Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 348/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 126/10 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Eilbedürftigkeit im einstweiligen Rechtsschutz
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.04.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Weitergewährung von Arbeitslosengeld.
Der Antragsteller erhielt auf Grund Arbeitslosmeldung vom 17.4.2009 gemäß bestandskräftigen Bescheiden der Antragsgegnerin zur Bewilligung von Arbeitslosengeld und zum Eintritt einer Sperrzeit (Bescheide vom 27.05.2009 - Widerspruchsbescheid vom 05.06.2009 und 26.06.2009) Arbeitslosengeld ab 18.02.2009 bis 26.03.2010. Das diesen Entscheidungen zu Grunde liegende Arbeitsverhältnis war durch außerordentliche Arbeitgeberkündigung zunächst zum 03.04.2009 beendet worden. Mit Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht München vom 07.04.2010 wurde das Ende auf den 30.11.2009 bestimmt.
Am 25.03.2010 hat der Antragsteller beim Sozialgericht München mit "Eilantrag auf einstweiligen Rechtsschutz" beantragt, ihm bis auf weiteres Arbeitslosengeld I zu gewähren und auszuzahlen.
Mit Schreiben vom 20.04.2010 beantragte der vormalige Arbeitgeber des Antragstellers, durch eine Überleitungsanzeige der Antragsgegnerin veranlasst, die auf die Antragsgegnerin übergegangenen Entgeltansprüche iHv 5.217,52 EUR in 6 Monatsraten abzahlen zu können.
Mit Beschluss vom 21.04.2010 hat das Sozialgericht München den Eilantrag des Antragstellers abgewiesen, weil nicht erkennbar sei, dass die bestandskräftige Feststellung der Sperrzeit und die bestandskräftige Bewilligung von Arbeitslosengeld offenbar unrichtig sei. Der Antragsteller habe während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung erhalten, also trotz Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses bis 31.11.2009. Es handele sich insoweit um eine vorbehaltslose vollumfängliche Leistungsgewährung, die nur aus Billigkeitsgründen und erst dann abzuändern sei, wenn der Arbeitgeber das rückständige Entgelt wegen des Anspruchsüberganges auf die Antragsgegnerin an diese vollumfänglich erstattet habe.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und eine komplette Neuberechnung des Arbeitslosengeldes entsprechend der vom Arbeitgeber geschuldeten Nachzahlung begehrt. Es sei unbillig, wenn erst nach Durchsetzung der auf die Antragsgegnerin übergegangenen Ansprüche eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes erfolgen könne.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber unbegründet, weil weder Anordnungsgrund noch Anordnungsanspruch erkennbar sind.
1.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines Rechtszustandes - wie hier zum streitigen Umfange des Arbeitslosengeldes - treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher rechtswidriger Nachteile nötig erscheint. In diesem gerichtlichen Eilverfahren ist die Entscheidung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu orientieren und dabei eine summarische Prüfung der Sachlage durchzuführen. Denn es handelt sich vorliegend nicht um eine existenziell bedeutsame Leistung der Grundsicherung. Zudem muss Eilbedürftigkeit bestehen, die auch glaubhaft zu machen ist, § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 920 ZPO.
2.
Vorliegend hat der Kläger mit bestandskräftigen Bescheiden vom 27.05.2009 /Widerspruchsbescheiden vom 05.06.2009 und 26.06.2009 Arbeitslosengeld ab 18.02.2009 bis 26.03.2010 bewilligt erhalten. Dies geschah im Rahmen der sog. Gleichwohlgewährung, also obwohl der Kläger bis 31.11.2009 in einem Arbeitsverhältnis gestanden hatte. Diese Bewilligung ist bindend, eine nachträgliche Korrektur ist gesetzlich nicht vorgesehen. Insoweit wird die Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen, so dass es keiner weiteren Begründung bedarf, § 142 Satz 3 SGG.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass die Gleichwohlgewährung den Arbeitnehmer für die Zeit der Ungewissheit über einen Arbeitsentgeltanspruch oder bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers davor schützt, gar keine Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts zu erhalten. Dieser Schutz - einschließlich dem daraus resultierenden Kranken(Familien)- und Rentenversicherung des Leistungsempfängers - ist nur möglich, wenn die Arbeitslosengeld-Bewilligung nicht nur unter Vorbehalt, sondern endgültig erfolgt. Die Gewährung bleibt in der Folge auch dann rechtmäßig, wenn der Arbeitslose später doch noch das Arbeitsentgelt erhält oder dieses an die Bundesagentur gezahlt wird; die Zahlung wirkt insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung des Arbeitslosengeldes zurück (st. Rspr. vgl BSG 29. 11. 1988 - 11/7 RAr 79/87 - SozR 4100 § 117 Nr 23; BSG 25. 10. 1989 - 7 RAr 108/88 - SozR 4100 § 117 Nr 26 S 139; BSG 9. 8. 1990 - 7 RAr 104/88 - SozSich 91, 223).
