Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 KN 21/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 KN 34/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 64/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
-
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 1. November 2005 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gegen die Beklagte nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) zusteht.
Die am 9. März 19 geborene Klägerin durchlief von September 1982 bis Mai 1984 eine Lehre zur Köchin, ohne diese abzuschließen. Am 11. August 1985 wurde ihre Tochter geboren. Von April 1988 bis Ende Juni 1991 war die Klägerin als Küchenhilfe/Kantinenkraft (knappschaftlich) versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Tätigkeit gab sie wegen der schweren Krankheit ihres am 26. März 1990 geborenen Sohnes auf (Bl. 14 Verwaltungsakte). In der Folgezeit war sie zunächst Hausfrau; 1995 meldete sie sich arbeitsuchend. Nach den Angaben der Klägerin war sie seitdem durchgehend bis mindestens 2001 arbeitslos gemeldet. Nach dem von der Beklagten erstellten Versi-cherungsverlauf der Klägerin vom 25. September 2003 (Bl. 126 Gerichtsakte) sind die Zeiten vom 25. September 1995 bis zum 30. Juni 2000 als Monate der "Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug" und Zeiten vom 6. Oktober 2000 bis 30. Juni 2001 und vom 17. Juni 2002 bis 16. September 2002 als "Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug - vorgemerkt" festgestellt. Die Zwischenzeiten vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2000 und vom 1. Juli 2001 bis 15. September 2002 sind nicht belegt.
Nach einem MRT-Befund vom 19. Oktober 2001 bestand bei der Klägerin ein flacher, rechts-mediolateraler Bandscheibenvorfall im Segment C4/C5 ohne nachweisbare signifikante Wirkung auf das cervikale Rückenmark. Im September 2002 wurde bei der Klägerin ein Morbus Bechterew diagnostiziert. Ausweislich des Arztbefundes von Dr. R. , Facharzt für Nuklearmedizin, vom 18. September 2002 ergab die Knochenszinti-grafie eine deutliche Befundprogredienz des Morbus Bechterew im Bereich der Len-denwirbelsäule im Vergleich zu März 1999.
Vom 5. bis 18. Dezember 2002 wurde die Klägerin im Fachkrankenhauses V. stationär behandelt. Dort wurde eine deutliche Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule, eine fast aufgehobene Seitneige von BWS und LWS, eine lediglich angedeutete mögliche Rotation, ein Finger-Boden-Abstand von 30 cm, ein deutlicher Klopf-schmerz im dorsolumbalen Übergang und über beiden Ileosakralgelenken, eine deutliche vermehrte BWS-Kyphosierung bei aufgehobener LWS-Lordose sowie ein deutli-cher Schultervorfall beidseits beschrieben.
Am 8. Januar 2003 beantragte die Klägerin die Bewilligung einer Rente wegen Er-werbsminderung bei der Beklagten. Seit 2002 leide sie an Morbus Bechterew und Osteoporose. Deshalb könne sie keinerlei Arbeiten mehr verrichten (Bl. 3 R. Verwal-tungsakte). Die Beklagte holte zunächst ein Gutachten von ihrem Sozialmedizinischen Dienst ein (Dr. Sch. ; Fachärztin für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin). Diese stellte unter dem 10. April 2003 die Diagnose auf eine Spondylitis ankylosans (Morbus Bech-terew) mit ausgeprägter Funktionseinschränkung der Wirbelsäule sowie eine Osteopo-rose. Sie empfahl die Durchführung eines stationären Heilverfahrens zum "Versuch, die Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu erhalten" (Bl. 10 ärztlicher Teil Verwaltungsakte).
Daraufhin nahm die Klägerin vom 4. bis 25. Juni 2003 in der K. -M. -Klinik für Rheu-matologie, Orthopädie und Psychosomatik in W. an einer Rehabilitationsmaßnahme teil. Aufgrund der noch stark vorhandenen Schmerzsymptomatik sei sie als arbeitsun-fähig entlassen worden. Folgende Diagnosen sind gestellt worden:
1. Spondylitis ankylosans mit fortgeschrittener Versteifung der Wirbelsäule in noch funktionsgünstiger Haltung, 2. Chronisches pseudoradikuläres Cervicobrachialsyndrom bei NPP C4/5, 3. Fingerpolyarthrose, 4. Osteoporose, 5. Struma multinodosa.
In der formularmäßigen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung werden leichte kör-perliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in Tagesschicht sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtet. Als Küchenhilfe in einer Kantine sei die Klä-gerin nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. In ihrer abschließenden Stellung-nahme kam die Fachärztin für Innere Medizin/Angiologie/Sozialmedizin und leitende Ärztin des sozialmedizinischen Dienstes Dr. Moser unter dem 13. August 2008 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne Zwangshaltungen, ohne Kälte, Nässe oder Zugluft, ohne Arbeiten im Knien, in der Hocke oder auf Leitern und Gerüsten und ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Finger sechs Stunden und mehr verrichten kön-ne.
Mit Bescheid vom 25. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 8. Januar 2003 "auf Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau" ab und legte dar, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür lägen nicht vor. Weiter heißt es: "Nach den getroffenen Feststellungen besteht keine vermin-derte Berufsfähigkeit im Bergbau. Nach den getroffenen Feststellungen besteht weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung". Mit hausinternem Schreiben vom gleichen Tage führte die Beklagte aus, eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung sei abgelehnt worden. Gegen den Bescheid vom 25. September 2003 legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung lägen bei ihr vor.
Weiter lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Oktober 2003 den Rentenantrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab. Zur Begründung heißt es, die Klägerin könne u. a. noch als Bürohilfskraft sechs Stunden und mehr täglich tätig sein. Hiergegen legte die Klägerin am 6. November 2003 Widerspruch ein. Trotz der zahlreichen Bemühungen der Ärzte sei es bislang nicht gelungen, ihre Schmerzen auch nur ansatzweise zu lindern. Selbst kurze Spa-ziergänge seien eine Qual. Bereits die Arbeiten des täglichen Lebens fielen ihr sehr schwer. Einer Erwerbstätigkeit könne sie keinesfalls mehr nachgehen (Bl. 83 Verwal-tungsakte). Die Beklagte wies mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 30. Januar 2004 die Widersprüche als unbegründet zurück. In dem ersten Bescheid heißt es, die Rente für Bergleute scheitere an den dafür fehlenden versicherungsrechtlichen Vorrausetzungen. In dem zweiten wird ausgeführt, der Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe nicht, da die Klägerin noch leichte körperli-che Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne. Dies habe die Auswer-tung der ärztlichen Befundunterlagen ergeben (Bl. 100 Verwaltungsakte).
Hiergegen hat die Klägerin am 20. Februar 2004 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Ihre Erkrankung sei kontinuierlich fortgeschritten und sie leide unter Schmerzen, die kaum darstellbar seien. Der Art nach sei ihre Erkrankung auch nicht heilbar.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Behandlungs- und Be-fundberichten von der Fachärztin für Orthopädie Dr. L. vom 1. April 2004 und von der Fachärztin für Gynäkologie Dipl.-Med. S. vom 21. April 2004 (Bl. 25 ff., 31 ff. Gerichtsakte I). Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten von dem Facharzt für Ortho-pädie Dr. K. vom 29. August 2004 eingeholt, der die Klägerin am 25. Juni 2004 untersucht hat (Bl. 45 ff. Gerichtsakte I). Dieser hat festgestellt, dass die Klägerin auf-grund der ausgeprägten schmerzhaften Funktionsstörung der gesamten Wirbelsäule und des Bandscheibenvorfalls in der Halswirbelsäule nur noch leichte Arbeiten unter drei Stunden täglich ausüben könne. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule habe sich ge-genüber dem Kurbericht vom 29. Juli 2003 deutlich verschlechtert und auch noch ein-mal gegenüber dem Befundbericht von Dr. L. vom 1. April 2004.
Die Beklagte hat den Eintritt des Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung für den 1. April 2004 anerkannt, aber zugleich darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vorlägen (Bl. 52 Gerichtsakte I). Daraufhin hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. vom 12. Juni 2005 angefordert (Bl. 64, 67 Gerichtsakte I). Darin hat der Sach-verständige klargestellt, dass die Verschlimmerung im Rahmen der bechterewschen Erkrankung in akuten Schüben und nicht binnen weniger Wochen auftreten könne, so dass vom Eintritt eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens zwischen dem 25. Juni 2003 (Ende der stationären Kur) und dem 1. April 2004 (Bericht der Dr. L. ) aus-gegangen werden müsse. Eine genaue Festlegung des Zeitpunkts des Eintritts eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens sei ihm nicht möglich.
