Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 167/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 455/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Krankengeld ab 07.04.2009 (aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009), längstens bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer (26.08.2010).
Der am 00.00.0000 geborene Kläger absolvierte von 1966 bis 1969 eine Schlosserlehre. Er ist ausgebildeter Berufskraftfahrer. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Kurierdienst- und Lkw-Fahrer war er zuletzt seit 1997 als Busfahrer bei der Firma EBS-GmbH beschäftigt. Er ist seit 08.05.2006 dauerhaft arbeitsunfähig für die Tätigkeit eines Busfahrers wegen Lumboischialgien aufgrund einer Spinalkanalstenose. Wegen dieser Krankheit war er zuvor erstmals ab 25.11.2002 arbeitsunfähig gewesen. Nach dem Ende der Entgeltfortzahlung aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab 08.05.2006 gewährte die Beklagte ab 31.05.2006 Krankengeld. Am 18.07.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Anspruch auf Krankengeld am 07.10.2007 wegen Ablauf der Höchstleistungsdauer erschöpft sei.
Bereits am 16.06.2007 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld zum 08.10.2007. Ab diesem Tag war das Beschäftigungsverhältnis zur Firma EBS-GmbH beendet, jedoch bestand das Arbeitsverhältnis formal weiter (vgl. Arbeitsbescheinigung der Firma F.-GmbH vom 07.09.2007). Der Kläger stellte sich im Rahmen seines Leistungsvermögens der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Im arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 02.11.2007 stellte Dr. K. fest, dass die Tätigkeit als Busfahrer auf Dauer nicht mehr leidensgerecht sei; leichte bis mittelschwere Arbeiten könne der Kläger jedoch vollschichtig verrichten. Der Kläger bezog ab 08.10.2007 Arbeitslosengeld; die zuständige Agentur für Arbeit verneinte ausdrücklich einen so genannten Nahtlosigkeitsfall gemäß § 125 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Auf Veranlassung der Beklagten hatte der Kläger am 22.05.2007 erstmals einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Rheinland lehnte den Antrag durch Bescheid vom 13.07.2007 und Widerspruchsbescheid vom 19.02.2008 ab. Im anschließenden Klageverfahren (S 6 R 49/08) holte das Sozialgericht Aachen von Amts wegen ein Gutachten von dem Internisten und Arbeitsmediziner Dr. L. vom 21.12.2008 (aufgrund Untersuchung vom 18.12.2008) und auf Antrag des Klägers von dem Orthopäden Dr. M. vom 18.03.2009 (aufgrund Untersuchung vom selben Tag) ein. Beide medizinischen Sachverständigen kamen übereinstimmend zum Ergebnis, dass der Kläger zumindest noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Daraufhin nahm der Kläger die Klage in dem Rentenstreitverfahren zurück.
Am 27.02.2009 bescheinigte die Orthopädin Dr. Q.-U. wegen Spondylose, Spinalkanalstenose und Bandscheibenverlagerung Arbeitsunfähigkeit ab diesem Tag. Der Kläger bezog im Wege der Leistungsfortzahlung weiter Arbeitslosengeld, jedoch nicht für volle sechs Wochen, also bis 09.04.2009 (vgl. § 126 Abs. 1 S. 1 SGB III), sondern nur bis zum 06.04.2009, da an diesem Tag der Arbeitslosengeldhöchstanspruch von 18 Monaten (vgl. § 127 Abs. 2 SGB III) erschöpft war. Die Orthopädin Dr. Q.-U. bescheinigte fortlaufend bis heute Arbeitsunfähigkeit des Klägers.
Durch Bescheid vom 06.04.2009 lehnte die Beklagte einen neuen Anspruch auf Krankengeld ab mit der Begründung, der Kläger seit fortlaufend über den 07.10.2007 hinaus in ungekündigter Stellung arbeitsunfähig gewesen; wäre er arbeitsfähig gewesen, hätte er schlicht seine Arbeit aufnehmen können.
Dagegen legte der Kläger am 30.04.2009 Widerspruch ein.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. X.-S. kam am 30.04.2009 zum Ergebnis, es bestehe auf Dauer Arbeitsunfähigkeit für die Tätigkeit als Busfahrer; aktuell könne der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14.09.2009 zurück. Sie wies darauf hin, dass auch über den 07.10.2007 hinaus für die Tätigkeit als Busfahrer Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Sie vertrat die Auffassung, dass deshalb die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für einen neuen Krankengeldanspruch, speziell eine Arbeitsfähigkeit über den Zeitraum von mindestens sechs Monaten, nicht erfüllt sei.
