Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 81 KR 385/05
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 SF 156/09 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Auslagentatbestände des § 93 SGG sind für gerichtskostenfreie Verfahren abschließend.
Soweit § 93 SGG keine Regelung zur Höhe der vom Gericht zu fertigenden Abschriften trifft, können zur Lückenfüllung die in der Gebührennummer 9000, Ziffer 1, der Anlage I zum GKG genannten Kostensätze herangezogen werden. Die entsprechende Anwendung der dort genannten weiteren Auslagentatbestände (z.B. für Telefax-Ausdrucke) ist ausgeschlossen.
Soweit § 93 SGG keine Regelung zur Höhe der vom Gericht zu fertigenden Abschriften trifft, können zur Lückenfüllung die in der Gebührennummer 9000, Ziffer 1, der Anlage I zum GKG genannten Kostensätze herangezogen werden. Die entsprechende Anwendung der dort genannten weiteren Auslagentatbestände (z.B. für Telefax-Ausdrucke) ist ausgeschlossen.
Auf die Erinnerung des Klägers wird der Bescheid der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 29. Juli 2009 geändert und der vom Kläger zu erstattende Betrag auf 26,05 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
Die nach § 178 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung des Klägers gegen die Entscheidung der Kostenbeamtin vom 29. Juli 2009, durch die ihm gegenüber Schreibauslagen i.H.v. 30,40 EUR festgesetzt wurden, ist nur teilweise begründet. Kosten für Schreibauslagen waren lediglich i.H.v. 26,05 EUR festzusetzen.
Rechtsgrundlage für die Kostenfestsetzung wegen Schreibauslagen ist § 93 Satz 3 SGG. Nach § 93 Sätze 1 bis 3 SGG sind der Klageschrift, den sonstigen Schriftsätzen und nach Möglichkeit den Unterlagen vorbehaltlich des (hier unbeachtlichen) § 65a Abs. 2 Satz 2 SGG Abschriften für die Beteiligten beizufügen. Sind die erforderlichen Abschriften nicht eingereicht, so fordert das Gericht sie nachträglich an oder fertigt sie selbst an.Die Kosten für die Anfertigung können von dem Kläger eingezogen werden.
Der Pflicht, seinen Schriftsätzen einschließlich der Anlagen hierzu in ausreichender Zahl Abschriften beizufügen, ist der Kläger teilweise nicht nachgekommen, obwohl er bereits mit der Berufungseingangsbestätigung des Landessozialgerichts darauf hingewiesen wurde. Im vorliegenden Fall hätte jeweils eine weitere Kopie der Schriftsätze für die Beklagte genügt. Dass auch für die Anlagen zu den Schriftsätzen eines Beteiligten Abschriften erforderlich sind, ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz), dass vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat (Berchtold, in: Hennig, Sozial¬ge¬richts¬gesetz, § 93 Rd. 4). Dies hat zur Folge, dass alle Schriftstücke, die ein Gericht zur Entscheidungsfindung verwerten will oder nach Auffassung eines Beteiligten soll, jedem weiteren Beteiligten zur Kenntnis zu geben sind (vgl. § 108 Satz 2 SGG). Bringt also ein Beteiligter durch Einreichung von Anlagen zu einem Schriftsatz zum Ausdruck, der Inhalt der Anlagen möge vom Gericht bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden, trifft ihn zugleich die Obliegenheit, auch diese Anlagen in ausreichender Anzahl zu übersenden. Allerdings hat ein Beteiligter nach § 93 Satz 1 SGG Unterlagen, d.h. Anlagen zu Schriftsätzen, nur "nach Möglichkeit" in Abschrift beizufügen. Hiermit wird jedoch lediglich zum Ausdruck gebracht, dass vom Regelfall – Abschriften auch für Anlagen beizufügen – in Ausnahmefällen abgewichen werden kann, etwa weil die Anlagen sehr umfangreich sind oder den anderen Beteiligten schon bekannt sind. Ein solcher Ausnahmefall ist bei den von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzten Schreibauslagen nicht zu erkennen.