Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 288/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 19.11.2008 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 14.10.2009 wird aufgehoben. Der Beklagen werden die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung aufgrund von Versorgungsbezügen neben dem Bezug von Arbeitslosengeld II.
Die 1964 geborene Klägerin lebt in einem Heim. Im Zeitraum von Juli bis Dezember 2008 bezog sie Arbeitslosengeld II und Versorgungsbezüge (Waisenrente) von der Gemeinsamen Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte in Höhe von monatlich 393,69 Euro. Sie war pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Seit Januar 2009 bezieht sie Leistungen der Grundsicherung und ist freiwillig krankenversichert.
Die Beklagte verfügte mit Bescheid vom 19.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2009, dass der Versorgungsbezug der Klägerin zur Beitragsberechnung heranzuziehen sei mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von 59,25 Euro.
Die Klägerin hat gegen diese Bescheide Klage erhoben, mit der sie geltend macht, dass es nicht rechtmäßig sein könne, dass die Versorgungsbezüge einerseits im Rahmen der Leistungen nach den SGB II angerechnet würden und andererseits hierauf zusätzliche Beiträge von der Beklagten erhoben würden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 19.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Neben dem Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes II unterlägen auch Versorgungsbezüge der Beitragspflicht zur Krankenversicherung, § 232 a Abs. 3 i.V.m. §§ 226, 229 SGB V. Mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen (jetzt Spitzenverband Bund) vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Anrechnungsregelung des § 232 a Abs. 1, Satz 1, Nr. 2, Satz 1, 2. Halbsatz SGB V beim Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, mit Versorgungsbezügen i.S.v. § 229 SGB V und mit Arbeitseinkommen aus einer nicht hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit keine Anwendung finde. Soweit Beiträge aus Renten, aus Versorgungsbezügen oder aus Arbeitseinkommen zu erheben sind, sei der Leistungsträger nach dem SGB II hieran nicht beteiligt.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig.
Die zusätzliche Verbeitragung der Versorgungsbezüge (Waisenrente) durch die Beklagte verstößt gegen § 232 a Abs. 1, Satz 1, Nr. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Bei krankenversicherungspflichtigen Beziehern von Arbeitslosengeld II gilt der 30. Teil ... des 0,3450fachen der monatlichen Bezugsgröße als kalendertägliche beitragspflichtige Einnahme, § 232 a Abs. 1, Satz 1, Nr. 2, 1. Halbsatz SGB V.
Der 2. Halbsatz dieser Vorschrift bestimmt bereits seinem Wortlaut gemäß ausdrücklich, dass auch bei Hinzurechnung weiterer beitragspflichtiger Einnahmen dieser Teil der Bezugsgröße für die Beitragsbemessung gilt. Ausdrücklich hat der Gesetzgeber damit geregelt, dass auch bei der Zusammenrechnung von Leistungen nach dem SGB II und weiteren beitragspflichtigen Einnahmen lediglich der für Alg-II-Bezieher gesetzlich festgesetzte Pauschalbeitrag gemäß Satz 1 gilt. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten und gegebenenfalls des Spitzenverbandes Bund bleibt auch unter Berücksichtigung des § 226 i.V.m. § 232 a Abs. 4 SGB V kein Raum für eine anderweitige Auslegung in Bezug auf Versorgungsbezüge und die anderen von der Beklagten aufgeführten Einkommensarten. Denn § 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V hat die Regelung für "beitragspflichtige Einnahmen" ohne Differenzierung als konkrete und ausdrückliche Regelung getroffen, während Abs. 4 dieser Vorschrift i.V.m § 226 SGB V eine nicht näher bestimmte entsprechende Anwendung regelt und lediglich bestimmt und definiert, was eine beitragspflichtige Einnahme ist. Für eine solche beitragspflichtige Einnahme gilt dann § 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Jedenfalls wäre § 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbsatz SGB V lex speciales zu § 232 a Abs. 4 i.V.m. § 226 SGB V.
Bestätigt wird diese Regelung durch die Begründung des Gesetzgebers, der ebenfalls ausdrücklich ausgeführt hat: "Es wird sichergestellt, dass die Krankenversicherung auch bei Hinzurechnung anderer Einnahmen insgesamt einen Beitrag in Höhe des Pauschalbeitrags erhält." (BT-Drucks. 15/1516, S. 72).
Unter Berücksichtigung des von der Klägerin geltend gemachten Umstandes, dass der Versorgungsbezug bei den Leistungen nach dem SGB II angerechnet wird, erscheint diese Auslegung - ungeachtet der nach Auffassung des Gerichts kaum vorhandenen Auslegungsmöglichkeiten - auch als einzig sinnvolle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Auch unter Berücksichtigung der nach Auffassung des Gerichts eindeutigen gesetzlichen Regelung hat die Kammer unter Berücksichtigung der von der Beklagten als grundsätzlich angegebenen und vom Spitzenverband Bund empfohlenen Umsetzung des § 232 a SGB V die Sprungrevision wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung aufgrund von Versorgungsbezügen neben dem Bezug von Arbeitslosengeld II.