Dagegen hat der Kläger am 13.10.2009 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen für einen neuen Krankengeldanspruch innerhalb einer neuen Blockfrist zu erfüllen; denn er sei seit dem 08.10.2007 mindestens sechs Monate wegen der Krankheit, die bis dahin Arbeitsunfähigkeit begründet habe, nicht arbeitsunfähig gewesen und habe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Dr. Q.-U. habe bescheinigt, dass er seit dem 27.02.2009 bis heute laufend arbeitsunfähig sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2009 zu verurteilen, ihm ab 07.04.2009 für die Zeit bescheinigter Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum Erschöpfen der Höchstanspruchsdauer Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Krankenversicherung des Klägers in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) ab 08.10.2007 sei eine solche nach § 125 SGB III gewesen. Sie geht davon aus, der Kläger habe sich ab 08.10.2007 nicht der Arbeitsvermittlung zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes zur Verfügung gestellt. Sie vertritt die Auffassung, arbeitslos im Sinne von § 119 Abs. 3 SGB III sei, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe; das Beschäftigungsverhältnis des Klägers habe weiter bestanden; folglich habe er keine Möglichkeit gehabt, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Weiter ist die Beklagte der Ansicht, dass Tätigkeiten, in die der Kläger nach arbeitsförderungsrechtlichen Grundsätzen zumutbar hätte vermittelt werden können, kein Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im Krankenversicherungsrecht darstellten. Zwar ändere sich der für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit anzuwendende Maßstab nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für den bisherigen Beruf insofern, als nicht mehr die konkreten Verhältnisse des Arbeitsplatzes für die Beurteilung heranzuziehen seien, sondern abstrakt auf die zuletzt ausgeübte Beschäftigung abzustellen sei; der Beurteilungsrahmen sei aber entsprechend der Funktion von Krankengeld eng zu ziehen. Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten entfalle nicht dadurch, dass er sich arbeitslos melde und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stelle.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Leistungsakte des Klägers vom Arbeitsamt Aachen und die Gerichtsakte S 6 R 49/08 (SG Aachen) beigezogen. Von der Orthopädin Dr. Q.-U. sind ein Befundbericht vom 23.02.2010 und Auskünfte vom 24.06.2010 eingeholt worden. Dr. Q.-U. hat auf die Frage des Gerichts, welche Tätigkeit sie der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009 bis heute zugrunde gelegt habe, geantwortet, dies sei die Tätigkeit als Busfahrer gewesen. Sie hat weiter mitgeteilt, dass der Kläger aus ihrer Sicht seit dem 27.02.2009 für die Tätigkeit eines Busfahrers im Linienverkehr arbeitsunfähig gewesen sei; für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei er für drei bis sechs Stunden täglich arbeitsfähig gewesen; die schmerzhaften Funktionseinschränkungen erlaubten eine vollschichtige Arbeitsfähigkeit nicht.
Ab 24.06.2009 hat der Kläger einen zweiten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung aus der Gesetzlichen Rentenversicherung beantragt. Den Antrag lehnte die DRV Rheinland durch Bescheid vom 19.08.2009 und Widerspruchsbescheid vom 13.04.2010 bestandskräftig ab. Im Widerspruchsverfahren hatte sie ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. P. vom 21.12.2009 eingeholt; dieser war darin zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten. Das Gericht hat dieses Gutachten zum Verfahren beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte S 6 R 49/08, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat im Ergebnis zu Recht einen neuen Anspruch auf Krankengeld ab 07.04.2009 aufgrund der von Dr. Q.-U. ab 27.02.2009 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Anspruch entsteht von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 S. 1 Nr. 2 SGB V); er ruht u. a., solange Versicherte Arbeitslosengeld beziehen (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 a SGB V). Versicherte erhalten das Krankengeld grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 48 Abs. 1 S. 1 SGB V). Die Krankheit, die bis 07.10.2007 Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt hat und dies nach seiner Auffassung und der von Dr. Q.-U. auch seit dem 27.02.2009 bis heute bedingt, ist die Lumboischialgie bei Spinalkanalstenose, Spondylose und Bandscheibenverlagerung. Wegen dieses Krankheitsbildes war er erstmals ab 25.11.2002 arbeitsunfähig gewesen. Von diesem Tag an sind Blockfristen von jeweils drei Jahren zu bilden. Innerhalb der zweiten Blockfrist (vom 25.11.2005 bis 24.11.2008) hatte der Kläger den Höchstanspruch von 78 Wochen am 07.10.2007 erschöpft.