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat das ihr durch § 93 Satz 3 SGG eingeräumte Ermessen ("kann") fehlerfrei ausgeübt. Da § 93 Satz 1 SGG jedem Beteiligten die Pflicht auferlegt, Schriftsätzen Abschriften in ausreichender Anzahl beizufügen, und dies für Anlagen zu Schriftsätzen immerhin zum Regelfall erhoben hat, ist das Ermessen nur dann fehlerhaft ausgeübt worden, wenn einem Beteiligten die Vorlage von Abschriften nicht zumutbar war oder der Einzug im Hinblick auf die Anzahl der Kopien unverhältnismäßig ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9.A., § 93 Rd. 3 m.w.N.) und die dies begründenden Tatsachen dem Gericht mitgeteilt wurden oder offensichtlich sind. Entsprechende Tatsachen sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat jedoch die Höhe der berechnungsfähigen Auslagen unzutreffend ermittelt. Da das SGG keine Regelung zur Höhe derjenigen Kosten, die für die Fertigung von Abschriften entstehen, enthält, ist diese Lücke durch die entsprechende Anwendung der Gebührennummer 9000 des dem Gerichtskostengesetz (GKG) als Anlage 1 beigefügten Kostenverzeichnisses zu schließen (vgl. Berchtold a.a.O. Rd. 23). Ziffer 1 dieser Gebührennummer regelt:
Nr. Auslagentatbestand Höhe 9000 Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten: 1.Ausfertigungen, Ablichtungen und Ausdrucke, die auf Antrag angefertigt, per Telefax übermittelt oder angefertigt worden sind, weil die Partei oder ein Beteiligter es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, oder wenn per Telefax übermittelte Mehrfertigungen von der Empfangseinrichtung des Gerichts ausgedruckt werden: für die ersten 50 Seiten je Seite für jede weitere Seite
0,50 EUR 0,15 EUR
Soweit die Kostenbeamtin auf die in dieser Vorschrift enthaltenen Kostensätze je Seite zurückgreift, ist dies nicht zu beanstanden. Für eine weitergehende Anwendung dieser Gebührennummer, insbesondere der weiteren, in § 93 Satz 3 SGG nicht genannten Auslagentatbestände, ist jedoch kein Raum. Denn der Rückgriff auf diese Gebührenziffer ist nur gestattet, soweit er zur Lückenfüllung bei § 93 Satz 3 SGG erforderlich ist. Die Regelungslücke beschränkt sich auf die Gebührenhöhe. Die Anwendung der weiteren Auslagentatbestände &61485; wie von der Kostenbeamtin im Anschluss an die von der Bezirksrevisorin dieses Gerichts vertretenen Rechtsauffassung vorgenommen &61485; ist hingegen unzulässig. Hierdurch würden zusätzliche Kostentatbestände jenseits von § 93 Satz 3 SGG geschaffen, obwohl der Gesetzgeber des SGG diese den Rechtssuchenden belastende Vorschrift als abschließende Regelung konzipiert hat. Eine umfassende Geltung des GKG für das Verfahren nach dem SGG hat der Gesetzgeber gerade nicht angeordnet, sondern die analoge Anwendung des GKG auf die Fälle des § 197a Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz SGG beschränkt. Aus diesem Grund ist auch die von der Kostenbeamtin zitierte Vorschrift des § 28 GKG nicht anwendbar.
Auf dieser Grundlage waren Kostenpauschalen wegen fehlender Abschriften für folgende Schriftsätze (einschließlich der jeweiligen Anlagen) zu erheben:
25. August 2005 3 Seiten 21. Oktober 2005 1 Seite 28. Oktober 2005 3 Seiten 5. November 2005 2 Seiten 28. Dezember 2005 2 Seiten 25. Januar 2006 3 Seiten 6. März 2006 9 Seiten 1. Juni 2006 26 Seiten 30. April 2008 4 Seiten 7. September 2008 4 Seiten Summe 57 Seiten
Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass Abschriften dann nicht erforderlich i.S.v. § 93 SGG waren, wenn zwar dem Original des Schriftsatzes keine Mehrausfertigung beigefügt war, wohl aber dem zuvor eingegangenen Telefax desselben Schriftsatzes. Andererseits kann in den Fällen, in denen sowohl der Schriftsatz als auch das vorausgehende Telefax nur einfach übermittelt wurden, letzteres nicht als Abschrift des Schriftsatzes angesehen werden.