Die 1964 geborene Klägerin lebt in einem Heim. Im Zeitraum von Juli bis Dezember 2008 bezog sie Arbeitslosengeld II und Versorgungsbezüge (Waisenrente) von der Gemeinsamen Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte in Höhe von monatlich 393,69 Euro. Sie war pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Seit Januar 2009 bezieht sie Leistungen der Grundsicherung und ist freiwillig krankenversichert.
Die Beklagte verfügte mit Bescheid vom 19.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2009, dass der Versorgungsbezug der Klägerin zur Beitragsberechnung heranzuziehen sei mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von 59,25 Euro.
Die Klägerin hat gegen diese Bescheide Klage erhoben, mit der sie geltend macht, dass es nicht rechtmäßig sein könne, dass die Versorgungsbezüge einerseits im Rahmen der Leistungen nach den SGB II angerechnet würden und andererseits hierauf zusätzliche Beiträge von der Beklagten erhoben würden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 19.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Neben dem Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes II unterlägen auch Versorgungsbezüge der Beitragspflicht zur Krankenversicherung, § 232 a Abs. 3 i.V.m. §§ 226, 229 SGB V. Mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen (jetzt Spitzenverband Bund) vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Anrechnungsregelung des § 232 a Abs. 1, Satz 1, Nr. 2, Satz 1, 2. Halbsatz SGB V beim Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, mit Versorgungsbezügen i.S.v. § 229 SGB V und mit Arbeitseinkommen aus einer nicht hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit keine Anwendung finde. Soweit Beiträge aus Renten, aus Versorgungsbezügen oder aus Arbeitseinkommen zu erheben sind, sei der Leistungsträger nach dem SGB II hieran nicht beteiligt.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig.
Die zusätzliche Verbeitragung der Versorgungsbezüge (Waisenrente) durch die Beklagte verstößt gegen § 232 a Abs. 1, Satz 1, Nr. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Bei krankenversicherungspflichtigen Beziehern von Arbeitslosengeld II gilt der 30. Teil ... des 0,3450fachen der monatlichen Bezugsgröße als kalendertägliche beitragspflichtige Einnahme, § 232 a Abs. 1, Satz 1, Nr. 2, 1. Halbsatz SGB V.
Der 2. Halbsatz dieser Vorschrift bestimmt bereits seinem Wortlaut gemäß ausdrücklich, dass auch bei Hinzurechnung weiterer beitragspflichtiger Einnahmen dieser Teil der Bezugsgröße für die Beitragsbemessung gilt. Ausdrücklich hat der Gesetzgeber damit geregelt, dass auch bei der Zusammenrechnung von Leistungen nach dem SGB II und weiteren beitragspflichtigen Einnahmen lediglich der für Alg-II-Bezieher gesetzlich festgesetzte Pauschalbeitrag gemäß Satz 1 gilt. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten und gegebenenfalls des Spitzenverbandes Bund bleibt auch unter Berücksichtigung des § 226 i.V.m. § 232 a Abs. 4 SGB V kein Raum für eine anderweitige Auslegung in Bezug auf Versorgungsbezüge und die anderen von der Beklagten aufgeführten Einkommensarten. Denn § 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V hat die Regelung für "beitragspflichtige Einnahmen" ohne Differenzierung als konkrete und ausdrückliche Regelung getroffen, während Abs. 4 dieser Vorschrift i.V.m § 226 SGB V eine nicht näher bestimmte entsprechende Anwendung regelt und lediglich bestimmt und definiert, was eine beitragspflichtige Einnahme ist. Für eine solche beitragspflichtige Einnahme gilt dann § 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Jedenfalls wäre § 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbsatz SGB V lex speciales zu § 232 a Abs. 4 i.V.m. § 226 SGB V.
Bestätigt wird diese Regelung durch die Begründung des Gesetzgebers, der ebenfalls ausdrücklich ausgeführt hat: "Es wird sichergestellt, dass die Krankenversicherung auch bei Hinzurechnung anderer Einnahmen insgesamt einen Beitrag in Höhe des Pauschalbeitrags erhält." (BT-Drucks. 15/1516, S. 72).
Unter Berücksichtigung des von der Klägerin geltend gemachten Umstandes, dass der Versorgungsbezug bei den Leistungen nach dem SGB II angerechnet wird, erscheint diese Auslegung - ungeachtet der nach Auffassung des Gerichts kaum vorhandenen Auslegungsmöglichkeiten - auch als einzig sinnvolle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Auch unter Berücksichtigung der nach Auffassung des Gerichts eindeutigen gesetzlichen Regelung hat die Kammer unter Berücksichtigung der von der Beklagten als grundsätzlich angegebenen und vom Spitzenverband Bund empfohlenen Umsetzung des § 232 a SGB V die Sprungrevision wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.
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