Für Versicherte, die im letzten Zweijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate 1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und 2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen (§ 48 Abs. 2 SGB V). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Er war zwar - entgegen der Auffassung der Beklagten - in der Zwischenzeit (zwischen dem 07.10.2007 und dem 27.02.2009) mindestens sechs Monate nicht wegen der Krankheit, die bis 07.10.2007 Arbeitsunfähigkeit und den Anspruch auf Krankengeld begründet hatte, nicht arbeitsunfähig und stand auch in dieser Zeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Jedoch ist - entgegen der Auffassung des Klägers und der behandelnden Orthopädin Dr. Q.-U. - ab 27.02.2009 keine (erneute) bis heute fortbestehende Arbeitsunfähigkeit eingetreten, die ab 07.04.2009 ununterbrochen bis heute einen Anspruch auf Krankengeld begründet hätte.
Der Kläger stand bis 07.10.2007 in einem Arbeitsverhältnis (als Busfahrer) und in einem entsprechenden Beschäftigungsverhältnis, war aufgrund dessen krankenversichert und bis dahin arbeitsunfähig. Maßstab der Beurteilung für die Arbeitsunfähigkeit war jedenfalls bis zum 07.10.2007 die Tätigkeit eines Busfahrers. Der Kläger bezog bis zu diesem Zeitpunkt der so genannten Aussteuerung, das heißt bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer Krankengeld gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB V. Ab 08.10.2007 war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Wie die Firma F.-GmbH am 07.09.2007 gegenüber der Agentur für Arbeit bescheinigt hat, bestand das Arbeitsverhältnis fort, nicht aber das Beschäftigungsverhältnis; der Kläger war deshalb nicht gehindert, sich ab 08.10.2007 arbeitslos zu melden, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen und Arbeitslosengeld zu beziehen (zur Abgrenzung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitsverhältnis vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1998 - B 7 AL 96/97 R -; Urteil vom 26.11.1985 - 12 RK 51/83 -). Ein so genannter Nahtlosigkeitsfall im Sinne von § 125 SGB III lag im Fall des Klägers ab 08.10.2007 nicht vor, wie die zuständige Agentur für Arbeit geprüft und ausdrücklich festgestellt hat. Insofern verkennt die Beklagte die Sach- und Rechtslage. Nach § 125 Abs. 1 S. 1 SGB V hat Anspruch auf Arbeitslosengeld auch, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als 6-monatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Diese Voraussetzungen lagen ersichtlich ab 08.10.2007 nicht vor. Der Kläger konnte zwar nicht mehr als Busfahrer arbeiten, wohl aber noch für zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten (vgl. Arbeitsamtsgutachten vom 02.11.2007), für die er sich dementsprechend der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat.
Soweit die Beklagte als Bezugspunkt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch ab 08.10.2007 den zuletzt ausgeübten Beruf als Busfahrer zugrunde legt, ist dies mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) nicht in Einklang zu bringen. Ab 08.10.2007 bestand kein beitragsrechtliches Beschäftigungsverhältnis mehr, sondern nur noch ein formal weiter bestehendes Arbeitsverhältnis. Die Beiträge zur Krankenversicherung und der Krankenversicherungsschutz resultierten ab 08.10.2007 aus der KVdA. Da der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V auf dem im Zeitpunkt der (möglichen) Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsschutz beruht und nach § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V der (mögliche) Anspruch auf Krankengeld erst nach ärztlicher Feststellung entsteht, ist für den (möglichen) Krankengeldanspruch ausschließlich der Versicherungsstatus zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung - hier: 27.02.2009 - maßgeblich (vgl. insoweit: BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R; Urteil vom 26.06.2007 - B 1 KR 37/06 R -; LSG NRW, Urteil vom 20.06.2007 - L 11 KR 34/06). Zu diesem Zeitpunkt und auch bereits in der Zeit seit dem 08.10.2007 war der Kläger im Rahmen der KVdA krankenversichert. Er wäre im Rahmen dieses Krankenversicherungsschutzes somit nur arbeitsunfähig gewesen, wenn er aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage gewesen wäre, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den er sich der Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt hatte (§ 2 Abs. 2 S. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie). Dabei ist unerheblich, welche Tätigkeit er vor der Arbeitslosigkeit ausgeübt hat (§ 2 Abs. 2 S. 2 der Arbeitsunfähigkeit-Richtlinie). Dem steht das Urteil des BSG vom 09.09.1993 (7 RAr 96/92) nicht entgegen; im Gegenteil: da es vor Inkrafttreten der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie erging, steht es in Einklang mit der Rechtsprechung zur Arbeitsunfähigkeit von Arbeitslosen. Der Kläger war zwar bis 07.10.2007 als Busfahrer arbeitsunfähig, jedoch ab 08.10.2007 als Arbeitsloser (gemäß § 2 Abs. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) arbeitsfähig. Diese Arbeitsfähigkeit bestand jedenfalls bis 26.02.2009, und damit mehr als sechs Monate. Da der Kläger sich über denselben Zeitraum auch der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat, sind - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - insoweit die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V für einen neuen Krankengeldanspruch erfüllt.
