gerichtsverfassungsgesetzes ausdrücklich regelt, dass die Geschäftsverteilungspläne öffentlich zugänglich sind; weitere Ansprüche bestehen dazu nicht. Im Hinblick darauf ist der Antrag des Klägers zu 1.) in dem Schriftsatz mit Eingangsdatum vom 18. Januar 2010 nicht unmittelbar verständlich. Eine "verdeckte Tätigkeit" eines Richters ist nach der genannten Regelung nicht möglich. Auch ist der Aufforderung, sich als Vertreter des Sozialgerichts zu erkennen geben, nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass der Kläger schlicht den für seine Klage zuständigen Richter wissen will. Denn zum Vertreter des Sozialgerichts wird ein Richter durch seine Zuständigkeit für ein Streitverfahren nicht. Insofern begründet es keinen Fehler, erst recht keine Voreingenommenheit, wenn ein Richter einen Satz möglicherweise missversteht, der inhaltlich mehr durch polemische Etikettierungen – "verdeckt tätig" – als durch einen eindeutigen Antrag gekennzeichnet ist. Aber selbst, wenn die Richterin den Antrag auf Bekanntgabe ihres Namens verstanden haben sollte, wäre lediglich ein Hinweis auf die Zugangsquellen des allgemeinen Geschäftsverteilungsplanes angebracht gewesen. Dessen Unterlassung mag – was offen bleiben kann – einen Fehler begründen; Voreingenommenheit wäre einem solchen schlichten Fehler indes ohne weitere Anhaltspunkte nicht zu entnehmen.
Ebenso wenig kann Voreingenommenheit daraus abgeleitet werden, dass die Richterin keine "Abklärung des Inhalts der Klage mit den Parteien" vorgenommen hat. Die – damit wohl gemeinte – Unterlassung einer Terminsanberaumung hat die Richterin nachvollziehbar mit ihrer allgemeinen Arbeitsbelastung erklärt. Angesichts einer Verfahrensdauer von einem halben Jahr mit einem regen Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten und einer Komplexität des Verfahrens, die sich z. B. in einem 46-seitigen Schriftsatz der Klägerseite niederschlägt, bedarf es auch keiner weiteren Aufklärung, ob dem Verfahren gegenüber anderen Verfahren eine angemessene Bearbeitungsreihenfolge eingeräumt worden ist.
Der Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.
gez. Eyrich gez. Dr. Ulrich gez. Boldt
Gründe:
I. Die Kläger führen ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht gegen die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht bei der Beklagten. Die Klage ist am 8. Dezember 2009 beim Sozialgericht eingegangen; zuständig für die Bearbeitung ist die Direktorin des Sozialgerichts Rönninger. Die nach Eingang der Klage angeforderte Klageerwiderung der Beklagten und die Verwaltungsakte sind am 22. Dezember 2009 beim Sozialgericht eingegangen. Mit Eingangsdatum vom 18. Januar 2010 ergänzte der Kläger zu 1.) das Klägervorbringen mit einem 46-seitigen Schriftsatz. Darin forderte er unter anderem, "der verdeckt tätige Richter" solle "sich als Vertreter des SG Dessau-Roßlau mit seinem Namen zu erkennen geben". Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 25. Januar 2010 auf den Schriftsatz. Zu einem weiteren 10-seitigen Schriftsatz der Kläger nahm die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 16. März 2010 Stellung, den die Kläger zur Kenntnis erhielten.
Mit einem am 5. Mai 2010 beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz machte der Kläger zu 1.) geltend, das Verfahren sei nun seit dem "8.10.09" beim Sozialgericht anhängig und der Richter dieses Gerichts habe sich bisher trotz Forderung nicht zu erkennen gegeben. Dabei stehe er gem. §§ 87 ff., 103, 106 SGG in der Pflicht, den Inhalt der Klage mit den Parteien abzuklären. Da der Richter dies nicht tue, lehne er ihn wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
Die für das Verfahren zuständige Richterin hat das Ablehnungsgesuch dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt und sich dienstlich geäußert, sie habe wegen der Vielzahl von Klagen bei dem Sozialgericht noch keinen Erörterungstermin anberaumen können.
Die Beklagte hält Befangenheitsgründe nicht für gegeben.
Bei der Entscheidung haben die Streitakten des Sozialgerichts und die Verwaltungsakte der Beklagten – Az. 501 000 GK 2098 0508 – vorgelegen.
II. Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.
Die Verfahrensbearbeitung der abgelehnten Richterin gibt im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) keinen Grund, der objektiv Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit rechtfertigen könnte. Weder die unterbliebene namentliche Benennung noch das Unterbleiben einer Abklärung des Inhalts der Klage mit den Parteien sind zur Rechtfertigung solchen Misstrauens geeignet.
Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin kann die unterbliebene na-mentliche Benennung allein nicht rechtfertigen. Unaufgefordert hatte sie dazu keinen Anlass, weil § 21e Abs. 9 des Gerichtsverfassungsgesetzes ausdrücklich regelt, dass die Geschäftsverteilungspläne öffentlich zugänglich sind; weitere Ansprüche bestehen dazu nicht. Im Hinblick darauf ist der Antrag des Klägers zu 1.) in dem Schriftsatz mit Eingangsdatum vom 18. Januar 2010 nicht unmittelbar verständlich. Eine "verdeckte Tätigkeit" eines Richters ist nach der genannten Regelung nicht möglich. Auch ist der Aufforderung, sich als Vertreter des Sozialgerichts zu erkennen geben, nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass der Kläger schlicht den für seine Klage zuständigen Richter wissen will. Denn zum Vertreter des Sozialgerichts wird ein Richter durch seine Zuständigkeit für ein Streitverfahren nicht. Insofern begründet es keinen Fehler, erst recht keine Voreingenommenheit, wenn ein Richter einen Satz möglicherweise missversteht, der inhaltlich mehr durch polemische Etikettierungen – "verdeckt tätig" – als durch einen eindeutigen Antrag gekennzeichnet ist. Aber selbst, wenn die Richterin den Antrag auf Bekanntgabe ihres Namens verstanden haben sollte, wäre lediglich ein Hinweis auf die Zugangsquellen des allgemeinen Geschäftsverteilungsplanes angebracht gewesen. Dessen Unterlassung mag – was offen bleiben kann – einen Fehler begründen; Voreingenommenheit wäre einem solchen schlichten Fehler indes ohne weitere Anhaltspunkte nicht zu entnehmen.
Ebenso wenig kann Voreingenommenheit daraus abgeleitet werden, dass die Richterin keine "Abklärung des Inhalts der Klage mit den Parteien" vorgenommen hat. Die – damit wohl gemeinte – Unterlassung einer Terminsanberaumung hat die Richterin nachvollziehbar mit ihrer allgemeinen Arbeitsbelastung erklärt. Angesichts einer Verfahrensdauer von einem halben Jahr mit einem regen Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten und einer Komplexität des Verfahrens, die sich z. B. in einem 46-seitigen Schriftsatz der Klägerseite niederschlägt, bedarf es auch keiner weiteren Aufklärung, ob dem Verfahren gegenüber anderen Verfahren eine angemessene Bearbeitungsreihenfolge eingeräumt worden ist.
Der Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.
gez. Eyrich gez. Dr. Ulrich gez. Boldt
Rechtskraft
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