Mit Urteil vom 1. November 2005 hat das Sozialgericht Halle die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab dem 1. Februar 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab dem 1. August 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren und die Klage im übrigen abgewiesen (Bl. 94 ff. Gerichtsakte). Nach Auffassung des Gerichts ha-be die Klägerin bereits am 8. Januar 2003 und damit bei Rentenantragstellung über ein nur noch unter sechsstündiges Leistungsvermögen verfügt.
Gegen das ihr am 29. November 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Schon aus der ergänzenden Stellungnahme von Dr. Kothe vom 15. Juni 2005 ergebe sich, dass der Eintritt eines unter sechsstündigen Leistungsvermögen zwischen dem 25. Juni 2003 und dem 1. April 2004 liege. Selbst bei Eintritt des Leistungsfalls eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens am 25. Juni 2003 lägen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen aber nicht mehr vor. Vor diesem Zeitpunkt könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der ersten Instanz ein unter sechsstündiges Leistungsvermögens nicht angenommen wer-den.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 1. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Im Hinblick auf die kontinuierlich fort-schreitende Erkrankung sei es durchaus nachvollziehbar, wenn das Sozialgericht den Eintritt des Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung auf den Tag der Rentenantrag-stellung datiert habe. Auch ihr sich stetig weiter verschlechternder Gesundheitszustand spreche dafür, dass ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen bereits zu einem Zeitpunkt weit vor der Begutachtung durch Dr. K. gelegen habe. Inzwischen sei die Schmerzsymptomatik auch mit Morphium nicht mehr beherrschbar.
Der Senat hat Behandlungs- und Befundberichte von der Orthopädin Dr. L. vom 9. Oktober 2007 und von der Hausärztin, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 27. Januar 2008 eingeholt. Dr. L. hat den Krankheits-verlauf im Verlaufe des Jahres 2004 als deutlich progredient beschrieben (Bl. 218 ff. GAII). Dr. R. hat eine kontinuierliche Verschlechterung mit Zunahme der Bewegungseinschränkung seit 2003 angegeben (Bl. 246 ff. Gerichtsakte II).
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen schon seit dem Jahre 20002 problematisch sind. Zu der Frage, ob die Klägerin vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2000 und vom 1. Juli 2001 bis 16. Juni 2002 arbeitslos gemeldet war, hat der Senat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. (Sachbearbeiter des Arbeitsamtes) und H. (Ehemann der Klägerin). Wegen des Be-weisergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2009 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet; das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin ist durch die ablehnenden Bescheide der Beklagten nicht beschwert. Denn ihr steht keine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung zu.
I. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Er-werbsminderung, wenn sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben (sog. 3/5-tel Belegung) und erwerbsgemindert sind.
Zwar ist die Klägerin bei der Beklagten versichert und hatte nach deren Berechnung, der der Senat folgt, zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8. Januar 2003 die allgemei-ne Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monaten) exakt zurückge-legt (vgl. Bl. 298 f.). Auch ist die Klägerin - spätestens seit dem 1. April 2004 - erwerbsgemindert. Doch hatte sie bei Eintritt der Erwerbsminderung die 3/5-tel Belegung nicht erfüllt. Wegen der Lücken in ihrem Rentenversicherungsverlauf erreichte die Klägerin die 3/5-tel Belegung zuletzt am 1. Juli 2002 (vgl. dazu Ziff. 1); zu diesem Zeit-punkt war Erwerbsminderung noch nicht eingetreten (vgl. dazu Ziff. 2). Von dieser Voraussetzung kann nicht ausnahmsweise abgesehen werden (dazu Ziff. 3).
1. Die Klägerin erfüllte die 3/5-tel Belegung zuletzt noch am 1. Juli 2002. Für einen medizinischen Leistungsfall ab dem 2. Juli 2002 gilt Folgendes:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI müssen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit liegen. Für die Berechnung des Fünf-Jahreszeitraums gelten die Vorschriften zur Fristenberechnung (§ 26 SGB X i.V.m. §§ 187, 188 BGB). Der Zeitraum beginnt somit taggenau fünf Jahre vor dem Tag des Ein-tritts der Erwerbsminderung und endet am Tag vor dem Eintritt der Erwerbsminderung. Liegen innerhalb dieses Zeitraums mehr als zwei Jahre ohne Pflichtbeiträge, kann die 3/5-Belegung nicht erfüllt sein.
Die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 1. Juli 2002 umfasst mehr als zwei Jahre vor dem 2. Juli 2002. In dieser Zeit liegen keine Zeiten mit Pflichtbeiträgen vor. Vielmehr wurde der letzte Pflichtbeitrag nach dem Versicherungsverlauf der Beklagten (Bl. 291, 292 Ge-richtsakte) und auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin 1991 gezahlt. Auch nach dem 1. Juli 2002 liegen keine Pflichtbeitragszeiten vor.
Dieser Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis 1. Juli 2002 ist auch nicht mit anderen Zeiten be-legt, die gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI zu einer Verschiebung des Zeitraums der 3/5-tel Belegung führen können.
a) Anrechnungszeiten im Sinne von § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI liegen in diesem Zeit-raum von mehr als zwei Jahren vor dem 2. Juli 2002 nicht vor. Solche Zeiten sind gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 SGB VI Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeits-losmeldung mit Leistungsbezug oder Arbeitslosmeldung ohne Leistungsbezug allein wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens. Solche Anrech-nungszeiten liegen gem. § 58 Abs. 2 SGB VI aber nur vor, wenn dadurch eine versi-cherte Beschäftigung unterbrochen wurde. Dies war hier nicht der Fall. Vielmehr hatte sich die Klägerin 1995 nach mehrjähriger Zeit als Hausfrau wieder arbeitsuchend gemeldet und blieb dies bis 30. Juni 2000. Damit sind diese Zeiten seit 1995 keine An-rechnungszeiten.
b) Weiter kann sich der Zeitraum von fünf Jahren auch durch Zeiten verlängern, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist (§ 43 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI). Voraus-setzung ist allerdings, dass dann in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten &61607; ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder &61607; eine Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI oder &61607; eine Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI vorliegt. Das ist bei der Klägerin in dem Zeitraum von sechs Monaten vor dem 6. Okto-ber (also seit dem 5. April 2000) nicht der Fall.
Pflichtbeiträge sind seit 1991 nicht mehr gezahlt worden. Verlängerungszeiten nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Eine Rente hat die Klägerin bis 1. Februar 2003 nicht bezogen; Anrechungszeiten lagen ebenfalls - wie bei a) dargelegt - seit 1995 (und noch länger) nicht mehr vor. Schließlich liegen im fraglichen Zeitraum auch keine Ver-längerungszeiten nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI vor. Die dort genannten Berücksichti-gungszeiten sind gemäß § 57 SGB VI Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zu des-sen vollendetem zehnten Lebensjahr. Das jüngste Kind der Klägerin vollendete am 25. März 2000 sein zehntes Lebensjahr. Bei der erneuten Arbeitslosmeldung der Klägerin am 6. Oktober 2000 lag damit die Berücksichtigungszeit bereits länger als sechs Mona-te zurück. Die anschließende Zeit bis zum 30. Juni 2000, in der die Klägerin arbeitslos gemeldet war, war keine Anrechungszeit, weil keine versicherungspflichtige Tätigkeit unterbrochen wurde (§ 58 Abs. 2 SGB VI; vgl. oben bei a).
Entgegen der Behauptung der Klägerin konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass hier der Zeitraum vom 27. März 2000 bis 30. Juni 2001 als ununterbrochene Zeit der Arbeitslosigkeit anzusehen ist, die sich an ihre Erziehungszeit aufgrund der Geburt ihrer beiden Kinder (11. August 1985 bzw. 26. März 1990) anschließt und damit eine berücksichtigungsfähige Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI wäre.
aa) Der Versicherungsverlauf der Beklagten vom 25. September 2003 mit der Feststellung von Lücken vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2001 bindet den Senat allerdings nicht. Dieser ist nur eine Anlage zu dem Bescheid der Beklagten zu der Ablehnung einer Rente (Bl. 88. Verwaltungsakte), für die die hier streitige Lücke bedeutungslos war.
Dieser Bescheid ist zudem nicht bindend geworden, sondern Gegenstand des anhängigen Verfahrens, da die Beklagte damit erstmals die hier streitige Rente abgelehnt hat. In dem Bescheid heißt es: "Nach den getroffenen Feststellungen besteht keine verminderte Berufsfähigkeit im Bergbau. Nach den getroffenen Feststellungen besteht weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung". Auch die Beklagte hat zu-nächst die Ansicht vertreten, mit diesem Bescheid eine Rente wegen voller und teilwei-ser Erwerbsminderung abgelehnt zu haben (vgl. Bl. 67 Verwaltungsakte). Gegen die-sen Bescheid hat die Klägerin Widerspruch eingelegt und die Zahlung der hier streitigen Rente verlangt. Auch vom objektivierten Empfängerhorizont durfte die Klägerin daher den Bescheid vom 25. September 2003 als Ablehnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ansehen. Damit ist auch dieser Bescheid, gegen den die Klägerin fristgerecht Widerspruch eingelegt hatte, Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens und nicht bestandskräftig geworden.