Jedoch hat die Beklagte im Ergebnis (wenn auch mit unzutreffender Begründung) einen erneuten Krankengeldanspruch verneint, weil am 27.02.2009 keine Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne eingetreten ist und bis heute ununterbrochen bestanden hat. Soweit die Orthopädin Dr. Q.-U. eine solche Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, verkennt sie zum einen den Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit; zum anderen wird sie nach Überzeugung der Kammer durch die in den früheren Rentenverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. K., Dr. L. und Dr. O. widerlegt. Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Rahmen der KVdA ab 08.10.2007 war, wie dargelegt, die Vorschrift des § 2 Abs. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. Es kommt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009 bis heute also nicht darauf an, ob der Kläger noch als Busfahrer einsatzfähig war und ist, sondern ob er zumindest noch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten konnte und kann. Dr. Q.-U. hat auf die ausdrückliche Frage des Gerichts vom 23.04.2010, welche Tätigkeit sie der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009 bis heute zugrunde gelegt habe, in ihrem Schreiben vom 24.06.2010 unter Ziffer 1) geantwortet, dies sei die Tätigkeit als Busfahrer gewesen. Damit hat sie zwar den Maßstab angelegt, den auch die Beklagte für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit/Arbeitsfähigkeit ab 27.02.2009 für den zutreffenden hält; wäre dieser Maßstab richtig, hätte Dr. Q.-U. dem Kläger auch über den 07.10.2007 hinaus fortlaufend Arbeitsunfähigkeit bescheinigen müssen. Wie dargelegt, kommt es für die Beurteilung jedoch nicht auf die Tätigkeit als Busfahrer an, sondern darauf, ob der Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten konnte und kann. Dazu war und ist der Kläger nach Überzeugung der Kammer über den 26.02.2009 hinaus weiter in der Lage.
Zwar hat Dr. Q.-U. ausgeführt, der Kläger sei seit dem 27.02.2009 für solche Tätigkeiten noch für drei bis sechs Stunden täglich arbeitsfähig; eine vollschichtige Arbeitsfähigkeit sieht sie insoweit nicht. Diese medizinische Einschätzung würde für den beim Kläger anzulegenden Maßstab in der KVdA (leichte vollschichtige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes) Arbeitsunfähigkeit begründen. Die Kammer ist jedoch aufgrund der von der 6. Kammer des Sozialgerichts Aachen eingeholten Gutachten des Dr. K. und des Dr. M. sowie aufgrund des im zweiten Rentenverfahren von der DRV Rheinland eingeholten Gutachtens des Orthopäden Dr. O. der Überzeugung, dass der Kläger auch über den 26.02.2009 bis heute in der Lage war und ist, zumindest solche leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Alle Gutachter haben eine solche Arbeitsfähigkeit bejaht. Dr. K. hat den Kläger im Dezember 2008, Dr. L. im März 2009 und Dr. O. im Dezember 2009 untersucht. Die Untersuchungszeitpunkte liegen kurz vor (Dr. K.) bzw. innerhalb (Dr. L. und Dr. O.) des geltend gemachten Anspruchszeitraums. Da der Kläger und Dr. Q.-U. das Krankheits- und Beschwerdebild seit dem 27.02.2009 bis heute als unverändert beschrieben haben, in den drei Gutachten allerdings übereinstimmend ein positives Leistungsvermögen für zumindest leichte vollschichtige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bejaht wird, ist die Kammer aufgrund dieser ausführlichen medizinischen Sachverständigengutachten zu der Überzeugung gelangt, dass die Einschätzung von Dr. Q.-U., der Kläger könne solche leichten Arbeiten allenfalls drei bis sechs Stunden täglich verrichten, nicht gefolgt werden kann. Dies hat offenbar auch der Kläger eingesehen, da er im ersten Rentenverfahren die Klage beim Sozialgericht zurückgenommen und im zweiten Rentenverfahren gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.04.2010 (im Anschluss an das Rentengutachten von Dr. O.) keine Klage erhoben hat. Wäre die Auffassung der drei medizinischen Sachverständigen unzutreffend und könnte der Kläger tatsächlich, wie Dr. Q.-U. meint, nur drei bis sechs Stunden arbeitstäglich leichte Arbeiten verrichten, so wäre er teilweise erwerbsgemindert und hätte (wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes) einen Anspruch auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie in den beiden Rentenverfahren bestandskräftig festgestellt worden ist. Konnte und kann der Kläger aber auch über den 26.02.2009 hinaus bis heute zumindest noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten, so besteht sei dem 27.02.2009 keine Arbeitsunfähigkeit und kein daraus abgeleiteter (neuer) Krankengeldanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Krankengeld ab 07.04.2009 (aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009), längstens bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer (26.08.2010).