Die Kostenpauschale je Seite beträgt für die ersten 50 Seiten 0,50 EUR und für die restlichen 7 Seiten 0,15 EUR. Hieraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von 26,05 EUR.
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 178 Satz 1 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
Die nach § 178 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung des Klägers gegen die Entscheidung der Kostenbeamtin vom 29. Juli 2009, durch die ihm gegenüber Schreibauslagen i.H.v. 30,40 EUR festgesetzt wurden, ist nur teilweise begründet. Kosten für Schreibauslagen waren lediglich i.H.v. 26,05 EUR festzusetzen.
Rechtsgrundlage für die Kostenfestsetzung wegen Schreibauslagen ist § 93 Satz 3 SGG. Nach § 93 Sätze 1 bis 3 SGG sind der Klageschrift, den sonstigen Schriftsätzen und nach Möglichkeit den Unterlagen vorbehaltlich des (hier unbeachtlichen) § 65a Abs. 2 Satz 2 SGG Abschriften für die Beteiligten beizufügen. Sind die erforderlichen Abschriften nicht eingereicht, so fordert das Gericht sie nachträglich an oder fertigt sie selbst an.Die Kosten für die Anfertigung können von dem Kläger eingezogen werden.
Der Pflicht, seinen Schriftsätzen einschließlich der Anlagen hierzu in ausreichender Zahl Abschriften beizufügen, ist der Kläger teilweise nicht nachgekommen, obwohl er bereits mit der Berufungseingangsbestätigung des Landessozialgerichts darauf hingewiesen wurde. Im vorliegenden Fall hätte jeweils eine weitere Kopie der Schriftsätze für die Beklagte genügt. Dass auch für die Anlagen zu den Schriftsätzen eines Beteiligten Abschriften erforderlich sind, ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz), dass vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat (Berchtold, in: Hennig, Sozial¬ge¬richts¬gesetz, § 93 Rd. 4). Dies hat zur Folge, dass alle Schriftstücke, die ein Gericht zur Entscheidungsfindung verwerten will oder nach Auffassung eines Beteiligten soll, jedem weiteren Beteiligten zur Kenntnis zu geben sind (vgl. § 108 Satz 2 SGG). Bringt also ein Beteiligter durch Einreichung von Anlagen zu einem Schriftsatz zum Ausdruck, der Inhalt der Anlagen möge vom Gericht bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden, trifft ihn zugleich die Obliegenheit, auch diese Anlagen in ausreichender Anzahl zu übersenden. Allerdings hat ein Beteiligter nach § 93 Satz 1 SGG Unterlagen, d.h. Anlagen zu Schriftsätzen, nur "nach Möglichkeit" in Abschrift beizufügen. Hiermit wird jedoch lediglich zum Ausdruck gebracht, dass vom Regelfall – Abschriften auch für Anlagen beizufügen – in Ausnahmefällen abgewichen werden kann, etwa weil die Anlagen sehr umfangreich sind oder den anderen Beteiligten schon bekannt sind. Ein solcher Ausnahmefall ist bei den von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzten Schreibauslagen nicht zu erkennen.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat das ihr durch § 93 Satz 3 SGG eingeräumte Ermessen ("kann") fehlerfrei ausgeübt. Da § 93 Satz 1 SGG jedem Beteiligten die Pflicht auferlegt, Schriftsätzen Abschriften in ausreichender Anzahl beizufügen, und dies für Anlagen zu Schriftsätzen immerhin zum Regelfall erhoben hat, ist das Ermessen nur dann fehlerhaft ausgeübt worden, wenn einem Beteiligten die Vorlage von Abschriften nicht zumutbar war oder der Einzug im Hinblick auf die Anzahl der Kopien unverhältnismäßig ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9.A., § 93 Rd. 3 m.w.N.) und die dies begründenden Tatsachen dem Gericht