Arbeitslosengeld, das durch Gleichwohlgewährung gezahlt wurde, ist auf die Anspruchsdauer (§ 127, § 128 SGB III) anzurechnen. Die Anrechnung entfällt nach ausschließlich von der Rechtsprechung entwickelten Billigkeitsgrundsätzen, wenn die Antragsgegnerin auf dem Wege über § 115 SGB X den Betrag vom Arbeitgeber zurückerhalten hat (BSG Urteil vom 03.12.1998 - B 7 Al 34/98 R mwN). Diese Änderungspflicht bestreitet die Antragsgegnerin im Übrigen nicht.
Das Eintreten wesentlicher rechtswidriger Nachteile zu Lasten des Antragstellers ist damit weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich.
3.
Zur Eilbedürftigkeit der Entscheidung fehlt es sowohl am Vortrag als auch an der Glaubhaftmachung. Außerdem ist die Eilbedürftigkeit auch sonst nicht zu erkennen. Dem Antragsteller war seit Bestandskraft der Entscheidungen der Antragsgegnerin Ende Oktober 2009 das konkrete Ende des Arbeitslosengeldes am 26.03.2009 bekannt. Er hat auch (anteilige) Entgelt-Nachzahlungen des Arbeitgebers aus dem vollstreckbaren Vergleich vor dem Arbeitsgericht München vom 07.04.2010 zu erhalten. Gründe, warum der 1967 geborene Antragsteller, der mit im Stundentakt verkehrenden öffentlichen Verkehrsmitteln in weniger als einer Stunde die Landeshauptstadt München mit ihrem umfassenden Arbeitsplatzangebot erreichen kann, in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Fahrer dauerhaft keinen Arbeitsplatz finden könnte, um sich so durch Erwerbstätigkeit seine Lebensgrundlage zu erwirtschaften, sind nicht ersichtlich.
Mangels Eilbedürftigkeit bleibt somit die Beschwerde ebenfalls ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Weitergewährung von Arbeitslosengeld.
Der Antragsteller erhielt auf Grund Arbeitslosmeldung vom 17.4.2009 gemäß bestandskräftigen Bescheiden der Antragsgegnerin zur Bewilligung von Arbeitslosengeld und zum Eintritt einer Sperrzeit (Bescheide vom 27.05.2009 - Widerspruchsbescheid vom 05.06.2009 und 26.06.2009) Arbeitslosengeld ab 18.02.2009 bis 26.03.2010. Das diesen Entscheidungen zu Grunde liegende Arbeitsverhältnis war durch außerordentliche Arbeitgeberkündigung zunächst zum 03.04.2009 beendet worden. Mit Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht München vom 07.04.2010 wurde das Ende auf den 30.11.2009 bestimmt.
Am 25.03.2010 hat der Antragsteller beim Sozialgericht München mit "Eilantrag auf einstweiligen Rechtsschutz" beantragt, ihm bis auf weiteres Arbeitslosengeld I zu gewähren und auszuzahlen.
Mit Schreiben vom 20.04.2010 beantragte der vormalige Arbeitgeber des Antragstellers, durch eine Überleitungsanzeige der Antragsgegnerin veranlasst, die auf die Antragsgegnerin übergegangenen Entgeltansprüche iHv 5.217,52 EUR in 6 Monatsraten abzahlen zu können.
Mit Beschluss vom 21.04.2010 hat das Sozialgericht München den Eilantrag des Antragstellers abgewiesen, weil nicht erkennbar sei, dass die bestandskräftige Feststellung der Sperrzeit und die bestandskräftige Bewilligung von Arbeitslosengeld offenbar unrichtig sei. Der Antragsteller habe während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung erhalten, also trotz Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses bis 31.11.2009. Es handele sich insoweit um eine vorbehaltslose vollumfängliche Leistungsgewährung, die nur aus Billigkeitsgründen und erst dann abzuändern sei, wenn der Arbeitgeber das rückständige Entgelt wegen des Anspruchsüberganges auf die Antragsgegnerin an diese vollumfänglich erstattet habe.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und eine komplette Neuberechnung des Arbeitslosengeldes entsprechend der vom Arbeitgeber geschuldeten Nachzahlung begehrt. Es sei unbillig, wenn erst nach Durchsetzung der auf die Antragsgegnerin übergegangenen Ansprüche eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes erfolgen könne.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber unbegründet, weil weder Anordnungsgrund noch Anordnungsanspruch erkennbar sind.