Schließlich stellt dieser Rentenbescheid auch keinen bindenden Bescheid über den Versicherungsverlauf nach § 149 Abs. 5 SGB VI dar. Nach dieser Vorschrift stellt die Beklagte die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Der hier streitige Zeitraum lag bei Erlass dieses Bescheides erst drei Kalenderjahre zurück. Schließlich wird ein solcher bindender Versicherungsverlauf nur festgestellt, wenn die Beklagte das Versicherungskonto geklärt hat oder der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen hat. Hierfür ist nichts ersichtlich.
bb) Allerdings konnte die Klägerin nicht beweisen, dass sie - wie es § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI fordert - vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2001 als Arbeitsuchende gemeldet war. Dies hat die Klägerin zwar behauptet und ihr Ehemann insoweit auch bestätigt. Jedoch hat die Klägerin eingeräumt, keine konkreten Erinnerungen mehr zu haben. Fest steht zumindest, dass das Arbeitsamt damals etwas anderes der Beklagten ge-meldet hat. Es liegt nahe, dass im Sommer 2000 etwas vorgefallen ist, das zu einer Unterbrechung der Arbeitslosmeldung der Klägerin geführt hat. Der Zeuge E. als Sachbearbeiter des Arbeitsamts hat angegeben, dass Unterbrechungen der Arbeitslo-sigkeit nicht schon dann gemeldet werden, wenn ein Arbeitsuchender einen Vorspra-chetermin übersieht. Vielmehr muss nach seiner Aussage positiv beim Arbeitsamt eine "Abmeldung" vorliegen. Es bleibt ungeklärt, ob und was hier vorgefallen ist. Die Kläge-rin konnte sich an nichts erinnern, was zu der feststehenden Meldung einer Lücke ge-führt haben könnte. Damit sieht sich der Senat außerstande, diese Lücke in irgendei-ner Form zu schließen.
Zwar kann ein Irrtum des Arbeitsamtes nicht ausgeschlossen werden; jedoch ist es mindestens ebenso wahrscheinlich, dass nur der Grund für eine zutreffende und rechtmäßige Meldung einer Lücke nicht mehr aufklärbar ist. Die erneute Arbeitslosmeldung mitten in einem Monat (6. Oktober 2000) spricht zumindest eher für ein tatsächliches Ereignis (z.B. eine Vorstellung der Klägerin beim Arbeitsamt), welches zu dieser erneuten Arbeitslosmeldung führte. Es ist auch nur schwer vorstellbar, dass die Kläge-rin bei der ersten Vorsprache nach dieser Lücke nichts bemerkt hat. Der Senat hält es zudem für unwahrscheinlich, dass die Klägerin über das Ende der gemeldeten Arbeitslosigkeit nicht durch das Arbeitsamt informiert worden ist, wie es für den späteren Zeit-raum ab Juli 2001 geschah (Bl. 323 Gerichtsakte). Die Korrektur eines Irrtums im Allgemeinen auch rückwirkend und eher zum Anfang eines Monats erfolgt.
Ebenso wenig wie sich die Klägerin an eine konkrete Meldung als arbeitsuchend erin-nern kann, vermag sie im Übrigen noch konkrete andere Daten anzugeben. So hat sie beispielsweise angegeben, in der Zeit vom 18. April 2001 bis 25. Februar 2002 nicht beim Arbeitsamt gemeldet gewesen zu sein, weil sie schon krank gewesen sei. In die-sem Zeitraum war sie nach dem Versicherungsverlauf der Beklagten jedoch teilweise als arbeitsuchend gemeldet. In der mündlichen Verhandlung hat sie angegeben, noch im Jahre 2002 bei Dr. "K." in Behandlung gewesen zu sein; gegenüber dem Sozial-gericht hat sie jedoch angegeben, schon im Jahre 2001 sei die Behandlung bei Dr. Kuminek beendet worden. Die letztgenannte Angabe erfolgte im März 2004 und damit deutlich zeitnäher.
Ähnlich wird an der Aussage des Ehemannes der Klägerin deutlich, dass konkrete Erinnerungen angesichts des lang zurückliegenden Zeitraumes auch bei ihm nicht mehr vorhanden sind. Ausdrücklich hat dieser angegeben, dass er sich an eine Mitteilung des Arbeitsamtes, wonach die Zeit der Arbeitslosmeldung beendet worden sei, nicht erinnern könne. Eine solche Mitteilung hat die Klägerin jedoch selbst in das Verfahren eingeführt (Bl. 323 Gerichtsakte). Der Senat ist nicht überzeugt, dass dem Arbeitsamt oder der Beklagten ein Fehler bei der Meldung oder Speicherung dieser Lücke oder der vorherigen Lücke unterlaufen ist. Dafür gibt es keinen überzeugenden Anhaltspunkt.
c) Der Lückenzeitraum vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2000 kann auch nicht als so genannte Überbrückungszeit qualifiziert werden. Bei dieser von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur (vgl. BSG, 6.08.1986 - 5a RKn 21/85, SozR 2200 § 1259 Nr. 94 m.w.N.) handelt es sich um eine Zeit, die den Anschluss gewährleistet, d.h. vorhandene Lücken zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Erwerbstätig-keit (bzw. einer Anrechnungszeit) und dem Beginn einer (weiteren) Anrechnungszeit ausfüllt. Eine solche Zeit ist selbst keine Anrechnungszeit. Sie füllt lediglich eine Lücke innerhalb einer Kette von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten mit der Folge, dass der Zurechnungszusammenhang mit nachfolgenden Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten bestehen bleibt (BSG, a.a.O.). Rechtfertigender Grund für die Anerkennung einer Überbrückungszeit ist im Wesentlichen, dass der Versicherte im jeweiligen Zeit-raum noch dem Kreis der Arbeitsuchenden im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass die Lücke unverschuldet, also durch vom Versicherten nicht zu vertretende Umstände, oder durch ein sozialadäquates, insbe-sondere durch ein von Verfassungs wegen schützenswertes Verhalten entstanden ist (BSG, a.a.O). Hier ist aber nicht näher aufklärbar, ob - und verneinendenfalls warum nicht - die Klägerin in dieser Zeit arbeitsuchend war.
Die verbleibenden Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Überbrückungszeit (siehe unter c) oder einer Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI (vgl. oben unter b) vorliegen, gehen zu Lasten der Klägerin; sie trägt die Beweislast dafür, dass sie damals arbeits-los gemeldet war oder andere Umstände vorlagen, die zu einer Verlängerung des 5-Jahreszeitraumes führen. Ein Grundsatz, dass im Zweifel zugunsten des Versicherten entschieden werden müsste, ist dem Sozialversicherungsrecht fremd (BSG, 2.2.1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 287). Grundsätzlich müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen bewiesen sein, d.h., dass für sie ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit bestehen muss, dass sich vernünftigerweise die richterliche Überzeugung hierauf stützen kann. Dies erfordert einen der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit (BSG, a.a.O.). Fehlt es trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 103 SGG), an dieser Wahrscheinlichkeit, so sind die Folgen der objektiven Beweislosigkeit von demjenigen Beteiligten zu tragen, der aus den feststellungsbedürftigen, aber nicht bewiesenen Tatsachen ein Recht herleiten will. In diesem Sinne gibt es in allen Angelegenheiten der Sozialge-richtsbarkeit den von dem Grundsatz der Beweisführungslast zu unterscheidenden Grundsatz der objektiven oder materiellen Beweislast oder Feststellungslast (vgl. BSG, 29.3.1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53).
Diese Beweislast belastet die Klägerin auch nicht unzumutbar. Die Beklagte kann nicht angesichts der jährlich millionenfach gemeldeten Lücken zeitnah bei Krankenkas-sen bzw. Arbeitsämtern nachfragen, ob diese Lücken zu Recht gemeldet wurden. Vielmehr hätte die Klägerin bereits spätestens am 25. September 2003 aus dem ablehnenden Bescheid der Beklagten diese Lücken erkennen können; damals wäre eine Klärung besser möglich gewesen. Erschwerend kommt hinzu, dass ihr das Arbeitsamt damals zeitnah unter dem 28. Januar 2002 bescheinigt hat, dass die gemeldete Ar-beitslosigkeit zum 30. Juni 2001 auf Grund der Nichterneuerung des Vermittlungsgesuchs beendet worden sei (Bl. 323 Gerichtsakte). Ausdrücklich war die Klägerin inso-weit auf Nachteile auch hinsichtlich des Wegfalls eines eventuell bestehenden Versicherungsschutzes bei "Berufs-/Erwerbsunfähigkeit" hingewiesen worden.
2. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin wahrscheinlich im Juni 2003, jedenfalls aber im Juli 2002 noch in der Lage war, eine leichte Arbeit sechs Stunden täglich zu verrichten. Auf die ausdrückliche Frage hat der vom Sozialgericht gehörte Sachver-ständige Dr. K. ausgeführt, der Zeitpunkt eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens sei nicht genau zu datieren. Er müsse zwischen dem 25. Juni 2003 (Entlas-sung aus der medizinischen Rehabilitation) und dem 1. April 2004 eingetreten sein.
Dr. K. hat damit ausdrücklich auch die Feststellung der Rehabilitationsklinik in Wiesbaden bestätigt, wonach die Klägerin noch sechs Stunden und mehr für eine leichte Tätigkeit einsatzfähig sei.
Diese bessere Leistungsfähigkeit im Jahre 2003 im Vergleich zum Jahre 2004 ist nachvollziehbar, denn die im Rahmen der Rehabilitation erhobenen Befunde waren deutlich besser als die von Dr. K. festgestellten. So war bei der Rehabilitation die Rotation rechts/links mit 80/0/80 Grad (Dr. K. 25/0/40 Grad), die Seitneige rechts/links mit 40/0/40 Grad (Dr. K. 10/0/15 Grad), Finger- Bodenabstand 5 Zenti-meter (Dr. K. 53 Zentimeter), Zeichen nach Schober 10/11 Zentimeter (Dr. K. 10/10), Rotation Lendenwirbelsäule rechts/links 40/0/30 Grad (Dr. K. 5/0/5 Grad), Seitneigung rechts/links 20/0/20 Grad (Dr. K. 5/0/5 Grad). Nach den Beobachtungen der Reha-Klinik gelang das Entkleiden selbständig unter Benutzung aller Extremitäten. Das Gangbild war unauffällig. Die Atembreite betrug 1,5 Zentimeter (Atembreite bei Dr. K. 3,5 Zentimeter). Der in der Reha-Klinik festgestellte Status war unauffällig (Muskeleigenreflexe seitengleich, kein Babinski, Lasègue negativ, Einbeinstand, Zehen- und Hackengang regelrecht demonstrierbar, keine Störung der Grob- und Feinmotorik, Sensibilität orientieren unauffällig, kein Tremor).
Angesichts dieser Befunde bleibt die Leistungseinschätzung der Reha-Klinik auch nachvollziehbar, wenn die Befunde des Fachkrankenhauses für Rheumatologie und Orthopädie im Dezember 2002 noch eher schlechter waren (vergleiche Bericht vom 24. Januar 2003, Bl. 27 Gerichtsakte). Danach war die Beweglichkeit der Brust- und Len-denwirbelsäule in der Seitneige nahezu aufgehoben; die Rotation war nur angedeutet beidseits möglich. Der Finger- Bodenabstand betrug 30 Zentimeter und das Zeichen nach Schober 10/11 Zentimeter.
Die objektiven Befunde der Rehabilitationsklinik passen auch zu den subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin. Auch diese deuten nicht darauf hin, dass damals leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen unzumutbar gewesen wären. Denn die Klägerin gab an, dass nur langes Liegen, Sitzen und Stehen sehr schmerzhaft seien; nach ihren Angaben war eine Wegstrecke von ca. 1.000 Meter noch möglich.
Der Richtigkeit der Einschätzung dieser Klinik steht auch nicht entgegen, dass unter der Nr. 10 des Entlassungsberichtes ausgeführt wurde, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt halte man die Klägerin "nach entsprechender klinischer Besserung für prinzipiell vollschichtig einsatzfähig für leichte körperliche Tätigkeiten". Maßstab ist nicht, ob die Klägerin zu einer vollschichtigen Tätigkeit in der Lage gewesen wäre. Maßgeblich ist vielmehr die Zeitgrenze von sechs Stunden / Tag. Im Rahmen der entsprechenden medizinischen Beurteilung auf Seite 1a des Entlassungsberichtes (Leistungsfähigkeit "6 Stunden und mehr") erfolgte insoweit keine Einschränkung. Im Gegenteil heißt es dort ohne Bezug auf eine Tätigkeit von sechs Stunden und mehr: "Nach entsprechender Besserung der Beschwerdesymptomatik im Rahmen der Grunderkrankung ist eine Verbesserung des Leistungsbildes prinzipiell denkbar." Allein aus der von der Reha-Klinik angegebenen "Schmerzsymptomatik" lässt sich noch keine bestimmte zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin ableiten. Insbesondere ist dieses Symptom allein nicht geeignet, die ausdrückliche ärztliche Beurteilung von einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr zu widerlegen. Dies wird auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass die Klägerin aus der Rehabilitation als arbeitsunfähig entlassen wurde. Offenbar stellte man bei der Frage der Arbeitsfähigkeit einer Arbeits-losen auf ihre letzte berufliche Tätigkeit ab. Dies zeigt sich deutlich unter Nr. 10 des Reha-Entlassungsberichts: "Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe entspricht somit nicht dem Leistungsbild, da diese Arbeit mit schwerem Heben und Tragen ist. Deshalb und auch aufgrund der noch starken vorhandenen Schmerzsymptomatik erfolgte die Entlassung arbeitsunfähig."
Unerheblich ist insoweit, dass es der Reha-Klinik nach eigener Einschätzung nicht gelang, das Leistungsvermögen der Klägerin wesentlich zu verbessern. Nach dem vorangegangenen Gutachten von Dr. Sch. aufgrund der ambulanten Untersuchung am 4. April 2003 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwerbsgemindert. Die Gutachterin hat die Rehabilitationsmaßnahme gerade empfohlen, um "die Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu erhalten". Noch deutlicher heißt es in ihrer handschriftlichen Bemerkung auf Seite 14 der Verwaltungsakte, es solle versucht werden, die "vollschichtige Erwerbsfähigkeit zu erhalten". Ausdrücklich verneinte sie die Frage, ob eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege. Dies passt auch zu ihren sonstigen Befunden. Danach war die Klägerin noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisefähig; sie selbst hat angegeben, Laufen sei noch 30 Minuten möglich. Aufgrund der Schmerzen und der verminderten körperlichen Belastbarkeit müsse sie sich mittags hinlegen. Den Haushalt könne sie nur in Pausen verrichten. Auch diese subjektiven Beschwerdean-gaben sprechen dafür, dass der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt noch eine leichte Arbeit im Wechsel der Haltungsarten unzumutbar war. Das Gangbild war ebenfalls flüssig; die Atembreite betrug 1,5 Zentimeter. Allerdings war nach Einschätzung der Gutachterin die Drehung der Wirbelsäule nur mit dem gesamten Körper möglich. Jedoch gab es neurologisch keine Auffälligkeiten.
Dieser Einschätzung der Reha-Klinik haben sich schließlich später auch Dr. M. vom Sozialmedizinischen Dienst und Dr. K. angeschlossen. Umgekehrt gibt es keinen Arzt, der eine Begrenzung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin auch unter sechs Stunden für die Zeit bis zur Entlassung aus der medizinischen Rehabilitation im Juni 2003 angenommen hätte.
Selbst Dr. L. hat in ihrem Befundbericht gegenüber dem Sozialgericht unter dem 1. April 2004 (letzte Vorstellung der Klägerin im März 2004) noch ausgeführt, langes Lie-gen, Sitzen und Stehen seien sehr schmerzhaft und es beständen zunehmende Bewe-gungseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule. Dies spricht nicht gegen eine Arbeit im Wechsel der Haltungsarten.
Für die Festlegung des medizinischen Leistungsfalles ein Jahr vor der Entlassung aus der Rehabilitation, d. h. vor dem 25. Juni 2002, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Mor-bus Bechterew lag zwar im Juni 2002 vermutlich bereits vor; jedoch wurde er erst Monate später überhaupt diagnostiziert (September 2002). Die Klägerin hat auch im Ren-tenantrag am 8. Januar 2003 angegeben, sie sei erst seit dem 5. Dezember 2002 ar-beitsunfähig.
3. Ein Ausnahmetatbestand, nach dem die Erfüllung der 3/5-Belegung nicht erforderlich ist, liegt nicht vor. Dies ist der Fall, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Dies ist nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB VI der Fall, wenn die Klägerin &61607; wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, &61607; wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldatin auf Zeit, &61607; wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienst-leistende oder &61607; wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz) vermindert erwerbsfähig geworden ist. Hierfür gibt es keinen Anhaltspunkt.
Weiter haben Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jah-ren erfüllt haben. Die Klägerin erfüllt aber nur knapp die Wartezeit von 5 Jahren.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gegen die Beklagte nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) zusteht.
