L 1 KR 478/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 1151/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 478/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen Krankengeldanspruch der Klägerin gegen die Beklagte für den Zeitraum 15. Dezember 2007 bis 28. Dezember 2007.

Die 1951 geborene Klägerin war lange Zeit als Kindergärtnerin in Teilzeit tätig, bevor sie ab April 2007 arbeitslos wurde. Der sie behandelnde praktische Arzt Dr. S stellte ab 5. November 2007 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus mit dem Diagnoseschlüssel F 45.9 G. Zuletzt bescheinigte er Arbeitsunfähigkeit am 3. Dezember 2007 bis voraussichtlich 14. Dezember 2007. Die Beklage forderte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Dezember 2007 auf, sich vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg (MDK) untersuchen zu lassen. Zur Vorlage beim MDK bescheinigte Dr. S am 10. Dezember 2007 (Datum der letzten Untersuchung) eine neurovegetative Störung. Der MDK kam nach Kurzuntersuchung und der Diagnose einer Psychosomation, eines chronischen Wirbelsäulen-Syndroms sowie von Adipositas zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ab dem 15. Dezember 2007 wieder arbeitsfähig sei.

Die Beklagte verfügte daraufhin mit Schreiben vom 13. Dezember 2007, dass die Arbeitsunfähigkeit am 14. Dezember 2007 ende.

Die Bundesagentur für Arbeit hob mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 die bisherige Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. Dezember 2007 auf aufgrund des Endes der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfalle nach sechs Wochen. In der Zeit vom 17. Dezember 2007 bis 28. Dezember 2007 bezog die Klägerin keine Leistungen der Arbeitsagentur, danach erneut Arbeitslosengeld. Der Ehemann der Klägerin war während dieser Zeit bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse versichert.

Am 17. Dezember 2007 stellte Dr. S eine weitere Folgebescheinigung aus "Widerspruch zum MDK-Befund", welche am 18. Dezember 2007 bei der Beklagten einging (VV Bl. 12). Er regte ergänzend die Einholung fachärztlicher Befunde der weiteren behandelnden Ärzte an.

Am selben Tag ging der Widerspruch der Klägerin vom 15. Dezember 2007 bei der Beklagten ein. Die Adipositas sei zusammenhangslos aufgeführt worden, ohne die tatsächlichen Ursachen, nämlich genetische Veranlagung, zu berücksichtigen. Auch die Klägerin selbst rügte, dass fachärztliche Befunde nicht eingeholt worden seien. Die Untersuchung des MDK sei oberflächlich und nicht objektiv erfolgt. Sie habe wieder verstärkt Gliederschmerzen und daraus resultierende depressive Anzeichen. Die Beklagte holte Arztberichte der behandelnden Ärzte Dr. M und Dr. W ein. Die Fachärztin für Physiotherapie Dr. M teilt zur Frage der Arbeitsunfähigkeit nur mit, dass eine entsprechende Bescheinigung von ihr nicht ausgestellt worden sei. Dr. W als behandelnde psychiatrische Fachärztin berichtete, dass die Klägerin aus psychiatrischer Sicht arbeitsfähig sei. Die Beklagte holte weiter eine ergänzende Beurteilung des MDK ein. Dieser sah in der Stellungnahme vom 21. Februar 2008 die vorangegangene Entscheidung bestätigt. Die Klägerin sei zumindest für eine leichte Tätigkeit seit dem 15. Dezember 2007 arbeitsfähig. Die weitere ambulante Behandlungsbedürftigkeit bleibe davon unberührt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2008 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.

Hiergegen richtet sich die am 19. Mai 2008 beim Sozialgericht Berlin (SG) eingegangene Klage. Sie sei über den 14. Dezember 2007 hinaus arbeitsunfähig gewesen, wie eine Untersuchung durch ihren behandelnden Arzt Dr. S vom 17. Dezember 2007 ergeben habe. Ihr alltäglicher Tagesablauf sei stark eingeschränkt. An manchen Tagen könne sie das Essen nicht vorbereiten, da sie mit den Händen nicht zufassen könne. Sogar das Anziehen der Schuhe sei mit Schmerzen verbunden. Das Gutachten des MDK sei nicht objektiv. Eine Begutachtung durch einen externen Gutachter sei erforderlich.

Das SG hat die Klage, welches es darauf gerichtet angesehen hat, die Beklagte unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld über den 14. Dezember 2007 hinaus zu gewähren, mit Gerichtsbescheid vom 11. November 2008 abgewiesen. Die Voraussetzung für die Gewährung von Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) läge nicht vor. Das Gericht sehe die Beurteilung durch den MDK als überzeugend an, welche durch die Beurteilung der behandelnden Psychiaterin der Klägerin bestätigt würden. Auch der behandelnde Arzt Dr. S stelle im Wesentlichen auf eine psychosomatische Störung bzw. eine neurovegetative Erkrankung ab und nicht auf die Rücken-, Schulter- und Gliederschmerzen, welche die Klägerin selbst angegeben habe.

Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 8. Dezember 2008. Sie sei am 5. Juni 2008 auf Veranlassung der Bundesagentur für Arbeit ärztlich untersucht worden. Dieses neutrale Gutachten müsse berücksichtigt werden. Darin sei von dem Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin/Psychotherapie/Sozialmedizin Dr. L ein aktuell aufgehobenes Leistungsvermögen bescheinigt. Mit Schriftsatz vom 20. November 2009 hat die Klägerin Bescheide der Bundesagentur für Arbeit eingereicht und erklärt, danach könne sie nur vom 17. Dezember 2007 bis 28. Dezember 2007 Krankengeld begehren.

Sie ist der Auffassung, der MDK habe am 13. Dezember 2007 ein Gefälligkeitsgutachten erstellt, bei welchem der finanzielle Aspekt im Vordergrund gestanden habe. Der Termin sei von der Beklagten arglistig auf diesen Tag festgelegt worden. Nach wie vor sollte ein neutraler und kompetenter Gutachter eingeschaltet werden. Sie beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 14. Dezember 2007 hinaus bis einschließlich 28. Dezember 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Es konnte ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter anstelle des Senats entschieden werden. Alle Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG], § 155 Abs. 3 und 4 SGG).

Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat teilt dessen Auffassung, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt ab 15. Dezember 2007 nicht von Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden kann und verweist zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die Begründung im angefochtenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG).

Dass über ein halbes Jahr später ein anderer Gutachter von Arbeitsunfähigkeit ausgeht, erlaubt keine hinreichenden Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand zuvor. Aus demselben Grund scheidet eine erneute Begutachtung aus. Der Klägerin steht aber bereits aus einem anderen Grund ein Anspruch auf Krankengeld nicht zu. Hierauf ist sie bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 26. Februar/1. März 2010 hingewiesen worden. Der Anspruch auf Krankengeld setzt nicht nur Arbeitsunfähigkeit voraus, sondern deren ärztliche Feststellung, § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V, sowie die Meldung bei der Krankenkasse. Die Berechtigung zum Bezug von Krankengeld beginnt (erst) am Folgetag der ärztlichen Feststellung. Dies gilt auch für Folgebescheinigungen. Die neuere Rechtssprechung des Bundessozialgerichts (BSG) betont das Erfordernis der strengen Einhaltung der Meldung der ärztlich ausgestellten Arbeitsunfähigkeit. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Die Ausschlussregel des § 49 Abs. 1 SGB V ist strikt anzuwenden, da die Krankenkasse davon freigestellt werden soll, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruches im Nachhinein aufklären zu müssen. Die Vorschrift muss eng angewendet werden, um Leistungsmissbräuche zu vermeiden (so bereits Urteil des Senats vom 5. Dezember 2008 -L 1 KR 75/07- mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 18. November 2005 -B 1 KR 30/04 R- und Bayrisches LSG, Urteil vom 17. Januar 2008 -L 4 KR 77/05-). Hier hat Dr. S die Arbeitsunfähigkeit erst am 17. Dezember 2007 bescheinigt, sodass ein Anspruch auf Krankengeld frühestens ab 18. Dezember 2007 beginnen könnte, selbst wenn -wie von der Klägerin behauptet- ihr Ehemann die Bescheinigung noch am 17. Dezember 2007 bei der Beklagten eingereicht hat. Zu diesem frühest möglichen Beginn der Krankengeldzahlung war die Klägerin aber nicht mehr nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB 5 als Bezieherin von Arbeitslosengeld I kraft Gesetzes mit Krankengeldanspruch versichert. Die bis einschließlich 17. Dezember 2005 bestehende gesetzliche Krankenversicherung aus diesem Grund hat sich aufgrund der Lücke nicht nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fortgesetzt, bzw. die Mitgliedschaft ist nicht erhalten geblieben. Auch ein Anspruch auf nachgängige Leistung nach § 19 Abs. 2 SGB V musste ausscheiden. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V besteht zwar ein Anspruch auf Leistung längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Die Klägerin war jedoch hier familienversichert nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V als Ehegattin ihres gesetzlich versicherten Ehemannes. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V hat eine Familienversicherung nach § 10 SGB V den Vorrang vor dem Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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