mitgeteilt wurden oder offensichtlich sind. Entsprechende Tatsachen sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat jedoch die Höhe der berechnungsfähigen Auslagen unzutreffend ermittelt. Da das SGG keine Regelung zur Höhe derjenigen Kosten, die für die Fertigung von Abschriften entstehen, enthält, ist diese Lücke durch die entsprechende Anwendung der Gebührennummer 9000 des dem Gerichtskostengesetz (GKG) als Anlage 1 beigefügten Kostenverzeichnisses zu schließen (vgl. Berchtold a.a.O. Rd. 23). Ziffer 1 dieser Gebührennummer regelt:
Nr. Auslagentatbestand Höhe 9000 Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten: 1.Ausfertigungen, Ablichtungen und Ausdrucke, die auf Antrag angefertigt, per Telefax übermittelt oder angefertigt worden sind, weil die Partei oder ein Beteiligter es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, oder wenn per Telefax übermittelte Mehrfertigungen von der Empfangseinrichtung des Gerichts ausgedruckt werden: für die ersten 50 Seiten je Seite für jede weitere Seite
0,50 EUR 0,15 EUR
Soweit die Kostenbeamtin auf die in dieser Vorschrift enthaltenen Kostensätze je Seite zurückgreift, ist dies nicht zu beanstanden. Für eine weitergehende Anwendung dieser Gebührennummer, insbesondere der weiteren, in § 93 Satz 3 SGG nicht genannten Auslagentatbestände, ist jedoch kein Raum. Denn der Rückgriff auf diese Gebührenziffer ist nur gestattet, soweit er zur Lückenfüllung bei § 93 Satz 3 SGG erforderlich ist. Die Regelungslücke beschränkt sich auf die Gebührenhöhe. Die Anwendung der weiteren Auslagentatbestände &61485; wie von der Kostenbeamtin im Anschluss an die von der Bezirksrevisorin dieses Gerichts vertretenen Rechtsauffassung vorgenommen &61485; ist hingegen unzulässig. Hierdurch würden zusätzliche Kostentatbestände jenseits von § 93 Satz 3 SGG geschaffen, obwohl der Gesetzgeber des SGG diese den Rechtssuchenden belastende Vorschrift als abschließende Regelung konzipiert hat. Eine umfassende Geltung des GKG für das Verfahren nach dem SGG hat der Gesetzgeber gerade nicht angeordnet, sondern die analoge Anwendung des GKG auf die Fälle des § 197a Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz SGG beschränkt. Aus diesem Grund ist auch die von der Kostenbeamtin zitierte Vorschrift des § 28 GKG nicht anwendbar.
Auf dieser Grundlage waren Kostenpauschalen wegen fehlender Abschriften für folgende Schriftsätze (einschließlich der jeweiligen Anlagen) zu erheben:
25. August 2005 3 Seiten 21. Oktober 2005 1 Seite 28. Oktober 2005 3 Seiten 5. November 2005 2 Seiten 28. Dezember 2005 2 Seiten 25. Januar 2006 3 Seiten 6. März 2006 9 Seiten 1. Juni 2006 26 Seiten 30. April 2008 4 Seiten 7. September 2008 4 Seiten Summe 57 Seiten
Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass Abschriften dann nicht erforderlich i.S.v. § 93 SGG waren, wenn zwar dem Original des Schriftsatzes keine Mehrausfertigung beigefügt war, wohl aber dem zuvor eingegangenen Telefax desselben Schriftsatzes. Andererseits kann in den Fällen, in denen sowohl der Schriftsatz als auch das vorausgehende Telefax nur einfach übermittelt wurden, letzteres nicht als Abschrift des Schriftsatzes angesehen werden.
Die Kostenpauschale je Seite beträgt für die ersten 50 Seiten 0,50 EUR und für die restlichen 7 Seiten 0,15 EUR. Hieraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von 26,05 EUR.
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 178 Satz 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved