S 14 U 255/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 255/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 181/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 11/09 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen eines während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme erlittenen Unfalles; maßgebend ist dabei, ob die Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15 a des 7. Buches Sozialgesetzbuch -SGB VII- unter Unfallversicherungsschutz stand.

Die am 00.00.1938 geborene Klägerin, seit 1992 berentet, befand sich nach knieendoprothetischer Versorgung links am 23.05.2005 seit dem 08.06.2005 in Kostenträgerschaft der C BKK in stationärer Anschlussheilbehandlung in der Klinik E in C1. Sie verunfallte am 22.06.2005 im Rahmen einer Therapieanwendung im sog. "Hydrojet"; bei diesem handelt es sich um ein bettartiges, ca. 50 cm hohes Massagegerät. Nach Durchführung der Behandlung rutschte die auf der Kante der Massageliege sitzende Klägerin mit ihren Füßen auf dem Boden weg, glitt entlang der Wand der Liege zu Boden und fiel auf das Gesäß; unmittelbar danach verspürte sie angabegemäß Schmerzen im Bereich des linken Oberschenkels, welche nachfolgend als linksseitige Oberschenkelfraktur diagnostiziert wurden. Die Klägerin machte für dieses Sturzereignis ihre Therapeutin dahingehend verantwortlich, sie habe sie in einem Ruck hochgezogen, so dass sie, da sie noch keine Schuhe angezogen hatte, ausrutschte und stürzte, und strengte sowohl gegen diese als auch den Klinikträger und deren Haftpflichtversicherung ein zivilgerichtliches Schadensersatzverfahren (Landgericht Paderborn -Az.: 3 O 79/06- Oberlandesgericht Hamm -Az.: 17 U 11/07) an.

Mit Bescheid vom 22.08.2005 lehnte die Beklagte Entschädigungsansprüche mit der Begründung ab, zu dem durch § 2 Abs. 1 Nr. 15 a SGB VII abgesicherten Risiko zählten nicht etwaige falsche oder unterlassene Maßnahmen des Pflegepersonals; wesentliche Ursache für die Annahme von Versicherungsschutz müsse sein, dass der Rehabilitant im Rahmen des Unfalles besonderen, mit dem Aufenthalt in der Einrichtung begründeten Gefahrmomenten unterlegen sei. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit welchem Sie geltend machte, ein innerer Zusammenhang zwischen Unfallereignis und stationärer Behandlung sei offensichtlich, da sich im Unfall gerade das besondere Risiko, welches mit der dauernden Unterbringung in einer Rehabilitationsklinik und damit in fremder Umgebung verbunden sei, realisiert habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Ergänzung zurück, zu den versicherten Tätigkeiten zählten solche, die in innerem Zusammmenhang mit der Heilbehandlung ständen, ausgenommen das Risiko der ärztlichen Behandlung selbst.

Hiergegen richtet sich die am 22.12.2005 erhobene Klage, mit welcher die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt; sie macht unter Wiederholung ihrer bisherigen Auffassung geltend, im Ausrutschen auf dem Boden beim Aufstehen vom "Hydrojet" habe sich eine typische Gefahr verwirklicht, die eine stationäre Behandlung mit sich bringe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2005 zu verurteilen, ihr wegen des Unfalles vom 22.06.2005 unter Aner- kennung dessen als Arbeitsunfall Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht zunächst die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidungen zum Gegenstand ihrer Klageerwiderung und bekräftigt ihre Auffassung, ein haftungsbegründender Zusammenhang sei nicht gegeben; das Risiko der ärztlichen Behandlung selbst sei nicht versichert, wobei unerheblich sei, ob ein Arzt selbst oder nichtärztliches Krankenhauspersonal als Hilfskraft tätig werde; eine typische, mit einem Krankenhausaufenthalt verbundene Gefahr sei auch beim Aufstehen vom "Hydrojet" nicht zu erkennen; im Ausrutschen habe sich weder eine besondere Gefahr eines Aufenthaltes in fremder Umgebung realisiert bzw. erhöht noch handele es sich beim Ausrutschen auf glattem Untergrund um eine Gefahr, wie sie im privaten und häuslichen Bereich nicht vorkomme.

Das Gericht hat die Verfahrensakten des Landgerichtes Paderborn beigezogen; nach erstinstanzlicher Abweisung der von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche mit Urteil vom 13.09.2006 schlossen die Beteiligten vor dem Oberlandesgericht Hamm am 23.08.2007 einen Vergleich, wonach sich die Behand-lungseinrichtung und deren Haftpflichtversicherung verpflichteten, der Klägerin zur Abgeltung aller aus dem Schadensereignis bestehenden Ansprüche einen Betrag von 27.000,- Euro zu zahlen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat wegen ihres am 22.06.2005 erlittenen Unfalles keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, denn dieser ist kein Arbeitsunfall. Sie ist von daher durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 22.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2005 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des 7. Buches Sozialgesetzbuch -SGB VII- Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Kraft Gesetzes sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15 a SGB VII versicherte Personen, die auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten.

Die Klägerin gehörte zwar während der ihr von der C BKK gewährten stationären Anschlussheilbehandlung in der Klinik E zu den nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 a SGB VII versicherten Personen, hat jedoch keinen Arbeitsunfall erlitten. Die Anerkennung als Arbeitsunfall setzt voraus, dass sich dieser bei einer versicherten Tätigkeit ereignet; hierzu ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist und das diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog. innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 97 m.w.N.). Versichert ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 a SGB VII alles aktive Handeln und passive Erdulden der wesentlich durch die Unterkunft und Verpflegung in einem Krankenhaus bzw. einer Rehabilitationseinrichtung geprägten Vorgänge. Das Bundessozialgericht -BSG- hat dazu in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass in den Versicherungs-schutz nach Sinn und Zweck der Vorschrift, entsprechend dem Versicherungsschutz bei auswärtigen Dienstreisen, jene Risiken einbezogen sind, Verhältnisse des Kranken-hauses oder der sonstigen Einrichtungen im Sinne einer unbekannten Umgebung ausgesetzt wird, denen er zu Hause nicht begegnet wäre (grundlegend BSGE 46, 283, 285; Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts Band II -Unfallversicherungsrecht- § 18 Randnummer 40 m.w.N.). In Abgrenzung dazu hat es das BSG abgelehnt, das Risiko der ärztlichen Behandlung selbst zum Gegenstand des Versicherungsschutzes zu rechnen; Risiken durch die Krankheit als solche oder durch die ärztliche Behandlung sind, wie auch Operationen nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes. Dabei fallen unter das vom Versicherungsschutz nicht erfasste Risiko der ärztlichen Behandlung auch Maßnahmen der Hilfspersonen des Arztes wie z.B. Krankenschwestern, Pflegern etc ...

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen konnte Versicherungsschutz nicht begründet werden. Der Sturz ereignete sich im Rahmen einer ärztlich angeordneten Heilmittelbehandlung, im Rahmen derer die Klägerin zu Sturz gekommen ist. Die Folgen falscher oder unterlassener Maßnahmen des Arztes oder des Pflegepersonals, hier der handelnden Physiotherapeutin, sind jedoch, wie dargelegt, dem nicht vom Versicherungsschutz erfassten Risiko der ärztlichen Behandlung zuzurechnen. Dabei gehört weder die gewöhnliche Härte des Bodens, auf den die Klägerin im Rahmen des Ereignisses mit dem Gesäß prallte, zu den besonderen Bedingungen des Krankenhauses, die eine wesentliche Mitursache begründen könnten (BSG, Urteil vom 27.11.1986 - 2 RU 10/86-), noch ist der Bodenbelag ein haftungsbegründender Umstand im Sinne eines besonderen, typischerweise mit einem Krankenhausaufenthalt oder Aufenthalt in einer Rehabilitationseinrichtung ver-bundenen Gefahrmomentes , da sich derartige Gefahren auch im privaten und häus- lichen Bereich finden; maßgeblich für das Ausrutschen war insoweit nicht der Bodenbelag, sondern der Umstand, dass die Klägerin, welche noch keine Hausschuhe trug, auf ihren Kompressionsstrümpfen wegrutschte. Hiermit hat sich nicht ein typischer Gefahrmoment des Krankenhausaufenthaltes realisiert; soweit die Physiotherapeutin es pflichtwidrig unterlasen haben sollte, die Klägerin mit Hausschuhen zu versehen, begründete dies nach obigen Darlegungen keinen Versicherungsschutz.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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