Der am 00.00.0000 geborene Kläger absolvierte von 1966 bis 1969 eine Schlosserlehre. Er ist ausgebildeter Berufskraftfahrer. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Kurierdienst- und Lkw-Fahrer war er zuletzt seit 1997 als Busfahrer bei der Firma EBS-GmbH beschäftigt. Er ist seit 08.05.2006 dauerhaft arbeitsunfähig für die Tätigkeit eines Busfahrers wegen Lumboischialgien aufgrund einer Spinalkanalstenose. Wegen dieser Krankheit war er zuvor erstmals ab 25.11.2002 arbeitsunfähig gewesen. Nach dem Ende der Entgeltfortzahlung aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab 08.05.2006 gewährte die Beklagte ab 31.05.2006 Krankengeld. Am 18.07.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Anspruch auf Krankengeld am 07.10.2007 wegen Ablauf der Höchstleistungsdauer erschöpft sei.
Bereits am 16.06.2007 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld zum 08.10.2007. Ab diesem Tag war das Beschäftigungsverhältnis zur Firma EBS-GmbH beendet, jedoch bestand das Arbeitsverhältnis formal weiter (vgl. Arbeitsbescheinigung der Firma F.-GmbH vom 07.09.2007). Der Kläger stellte sich im Rahmen seines Leistungsvermögens der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Im arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 02.11.2007 stellte Dr. K. fest, dass die Tätigkeit als Busfahrer auf Dauer nicht mehr leidensgerecht sei; leichte bis mittelschwere Arbeiten könne der Kläger jedoch vollschichtig verrichten. Der Kläger bezog ab 08.10.2007 Arbeitslosengeld; die zuständige Agentur für Arbeit verneinte ausdrücklich einen so genannten Nahtlosigkeitsfall gemäß § 125 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Auf Veranlassung der Beklagten hatte der Kläger am 22.05.2007 erstmals einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Rheinland lehnte den Antrag durch Bescheid vom 13.07.2007 und Widerspruchsbescheid vom 19.02.2008 ab. Im anschließenden Klageverfahren (S 6 R 49/08) holte das Sozialgericht Aachen von Amts wegen ein Gutachten von dem Internisten und Arbeitsmediziner Dr. L. vom 21.12.2008 (aufgrund Untersuchung vom 18.12.2008) und auf Antrag des Klägers von dem Orthopäden Dr. M. vom 18.03.2009 (aufgrund Untersuchung vom selben Tag) ein. Beide medizinischen Sachverständigen kamen übereinstimmend zum Ergebnis, dass der Kläger zumindest noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Daraufhin nahm der Kläger die Klage in dem Rentenstreitverfahren zurück.
Am 27.02.2009 bescheinigte die Orthopädin Dr. Q.-U. wegen Spondylose, Spinalkanalstenose und Bandscheibenverlagerung Arbeitsunfähigkeit ab diesem Tag. Der Kläger bezog im Wege der Leistungsfortzahlung weiter Arbeitslosengeld, jedoch nicht für volle sechs Wochen, also bis 09.04.2009 (vgl. § 126 Abs. 1 S. 1 SGB III), sondern nur bis zum 06.04.2009, da an diesem Tag der Arbeitslosengeldhöchstanspruch von 18 Monaten (vgl. § 127 Abs. 2 SGB III) erschöpft war. Die Orthopädin Dr. Q.-U. bescheinigte fortlaufend bis heute Arbeitsunfähigkeit des Klägers.
Durch Bescheid vom 06.04.2009 lehnte die Beklagte einen neuen Anspruch auf Krankengeld ab mit der Begründung, der Kläger seit fortlaufend über den 07.10.2007 hinaus in ungekündigter Stellung arbeitsunfähig gewesen; wäre er arbeitsfähig gewesen, hätte er schlicht seine Arbeit aufnehmen können.
Dagegen legte der Kläger am 30.04.2009 Widerspruch ein.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. X.-S. kam am 30.04.2009 zum Ergebnis, es bestehe auf Dauer Arbeitsunfähigkeit für die Tätigkeit als Busfahrer; aktuell könne der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14.09.2009 zurück. Sie wies darauf hin, dass auch über den 07.10.2007 hinaus für die Tätigkeit als Busfahrer Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Sie vertrat die Auffassung, dass deshalb die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für einen neuen Krankengeldanspruch, speziell eine Arbeitsfähigkeit über den Zeitraum von mindestens sechs Monaten, nicht erfüllt sei.
Dagegen hat der Kläger am 13.10.2009 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen für einen neuen Krankengeldanspruch innerhalb einer neuen Blockfrist zu erfüllen; denn er sei seit dem 08.10.2007 mindestens sechs Monate wegen der Krankheit, die bis dahin Arbeitsunfähigkeit begründet habe, nicht arbeitsunfähig gewesen und habe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Dr. Q.-U. habe bescheinigt, dass er seit dem 27.02.2009 bis heute laufend arbeitsunfähig sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2009 zu verurteilen, ihm ab 07.04.2009 für die Zeit bescheinigter Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum Erschöpfen der Höchstanspruchsdauer Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Krankenversicherung des Klägers in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) ab 08.10.2007 sei eine solche nach § 125 SGB III gewesen. Sie geht davon aus, der Kläger habe sich ab 08.10.2007 nicht der Arbeitsvermittlung zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes zur Verfügung gestellt. Sie vertritt die Auffassung, arbeitslos im Sinne von § 119 Abs. 3 SGB III sei, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe; das Beschäftigungsverhältnis des Klägers habe weiter bestanden; folglich habe er keine Möglichkeit gehabt, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Weiter ist die Beklagte der Ansicht, dass Tätigkeiten, in die der Kläger nach arbeitsförderungsrechtlichen Grundsätzen zumutbar hätte vermittelt werden können, kein Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im Krankenversicherungsrecht darstellten. Zwar ändere sich der für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit anzuwendende Maßstab nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für den bisherigen Beruf insofern, als nicht mehr die konkreten Verhältnisse des Arbeitsplatzes für die Beurteilung heranzuziehen seien, sondern abstrakt auf die zuletzt ausgeübte Beschäftigung abzustellen sei; der Beurteilungsrahmen sei aber entsprechend der Funktion von Krankengeld eng zu ziehen. Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten entfalle nicht dadurch, dass er sich arbeitslos melde und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stelle.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Leistungsakte des Klägers vom Arbeitsamt Aachen und die Gerichtsakte S 6 R 49/08 (SG Aachen) beigezogen. Von der Orthopädin Dr. Q.-U. sind ein Befundbericht vom 23.02.2010 und Auskünfte vom 24.06.2010 eingeholt worden. Dr. Q.-U. hat auf die Frage des Gerichts, welche Tätigkeit sie der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009 bis heute zugrunde gelegt habe, geantwortet, dies sei die Tätigkeit als Busfahrer gewesen. Sie hat weiter mitgeteilt, dass der Kläger aus ihrer Sicht seit dem 27.02.2009 für die Tätigkeit eines Busfahrers im Linienverkehr arbeitsunfähig gewesen sei; für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei er für drei bis sechs Stunden täglich arbeitsfähig gewesen; die schmerzhaften Funktionseinschränkungen erlaubten eine vollschichtige Arbeitsfähigkeit nicht.
Ab 24.06.2009 hat der Kläger einen zweiten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung aus der Gesetzlichen Rentenversicherung beantragt. Den Antrag lehnte die DRV Rheinland durch Bescheid vom 19.08.2009 und Widerspruchsbescheid vom 13.04.2010 bestandskräftig ab. Im Widerspruchsverfahren hatte sie ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. P. vom 21.12.2009 eingeholt; dieser war darin zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten. Das Gericht hat dieses Gutachten zum Verfahren beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte S 6 R 49/08, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat im Ergebnis zu Recht einen neuen Anspruch auf Krankengeld ab 07.04.2009 aufgrund der von Dr. Q.-U. ab 27.02.2009 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Anspruch entsteht von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 S. 1 Nr. 2 SGB V); er ruht u. a., solange Versicherte Arbeitslosengeld beziehen (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 a SGB V). Versicherte erhalten das Krankengeld grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 48 Abs. 1 S. 1 SGB V). Die Krankheit, die bis 07.10.2007 Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt hat und dies nach seiner Auffassung und der von Dr. Q.-U. auch seit dem 27.02.2009 bis heute bedingt, ist die Lumboischialgie bei Spinalkanalstenose, Spondylose und Bandscheibenverlagerung. Wegen dieses Krankheitsbildes war er erstmals ab 25.11.2002 arbeitsunfähig gewesen. Von diesem Tag an sind Blockfristen von jeweils drei Jahren zu bilden. Innerhalb der zweiten Blockfrist (vom 25.11.2005 bis 24.11.2008) hatte der Kläger den Höchstanspruch von 78 Wochen am 07.10.2007 erschöpft.
Für Versicherte, die im letzten Zweijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate 1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und 2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen (§ 48 Abs. 2 SGB V). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Er war zwar - entgegen der Auffassung der Beklagten - in der Zwischenzeit (zwischen dem 07.10.2007 und dem 27.02.2009) mindestens sechs Monate nicht wegen der Krankheit, die bis 07.10.2007 Arbeitsunfähigkeit und den Anspruch auf Krankengeld begründet hatte, nicht arbeitsunfähig und stand auch in dieser Zeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Jedoch ist - entgegen der Auffassung des Klägers und der behandelnden Orthopädin Dr. Q.-U. - ab 27.02.2009 keine (erneute) bis heute fortbestehende Arbeitsunfähigkeit eingetreten, die ab 07.04.2009 ununterbrochen bis heute einen Anspruch auf Krankengeld begründet hätte.
Der Kläger stand bis 07.10.2007 in einem Arbeitsverhältnis (als Busfahrer) und in einem entsprechenden Beschäftigungsverhältnis, war aufgrund dessen krankenversichert und bis dahin arbeitsunfähig. Maßstab der Beurteilung für die Arbeitsunfähigkeit war jedenfalls bis zum 07.10.2007 die Tätigkeit eines Busfahrers. Der Kläger bezog bis zu diesem Zeitpunkt der so genannten Aussteuerung, das heißt bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer Krankengeld gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB V. Ab 08.10.2007 war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Wie die Firma F.-GmbH am 07.09.2007 gegenüber der Agentur für Arbeit bescheinigt hat, bestand das Arbeitsverhältnis fort, nicht aber das Beschäftigungsverhältnis; der Kläger war deshalb nicht gehindert, sich ab 08.10.2007 arbeitslos zu melden, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen und Arbeitslosengeld zu beziehen (zur Abgrenzung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitsverhältnis vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1998 - B 7 AL 96/97 R -; Urteil vom 26.11.1985 - 12 RK 51/83 -). Ein so genannter Nahtlosigkeitsfall im Sinne von § 125 SGB III lag im Fall des Klägers ab 08.10.2007 nicht vor, wie die zuständige Agentur für Arbeit geprüft und ausdrücklich festgestellt hat. Insofern verkennt die Beklagte die Sach- und Rechtslage. Nach § 125 Abs. 1 S. 1 SGB V hat Anspruch auf Arbeitslosengeld auch, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als 6-monatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Diese Voraussetzungen lagen ersichtlich ab 08.10.2007 nicht vor. Der Kläger konnte zwar nicht mehr als Busfahrer arbeiten, wohl aber noch für zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten (vgl. Arbeitsamtsgutachten vom 02.11.2007), für die er sich dementsprechend der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat.
Soweit die Beklagte als Bezugspunkt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch ab 08.10.2007 den zuletzt ausgeübten Beruf als Busfahrer zugrunde legt, ist dies mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) nicht in Einklang zu bringen. Ab 08.10.2007 bestand kein beitragsrechtliches Beschäftigungsverhältnis mehr, sondern nur noch ein formal weiter bestehendes Arbeitsverhältnis. Die Beiträge zur Krankenversicherung und der Krankenversicherungsschutz resultierten ab 08.10.2007 aus der KVdA. Da der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V auf dem im Zeitpunkt der (möglichen) Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsschutz beruht und nach § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V der (mögliche) Anspruch auf Krankengeld erst nach ärztlicher Feststellung entsteht, ist für den (möglichen) Krankengeldanspruch ausschließlich der Versicherungsstatus zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung - hier: 27.02.2009 - maßgeblich (vgl. insoweit: BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R; Urteil vom 26.06.2007 - B 1 KR 37/06 R -; LSG NRW, Urteil vom 20.06.2007 - L 11 KR 34/06). Zu diesem Zeitpunkt und auch bereits in der Zeit seit dem 08.10.2007 war der Kläger im Rahmen der KVdA krankenversichert. Er wäre im Rahmen dieses Krankenversicherungsschutzes somit nur arbeitsunfähig gewesen, wenn er aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage gewesen wäre, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den er sich der Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt hatte (§ 2 Abs. 2 S. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie). Dabei ist unerheblich, welche Tätigkeit er vor der Arbeitslosigkeit ausgeübt hat (§ 2 Abs. 2 S. 2 der Arbeitsunfähigkeit-Richtlinie). Dem steht das Urteil des BSG vom 09.09.1993 (7 RAr 96/92) nicht entgegen; im Gegenteil: da es vor Inkrafttreten der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie erging, steht es in Einklang mit der Rechtsprechung zur Arbeitsunfähigkeit von Arbeitslosen. Der Kläger war zwar bis 07.10.2007 als Busfahrer arbeitsunfähig, jedoch ab 08.10.2007 als Arbeitsloser (gemäß § 2 Abs. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) arbeitsfähig. Diese Arbeitsfähigkeit bestand jedenfalls bis 26.02.2009, und damit mehr als sechs Monate. Da der Kläger sich über denselben Zeitraum auch der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat, sind - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - insoweit die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V für einen neuen Krankengeldanspruch erfüllt.
Jedoch hat die Beklagte im Ergebnis (wenn auch mit unzutreffender Begründung) einen erneuten Krankengeldanspruch verneint, weil am 27.02.2009 keine Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne eingetreten ist und bis heute ununterbrochen bestanden hat. Soweit die Orthopädin Dr. Q.-U. eine solche Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, verkennt sie zum einen den Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit; zum anderen wird sie nach Überzeugung der Kammer durch die in den früheren Rentenverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. K., Dr. L. und Dr. O. widerlegt. Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Rahmen der KVdA ab 08.10.2007 war, wie dargelegt, die Vorschrift des § 2 Abs. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. Es kommt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009 bis heute also nicht darauf an, ob der Kläger noch als Busfahrer einsatzfähig war und ist, sondern ob er zumindest noch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten konnte und kann. Dr. Q.-U. hat auf die ausdrückliche Frage des Gerichts vom 23.04.2010, welche Tätigkeit sie der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ab 27.02.2009 bis heute zugrunde gelegt habe, in ihrem Schreiben vom 24.06.2010 unter Ziffer 1) geantwortet, dies sei die Tätigkeit als Busfahrer gewesen. Damit hat sie zwar den Maßstab angelegt, den auch die Beklagte für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit/Arbeitsfähigkeit ab 27.02.2009 für den zutreffenden hält; wäre dieser Maßstab richtig, hätte Dr. Q.-U. dem Kläger auch über den 07.10.2007 hinaus fortlaufend Arbeitsunfähigkeit bescheinigen müssen. Wie dargelegt, kommt es für die Beurteilung jedoch nicht auf die Tätigkeit als Busfahrer an, sondern darauf, ob der Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten konnte und kann. Dazu war und ist der Kläger nach Überzeugung der Kammer über den 26.02.2009 hinaus weiter in der Lage.
Zwar hat Dr. Q.-U. ausgeführt, der Kläger sei seit dem 27.02.2009 für solche Tätigkeiten noch für drei bis sechs Stunden täglich arbeitsfähig; eine vollschichtige Arbeitsfähigkeit sieht sie insoweit nicht. Diese medizinische Einschätzung würde für den beim Kläger anzulegenden Maßstab in der KVdA (leichte vollschichtige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes) Arbeitsunfähigkeit begründen. Die Kammer ist jedoch aufgrund der von der 6. Kammer des Sozialgerichts Aachen eingeholten Gutachten des Dr. K. und des Dr. M. sowie aufgrund des im zweiten Rentenverfahren von der DRV Rheinland eingeholten Gutachtens des Orthopäden Dr. O. der Überzeugung, dass der Kläger auch über den 26.02.2009 bis heute in der Lage war und ist, zumindest solche leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Alle Gutachter haben eine solche Arbeitsfähigkeit bejaht. Dr. K. hat den Kläger im Dezember 2008, Dr. L. im März 2009 und Dr. O. im Dezember 2009 untersucht. Die Untersuchungszeitpunkte liegen kurz vor (Dr. K.) bzw. innerhalb (Dr. L. und Dr. O.) des geltend gemachten Anspruchszeitraums. Da der Kläger und Dr. Q.-U. das Krankheits- und Beschwerdebild seit dem 27.02.2009 bis heute als unverändert beschrieben haben, in den drei Gutachten allerdings übereinstimmend ein positives Leistungsvermögen für zumindest leichte vollschichtige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bejaht wird, ist die Kammer aufgrund dieser ausführlichen medizinischen Sachverständigengutachten zu der Überzeugung gelangt, dass die Einschätzung von Dr. Q.-U., der Kläger könne solche leichten Arbeiten allenfalls drei bis sechs Stunden täglich verrichten, nicht gefolgt werden kann. Dies hat offenbar auch der Kläger eingesehen, da er im ersten Rentenverfahren die Klage beim Sozialgericht zurückgenommen und im zweiten Rentenverfahren gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.04.2010 (im Anschluss an das Rentengutachten von Dr. O.) keine Klage erhoben hat. Wäre die Auffassung der drei medizinischen Sachverständigen unzutreffend und könnte der Kläger tatsächlich, wie Dr. Q.-U. meint, nur drei bis sechs Stunden arbeitstäglich leichte Arbeiten verrichten, so wäre er teilweise erwerbsgemindert und hätte (wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes) einen Anspruch auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie in den beiden Rentenverfahren bestandskräftig festgestellt worden ist. Konnte und kann der Kläger aber auch über den 26.02.2009 hinaus bis heute zumindest noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten, so besteht sei dem 27.02.2009 keine Arbeitsunfähigkeit und kein daraus abgeleiteter (neuer) Krankengeldanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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