1.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines Rechtszustandes - wie hier zum streitigen Umfange des Arbeitslosengeldes - treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher rechtswidriger Nachteile nötig erscheint. In diesem gerichtlichen Eilverfahren ist die Entscheidung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu orientieren und dabei eine summarische Prüfung der Sachlage durchzuführen. Denn es handelt sich vorliegend nicht um eine existenziell bedeutsame Leistung der Grundsicherung. Zudem muss Eilbedürftigkeit bestehen, die auch glaubhaft zu machen ist, § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 920 ZPO.
2.
Vorliegend hat der Kläger mit bestandskräftigen Bescheiden vom 27.05.2009 /Widerspruchsbescheiden vom 05.06.2009 und 26.06.2009 Arbeitslosengeld ab 18.02.2009 bis 26.03.2010 bewilligt erhalten. Dies geschah im Rahmen der sog. Gleichwohlgewährung, also obwohl der Kläger bis 31.11.2009 in einem Arbeitsverhältnis gestanden hatte. Diese Bewilligung ist bindend, eine nachträgliche Korrektur ist gesetzlich nicht vorgesehen. Insoweit wird die Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen, so dass es keiner weiteren Begründung bedarf, § 142 Satz 3 SGG.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass die Gleichwohlgewährung den Arbeitnehmer für die Zeit der Ungewissheit über einen Arbeitsentgeltanspruch oder bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers davor schützt, gar keine Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts zu erhalten. Dieser Schutz - einschließlich dem daraus resultierenden Kranken(Familien)- und Rentenversicherung des Leistungsempfängers - ist nur möglich, wenn die Arbeitslosengeld-Bewilligung nicht nur unter Vorbehalt, sondern endgültig erfolgt. Die Gewährung bleibt in der Folge auch dann rechtmäßig, wenn der Arbeitslose später doch noch das Arbeitsentgelt erhält oder dieses an die Bundesagentur gezahlt wird; die Zahlung wirkt insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung des Arbeitslosengeldes zurück (st. Rspr. vgl BSG 29. 11. 1988 - 11/7 RAr 79/87 - SozR 4100 § 117 Nr 23; BSG 25. 10. 1989 - 7 RAr 108/88 - SozR 4100 § 117 Nr 26 S 139; BSG 9. 8. 1990 - 7 RAr 104/88 - SozSich 91, 223).
Arbeitslosengeld, das durch Gleichwohlgewährung gezahlt wurde, ist auf die Anspruchsdauer (§ 127, § 128 SGB III) anzurechnen. Die Anrechnung entfällt nach ausschließlich von der Rechtsprechung entwickelten Billigkeitsgrundsätzen, wenn die Antragsgegnerin auf dem Wege über § 115 SGB X den Betrag vom Arbeitgeber zurückerhalten hat (BSG Urteil vom 03.12.1998 - B 7 Al 34/98 R mwN). Diese Änderungspflicht bestreitet die Antragsgegnerin im Übrigen nicht.
Das Eintreten wesentlicher rechtswidriger Nachteile zu Lasten des Antragstellers ist damit weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich.
3.
Zur Eilbedürftigkeit der Entscheidung fehlt es sowohl am Vortrag als auch an der Glaubhaftmachung. Außerdem ist die Eilbedürftigkeit auch sonst nicht zu erkennen. Dem Antragsteller war seit Bestandskraft der Entscheidungen der Antragsgegnerin Ende Oktober 2009 das konkrete Ende des Arbeitslosengeldes am 26.03.2009 bekannt. Er hat auch (anteilige) Entgelt-Nachzahlungen des Arbeitgebers aus dem vollstreckbaren Vergleich vor dem Arbeitsgericht München vom 07.04.2010 zu erhalten. Gründe, warum der 1967 geborene Antragsteller, der mit im Stundentakt verkehrenden öffentlichen Verkehrsmitteln in weniger als einer Stunde die Landeshauptstadt München mit ihrem umfassenden Arbeitsplatzangebot erreichen kann, in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Fahrer dauerhaft keinen Arbeitsplatz finden könnte, um sich so durch Erwerbstätigkeit seine Lebensgrundlage zu erwirtschaften, sind nicht ersichtlich.
Mangels Eilbedürftigkeit bleibt somit die Beschwerde ebenfalls ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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