Die am 9. März 19 geborene Klägerin durchlief von September 1982 bis Mai 1984 eine Lehre zur Köchin, ohne diese abzuschließen. Am 11. August 1985 wurde ihre Tochter geboren. Von April 1988 bis Ende Juni 1991 war die Klägerin als Küchenhilfe/Kantinenkraft (knappschaftlich) versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Tätigkeit gab sie wegen der schweren Krankheit ihres am 26. März 1990 geborenen Sohnes auf (Bl. 14 Verwaltungsakte). In der Folgezeit war sie zunächst Hausfrau; 1995 meldete sie sich arbeitsuchend. Nach den Angaben der Klägerin war sie seitdem durchgehend bis mindestens 2001 arbeitslos gemeldet. Nach dem von der Beklagten erstellten Versi-cherungsverlauf der Klägerin vom 25. September 2003 (Bl. 126 Gerichtsakte) sind die Zeiten vom 25. September 1995 bis zum 30. Juni 2000 als Monate der "Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug" und Zeiten vom 6. Oktober 2000 bis 30. Juni 2001 und vom 17. Juni 2002 bis 16. September 2002 als "Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug - vorgemerkt" festgestellt. Die Zwischenzeiten vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2000 und vom 1. Juli 2001 bis 15. September 2002 sind nicht belegt.
Nach einem MRT-Befund vom 19. Oktober 2001 bestand bei der Klägerin ein flacher, rechts-mediolateraler Bandscheibenvorfall im Segment C4/C5 ohne nachweisbare signifikante Wirkung auf das cervikale Rückenmark. Im September 2002 wurde bei der Klägerin ein Morbus Bechterew diagnostiziert. Ausweislich des Arztbefundes von Dr. R. , Facharzt für Nuklearmedizin, vom 18. September 2002 ergab die Knochenszinti-grafie eine deutliche Befundprogredienz des Morbus Bechterew im Bereich der Len-denwirbelsäule im Vergleich zu März 1999.
Vom 5. bis 18. Dezember 2002 wurde die Klägerin im Fachkrankenhauses V. stationär behandelt. Dort wurde eine deutliche Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule, eine fast aufgehobene Seitneige von BWS und LWS, eine lediglich angedeutete mögliche Rotation, ein Finger-Boden-Abstand von 30 cm, ein deutlicher Klopf-schmerz im dorsolumbalen Übergang und über beiden Ileosakralgelenken, eine deutliche vermehrte BWS-Kyphosierung bei aufgehobener LWS-Lordose sowie ein deutli-cher Schultervorfall beidseits beschrieben.
Am 8. Januar 2003 beantragte die Klägerin die Bewilligung einer Rente wegen Er-werbsminderung bei der Beklagten. Seit 2002 leide sie an Morbus Bechterew und Osteoporose. Deshalb könne sie keinerlei Arbeiten mehr verrichten (Bl. 3 R. Verwal-tungsakte). Die Beklagte holte zunächst ein Gutachten von ihrem Sozialmedizinischen Dienst ein (Dr. Sch. ; Fachärztin für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin). Diese stellte unter dem 10. April 2003 die Diagnose auf eine Spondylitis ankylosans (Morbus Bech-terew) mit ausgeprägter Funktionseinschränkung der Wirbelsäule sowie eine Osteopo-rose. Sie empfahl die Durchführung eines stationären Heilverfahrens zum "Versuch, die Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu erhalten" (Bl. 10 ärztlicher Teil Verwaltungsakte).
Daraufhin nahm die Klägerin vom 4. bis 25. Juni 2003 in der K. -M. -Klinik für Rheu-matologie, Orthopädie und Psychosomatik in W. an einer Rehabilitationsmaßnahme teil. Aufgrund der noch stark vorhandenen Schmerzsymptomatik sei sie als arbeitsun-fähig entlassen worden. Folgende Diagnosen sind gestellt worden:
1. Spondylitis ankylosans mit fortgeschrittener Versteifung der Wirbelsäule in noch funktionsgünstiger Haltung, 2. Chronisches pseudoradikuläres Cervicobrachialsyndrom bei NPP C4/5, 3. Fingerpolyarthrose, 4. Osteoporose, 5. Struma multinodosa.
In der formularmäßigen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung werden leichte kör-perliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in Tagesschicht sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtet. Als Küchenhilfe in einer Kantine sei die Klä-gerin nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. In ihrer abschließenden Stellung-nahme kam die Fachärztin für Innere Medizin/Angiologie/Sozialmedizin und leitende Ärztin des sozialmedizinischen Dienstes Dr. Moser unter dem 13. August 2008 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne Zwangshaltungen, ohne Kälte, Nässe oder Zugluft, ohne Arbeiten im Knien, in der Hocke oder auf Leitern und Gerüsten und ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Finger sechs Stunden und mehr verrichten kön-ne.
Mit Bescheid vom 25. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 8. Januar 2003 "auf Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau" ab und legte dar, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür lägen nicht vor. Weiter heißt es: "Nach den getroffenen Feststellungen besteht keine vermin-derte Berufsfähigkeit im Bergbau. Nach den getroffenen Feststellungen besteht weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung". Mit hausinternem Schreiben vom gleichen Tage führte die Beklagte aus, eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung sei abgelehnt worden. Gegen den Bescheid vom 25. September 2003 legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung lägen bei ihr vor.
Weiter lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Oktober 2003 den Rentenantrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab. Zur Begründung heißt es, die Klägerin könne u. a. noch als Bürohilfskraft sechs Stunden und mehr täglich tätig sein. Hiergegen legte die Klägerin am 6. November 2003 Widerspruch ein. Trotz der zahlreichen Bemühungen der Ärzte sei es bislang nicht gelungen, ihre Schmerzen auch nur ansatzweise zu lindern. Selbst kurze Spa-ziergänge seien eine Qual. Bereits die Arbeiten des täglichen Lebens fielen ihr sehr schwer. Einer Erwerbstätigkeit könne sie keinesfalls mehr nachgehen (Bl. 83 Verwal-tungsakte). Die Beklagte wies mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 30. Januar 2004 die Widersprüche als unbegründet zurück. In dem ersten Bescheid heißt es, die Rente für Bergleute scheitere an den dafür fehlenden versicherungsrechtlichen Vorrausetzungen. In dem zweiten wird ausgeführt, der Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe nicht, da die Klägerin noch leichte körperli-che Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne. Dies habe die Auswer-tung der ärztlichen Befundunterlagen ergeben (Bl. 100 Verwaltungsakte).
Hiergegen hat die Klägerin am 20. Februar 2004 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Ihre Erkrankung sei kontinuierlich fortgeschritten und sie leide unter Schmerzen, die kaum darstellbar seien. Der Art nach sei ihre Erkrankung auch nicht heilbar.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Behandlungs- und Be-fundberichten von der Fachärztin für Orthopädie Dr. L. vom 1. April 2004 und von der Fachärztin für Gynäkologie Dipl.-Med. S. vom 21. April 2004 (Bl. 25 ff., 31 ff. Gerichtsakte I). Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten von dem Facharzt für Ortho-pädie Dr. K. vom 29. August 2004 eingeholt, der die Klägerin am 25. Juni 2004 untersucht hat (Bl. 45 ff. Gerichtsakte I). Dieser hat festgestellt, dass die Klägerin auf-grund der ausgeprägten schmerzhaften Funktionsstörung der gesamten Wirbelsäule und des Bandscheibenvorfalls in der Halswirbelsäule nur noch leichte Arbeiten unter drei Stunden täglich ausüben könne. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule habe sich ge-genüber dem Kurbericht vom 29. Juli 2003 deutlich verschlechtert und auch noch ein-mal gegenüber dem Befundbericht von Dr. L. vom 1. April 2004.
Die Beklagte hat den Eintritt des Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung für den 1. April 2004 anerkannt, aber zugleich darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vorlägen (Bl. 52 Gerichtsakte I). Daraufhin hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. vom 12. Juni 2005 angefordert (Bl. 64, 67 Gerichtsakte I). Darin hat der Sach-verständige klargestellt, dass die Verschlimmerung im Rahmen der bechterewschen Erkrankung in akuten Schüben und nicht binnen weniger Wochen auftreten könne, so dass vom Eintritt eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens zwischen dem 25. Juni 2003 (Ende der stationären Kur) und dem 1. April 2004 (Bericht der Dr. L. ) aus-gegangen werden müsse. Eine genaue Festlegung des Zeitpunkts des Eintritts eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens sei ihm nicht möglich.
Mit Urteil vom 1. November 2005 hat das Sozialgericht Halle die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab dem 1. Februar 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab dem 1. August 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren und die Klage im übrigen abgewiesen (Bl. 94 ff. Gerichtsakte). Nach Auffassung des Gerichts ha-be die Klägerin bereits am 8. Januar 2003 und damit bei Rentenantragstellung über ein nur noch unter sechsstündiges Leistungsvermögen verfügt.
Gegen das ihr am 29. November 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Schon aus der ergänzenden Stellungnahme von Dr. Kothe vom 15. Juni 2005 ergebe sich, dass der Eintritt eines unter sechsstündigen Leistungsvermögen zwischen dem 25. Juni 2003 und dem 1. April 2004 liege. Selbst bei Eintritt des Leistungsfalls eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens am 25. Juni 2003 lägen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen aber nicht mehr vor. Vor diesem Zeitpunkt könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der ersten Instanz ein unter sechsstündiges Leistungsvermögens nicht angenommen wer-den.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 1. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Im Hinblick auf die kontinuierlich fort-schreitende Erkrankung sei es durchaus nachvollziehbar, wenn das Sozialgericht den Eintritt des Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung auf den Tag der Rentenantrag-stellung datiert habe. Auch ihr sich stetig weiter verschlechternder Gesundheitszustand spreche dafür, dass ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen bereits zu einem Zeitpunkt weit vor der Begutachtung durch Dr. K. gelegen habe. Inzwischen sei die Schmerzsymptomatik auch mit Morphium nicht mehr beherrschbar.
Der Senat hat Behandlungs- und Befundberichte von der Orthopädin Dr. L. vom 9. Oktober 2007 und von der Hausärztin, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 27. Januar 2008 eingeholt. Dr. L. hat den Krankheits-verlauf im Verlaufe des Jahres 2004 als deutlich progredient beschrieben (Bl. 218 ff. GAII). Dr. R. hat eine kontinuierliche Verschlechterung mit Zunahme der Bewegungseinschränkung seit 2003 angegeben (Bl. 246 ff. Gerichtsakte II).
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen schon seit dem Jahre 20002 problematisch sind. Zu der Frage, ob die Klägerin vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2000 und vom 1. Juli 2001 bis 16. Juni 2002 arbeitslos gemeldet war, hat der Senat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. (Sachbearbeiter des Arbeitsamtes) und H. (Ehemann der Klägerin). Wegen des Be-weisergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2009 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet; das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin ist durch die ablehnenden Bescheide der Beklagten nicht beschwert. Denn ihr steht keine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung zu.
I. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Er-werbsminderung, wenn sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben (sog. 3/5-tel Belegung) und erwerbsgemindert sind.
Zwar ist die Klägerin bei der Beklagten versichert und hatte nach deren Berechnung, der der Senat folgt, zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8. Januar 2003 die allgemei-ne Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monaten) exakt zurückge-legt (vgl. Bl. 298 f.). Auch ist die Klägerin - spätestens seit dem 1. April 2004 - erwerbsgemindert. Doch hatte sie bei Eintritt der Erwerbsminderung die 3/5-tel Belegung nicht erfüllt. Wegen der Lücken in ihrem Rentenversicherungsverlauf erreichte die Klägerin die 3/5-tel Belegung zuletzt am 1. Juli 2002 (vgl. dazu Ziff. 1); zu diesem Zeit-punkt war Erwerbsminderung noch nicht eingetreten (vgl. dazu Ziff. 2). Von dieser Voraussetzung kann nicht ausnahmsweise abgesehen werden (dazu Ziff. 3).
1. Die Klägerin erfüllte die 3/5-tel Belegung zuletzt noch am 1. Juli 2002. Für einen medizinischen Leistungsfall ab dem 2. Juli 2002 gilt Folgendes:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI müssen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit liegen. Für die Berechnung des Fünf-Jahreszeitraums gelten die Vorschriften zur Fristenberechnung (§ 26 SGB X i.V.m. §§ 187, 188 BGB). Der Zeitraum beginnt somit taggenau fünf Jahre vor dem Tag des Ein-tritts der Erwerbsminderung und endet am Tag vor dem Eintritt der Erwerbsminderung. Liegen innerhalb dieses Zeitraums mehr als zwei Jahre ohne Pflichtbeiträge, kann die 3/5-Belegung nicht erfüllt sein.
Die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 1. Juli 2002 umfasst mehr als zwei Jahre vor dem 2. Juli 2002. In dieser Zeit liegen keine Zeiten mit Pflichtbeiträgen vor. Vielmehr wurde der letzte Pflichtbeitrag nach dem Versicherungsverlauf der Beklagten (Bl. 291, 292 Ge-richtsakte) und auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin 1991 gezahlt. Auch nach dem 1. Juli 2002 liegen keine Pflichtbeitragszeiten vor.
Dieser Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis 1. Juli 2002 ist auch nicht mit anderen Zeiten be-legt, die gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI zu einer Verschiebung des Zeitraums der 3/5-tel Belegung führen können.
a) Anrechnungszeiten im Sinne von § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI liegen in diesem Zeit-raum von mehr als zwei Jahren vor dem 2. Juli 2002 nicht vor. Solche Zeiten sind gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 SGB VI Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeits-losmeldung mit Leistungsbezug oder Arbeitslosmeldung ohne Leistungsbezug allein wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens. Solche Anrech-nungszeiten liegen gem. § 58 Abs. 2 SGB VI aber nur vor, wenn dadurch eine versi-cherte Beschäftigung unterbrochen wurde. Dies war hier nicht der Fall. Vielmehr hatte sich die Klägerin 1995 nach mehrjähriger Zeit als Hausfrau wieder arbeitsuchend gemeldet und blieb dies bis 30. Juni 2000. Damit sind diese Zeiten seit 1995 keine An-rechnungszeiten.
b) Weiter kann sich der Zeitraum von fünf Jahren auch durch Zeiten verlängern, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist (§ 43 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI). Voraus-setzung ist allerdings, dass dann in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten &61607; ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder &61607; eine Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI oder &61607; eine Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI vorliegt. Das ist bei der Klägerin in dem Zeitraum von sechs Monaten vor dem 6. Okto-ber (also seit dem 5. April 2000) nicht der Fall.
Pflichtbeiträge sind seit 1991 nicht mehr gezahlt worden. Verlängerungszeiten nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Eine Rente hat die Klägerin bis 1. Februar 2003 nicht bezogen; Anrechungszeiten lagen ebenfalls - wie bei a) dargelegt - seit 1995 (und noch länger) nicht mehr vor. Schließlich liegen im fraglichen Zeitraum auch keine Ver-längerungszeiten nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI vor. Die dort genannten Berücksichti-gungszeiten sind gemäß § 57 SGB VI Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zu des-sen vollendetem zehnten Lebensjahr. Das jüngste Kind der Klägerin vollendete am 25. März 2000 sein zehntes Lebensjahr. Bei der erneuten Arbeitslosmeldung der Klägerin am 6. Oktober 2000 lag damit die Berücksichtigungszeit bereits länger als sechs Mona-te zurück. Die anschließende Zeit bis zum 30. Juni 2000, in der die Klägerin arbeitslos gemeldet war, war keine Anrechungszeit, weil keine versicherungspflichtige Tätigkeit unterbrochen wurde (§ 58 Abs. 2 SGB VI; vgl. oben bei a).
Entgegen der Behauptung der Klägerin konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass hier der Zeitraum vom 27. März 2000 bis 30. Juni 2001 als ununterbrochene Zeit der Arbeitslosigkeit anzusehen ist, die sich an ihre Erziehungszeit aufgrund der Geburt ihrer beiden Kinder (11. August 1985 bzw. 26. März 1990) anschließt und damit eine berücksichtigungsfähige Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI wäre.
aa) Der Versicherungsverlauf der Beklagten vom 25. September 2003 mit der Feststellung von Lücken vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2001 bindet den Senat allerdings nicht. Dieser ist nur eine Anlage zu dem Bescheid der Beklagten zu der Ablehnung einer Rente (Bl. 88. Verwaltungsakte), für die die hier streitige Lücke bedeutungslos war.
Dieser Bescheid ist zudem nicht bindend geworden, sondern Gegenstand des anhängigen Verfahrens, da die Beklagte damit erstmals die hier streitige Rente abgelehnt hat. In dem Bescheid heißt es: "Nach den getroffenen Feststellungen besteht keine verminderte Berufsfähigkeit im Bergbau. Nach den getroffenen Feststellungen besteht weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung". Auch die Beklagte hat zu-nächst die Ansicht vertreten, mit diesem Bescheid eine Rente wegen voller und teilwei-ser Erwerbsminderung abgelehnt zu haben (vgl. Bl. 67 Verwaltungsakte). Gegen die-sen Bescheid hat die Klägerin Widerspruch eingelegt und die Zahlung der hier streitigen Rente verlangt. Auch vom objektivierten Empfängerhorizont durfte die Klägerin daher den Bescheid vom 25. September 2003 als Ablehnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ansehen. Damit ist auch dieser Bescheid, gegen den die Klägerin fristgerecht Widerspruch eingelegt hatte, Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens und nicht bestandskräftig geworden.
Schließlich stellt dieser Rentenbescheid auch keinen bindenden Bescheid über den Versicherungsverlauf nach § 149 Abs. 5 SGB VI dar. Nach dieser Vorschrift stellt die Beklagte die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Der hier streitige Zeitraum lag bei Erlass dieses Bescheides erst drei Kalenderjahre zurück. Schließlich wird ein solcher bindender Versicherungsverlauf nur festgestellt, wenn die Beklagte das Versicherungskonto geklärt hat oder der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen hat. Hierfür ist nichts ersichtlich.
bb) Allerdings konnte die Klägerin nicht beweisen, dass sie - wie es § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI fordert - vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2001 als Arbeitsuchende gemeldet war. Dies hat die Klägerin zwar behauptet und ihr Ehemann insoweit auch bestätigt. Jedoch hat die Klägerin eingeräumt, keine konkreten Erinnerungen mehr zu haben. Fest steht zumindest, dass das Arbeitsamt damals etwas anderes der Beklagten ge-meldet hat. Es liegt nahe, dass im Sommer 2000 etwas vorgefallen ist, das zu einer Unterbrechung der Arbeitslosmeldung der Klägerin geführt hat. Der Zeuge E. als Sachbearbeiter des Arbeitsamts hat angegeben, dass Unterbrechungen der Arbeitslo-sigkeit nicht schon dann gemeldet werden, wenn ein Arbeitsuchender einen Vorspra-chetermin übersieht. Vielmehr muss nach seiner Aussage positiv beim Arbeitsamt eine "Abmeldung" vorliegen. Es bleibt ungeklärt, ob und was hier vorgefallen ist. Die Kläge-rin konnte sich an nichts erinnern, was zu der feststehenden Meldung einer Lücke ge-führt haben könnte. Damit sieht sich der Senat außerstande, diese Lücke in irgendei-ner Form zu schließen.
Zwar kann ein Irrtum des Arbeitsamtes nicht ausgeschlossen werden; jedoch ist es mindestens ebenso wahrscheinlich, dass nur der Grund für eine zutreffende und rechtmäßige Meldung einer Lücke nicht mehr aufklärbar ist. Die erneute Arbeitslosmeldung mitten in einem Monat (6. Oktober 2000) spricht zumindest eher für ein tatsächliches Ereignis (z.B. eine Vorstellung der Klägerin beim Arbeitsamt), welches zu dieser erneuten Arbeitslosmeldung führte. Es ist auch nur schwer vorstellbar, dass die Kläge-rin bei der ersten Vorsprache nach dieser Lücke nichts bemerkt hat. Der Senat hält es zudem für unwahrscheinlich, dass die Klägerin über das Ende der gemeldeten Arbeitslosigkeit nicht durch das Arbeitsamt informiert worden ist, wie es für den späteren Zeit-raum ab Juli 2001 geschah (Bl. 323 Gerichtsakte). Die Korrektur eines Irrtums im Allgemeinen auch rückwirkend und eher zum Anfang eines Monats erfolgt.
Ebenso wenig wie sich die Klägerin an eine konkrete Meldung als arbeitsuchend erin-nern kann, vermag sie im Übrigen noch konkrete andere Daten anzugeben. So hat sie beispielsweise angegeben, in der Zeit vom 18. April 2001 bis 25. Februar 2002 nicht beim Arbeitsamt gemeldet gewesen zu sein, weil sie schon krank gewesen sei. In die-sem Zeitraum war sie nach dem Versicherungsverlauf der Beklagten jedoch teilweise als arbeitsuchend gemeldet. In der mündlichen Verhandlung hat sie angegeben, noch im Jahre 2002 bei Dr. "K." in Behandlung gewesen zu sein; gegenüber dem Sozial-gericht hat sie jedoch angegeben, schon im Jahre 2001 sei die Behandlung bei Dr. Kuminek beendet worden. Die letztgenannte Angabe erfolgte im März 2004 und damit deutlich zeitnäher.
Ähnlich wird an der Aussage des Ehemannes der Klägerin deutlich, dass konkrete Erinnerungen angesichts des lang zurückliegenden Zeitraumes auch bei ihm nicht mehr vorhanden sind. Ausdrücklich hat dieser angegeben, dass er sich an eine Mitteilung des Arbeitsamtes, wonach die Zeit der Arbeitslosmeldung beendet worden sei, nicht erinnern könne. Eine solche Mitteilung hat die Klägerin jedoch selbst in das Verfahren eingeführt (Bl. 323 Gerichtsakte). Der Senat ist nicht überzeugt, dass dem Arbeitsamt oder der Beklagten ein Fehler bei der Meldung oder Speicherung dieser Lücke oder der vorherigen Lücke unterlaufen ist. Dafür gibt es keinen überzeugenden Anhaltspunkt.
c) Der Lückenzeitraum vom 1. Juli 2000 bis 5. Oktober 2000 kann auch nicht als so genannte Überbrückungszeit qualifiziert werden. Bei dieser von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur (vgl. BSG, 6.08.1986 - 5a RKn 21/85, SozR 2200 § 1259 Nr. 94 m.w.N.) handelt es sich um eine Zeit, die den Anschluss gewährleistet, d.h. vorhandene Lücken zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Erwerbstätig-keit (bzw. einer Anrechnungszeit) und dem Beginn einer (weiteren) Anrechnungszeit ausfüllt. Eine solche Zeit ist selbst keine Anrechnungszeit. Sie füllt lediglich eine Lücke innerhalb einer Kette von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten mit der Folge, dass der Zurechnungszusammenhang mit nachfolgenden Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten bestehen bleibt (BSG, a.a.O.). Rechtfertigender Grund für die Anerkennung einer Überbrückungszeit ist im Wesentlichen, dass der Versicherte im jeweiligen Zeit-raum noch dem Kreis der Arbeitsuchenden im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass die Lücke unverschuldet, also durch vom Versicherten nicht zu vertretende Umstände, oder durch ein sozialadäquates, insbe-sondere durch ein von Verfassungs wegen schützenswertes Verhalten entstanden ist (BSG, a.a.O). Hier ist aber nicht näher aufklärbar, ob - und verneinendenfalls warum nicht - die Klägerin in dieser Zeit arbeitsuchend war.
Die verbleibenden Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Überbrückungszeit (siehe unter c) oder einer Zeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI (vgl. oben unter b) vorliegen, gehen zu Lasten der Klägerin; sie trägt die Beweislast dafür, dass sie damals arbeits-los gemeldet war oder andere Umstände vorlagen, die zu einer Verlängerung des 5-Jahreszeitraumes führen. Ein Grundsatz, dass im Zweifel zugunsten des Versicherten entschieden werden müsste, ist dem Sozialversicherungsrecht fremd (BSG, 2.2.1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 287). Grundsätzlich müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen bewiesen sein, d.h., dass für sie ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit bestehen muss, dass sich vernünftigerweise die richterliche Überzeugung hierauf stützen kann. Dies erfordert einen der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit (BSG, a.a.O.). Fehlt es trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 103 SGG), an dieser Wahrscheinlichkeit, so sind die Folgen der objektiven Beweislosigkeit von demjenigen Beteiligten zu tragen, der aus den feststellungsbedürftigen, aber nicht bewiesenen Tatsachen ein Recht herleiten will. In diesem Sinne gibt es in allen Angelegenheiten der Sozialge-richtsbarkeit den von dem Grundsatz der Beweisführungslast zu unterscheidenden Grundsatz der objektiven oder materiellen Beweislast oder Feststellungslast (vgl. BSG, 29.3.1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53).
Diese Beweislast belastet die Klägerin auch nicht unzumutbar. Die Beklagte kann nicht angesichts der jährlich millionenfach gemeldeten Lücken zeitnah bei Krankenkas-sen bzw. Arbeitsämtern nachfragen, ob diese Lücken zu Recht gemeldet wurden. Vielmehr hätte die Klägerin bereits spätestens am 25. September 2003 aus dem ablehnenden Bescheid der Beklagten diese Lücken erkennen können; damals wäre eine Klärung besser möglich gewesen. Erschwerend kommt hinzu, dass ihr das Arbeitsamt damals zeitnah unter dem 28. Januar 2002 bescheinigt hat, dass die gemeldete Ar-beitslosigkeit zum 30. Juni 2001 auf Grund der Nichterneuerung des Vermittlungsgesuchs beendet worden sei (Bl. 323 Gerichtsakte). Ausdrücklich war die Klägerin inso-weit auf Nachteile auch hinsichtlich des Wegfalls eines eventuell bestehenden Versicherungsschutzes bei "Berufs-/Erwerbsunfähigkeit" hingewiesen worden.
2. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin wahrscheinlich im Juni 2003, jedenfalls aber im Juli 2002 noch in der Lage war, eine leichte Arbeit sechs Stunden täglich zu verrichten. Auf die ausdrückliche Frage hat der vom Sozialgericht gehörte Sachver-ständige Dr. K. ausgeführt, der Zeitpunkt eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens sei nicht genau zu datieren. Er müsse zwischen dem 25. Juni 2003 (Entlas-sung aus der medizinischen Rehabilitation) und dem 1. April 2004 eingetreten sein.
Dr. K. hat damit ausdrücklich auch die Feststellung der Rehabilitationsklinik in Wiesbaden bestätigt, wonach die Klägerin noch sechs Stunden und mehr für eine leichte Tätigkeit einsatzfähig sei.
Diese bessere Leistungsfähigkeit im Jahre 2003 im Vergleich zum Jahre 2004 ist nachvollziehbar, denn die im Rahmen der Rehabilitation erhobenen Befunde waren deutlich besser als die von Dr. K. festgestellten. So war bei der Rehabilitation die Rotation rechts/links mit 80/0/80 Grad (Dr. K. 25/0/40 Grad), die Seitneige rechts/links mit 40/0/40 Grad (Dr. K. 10/0/15 Grad), Finger- Bodenabstand 5 Zenti-meter (Dr. K. 53 Zentimeter), Zeichen nach Schober 10/11 Zentimeter (Dr. K. 10/10), Rotation Lendenwirbelsäule rechts/links 40/0/30 Grad (Dr. K. 5/0/5 Grad), Seitneigung rechts/links 20/0/20 Grad (Dr. K. 5/0/5 Grad). Nach den Beobachtungen der Reha-Klinik gelang das Entkleiden selbständig unter Benutzung aller Extremitäten. Das Gangbild war unauffällig. Die Atembreite betrug 1,5 Zentimeter (Atembreite bei Dr. K. 3,5 Zentimeter). Der in der Reha-Klinik festgestellte Status war unauffällig (Muskeleigenreflexe seitengleich, kein Babinski, Lasègue negativ, Einbeinstand, Zehen- und Hackengang regelrecht demonstrierbar, keine Störung der Grob- und Feinmotorik, Sensibilität orientieren unauffällig, kein Tremor).
Angesichts dieser Befunde bleibt die Leistungseinschätzung der Reha-Klinik auch nachvollziehbar, wenn die Befunde des Fachkrankenhauses für Rheumatologie und Orthopädie im Dezember 2002 noch eher schlechter waren (vergleiche Bericht vom 24. Januar 2003, Bl. 27 Gerichtsakte). Danach war die Beweglichkeit der Brust- und Len-denwirbelsäule in der Seitneige nahezu aufgehoben; die Rotation war nur angedeutet beidseits möglich. Der Finger- Bodenabstand betrug 30 Zentimeter und das Zeichen nach Schober 10/11 Zentimeter.
Die objektiven Befunde der Rehabilitationsklinik passen auch zu den subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin. Auch diese deuten nicht darauf hin, dass damals leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen unzumutbar gewesen wären. Denn die Klägerin gab an, dass nur langes Liegen, Sitzen und Stehen sehr schmerzhaft seien; nach ihren Angaben war eine Wegstrecke von ca. 1.000 Meter noch möglich.
Der Richtigkeit der Einschätzung dieser Klinik steht auch nicht entgegen, dass unter der Nr. 10 des Entlassungsberichtes ausgeführt wurde, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt halte man die Klägerin "nach entsprechender klinischer Besserung für prinzipiell vollschichtig einsatzfähig für leichte körperliche Tätigkeiten". Maßstab ist nicht, ob die Klägerin zu einer vollschichtigen Tätigkeit in der Lage gewesen wäre. Maßgeblich ist vielmehr die Zeitgrenze von sechs Stunden / Tag. Im Rahmen der entsprechenden medizinischen Beurteilung auf Seite 1a des Entlassungsberichtes (Leistungsfähigkeit "6 Stunden und mehr") erfolgte insoweit keine Einschränkung. Im Gegenteil heißt es dort ohne Bezug auf eine Tätigkeit von sechs Stunden und mehr: "Nach entsprechender Besserung der Beschwerdesymptomatik im Rahmen der Grunderkrankung ist eine Verbesserung des Leistungsbildes prinzipiell denkbar." Allein aus der von der Reha-Klinik angegebenen "Schmerzsymptomatik" lässt sich noch keine bestimmte zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin ableiten. Insbesondere ist dieses Symptom allein nicht geeignet, die ausdrückliche ärztliche Beurteilung von einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr zu widerlegen. Dies wird auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass die Klägerin aus der Rehabilitation als arbeitsunfähig entlassen wurde. Offenbar stellte man bei der Frage der Arbeitsfähigkeit einer Arbeits-losen auf ihre letzte berufliche Tätigkeit ab. Dies zeigt sich deutlich unter Nr. 10 des Reha-Entlassungsberichts: "Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe entspricht somit nicht dem Leistungsbild, da diese Arbeit mit schwerem Heben und Tragen ist. Deshalb und auch aufgrund der noch starken vorhandenen Schmerzsymptomatik erfolgte die Entlassung arbeitsunfähig."
Unerheblich ist insoweit, dass es der Reha-Klinik nach eigener Einschätzung nicht gelang, das Leistungsvermögen der Klägerin wesentlich zu verbessern. Nach dem vorangegangenen Gutachten von Dr. Sch. aufgrund der ambulanten Untersuchung am 4. April 2003 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwerbsgemindert. Die Gutachterin hat die Rehabilitationsmaßnahme gerade empfohlen, um "die Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu erhalten". Noch deutlicher heißt es in ihrer handschriftlichen Bemerkung auf Seite 14 der Verwaltungsakte, es solle versucht werden, die "vollschichtige Erwerbsfähigkeit zu erhalten". Ausdrücklich verneinte sie die Frage, ob eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege. Dies passt auch zu ihren sonstigen Befunden. Danach war die Klägerin noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisefähig; sie selbst hat angegeben, Laufen sei noch 30 Minuten möglich. Aufgrund der Schmerzen und der verminderten körperlichen Belastbarkeit müsse sie sich mittags hinlegen. Den Haushalt könne sie nur in Pausen verrichten. Auch diese subjektiven Beschwerdean-gaben sprechen dafür, dass der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt noch eine leichte Arbeit im Wechsel der Haltungsarten unzumutbar war. Das Gangbild war ebenfalls flüssig; die Atembreite betrug 1,5 Zentimeter. Allerdings war nach Einschätzung der Gutachterin die Drehung der Wirbelsäule nur mit dem gesamten Körper möglich. Jedoch gab es neurologisch keine Auffälligkeiten.
Dieser Einschätzung der Reha-Klinik haben sich schließlich später auch Dr. M. vom Sozialmedizinischen Dienst und Dr. K. angeschlossen. Umgekehrt gibt es keinen Arzt, der eine Begrenzung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin auch unter sechs Stunden für die Zeit bis zur Entlassung aus der medizinischen Rehabilitation im Juni 2003 angenommen hätte.
Selbst Dr. L. hat in ihrem Befundbericht gegenüber dem Sozialgericht unter dem 1. April 2004 (letzte Vorstellung der Klägerin im März 2004) noch ausgeführt, langes Lie-gen, Sitzen und Stehen seien sehr schmerzhaft und es beständen zunehmende Bewe-gungseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule. Dies spricht nicht gegen eine Arbeit im Wechsel der Haltungsarten.
Für die Festlegung des medizinischen Leistungsfalles ein Jahr vor der Entlassung aus der Rehabilitation, d. h. vor dem 25. Juni 2002, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Mor-bus Bechterew lag zwar im Juni 2002 vermutlich bereits vor; jedoch wurde er erst Monate später überhaupt diagnostiziert (September 2002). Die Klägerin hat auch im Ren-tenantrag am 8. Januar 2003 angegeben, sie sei erst seit dem 5. Dezember 2002 ar-beitsunfähig.
3. Ein Ausnahmetatbestand, nach dem die Erfüllung der 3/5-Belegung nicht erforderlich ist, liegt nicht vor. Dies ist der Fall, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Dies ist nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB VI der Fall, wenn die Klägerin &61607; wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, &61607; wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldatin auf Zeit, &61607; wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienst-leistende oder &61607; wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz) vermindert erwerbsfähig geworden ist. Hierfür gibt es keinen Anhaltspunkt.
Weiter haben Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jah-ren erfüllt haben. Die Klägerin erfüllt aber nur knapp die Wartezeit von 5 Jahren.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved